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Unsere Themen heute:
Die Klausur auf Schloss Meseberg beginnt für die Ampel mit einem Blick auf die EU und in die Seele der Deutschen. Wir berichten, was hinter den Schlossmauern passierte.
Verdi hat die Mitarbeiter des Bundestags für den heutigen Vormittag zum Streik aufgerufen. Eine Hausmitteilung der Verwaltungsleitung sorgte bei der Gewerkschaft für Verärgerung.
Die CDU will eine Einwanderungsagentur, neue Grenzkontrollen und Verschärfungen bei der Identitätsfeststellung bei Asylbewerbern.
Der Arbeitnehmerflügel der CDU macht in einem Positionspapier Vorschläge, wie Ausbildungsberufe attraktiver gemacht werden könnten.
Am 21. April findet der Bundespresseball statt. Wir wissen, wer den Eröffnungswalzer tanzt, und kennen den diesjährigen Stargast.
Neuanfang im Kaminzimmer
Es war mehr als nur ein guter Vorsatz. Es war Selbstbeschwörung: Zuversicht verbreiten, das wollte die Ampel-Regierung bei ihrer Klausur auf Schloss Meseberg.
Teambuilding im Barockschloss 70 Kilometer nördlich von Berlin, dem deutschen Camp David.
Annalena Baerbock, Robert Habeck und Olaf Scholz auf Schloss Meseberg. © imagoDas Klausur-Setting war vom Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt so angelegt, dass sich Konflikte leicht aussparen lassen.
Für Gespräche über den Haushalt für 2024, den Wehretat, die Planungsbeschleunigung oder die Kindergrundsicherung blieb im offiziellen Programm kaum Raum, nur abseits der Tagesordnung – bei Smoothies und Kuchen im Kaminzimmer oder am Abend in der Weinstube.
Wie unser Kollege Rasmus Buchsteiner in Meseberg erfuhr, sind die Gespräche über einen Kompromiss im Streit um das Verbrenner-Aus und eine Lösung für die sogenannten E-Fuels weit gediehen.
Der FDP geht es um rechtliche Sicherheit, dass E-Fuel-betriebene Verbrennermotoren nicht verboten werden, so hatte es angeblich auch der Kanzler zugesichert. Nun müsse die EU dies auch möglich machen, hieß es bei den Liberalen.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen berichtete von den Fortschritten beim grünen Umbau Europas und darüber, wie die EU auf den amerikanischen Inflation Reduction Act reagieren wolle.
Wie wir erfuhren, ist es Konsens bei Kanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner, dass dafür keine neuen Fördertöpfe in der EU aufgemacht werden sollen.
Tagesordnung der Kabinettsklausur in MesebergGast am Sonntagabend war der Kölner Psychologe Stephan Grünewald, Leiter des Rheingold-Instituts, der von einer skeptischen Grundstimmung der Deutschen berichtete.
In tiefenpsychologischen Interviews erforscht sein Institut die Seelenlage der Deutschen – und laut Grünewald ist die Nation nach Covid, Krieg und Inflation in einem „erschöpften Zustand“.
Die Menschen zögen sich in ihre privaten Strukturen zurück, der Zusammenhalt bröckele. Deshalb sei Zuversicht ein wichtiger Treiber für Veränderungen. Veränderungen, die die Ampel ja will.
Die Botschaft an Olaf Scholz und seine Minister lautete daher wohl auch: Der dauerhafte öffentliche Streit entkoppelt die Ampel von den wahren Problemen der Menschen.
Man müsse zurück zur großen Erzählung, habe Innenministerin Nancy Faeser (SPD) in der Runde gefordert: Mehr Fortschritt wagen.
Die Staaten des globalen Südens würden zwar immer wichtiger, wurde der Kanzler zitiert. Aber Deutschland und seine Regierung müssten eben auch selbstbewusst ausstrahlen, dass man einen eigenen Plan für die Zukunft habe.
Eine weitere Botschaft von Psychologe Grünewald: Wenn SPD, Grüne und FDP die großen Herausforderungen bei Klimawandel, Energie- und Verkehrswende schaffen wollten, müssten sie den Rückhalt der Menschen gewinnen und ihnen klarmachen, dass man es gemeinsam schaffen kann.
Gemeinsam. Da sollte die Ampel bei sich anfangen.
Wirbel um Warnstreik in der Bundestagsverwaltung
© dpaDer Tarifkonflikt für die Beschäftigten erreicht nun auch die Verwaltung des Deutschen Bundestages. Für den heutigen Montag sind die Beschäftigten dort zu einem dreistündigen Warnstreik aufgerufen – und zwar in der Zeit von 8 bis 11 Uhr.
Laut Aufruf, der unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner vorliegt, ist der Treffpunkt dafür der Platz des Volksaufstandes am Bundesfinanzministerium.
Die Bundestagsverwaltung hatte in der vergangenen Woche eigens eine Hausmitteilung zu möglichen Arbeitskampfmaßnahmen verfasst. Darin heißt es, Tarifbeschäftigte seien – anders als Beamtinnen und Beamte – grundsätzlich berechtigt, an Streiks teilzunehmen.
Weiter heißt es darin jedoch:
© Hausmitteilung des BundestagesDie Arbeitsunterbrechung durch Streik ist nach Möglichkeit durch Betätigen des Zeiterfassungsterminals beim Verlassen und ggf. (Wieder-)Betreten der Dienstgebäude zu dokumentieren.
Die Gewerkschaft reagiert irritiert darauf.
Der zuständige Verdi-Bundesfachgruppenleiter Nils Kammradt sagte uns dazu, die öffentlichen Arbeitgeber würden bei Streiks immer wieder versuchen, die Beschäftigten in die Irre zu führen:
Wenn die Bundestagsverwaltung den Streikenden empfiehlt, sich aus der Arbeitszeiterfassung „auszustempeln“, vereitelt das faktisch den Streik: Streiks finden während der Arbeitszeit statt, Ausstempeln verlegt den Streik in die Freizeit. Beschäftigte sind auch nicht verpflichtet, einen Zeitbeleg für den Streik einzureichen.
Die Gewerkschaften fordern für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen 10,5 Prozent mehr Geld – mindestens aber 500 Euro mehr im Monat.
Die Arbeitgeber hatten fünf Prozent mehr in zwei Schritten angeboten – und 2.500 Euro als Einmalzahlung.
CDU-Arbeitnehmerflügel will flächendeckend Azubi-Wohnheime
Ausbildung im Handwerk © ImagoDer CDU-Arbeitnehmerflügel, die CDA, will Azubi-Wohnheime überall im Land, damit weniger Lehrstellen unbesetzt bleiben müssen. Das geht aus einem Beschlusspapier des CDA-Vorstands hervor, der an diesem Wochenende getagt hat.
Wörtlich heißt es darin:
72 Prozent der Auszubildenden wohnen aktuell bei ihren Eltern oder Verwandten. Damit sich mehr junge Menschen einen Ausbildungsplatz fernab ihres Elternhauses leisten können, setzen wir uns für den flächendeckenden Ausbau von Azubi-Wohnheimen ein.
Die Bundesregierung solle Pilotprojekte des Azubi-Wohnens im ländlichen Raum auflegen. Auszubildende müssten in allen Regionen gleichwertige Chancen haben: „Die Förderung darf nicht auf den urbanen Raum beschränkt bleiben.“
Ausdrücklich nimmt die CDA auch die Betriebe und die Kammern in die Pflicht: „Wer unter Bewerbermangel leidet, muss gute Rahmenbedingungen anbieten.“
Laut Papier haben zuletzt geeignete Bewerberinnen und Bewerber für rund 69.000 Ausbildungsplätze bundesweit gefehlt. Gleichzeitig hätten 23.000 Jugendliche vergeblich einen Ausbildungsplatz gesucht.
CDU will Ampel bei Migration testen
Die Unions-Bundestagsfraktion will in den kommenden Monaten das Thema Flucht/Migration zu einer verschärften Auseinandersetzung mit der Ampel nutzen. Das haben Friedrich Merz und Alexander Dobrindt bei der jüngsten Sitzung des Fraktionsvorstands deutlich gemacht, erfuhren wir.
In dem Positionspapier zu „Humanität und Ordnung“ fordert die Union eine Begrenzung der Migrationsbewegungen.
Wörtlich heißt es:
Die faktischen Aufnahmekapazitäten Deutschlands stoßen an ihre Grenzen.
Asylverfahren und Einwanderung müssten getrennt werden, eine eigene Bundesagentur für Einwanderung („Work and Stay“) soll die Fachkräftemigration steuern.
Dazu müsste es aber „lageangepasste Grenzkontrollen“ geben, um die illegale Migration einzudämmen, und eine verstärkte Identitätsfeststellung bei Asylbewerbern.
„Jeder, der nach Deutschland kommt, muss seine Identität offenlegen.“ Eine bloße „Eigenerklärung“ dürfe nicht akzeptiert werden.
Sozialleistungen sollen nur in dem Mitgliedsland bezogen werden, in dem der Asylbewerber zuerst seinen Antrag gestellt hat.
Philipp Amthor, Innenpolitiker der CDU, nennt den Vorschlag einer Bundesagentur für Einwanderung als zentral:
Philipp Amthor, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Mecklenburg-Vorpommern in seinem Bundestagsbüro.. © The PioneerDas drängende Fachkräfteproblem löst man nicht durch ungesteuerte Asylzuwanderung und durch ein geistloses Absenken von Standards, sondern vor allem durch besseres Verwaltungsmanagement.
Steinmeier tanzt beim Bundespresseball / Dündar hält Festrede
© The PioneerNach seiner Abstinenz wegen des im letzten Jahr ausgebrochenen Ukraine-Krieges plant Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in diesem Jahr wieder seinen traditionellen Besuch beim Bundespresseball. Er soll, so vernehmen wir, auch wieder den ebenfalls traditionellen Eröffnungswalzer mit der Frau des Vorsitzenden der Bundespressekonferenz tanzen. Die Veranstaltung findet am 21. April im Hotel Adlon in Berlin statt.
Der Ball soll in diesem Jahr einen Fokus auf die Themen Iran und Pressefreiheit setzen. Die Rede beim offiziellen Dinner soll deshalb der ehemalige Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet, Can Dündar, halten. Für das Iran-Thema wurde die Deutsch-Iranerin Jasmin Tabatabai eingeladen, die im Hauptprogramm einige Worte sagen soll.
Das neue Pioneer-Update zu den Finanzmärkten
Unser Investment Briefing ist am Wochenende aus der Winterpause zurückgekehrt. Künftig liefert Börsenreporterin Anne Schwedt aus New York von der Wall Street immer sonntags ein wöchentliches Update zu den Finanzmärkten. Den deutschen Markt behält sie zusammen mit Pioneer-Wirtschaftschef Christian Schlesiger im Blick.
Christian Schlesiger, Ressortleiter Wirtschaft. © Anne HufnaglIn der ersten Ausgabe steht das Portfolio von Star-Investor Warren Buffett im Mittelpunkt. Weitere Themen sind die Lufthansa, die am Freitag ihre Jahresbilanz präsentiert hat, und die Commerzbank, die Anfang der Woche in die oberste Dax-Liga zurückgekehrt ist.
Für kühne Zocker gibt es Informationen zu einer Aktie, mit der sich Investments in dieser Woche an nur einem einzigen Tag fast verdreifachen ließen.
Roth beruft Hercher
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hat Colette Hercher, Präsidentin der Generalzolldirektion in Bonn, in das Kuratorium der Stiftung Haus der Geschichte, ebenfalls Bonn, berufen. Das Bundeskabinett hat die Personalie in der vergangenen Woche bestätigt.
Der Zeitplan für die weiteren Beratungen über den Bundeshaushalt 2024 steht.
Weiterhin ist geplant, dass die Eckwerte am 15. März vom Kabinett auf den Weg gebracht werden. Den vollständigen Haushaltsentwurf soll die Bundesregierung dann am 21. Juni beschließen. Zuvor gibt es vom 9. bis zum 11. Mai die Steuerschätzung.
In der ersten Plenarwoche nach der parlamentarischen Sommerpause – vom 4. bis zum 8. September – sollen die Etatpläne von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erstmals im Bundestag beraten werden.
Die Bereinigungssitzung, in der durch den Haushaltsausschuss letzte Änderungen vorgenommen werden können, ist für den 16. November geplant.
Die zweite und dritte Lesung des Haushalts ist für die Sitzungswoche vom 27. November bis zum 3. Dezember vorgesehen.
Auf - Nils Gründer. Erst 2022 ist der 25-Jährige in die FDP-Fraktion nachgerückt. Schlechte Umfragewerte und die geplante Verkleinerung des Bundestags bringen auch Gründers Mandat in Gefahr. Anders als für manch anderen Liberalen ändert das nichts an der Haltung des Verteidigungspolitikers zur Wahlrechtsreform: "Wir haben es versprochen, jetzt müssen wir es halten", sagt er. Vorbildlicher Spirit. Aufsteiger!
Ab - Franziska Giffey. Die (noch) Regierende Bürgermeisterin von Berlin ergriff am Samstagabend in der Versammlung ihres eigenen Neuköllner Kreisverbands gleich zweimal das Wort, um für eine Koalition mit der CDU zu werben. Genützt hat es nichts: Die Delegierten stimmten für einen Antrag der Jusos, in dem es unter anderem heißt, dass die GroKo Berlin „spaltet statt eint“.
Im Anschluss an seinen Besuch bei US-Präsident Joe Biden stellte sich Bundeskanzler Olaf Scholz auch den Fragen von CNN-Moderator Fareed Zakaria. Das Interview wurde am Freitag aufgezeichnet und am Sonntagnachmittag deutscher Zeit ausgestrahlt.
Scholz betonte darin, dass Deutschland die Ukraine weiterhin unterstützen werde:
Es ist sehr schwer abzuschätzen, was als nächstes in der Ukraine passieren wird. Aber eines ist absolut klar: Wir werden die Ukraine weiterhin mit finanzieller humanitärer Hilfe, aber auch mit Waffen unterstützen.
Zudem unterstrich der Kanzler, dass Deutschland seine Verteidigungsausgaben auf 2 Prozent des BIP erhöhen werde. Der konkreten Nachfrage des Moderators, bis wann dies geschehen werde, wich er aus:
Wir fangen damit an. (...) Wir haben bereits das höchste Verteidigungsbudget in der Europäischen Union, aber wir sind bereit, dies zu erhöhen.
Allerdings, und dies sei für ihn eine Lehre des Krieges, brauche es einen neuen Umgang mit der Rüstungsindustrie:
Wir brauchen eine ständige Versorgung. Das heißt, die wichtigsten Waffen, die wir verwenden, sollten ständig produziert werden. Das gilt auch für die notwendige Instandhaltung und für die Munition.
Hier können Sie das Interview nachschauen.
Die Preise für Lebensmittel, Energie und Wohnraum steigen seit Monaten. Ökonomen kritisieren nun die Art und Weise, wie die Inflation berechnet wird. Denn in Wahrheit – so analysiert es Pioneer-Wirtschaftsredakteur Alexander Wiedmann – ist die Geldentwertung viel höher. In seiner Cover Story analysiert unser Kollege die Probleme bei der Inflationsmessung und erklärt, warum die Politik die Geldentwertung nicht nur kleinredet, sondern auch schönrechnet.
Der Klick auf das Cover führt Sie zur Titelgeschichte. © The PioneerExperten sprechen von einem Abnutzungskrieg: Welche Strategie verfolgt der Westen in der Ukraine-Frage? Weshalb begehrt das russische Volk trotz hoher Verluste im Krieg nicht gegen seinen Präsidenten auf? Was sind realistische Szenarien, die zu einem Ende des Kriegs Russlands gegen die Ukraine führen könnten?
Diese Fragen bespricht Pioneer-Chefreporterin Alev Doğan in der neuen Folge des Achten Tags mit Friedensforscherin Nicole Deitelhoff.
Heute gratulieren wir herzlich:
Alexander Hoffmann, CSU-Bundestagsabgeordneter, 48
Mark Speich (CDU), Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Medien in NRW, 53
Özlem Türeci, medizinischer Vorstand von Biontech, 56
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre