Adieu, Impfpflicht

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Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Die allgemeine Corona-Impfpflicht ab 18, so wie der Kanzler sie wollte, wird nicht kommen. Wir erklären, wieso.

  • Außenministerin Annalena Baerbock will die Bundeswehr in einen neuen Auslandseinsatz schicken. Wir nennen das Ziel und die Hintergründe der Mission.

  • Die FDP verliert wieder eine prominente Frau. Die Bremer Fraktionschefin Lencke Wischhusen will im Mai 2023 nicht erneut antreten. Wir sagen, was dahintersteckt.

  • Die frühere SPD-Chefin Andrea Nahles hört schon diesen Monat bei der Bonner Telekommunikations-Behörde auf, um sich auf ihren neuen Job vorzubereiten.

  • Als Anton Hofreiter bei der Verteilung der Ministerposten leer ausging, gab ihm die Grünen-Spitze zwei Versprechen. Wir verraten, welche.

  • Die Regierung hat seit ein paar Tagen eine Beauftragte für soziale Innovationen. Wir haben mit ihr gesprochen.

Adieu, Impfpflicht!

Es sollte ein Coup werden, der alle überrascht. So hatten es sich die Befürworter einer allgemeinen Corona-Impfpflicht ab 18 Jahren vorgenommen.

Die Gruppe um den FDP-Politiker Andrew Ullmann, die eine Beratungspflicht wollte und dann, wenn noch erforderlich, eine Impfpflicht ab 50, sollte mit weitreichenden Zugeständnissen eingebunden werden.

Dazu noch ein paar Stimmen aus der Union und einige in letzter Minute überzeugte Unentschlossene aus den Reihen von SPD und Grünen - und es hätte wohl gereicht.

Doch nun steht auch der Plan, der Kanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach zur Ehrenrettung dienen sollte, vor dem Scheitern. Das Papier (siehe unten) war am späten Sonntagabend finalisiert worden.

Vorlage mit Änderungen  © ThePioneer

Zunächst ist Unterstützung aus der Gruppe um Ullmann jedoch kaum zu erwarten, noch weniger aus den Reihen von CDU und CSU. Bei der Abstimmung am Donnerstag droht Kanzler und Gesundheitsminister - Stand jetzt - eine empfindliche Niederlage. Die hatte sich lange abgezeichnet.

Inzwischen geht es fast nur noch um Verfahrensfragen. Und natürlich um die Deutungshoheit.

Um einen Entwurf zu beschließen, wird eine einfache Mehrheit benötigt: Mehr Ja- als Nein-Stimmen. Viel hängt da von den Enthaltungen ab.

Denn: Die Anträge werden nacheinander abgestimmt. Enthalten sich Anhänger eines Plans, der zuvor keine Mehrheit erhalten hat, senken sie damit die Hürde für die einfache Mehrheit.

Die Union geht davon aus, dass der Entwurf, den auch Scholz und Lauterbach unterstützen, zum Schluss abgestimmt werden soll. Das könnte die Ampel-Koalition durchsetzen.

Im Gespräch mit unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner sagte Thorsten Frei (CDU), Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion:

Die Ampel weiß, dass sie keine Mehrheit hat, deshalb greift sie in die Trickkiste. Foulspiel für die Gesichtswahrung des Kanzlers - das ist unparlamentarisch.

Thorsten Frei © imago

Ärztepräsident Klaus Reinhardt spricht sich grundsätzlich für den Kompromiss aus: Eine Impfpflicht für alle ab 50 sei „ein guter Schritt“, um eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern: „Denn sie erfasst die Altersgruppe, die ein erhöhtes Risiko für Infektion, Hospitalisierung und schweren Krankheitsverlauf trägt.“ Völlig unklar sei aber, wo die geplante Pflichtberatung stattfinden solle.

Scheitern alle Entwürfe, bleibt erst einmal alles wie bisher. Doch, wie wir aus dem Parlament hören, sind Gespräche über einen neuen Anlauf nicht ausgeschlossen.

Baerbock will Bundeswehr nach Bosnien-Herzegowina schicken

Außenministerin Annalena Baerbock will deutsche Soldatinnen und Soldaten nach Bosnien-Herzegowina entsenden.

Geplant ist, dass noch vor den für den 2. Oktober vorgesehenen Wahlen in dem Westbalkan-Staat ein Bundeswehr-Kontingent die laufende Operation EUFOR Althea unterstützt. Die Grünen-Politikerin habe sich dazu bereits mit den Spitzen der Ampel-Fraktionen im Bundestag ausgetauscht, erfuhr unsere Kollegin Marina Kormbaki aus Regierungskreisen.

Die genaue Personalstärke der geplanten Mission steht noch nicht fest. Sie könnte sich im hohen zweistelligen oder niedrigen dreistelligen Bereich bewegen, heißt es.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Sarajewo, beim Besuch einer Gedenkstätte für die Opfer des Massakers von Srebrenica. © Imago

Baerbock ist dem Vernehmen nach angesichts der separatistischen Bestrebungen im serbisch dominierten Landesteil Republika Srpska um die Stabilität in Bosnien-Herzegowina besorgt.

Die Operation EUFOR Althea ist seit 2004 als Nachfolgemission der Stabilisation Force in Bosnien-Herzegowina im Einsatz. Sie soll für Sicherheit sorgen und die Einhaltung des Dayton-Abkommens von 1995 unterstützen; außerdem trainiert sie die bosnischen Streitkräfte.

Deutschland ist seit November 2012 nicht mehr an Althea beteiligt.

Die bis zu 1100 Kräfte umfassende Mission arbeitet derzeit unter österreichischer Führung. Aus Regierungskreisen heißt es, dass sich der logistische Aufwand für eine neuerliche Bundeswehr-Mission in dem Land aufgrund der etablierten Infrastruktur vor Ort in Grenzen hielte und daher trotz der laufenden Stärkung der Nato-Ostflanke zu stemmen wäre.

Günther am beliebtesten, Giffey Schlusslicht

Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther führt mit seiner Jamaika-Koalition im Norden die Liste der beliebtesten Landesregierungen an. Dies geht aus einer Auswertung des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap für den WDR hervor. Zufrieden mit der Landesregierung sind gut einen Monat vor der Landtagswahl 75 Prozent der Bürgerinnen und Bürger.

Schlusslicht ist der rot-rot-grüne Senat in Berlin unter der Führung von Franziska Giffey (SPD), nur 39 Prozent der Berliner sind zufrieden mit ihrer Regierung. In Nordrhein-Westfalen sind vor der Landtagswahl 50 Prozent der Bürgerinnen und Bürger zufrieden mit der Arbeit der Landesregierung unter Hendrik Wüst (CDU).

Beliebtheit der Regierungen © The Pioneer

Grünen-Ministerposten: Hofreiter als Nachrücker vorgesehen

Falls eine oder einer der fünf Grünen-Bundesminister im Laufe der Legislaturperiode aus dem Amt scheidet, soll Anton Hofreiter ins Kabinett wechseln. Dies sieht eine Absprache zwischen führenden Grünen und Hofreiter vor, von der unsere Kollegin Marina Kormbaki erfahren hat.

Grünen-Politiker Anton Hofreiter. © Imago

Demnach erhielt Hofreiter am 25. November 2021 als Entschädigung dafür, dass er wider Erwarten nicht Minister wurde, nicht nur die Zusage, dass er Vorsitzender eines Bundestagsausschusses seiner Wahl wird. Ihm wurde von den damaligen Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck auch das Versprechen gegeben, als Minister nachzurücken, sollte sich bei den Grünen eine Lücke auftun.

Vom „sechsten Mann“ ist intern die Rede.

Hofreiter ist derzeit Vorsitzender des Europa-Ausschusses im Bundestag. Er wirbt, anders als Vizekanzler Habeck und die Bundesregierung, für ein sofortiges Energie-Embargo gegen Russland.

Regierung soll auch Sozial-Startups fördern

Die Bundesregierung soll künftig auch Sozial-Startups unterstützen. „Bestehende Förderprogramme müssen geöffnet werden. Es kann nicht sein, dass nur Tech-Companies gefördert werden“, sagte Unternehmerin Zarah Bruhn im Gespräch mit Pioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner.

Die 31-Jährige Sozialunternehmerin hat mit socialbee eine Firma gegründet, die Flüchtlinge an Arbeitgeber vermittelt.

Ein Flüchtling in einer Ausbildungswerkstatt in Berlin © Imago

Als Regierungsbeauftragte will Bruhn unter anderem dafür sorgen, dass Gründerzentren für soziale Innovationen geschaffen werden: „Alle, die vielleicht technologisch gründen wollen, sollten wissen, dass sie sich auch für ein solches Thema entscheiden können.“

Bruhn sagte, soziale Innovationen seien ein Motor für die Gesellschaft: „Es geht dabei nicht darum, im Sozial- oder im Wirtschaftsministerium irgendwelche Dinge in Frage zu stellen.“ Der Staat könne nicht alles besser. Deutschland sei bei sozialen Innovationen jedoch relativ schwach aufgestellt.

Das gesamte Interview können Sie hier nachlesen.

"Bei sozialen Innovationen ist Deutschland schwach"

Die neue Regierungsbeauftragte Zarah Bruhn über den Staat, Start-ups und das Soziale.

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Veröffentlicht von Rasmus Buchsteiner.

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Windkraft-Ausbau: Im Zweifel gegen den Rotmilan

Unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges haben Vizekanzler Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) am Montag Eckpunkte zum schnellen Ausbau der Windkraft an Land vorgestellt.

Im Mittelpunkt des Maßnahmenpakets steht ein neuer Umgang mit Artenschutz-Vorgaben. Wir haben uns die Pläne im Detail angeschaut - und hier analysiert:

Wie Putin die Energiewende beschleunigt

Vizekanzler Habeck und Umweltministerin Lemke machen Druck beim Windkraft-Ausbau - eine Analyse.

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Veröffentlicht von Marina Kormbaki .

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Mit 36: FDP-Politikerin Wischhusen hört auf

Die FDP-Fraktionschefin in der Bremischen Bürgerschaft, Lencke Wischhusen, will zur Landtagswahl im Mai 2023 nicht erneut antreten und sich aus der Politik zurückziehen.

„Ich habe immer gesagt, Politik ist ein Projekt auf Zeit. Für mich ist es dann nach 8 Jahren an der Spitze der Fraktion Zeit, etwas Neues zu beginnen”, sagte uns Wischhusen.

„Mein Herz schlägt für das Unternehmertum, für den Mittelstand”, so die 36-jährige Diplom-Kauffrau, die Gesellschafterin eines Bremer Verpackungsunternehmens ist und bis 2015 Bundesvorsitzende der Jungen Unternehmer war.

Für die FDP ist der Rückzug nach dem Abschied der ehemaligen FDP-Vizechefin Katja Suding ein weiterer Verlust einer weiblichen Spitzenpersönlichkeit.

Hier lesen Sie die Geschichte:

Polit-Rente mit 36

Die Bremer FDP-Spitzenfrau Lencke Wischhusen hört auf und zieht sich aus der Politik zurück.

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Veröffentlicht von Michael Bröcker .

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Die frühere SPD-Chefin Andrea Nahles soll Ende April ihren Job als Präsidentin der Bonner Bundesanstalt für Post und Telekommunikation aufgeben, wie wir aus der Behörde hören.

Am 8. April soll der Verwaltungsrat der BA die frühere Arbeitsministerin zur neuen Vorstandsvorsitzenden nominieren. Das Kabinett muss die Personalie dann aber noch abnicken. Nahles kam auf Vorschlag der SPD und der Gewerkschaften ins Amt.

Der derzeitige Vorstandsvorsitzende Detlef Scheele wird nach der bisherigen Planung am 31. Juli seinen Dienst beenden, auch das Vorstandsmitglied Christiane Schönefeld hört am 31. September auf. Die Arbeitgeberseite hat Dr. Katrin Krömer und Vanessa Ahuja als neue Vorstandsmitglieder vorgeschlagen.

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Auf - Björn Böhning. Der selbstbestimmte Ausstieg aus der Politik ist dem früheren Juso-Vorsitzenden und ehemaligen SPD-Staatssekretär im Arbeitsministerium gelungen. Böhning entschied sich für den Wechsel in die Wirtschaft, ist jetzt Hauptgeschäftsführer der Produzentenallianz und vertritt die Film-Elite in ihren Gesprächen mit der Politik. Unser Aufsteiger ist er heute aber als Fan des Bundesligisten Union Berlin. Die Eisernen gewannen am Freitagabend verdient gegen den 1. FC Köln im heimischen Hexenkessel, und der frühere Chef der Berliner Senatskanzlei saß jubelnd im Fanblock.

Ab - Olaf Scholz war gerade zum Bundeskanzler gewählt, da wagte er sich mit einer Zusage aus der Deckung: Er wolle bis März eine allgemeine Impfpflicht. Doch statt aus dem Vorhaben eines der Regierung zu machen, leitete er die Verantwortung fortan auf den Bundestag um. In freier Gewissensentscheidung mögen die Abgeordneten entscheiden, ob sie die Verpflichtung zum Gesetz machen sollten. Das Vorhaben ist mit langem Anlauf nun gescheitert. Es ist eine Niederlage mit Ansage für den Kanzler. Unser Absteiger.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung befasst sich mit der Rolle der SPD in der Russland-Politik der vergangenen Jahre. Zwar trage die Partei keine Alleinschuld, sie sei aber in der falschen Akzentuierung vorangegangen, kommentiert Jasper von Altenbockum. Eine besondere Rolle komme dabei Frank-Walter Steinmeier zu. Hier geht es zu dem Kommentar.

Heute gratulieren wir herzlich:

Fabian Gramling, CDU-Bundestagsabgeordneter, 35

Karlheinz Busen, FDP-Bundestagsabgeordneter, 71

Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken-Franktion, 45

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Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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