AfD-Erfolg: SPD-Chef sieht Verantwortung der Ampel

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© Anne Hufnagl

Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters.

Unsere Themen heute:

  • Lars Klingbeil war zur Besuch auf der Pioneer One - und spricht über die verbesserungswürdige Kommunikation der Ampel-Regierung und was stattdessen passieren müsste.

  • Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will eine zentrale Datenplattform für die Ermittlungsbehörden bauen lassen - allerdings mit deutschen Unternehmen.

  • Die CDU-Innenminister der Länder wollen den Messenger-Dienst Telegram beschränken und einen verschärften Kampf gegen sexuellen Missbrauch.

  • Schloss Meseberg ist für gewöhnlich der Schauplatz der Klausurtagungen des Kabinetts. Offen ist, ob das auch in Zukunft noch der Fall sein wird.

Klingbeil: Ampel trägt Mitverantwortung für AfD-Erfolg

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil gibt der Ampel-Regierung und ihren Streitereien etwa um das Heizungsgesetz eine Mitschuld an den starken Umfrageergebnissen für die AfD und er ermahnt die Beteiligten zu einem gemäßigteren Ton.

Das Management und das Handwerk, das da nicht gut läuft, plus diese Verbreitung von Dingen, die Menschen wahnsinnig verunsichert haben, haben dazu geführt, dass die AfD den Zulauf hatte. Da haben wir zu beigetragen.

Das sagte Klingbeil während eines Gesprächs mit dem Bestseller-Autor und ARD-Dokumentarfilmer Stephan Lamby.

Der vielfach ausgezeichnete Filmemacher Lamby stellte am Dienstagnachmittag auf der Pioneer One sein neues Buch "Ernstfall" (Verlag C.H. Beck) vor. Der gleichnamige Film läuft am 11. September in der ARD.

Michael Bröcker, Stephan Lamby, Lars Klingbeil und Alev Dogan (v. l.)  © Anne Hufnagl

In Bezug auf die Streitigkeiten zwischen den drei Koalitionspartnern mahnte der SPD-Chef zu einem neuen Zusammenhalt und einer Kommunikation, die Sicherheit und Kompetenz ausstrahlt:

Jeder selbst ist dafür verantwortlich, dass man seinen Teil dazu beiträgt. Wenn Leute sagen, durch die Profilierung in der Koalition kann ich Geländegewinne machen, halte ich das für einen politisch falschen Stil.

Er selbst ziehe da auch seine eigenen Konsequenzen:

Ich trage meinen Teil dazu bei als SPD-Vorsitzender, dass diese Streitigkeiten aufhören, weil ich sie nicht für richtig halte. Am Ende wird keine von den drei Parteien gewinnen, wenn wir weiter in diesem Stil regieren

Stattdessen müsse der politische Stil im Jahr 2023 und 2024 sein: "Überzeugen, argumentieren und die Dinge durchkriegen."

Lars Klingbeil © Anne Hufnagl

Stephan Lamby hat für sein Buch zwei Jahre lang die Koalition und ihre führenden Protagonisten beobachtet, er sprach allein sechs Mal mit dem Kanzler und er reiste mit der Außenministerin, dem Wirtschafts- und Verteidigungsminister.

In dem Buch spielen der verschärfende Streit etwa zwischen Robert Habeck und die Differenzen zwischen Annalena Baerbock und dem SPD-Kanzler in der Außenpolitik eine wesentliche Rolle.

Lamby nannte die Bilanz insgesamt "ordentlich", vor allem in der Energiefrage und in der Arbeit nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine.

Er betonte in der Diskussion aber auch, dass die Ampel-Koalition deutlich besser dastehen könnte und etwas Gutes entstehen könnte, "wenn alle Parteien ihre Sichtweise und ihre Wirkung in den jeweiligen gesellschaftlichen Gruppen für die gemeinsame Sache einbringen".

SPD-Chef Klingbeil hofft auf eine bessere "zweite Halbzeit" in der Regierung.

Ich bin fest davon überzeugt, dass man durch dieses gute Regieren, auf das sich hoffentlich alle besinnen, ich glaube wenn das geräuschloser läuft, dann geht die AfD automatisch wieder runter.

Ausschnitte aus dem Gespräch hören Sie hier.

Den ARD-Film "Ernstfall" können Sie am 11. September um 20.15 Uhr in der ARD sehen. Weitere Informationen hier.

Streit um Daten-Plattform für Polizei

Die CDU-Innenminister verschärfen ihren Kurs in der Bekämpfung von Kriminalität und schlagen in einer gemeinsamen Erklärung neue Maßnahmen vor.

In dem Dokument, das uns vorliegt, heißt es unter anderem, dass Ministerin Nancy Faeser ihren Widerstand gegen die Verordnung zur Bekämpfung von sexuellem Missbrauch aufgeben und den Druck auf den umstrittenen Messenger-Dienst Telegram erhöhen soll.

Außerdem fordern die CDU-Ressortchefs die Einführung von KI in der Strafverfolgung, die Nutzung von Kennzeichendaten sowie die Nutzung von Daten zur „biogeographischen Herkunft“ bei der Verfolgung von Straftaten.

Wörtlich heißt es dazu:

Informationen zum Aussehen einer Person können Polizei und Staatsanwaltschaft wertvolle Hinweise liefern.

Streit gibt es um die mögliche gemeinsame Daten-Analyseplattform Vera für die Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden. Die Union favorisiert das System des US-amerikanischen Datendienstleisters Palantir.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) © imago

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat sich bisher nicht eindeutig entschieden, hat aber angeblich Sympathien für ein deutsches Industriekonsortium.

Dafür bekommt sie jetzt Unterstützung aus der Wirtschaft.

Unter dem Arbeitstitel "NASA" arbeitet ein Konsortium an einer souveränen Plattform "Made in Germany", die Palantir Konkurrenz machen soll. Dabei kommt auch KI zum Einsatz. Beteiligt sind unter anderem SAP, Secunet, CONET, die Bundesdruckerei sowie die Telekom-Tochter Rola.

Die Planungen sind weit fortgeschritten, entsprechende Dokumente kursieren in den Sicherheitsbehörden und liegen uns vor. In der Ampel gibt es Unterstützung für das deutsche Datensystem, vor allem in der SPD.

Heil lässt KI Arbeitswelt von morgen scannen

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lässt ein KI-Tool („Horizon-Scanning“) die Zukunft der Arbeitswelt erforschen. Mit dem Instrument können täglich 200 Millionen Textquellen in Echtzeit gescreent werden.

„Das sind Datenbanken zu wissenschaftlichen Publikationen, das sind Nachrichten und auch Social-Media-Aktivitäten“, sagte der Minister.

„Damit verschaffen wir uns eine Idee, wie sich die Arbeitswelt in den nächsten 25 Jahren entwickelt“, so Ana Dujić, Leiterin der Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft - einer Abteilung des Ministeriums. Das Bundeskanzleramt und andere Ressorts der Regierung können diese Informationen bei Bedarf nutzen.

Hubertus Heil  © imago

Heil sagte, 2035 werde es keinen Arbeitsplatz mehr in Deutschland geben, der nichts mit KI-Anwendungen zu tun habe. Deutschland werde die Arbeit jedoch nicht ausgehen. Aber die Arbeitswelt werde sich grundlegend verändern.

Heil will Vorbehalte gegen den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt ausräumen – mit einer neuen Info-Kampagne, die in der kommenden Woche gestartet werden soll.

Geplant sind sogenannte KI-Studios in München und Stuttgart sowie Trucks, mit denen vor Ort in den Betrieben über Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz informiert wird.

Regierung lässt Zukunft von Schloss Meseberg offen

© The Pioneer

Die Bundesregierung prüft, ob Schloss Meseberg in Brandenburg weiter als Gästehaus der Regierung genutzt werden soll - mit offenem Ausgang.

In der vergangenen Woche waren der Kanzler und seine Ministerriege abermals zu einer Klausurtagung in dem Barockschloss 70 Kilometer nördlich von Berlin zu Gast. Eigentümer ist die in München ansässige Messerschmitt Stiftung.

Ein Sprecher erklärte auf Anfrage unseres Kollegen Rasmus Buchsteiner:

Der Nutzungsvertrag läuft im Januar 2025 aus. Derzeit wird geprüft, ob der Nutzungsvertrag für Schloss Meseberg verlängert werden soll.

Die Prüfung liegt in der Zuständigkeit des Bundeskanzleramts. Zu den Kriterien hüllt sich die Regierung in Schweigen:

Diese Erwägungen sind Teil des Prüfungsprozesses und können daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden.

Das Ampel-Kabinett in Meseberg  © dpa

Zuletzt war in Regierungskreisen mitunter kritisiert worden, der Gartensaal von Schloss Meseberg sei für die Sitzungen des Kabinetts zu klein.

Nach Regierungsangaben war Meseberg im vergangenen und im laufenden Jahr jeweils für zwei Kabinettsklausuren und einen „Tag des offenen Schlosses“ genutzt worden.

Der Sprecher sagte, die Bewirtschaftungskosten von Schloss Meseberg würden sich auf circa fünf Millionen Euro jährlich belaufen: „Als Nutzungsentgelt für den Zeitraum von 20 Jahren wurden an die Messerschmitt-Stiftung insgesamt 20,- Euro entrichtet.“

Spiegel verstärkt sich mit bestem Chefkorrespondenten

Rasmus Buchsteiner © Anne Hufnagl

In Ihrer Lieblingsnewsletter-Redaktion steht eine Veränderung an, an der wir schwer zu schlucken haben, weil sie einen besonderen Kollegen betrifft: Unser Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner verlässt uns und heuert ab dem 1.12. beim Spiegel an.

Rasmus ist ein Politikjunkie im besten Sinne, er versteht und kartographiert das Parlament - und ist dabei auch noch ein wahnsinnig guter Typ.

Ihr habt einen guten Fang gemacht, liebe Kollegen, und dazu können wir euch nur aufrichtig gratulieren. Und dir lieber Rasmus, wünschen wir von Herzen alles Gute! Das hast du nämlich wirklich verdient.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zu Besuch auf der Pioneer One. © ThePioneer

Bundestagslauf durch den Tiergarten in zwei Wochen

Am 20. September 2023 - wenige Tage vor dem Marathon in der Hauptstadt - steht der 18. Berliner Bundestagslauf durch den Tiergarten an. Start ist um 12.00 Uhr.

Es gibt einen Staffellauf mit drei Mal 2,5 Kilometern und einen Einzellauf von 7,5 Kilometern. Veranstalter ist die Sportgemeinschaft Deutscher Bundestag e.V. Anmeldungen sind hier möglich.

Schalke-Fanclub im Bundestag trifft sich

Der offizielle Fanklub des FC Schalke 04 im Bundestag, die „Kuppelknappen“, trifft sich heute zum ersten Mal nach der Sommerpause und wird den Sportvorstand des Vereins, Peter Knäbel, sowie den ehemaligen Nationalspieler Gerald Asamoah zu Gast haben. Im Mittelpunkt der Veranstaltung sollen Entwicklungszusammenarbeit und Rassismus im Sport stehen.

Bei der Gelegenheit wird sich Asamoah mit unterschiedlichen Regierungsmitgliedern unterhalten. Zugesagt haben unter anderem die Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus, Reem Alabali-Radovan, und die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Svenja Schulze. Organisator ist unter anderem der SPD-Abgeordnete und Netzwerk-Sprecher Markus Töns.

© The Pioneer

Auf - Bärbel Bas. Die Bundestagspräsidentin hat die Abgeordneten dazu aufgefordert, respektvoller miteinander umzugehen. Sie wies darauf hin, dass die Anzahl der verhängten Ordnungsmaßnahmen deutlich über dem Niveau vergangener Wahlperioden liegt. Bas betonte in ihrer Rede bei der Eröffnung der Bundestagssitzung, dass die Volksvertreter sich ihrer Vorbildfunktion bewusster sein sollten. Wichtig und richtig!

Ab - Friedrich Merz. Der CDU-Chef sorgte mit dem Satz „Nicht Kreuzberg ist Deutschland“ beim politischen Gillamoos für großen Unmut, auch bei eigenen Parteifreunden. Unter anderem Peter Altmaier lobte auf X die Entwicklung des Berliner Stadtteils. Merz wollte eigentlich damit meinen, dass die Realität der meisten Deutschen anders sei als in Großstädten. Erneut missverstanden.

Sigmar Gabriel über Leadership in den internationalen Beziehungen

Gabor Steingart präsentiert das Pioneer Briefing

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Veröffentlicht in The Pioneer Briefing Business Class Edition von Gabor Steingart.

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The Pioneer Briefing

„Ein Haushalt von gestern“, titelt der FAZ-Wirtschaftskorrespondent Manfred Schäfers. Der Bundeshaushalt sei ein einziges Missverständnis und dies auch, wenn Christian Lindner zum Auftakt der Haushaltswoche oft das Gegenteil behaupten würde. Sozialausgaben, Zinsen und Personal würden zwei Drittel der Ausgaben ausmachen. Eine solche Politik irritiere in einer Zeit, in der die Sozialversicherungen ohnehin vor großen Herausforderungen stehen würden, so Schäfers. Mittel würden fehlen, um das Land digital und klimafreundlich zu machen. Das Anspruchsdenken gegenüber dem Staat sei zu hoch: Vieles, was üblich war, könne man sich nicht mehr leisten, so der FAZ-Wirtschaftsredakteur. Der Etat 2024 zeige zu viel Vergangenheit und zu wenig Zukunft. Hier können Sie seinen kompletten Kommentar lesen.

Der BR-Hauptstadtkorrespondent Daniel Pokraka betont, dass Bundesfinanzminister Lindner nur die Schuldenbremse einhalte, weil Milliardenkosten für Klimaschutzmaßnahmen oder die Bundeswehr in Schattenhaushalten stecken würden. Der Dreiklang „keine höheren Steuern“, „keine neuen Schulden“ und „kein Subventionsabbau“ könne laut Pokrara aber rein logisch nicht funktionieren und schon gar nicht in einer wirtschaftlichen Schwächephase. Schulden seien kein Selbstzweck, genauso wenig der Verzicht auf Schulden. In diesen Zeiten brauche Deutschland als Finanzminister keinen Sparkommissar, sondern einen Wachstumsschaffer. Den gesamten Kommentar können Sie hier lesen.

Heute gratulieren wir herzlich:

Janosch Dahmen, Grünen-Bundestagsabgeordneter 42

Amelie Fried, Fernsehmoderatorin und Schriftstellerin, 65

Philip Häusser, Physiker und Fernsehmoderator, 35

Jana Schimke, CDU-Bundestagsabgeordnete, 44

Michael Thews, SPD-Bundestagsabgeordneter, 59

Kerstin Vieregge, CDU-Bundestagsabgeordnete, 47

Stephan Wefelscheid, Vorsitzender der Freien Wähler in Rheinland-Pfalz, 45

Dominik Wichmann, Journalist und Buchautor, 52

Paul Ziemiak, CDU-Bundestagsabgeordneter und Generalsekretär der CDU in Nordrhein-Westfalen, 38

© The Pioneer

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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