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Unsere Themen heute:
Das Vertrauen in ARD, ZDF & Co. sinkt seit Jahren, wie aus einer Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung hervorgeht. Besonders skeptisch: AfD-, FDP- und Linken-Wähler.
Die CSU und die Freien Wähler wollen gleichermaßen gegen das neue Wahlrecht klagen und zwei weitere staatliche Organe ziehen vor das Gericht nach Karlsruhe.
In Mali werden Hubschrauber der Bundeswehr am Einsatz gehindert.
Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung sieht an den Werftstandorten in Mecklenburg-Vorpommern "gute Bedingungen" für den Bau sogenannter Konverterplattformen, doch wegen der Nähe zu einem Marinearsenal gibt es Sicherheitsbedenken.
In Berlin stellt die konservativ-bürgerliche Denkfabrik R21 heute ein Manifest für eine Reformwende in Deutschland vor und fordert einen Politikstil mit Führungswillen nach innen und ohne deutsche Sonderwege nach außen.
Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sinkt
Die Glaubwürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender ist immer noch sehr hoch, doch das Vertrauen in der Bevölkerung sinkt seit drei Jahren.
Das geht aus dem aktuellen Monitor Wahl- und Sozialforschung der Konrad-Adenauer-Stiftung hervor, der uns vorliegt.
Den repräsentativen Umfragen zufolge ist die Skepsis gegenüber politischen Nachrichten in den öffentlich-rechtlichen Medien seit 2019/20 stetig gewachsen.
Damals waren noch 78 Prozent der Befragten der Ansicht, die Nachrichten der öffentlich-rechtlichen Medien seien alles in allem glaubwürdig.
2020 hat sich dieser Anteil auf 74 Prozent verringert und in der aktuellen Umfrage 2022/23 sind es nur noch 70 Prozent.
Eine Infografik mit dem Titel: Ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk glaubwürdig?
Einschätzung der Glaubwürdigkeit politischer Nachrichten im ÖRR in den vergangenen Jahren, Anteile in Prozent
Jeder vierte Befragte (26 Prozent) hält aktuell die politischen Nachrichten beim ÖRR nicht für vertrauenswürdig. Ein besorgniserregender Befund.
Die Zustimmung für ARD, ZDF & Co. ist zwischen Ost und West, aber auch bei den Parteianhängern unterschiedlich ausgeprägt.
Während 73 Prozent der Westdeutschen die Nachrichten für glaubwürdig halten, sagen dies nur 58 Prozent der Ostdeutschen.
Die größten Unterschiede zeigen sich bei der Parteipräferenz.
Eine sehr große Mehrheit der AfD-Anhängerschaft (80 Prozent) hält die politischen Nachrichten auf öffentlich-rechtlichen Kanälen für nicht glaubwürdig. Bei den Grünen-Anhängern sind dagegen 96 Prozent der Befragten der Meinung, die Nachrichten seien glaubwürdig.
Ebenfalls hoch fällt die Zustimmung in der Unions- und SPD-Wählerschaft aus. Bei den FDP-Anhängern sind immerhin 30 Prozent der Befragten der Meinung, die politischen Nachrichten seien nicht glaubwürdig.
Interessant ist auch: Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen der Bewertung der Glaubwürdigkeit politischer Nachrichten und der Zufriedenheit mit der Demokratie. Befragte, die sehr unzufrieden mit der Demokratie sind, halten die im ÖRR erscheinenden politischen Nachrichten zu 76 Prozent für unglaubwürdig, dagegen ist die Gruppe derjenigen, die sehr zufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie ist, zu 93 Prozent auch von der Glaubwürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Nachrichten überzeugt.
Die gesamte Studie können Sie hier herunterladen:
Monitor Wahl- und Sozialforschung: Welchen Nachrichten kann man noch trauen?
Vier Klagen gegen die Wahlrechtsreform
Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe könnte es in den kommenden Wochen vier unterschiedliche Klagen gegen die Wahlrechts-Reform der Ampel geben.
Das betonte CSU-Chef Markus Söder Teilnehmerkreisen zufolge bei einer Vorstandssitzung der CSU am vergangenen Samstag.
Die Unionsbundestagsfraktion werde eine eigene Normenkontrollklage anstrengen, das habe auch CDU-Chef Friedrich Merz versichert, so Söder.
Aber auch der Freistaat Bayern und die Parteien CSU und die Freien Wähler wollen separat gegen die Pläne der Bundesregierung vor das Gericht ziehen.
Mali: Bundeswehr-Hubschrauber am Einsatz gehindert
Im westafrikanischen Mali wird die Bundeswehr aktuell am Einsatz der Transporthubschrauber Typ CR-53 gehindert. Der Grund sind fehlende Fluggenehmigungen, wie aus einem Einsatzbericht der Bundeswehr hervorgeht, der uns zugestellt wurde.
© The Pioneer"Die Hubschraubereinsatzstaffel, die (...) den Lufttransport sowie die Forward Aeromedical Evacuation (FwdAE) sicherstellt, war (...) durch fehlende Fluggenehmigungen seitens der malischen Armee nur eingeschränkt einsatzfähig", heißt es in dem Bericht. Seit dem 10. März sei der Einsatz grundsätzlich untersagt.
MEDEVAC-Einsätze zur medizinischen Evakuierung seien von diesem Flugverbot "explizit ausgenommen", heißt es. Allerdings habe es zunächst Einschränkungen bei dem Einsatz gegeben. Die Auslandsmission in Mali ist seit Langem politisch umstritten, weil Mali mit russischen Söldnertruppen kooperiert.
Studie: Offshore schafft Zukunft für Werften
In einer 129 Seiten starken Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung sehen die Autoren an den Werftstandorten in Mecklenburg-Vorpommern "gute Bedingungen" für den Bau sogenannter Konverterplattformen. Das sind riesige schwimmende Schiffe, auf denen der in Offshore-Windparks produzierte Wechselstrom in leichter zu transportierenden Gleichstrom umgewandelt wird.
© imagoAn den Standorten der ehemaligen MV-Werften "befinden sich geeignete Flächen sowie Fachkräfte mit entsprechendem Know-how", heißt es in der Studie. Gleichzeitig verfüge die Region "über Erfahrung darin, die im Schiffbau tätigen Arbeitnehmer*innen für Tätigkeiten im Bau von Konverterplattformen zu qualifizieren".
Der Bedarf an solchen Plattformen wird laut der Studie stark anwachsen. Pro Gigawatt Offshore-Leistung wird grob eine Plattform benötigt. Bis 2030 sollen in Nord- und Ostsee 20 Gigawatt und im Jahr 2040 40 Gigawatt installiert sein. Aktuell sind es acht Gigawatt.
Das Bundeswirtschaftsministerium und das Land Mecklenburg-Vorpommern wollen den Standort Rostock dringend zu einem Zentrum für Konverterplattformen ausbauen.
Das Gelände gehört allerdings inzwischen zum Marinearsenal im Eigentum des Bundesverteidigungsministeriums. Dort gibt es Sicherheitsbedenken wegen der räumlichen Nähe einer solchen Werft zu den Sicherheitsbereichen des Marinearsenals.
Nach der Neuordnung der Spitze des Verteidigungsministeriums werden dem Projekt aber mehr Chancen eingeräumt, hört unser Kollege Thorsten Denkler.
Windkraftstudie der Hans-Böckler-Stiftung
Denkfabrik R21 fordert in Manifest Generalreform für Deutschland
Die konservativ-bürgerliche Denkfabrik R21 stellt heute auf ihrem Kongress in Berlin ein Manifest für eine Reformwende in Deutschland vor.
Unter dem Motto "Deutschland nach der Ära Merkel: Lehren für die Gegenwart - Perspektiven für die Zukunft" haben der Mainzer Historiker Andreas Rödder, die ehemalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder sowie der Rechtsanwalt und Unternehmer Harald Mosler Thesen für eine "bürgerliche Politikwende" entwickelt.
Kristina Schröder und Andreas Rödder. © imagoDie bürgerlichen Parteien, so schreiben die Autoren, hätten in den vergangenen Jahren "weder eine auf den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft beruhende ordnungspolitische Strategie noch ein liberal-konservatives Gesamtkonzept entwickelt" und stattdessen den Zuständigkeitsanspruch des Staates immer weiter ausgeweitet.
Der Staat hat Erwartungen geweckt, die er einerseits nicht mehr rückgängig machen, andererseits unmöglich umfassend erfüllen kann. Diese Politik gefährdet die Grundlagen unseres Gemeinwesens.
Deutschland sei in den Bereichen äußere und innere Sicherheit, Infrastruktur, Bildung und Digitalisierung "nicht mehr hinreichend handlungsfähig" und als Investitionsstandort "angesichts hoher Steuern, Energiepreise und Regulierungslasten kaum noch wettbewerbsfähig".
Die Denkfabrik fordert eine "Modernisierung und Verschlankung der Staatsorganisation, die bei der Bundesregierung beginnt", für die es auch einen neuen Politikstil brauche. Dieser solle sich unter anderem durch Führungswillen nach innen und außen ohne deutsche Sonderwege und eine offene Debattenkultur auszeichnen.
Andreas Rödder war zuletzt Gast in unserem Pioneer Briefing Podcast und sprach über sein neues Buch "21.1". Das Interview können Sie hier hören.
Renten-Einheit kommt ein Jahr früher als geplant
Die gesetzlichen Renten in Deutschland steigen im Sommer um 5,86 Prozent im Osten und 4,39 Prozent im Westen. Das starke Plus in den neuen Bundesländern hat zur Folge, dass die Renten-Einheit ein Jahr früher erreicht wird. Gesetzlich vorgeschrieben ist, das Ziel bis 2024 zu erreichen.
Konkret bedeutet das: Ab dem Sommer gibt es erstmals einen einheitlichen Rentenwert. Die Ziffer ist eine zentrale Größe bei der Berechnung individueller Rentenansprüche.
Eine Infografik mit dem Titel: Der Renten-Hammer
Rentensteigerungen seit 2009, in Prozent
„Diese Erhöhungen sind möglich, weil der Arbeitsmarkt in guter Verfassung ist und die Löhne steigen“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Rande seiner Kanada-Reise.
Sein Ministerium räumt ein, dass die Entwicklung bei den Renten aktuell hinter der Inflation zurückbleibe, doch das sei nur eine Momentaufnahme.
„Aktuell abgeschlossene Tarifverträge sehen durchaus beachtliche Lohnerhöhungen vor“, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums. „Sie werden sich dann in der Rentenanpassung zum 1. Juli 2024 abbilden."
Pioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner beantwortet hier die 12 wichtigsten Fragen zur Rentenerhöhung und zur Reformdebatte um die Alterssicherung.
Blaudszun-Comeback im Bundestag
Lilly Blaudszun auf der Pioneer One (2021) © Anne HufnaglEin Comeback besonderer Art bemerkten wir in der vergangenen Woche im Deutschen Bundestag: Die SPD-Influencerin Lilly Blaudszun ist zurück auf der politischen Ebene - zumindest für einige Wochen. Jura-Studentin Blaudszun absolviert gerade ihr Pflichtpraktikum im Büro der rechtspolitischen SPD-Sprecherin Sonja Eichwede.
Im Bundestagswahlkampf 2021 hat sie als Beraterin für Social Media und die junge Generation die Kampagne von Olaf Scholz unterstützt.
Grüne Fraktions-Klausur in Weimar beginnt
Von diesem Dienstag bis Donnerstag kommt unter der Führung von Britta Haßelmann und Katharina Dröge die Fraktion der Grünen zu ihrer Frühjahrsklausur in Weimar zusammen.
Die Grünen-Politikerinnen Britta Haßelmann (links) und Katharina Dröge. © Montage: The PioneerDie Themen: Klimaschutz, die sozial-ökologische Transformation, Gesellschaftsfragen sowie ein Rück- und Ausblick auf die Arbeit der Ampel-Koalition.
An diesem Dienstag waren Betriebsräte des Kohlekonzerns LEAG erwartet worden. Die haben aus Protest gegen den vorgesehenen Beschluss abgesagt, den Kohleausstieg im Osten auf 2030 vorzuziehen.
Am Mittwoch geben die Journalisten Stephan Detjen und Laura Himmelreich sowie die Publizistin Carolin Emcke einen Input, hört unser Kollege Thorsten Denkler. Am Donnerstag soll Kommunikationsberater Johannes Hillje dazustoßen.
Auf - Sandra Weeser. Die Haushaltspolitikerin der FDP hat lange gemahnt. Bereits im vergangenen Jahr sagte sie, der Erweiterungsbau des Kanzleramts sei aus der Zeit gefallen. Nun hat Weeser den Zeitgeist - und Christian Lindner auf ihrer Seite. Prognose: Ob der Bau kommt, ist unsicherer denn je. Für Weeser geht's nach oben!
Ab - Nancy Faeser (SPD). Die wahlkämpfende Bundesinnenministerin ist offenbar bereit, einen Pakt mit den Taliban in Afghanistan einzugehen, um potenzielle Gefährder dorthin abschieben zu können. Also mit jenem frauenverachtenden Regime, das etwa den Mädchen und Frauen im Land den Zugang zu Bildung verweigert. Eine schwierige Entscheidung.
Die Grünen würden sich offenbar wenig um die Menschen scheren, die meist ebenso pauschal wie ahistorisch als „Ostdeutsche“ einsortiert würden, kommentiert der FAZ-Redakteur Reinhard Müller den vorgezogenen Kohleausstieg: "Ein weiterer gesellschaftlicher Großversuch am lebenden Volk wird teuer werden – auch wenn er demokratisch beschlossen und schön verpackt wird." Die Menschen müssten von dem Weg im Kampf gegen den Klimawandel überzeugt werden, weil sie ihn auch selbst gehen müssten. Müllers Fazit: "Die Basta-Politik der verbeamteten Wohlstandspartei, die die Grünen geworden sind, ist keineswegs immer aus sich heraus verständlich, bezahlbar und mehrheitsfähig. Die Ampel muss aufpassen, dass ihre Politik nicht in Verhältnisse führt, in denen der Kampf gegen den Klimawandel als eher kleines Problem erscheint." Spannend!
Welt-Chefökonomin Dorothea Siems kritisiert die vermeintlich guten Renten-Nachrichten von Arbeitsminister Heil: "Die Kurzzeitperspektive des Sozialdemokraten schafft kein Vertrauen. Solide Rentenpolitik muss nicht drei, sondern 30 Jahre im Blick haben." Auch die Ampel-Koalition verweigere ebenso wie schon zuvor die große Koalition unter Angela Merkel die ehrliche Langfristperspektive. "Ohne Rücksicht auf die Demografie hält Minister Heil unverdrossen an seinem Plan fest, das Rentenniveau für alle Zeit stabil zu halten. Wenn eine schrumpfende Arbeitnehmerschaft immer mehr Rentner alimentieren soll, läuft das unweigerlich auf eine erdrückende Beitragslast für die junge Generation hinaus." Lesenswerte Analyse!
Heute gratulieren wir herzlich:
Klaus Lederer (Linke), Senator für Kultur und Europa und Bürgermeister von Berlin, 49
Peter Woeste, deutscher Botschafter in El Salvador, 65
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre