unsere Themen heute:
Die Ahrtal-Hilfe spaltet die Ampel: 2,7 Milliarden Euro Finanzierung sind ungewiss.
Das Abstammungsrecht soll reformiert werden. Wir kennen die Details.
Die SPD-Fraktion positioniert sich für 2024 zu den Themen Europa, Migration sowie zum Umgang mit der Schuldenbremse.
Die LNG-Terminals sind voll ausgelastet.
Die Bundesregierung will das Projekt für eine Gesundheitsreserve vorantreiben.
Ampel-Streit über Ahrtal-Hilfe
Gerade hatten sich die Streitereien innerhalb der Bundesregierung beruhigt. Auf die Großproteste der Bauern und die blockierten Autobahnen reagieren sie mit unüblicher Geschlossenheit – zumindest in den vergangenen Tagen.
Doch hinter den Kulissen droht ein alter Streit neu aufzukochen: Die Finanzierung der Fluthilfe von 2,7 Milliarden Euro für die Opfer des Hochwassers 2021 ist weiter ungeklärt. Die Differenzen dürften die heutige Auftaktsitzung des Kabinetts für das Jahr 2024 überschatten.
Vereinbart war, dass das Geld mit Hilfe eines „Überschreitensbeschluss“ für das Jahr 2024 zur Verfügung gestellt wird. Vorbehaltlich einer rechtlichen Prüfung, wie Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Dezember angekündigt hat.
Wiederaufbau der Bahnbrücke der Ahrtalbahn © ImagoNach Informationen unserer Kollegen Thorsten Denkler und Christian Schlesiger liegt das Prüfergebnis noch nicht vor. Allerdings ist offen, wo das Geld herkommen soll, wenn es nicht rechtssicher mit neue Krediten über eine Aushebelung der Schuldenbremse bereit gestellt werden kann.
Die Ampel will nun wohl die Union einspannen, um so eine neue, auf das Ahrtal begrenzte Notlage für das Haushaltsjahr 2024 feststellen zu können.
Auf dem Papier braucht die Regierung die Union zwar nicht. SPD und FDP sind allerdings offenbar der Ansicht, dass es politisch wie juristisch geboten sei, für diesen Beschluss eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat zu organisieren. Die Grünen halten das zwar nicht für zwingend, stellen sich aber nicht dagegen.
Christian Lindner © The PioneerDie FDP will nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von November 2023 die Notfallkarte eigentlich nicht ziehen. Nach Auffassung von Finanzminister Christian Lindner müsse das Geld für die Opfer der Flut regulär aus dem Bundeshaushalt kommen. Wie wir hören, ist Lindner nur dann bereit, die Schuldenbremse für diesen begrenzten Fall auszusetzen, wenn die Union mit im Boot ist.
Angeblich steht Kanzler Scholz hier an der Seite des Finanzministers.
Die Strategie soll jetzt sein: Die unionsgeführten Länder, die von der Ahrflut betroffen sind, sollen versuchen, CDU-Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz zu überzeugen. Diese Aufgabe würde in den Planspielen der Ampel vor allem NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) zufallen. Merz lehnt ein Aussetzen der Schuldenbremse bisher ab.
Julia Klöckner © dpaIn der Bundestagsfraktion der Union überwiegt eindeutig die Skepsis. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU, Julia Klöckner, sagte uns:
Die Ampel instrumentalisiert das Ahrtal, um ihre schlechte Haushaltspolitik zu übertünchen und sich einen Freibrief für weitere Sondervermögen zu geben.
Fazit: Nach der Haushaltseinigung ist vor der Haushaltseinigung.
Abstammungsrecht wird reformiert
Die Ampel will das Abstimmungsrecht reformieren. Uns liegt ein erstes Eckpunktepapier aus dem Justizministerium vor. Die Ampel möchte demnach unter anderem:
1) die Mutterschaft einer weiteren Frau – neben der biologischen Mutter – anerkennen, wenn diese zum Zeitpunkt der Geburt mit der Geburtsmutter verheiratet ist oder die Mutterschaft anerkennt. Bislang musste das Kind adoptiert werden.
2) eine öffentlich beurkundete „Elternschaftsvereinbarung“ einführen. Wenn beispielsweise ein schwules und ein lesbisches Paar ein Kind bekommen, kann der leibliche Vater auch der rechtliche sein – ohne Ehe, Anerkennung oder Feststellung durch das Familiengericht.
Mutter mit Kinderwagen © Imago3) die rechtliche Vaterschaft für den leiblichen Vater erleichtern. Wird ein Kind in eine Ehe geboren, der leibliche Vater ist aber nicht der Ehemann (weil etwa die Ehepartner schon lange getrennt leben), kann ersterer die Vaterschaft nun mit Zustimmung der Mutter und ihres Ehemannes erlangen.
4) das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung erweitern. Zukünftig soll die gerichtliche Feststellung der leiblichen Elternschaft eines mutmaßlich genetischen Elternteils ermöglicht werden. Das Samenspenderregister soll ausgebaut werden zu einem allgemeinen Spenderdatenregister.
SPD-Fraktion positioniert sich für 2024
Die SPD-Bundestagsfraktion will mit mehreren Positionspapieren in das politische Jahr 2024 starten. Auf der Fraktionsklausur am Donnerstag und Freitag in Berlin sollen unter anderem Papiere zu den Themen Europa, Migration sowie zum Umgang mit der Schuldenbremse verabschiedet werden:
Rolf Mützenich © dpaPositionspapier #1: In der Haushaltspolitik will die Fraktion die Weichen für eine Reform der Schuldenbremse stellen. Damit will die Fraktion „neue Leitplanken für eine moderne zukunftsorientierte Haushaltsführung im Grundgesetz verankern“, heißt es in dem Papier.
Die Fraktion will dafür in einem ersten Schritt eine Steuerungsgruppe einrichten, die Vorschläge für eine solche Reform erarbeitet.
Zum Download: Positionen der SPD-Fraktion zur Schuldenbremse
Positionspapier #2: Im Bereich der Innen- und Rechtspolitik unterstreicht die Fraktion das individuelle Asylrecht als ein „hohes Gut“. In dem Papier heißt es:
Wir stehen zu Deutschlands menschen- und völkerrechtlichen Verpflichtungen. Es ist richtig, vor Krieg und Verfolgung fliehenden Menschen rechtssicheren Schutz und eine Perspektive zu bieten.
Man wolle den Fluchtbewegungen mit „Steuerung und Ordnung“ begegnen. Zugleich will sich die Fraktion für eine bessere Unterstützung der Kommunen und einen schnelleren und unbürokratischen Zugang von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt einsetzen.
Zum Download: Positionen der SPD-Fraktion etwa zu Migration
Positionspapier #3: Auf europäischer Ebene fordert die Fraktion „neue, originär europäische Eigenmittel“ für die EU. Sie sollen europäische Zukunftsinvestitionen etwa in die Wasserstoffwirtschaft, die Batteriezellproduktion oder in Halbleitertechnologien möglich machen.
Zudem brauche das EU-Beihilferecht nach Ansicht der Fraktion „ein Update, um besser auf die Herausforderungen im globalen Wettbewerb ausgerichtet zu sein“.
Zum Download: Positionen der SPD-Fraktion zu Europa
Betreiber: LNG-Terminals voll ausgelastet
Die Betreiber der deutschen LNG-Terminals an Nord- und Ostsee widersprechen der Darstellung der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dass manche der Terminals schlecht ausgelastet seien.
Unter gegebenen Bedingungen seien die Terminals im Gegenteil nahezu voll ausgelastet, hört unser Kollege Thorsten Denkler aus der Branche.
Laut DUH sei das LNG-Terminal in Brunsbüttel 2023 nur zu knapp 47 Prozent, das LNG-Terminal in Lubmin nur zu etwa elf Prozent ausgelastet gewesen. Lediglich das Terminal Wilhelmshaven weise eine Auslastung von 81 Prozent aus.
LNG-Tanker, ein Tankschiff für den Transport von verflüssigtem Erdgas. © imagoDie Branche hält dagegen. Es dürfe nicht die technisch maximal mögliche Auslastung zugrunde gelegt werden, sondern jene, die unter den gegebenen Bedingungen realistischerweise erreichbar sei. Dazu zählten Witterung, Service-Intervalle und auch der spezifische Standort.
In Lubmin etwa müsse das LNG-Gas zunächst von den Tankern auf kleinere Schiffe verladen und dann nach Lubmin transportiert werden. Allein das verringere die reale maximale Kapazität erheblich.
Bundesregierung will Gesundheitsreserve vorantreiben
Die Bundesregierung diskutiert aktuell über den weiteren Ausbau einer „Nationalen Reserve Gesundheitsschutz“ (NRGS). Das hört unsere Kollegin Phillipka von Kleist aus dem Gesundheitsministerium.
Ein nächstes Treffen auf Fachebene zur weiteren Konzeptionierung der NRGS ist für das erste Quartal 2024 vorgesehen.
Dabei handele es sich um die operative Vorbereitung der NRGS, „wie z.B. weitere Bedarfsberechnungen der zu beschaffenden und zu bevorratenden Produktgruppen“.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach mit Schutzmaske. © imagoAls Reaktion auf fehlende Schutzausrüstung zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 hatte die Bundesregierung den Aufbau einer Notreserve von Masken und Medikamenten beschlossen. Zuletzt stockte das Projekt aber wegen fehlender finanzieller Mittel.
Zudem legt ein Bericht des Bundesrechnungshofes aus dem November 2023 nahe, dass für ein Gesetz zur Notreserve aktuell noch die Rechtsgrundlage fehlt. Die Beschaffung von Schutzgütern liegt eigentlich in der Zuständigkeit den Ländern.
Gabriel Attal ist der neue Regierungschef Frankreichs. Der Nachfolger von Élisabeth Borne ist mit 34 Jahren der jüngste Premierminister in der jüngeren Geschichte Frankreichs. Und aktuell auch der Beliebteste, wie die Umfragen in Frankreich zeigen.
Eine Infografik mit dem Titel: Premier Attal ist Wählerliebling
Anteil der Befragten, die eine positive Einstellung gegenüber ausgewählten Politikern im Dezember 2023 haben, in Prozent
Weniger beliebt ist die FDP in Deutschland: In der jüngsten Forsa-Umfrage rutschten die Liberalen unter die Fünf-Prozent-Marke.
Eine Infografik mit dem Titel: FDP unter 5 Prozent
Forsa-Meinungstrend vom 9. Januar 2024, in Prozent
Wer befindet sich heute wo und welche Termine sind noch relevant?
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) führt in Saudi-Arabien politische Gespräche zur regionalen Sicherheitslage sowie über mögliche Kooperationen bei Erneuerbaren Energien. Morgen geht es weiter nach Israel und in das Westjordanland.
In Ägypten forderte Annalena Baerbock (Grüne) eine Öffnung des ägyptischen Grenzübergangs und mehr humanitäre Unterstützung für Gaza.
Der Bahnstreik der GDL hat heute Nacht begonnen.
Ausblick:
Das Programm für den Trauerstaatsakt von Wolfgang Schäuble steht. Wie wir erfahren haben, soll der Staatsakt am 22. Januar mit folgendem Programm stattfinden:
13 Uhr – Trauergottesdienst im Berliner Dom
15 Uhr – Trauerstaatsakt im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes
16 Uhr – Trauerempfang im Reichstagsgebäude
Eva Högl soll weiter Wehrbeauftragte bleiben
Darauf verständigten sich die Ampel-Fraktionsspitzen, wie wir erfuhren. Die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete ist seit Mai 2020 Wehrbeauftragte.
Die Wiederwahl findet demnach 2025 statt. Högl setzt immer wieder Akzente in Debatten. Erst kürzlich warnte sie davor, die Bundeswehr mit Einsätzen via Amtshilfe in Hochwassergebieten zu überlasten. Deren eigentliche Aufgabe sei eine andere.
Der Unternehmer Ralph Suikat ist Schatzmeister der Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht – für Vernunft und Gerechtigkeit“. Im aktuellen Pioneer Podcast spricht er über seine Aufgaben, politischen Überzeugungen und seine Sympathie für Ludwig Erhard.
Klick aufs Bild führt zur Podcast-Page.Unsere Kollegin Alev Doğan lädt zu einem 8. Tag Live mit Unternehmerin und Investorin Verena Pausder ein. Das Thema: Deutsches Wirtschaftswunder 2.0 – mehr Zukunftslust wagen. Hier geht’s zu den Tickets.
Grünen-Chefin Ricarda Lang hinter den Kulissen der Grünen-Vorstandsklausur.
Auf der Klausur des Bundesvorstands starten wir gemeinsam ins neue Jahr, planen die Wahlkämpfe und tauschen uns über Strategien gegen den Fachkräftemangel aus. Dabei bleibt immer auch ein bisschen Zeit für Gespräche am Rand wie hier mit Christiane Benner, der Vorsitzenden der IG Metall.
Auf – Karl Lauterbach. Beim Krisentreffen sagte der Gesundheitsminister Hausärzten bessere Verdienstmöglichkeiten und einen Abbau von Bürokratie zu. Dadurch sollen Wartezeiten verkürzt und Engpässe verringert werden – noch im Januar will er einen Gesetzesentwurf vorstellen. Ein dringend notwendiger Schritt, nur jetzt müssen nächste Schritte folgen.
Ab – Klaus Weselsky. Der GDL-Chef hat gestern Abend den letzten Zug von Frankfurt am Main nach Berlin verpasst. Der Grund: Die Gerichtsverhandlung über die Rechtmäßigkeit des Lokführer-Streiks war zwar erfolgreich. Dauerte aber länger als geplant. Mit dem Auto wird es auch schwer. Da könnten dem Gewerkschaftschef Trecker den Weg versperren.
Heute gratulieren wir herzlich:
Ann-Veruschka Jurisch, FDP-Bundestagsabgeordnete, 52
Stefan Messerer, deutscher Diplomat, 56
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre