herzlich willkommen zur neuen Ausgabe unseres Wochenend-Updates aus dem Hauptstadt-Team.
Wir berichten an dieser Stelle über das Wichtigste aus der Berliner Republik und empfehlen Ihnen wieder frische Texte und Töne aus unserer journalistischen Pioneer-Familie.
Los geht's!
Breite Allianz gegen Putin
Am Ende einer Krisenwoche mit dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Moskau hat die transatlantische Community die Münchner Sicherheitskonferenz zur Machtdemonstration des Westens genutzt.
Mein Kollege Gordon Repinski hatte Scholz nach Moskau und Washington begleitet und hier die Krise für Sie analysiert. Ich bin seit gestern in München vor Ort.
Als ich Konferenz-Chairman Wolfgang Ischinger am Freitagmorgen treffe, bezeichnet er das Treffen der rund 600 Politiker, Diplomaten und Sicherheitsexperten aus der ganzen Welt als das "wichtigste und schwierigste" seiner 14-jährigen Amtszeit.
In Europa geht es um Krieg oder Frieden, so Ischinger. Trotz intensiver Bemühungen entsandte die russische Regierung erstmals seit Jahren keine Vertreter nach München.
Beim Mittagessen mit zwei Dutzend CEO deutscher Unternehmen war nur Igor Yurgens, ehemaliger Berater von Russlands Ex-Ministerpräsident Dimitri Medwedew, anwesend.
Er erinnerte an Putins Rede bei der Sicherheitskonferenz 2007, wo Russlands Machthaber die Nato-Osterweiterung kritisierte, weil sie angeblich sein Land bedrohe.
"Entweder nehmt ihr uns ernst, oder wir zeigen euch, was wir können", sei die Drohung an den Westen damals im Kreml gewesen, erinnert sich Yurgens.
"Heute ist das Zeitfenster der Annäherung geschlossen." Dennoch glaube er nicht an einen Krieg, eine Eskalation sei in Russland sehr unpopulär, so Yurgens.
Igor Yurgens. © Michael BröckerUS-Außenminister Anthony Blinken und Außenministerin Annalena Baerbock nutzten ihren Auftritt wenig später zu klaren Signalen:
"Ich denke Putin ist überrascht über die große Solidarität in der Nato", sagte Blinken. Seine deutsche Amtskollegin lobte er für ihre "moralische Klarheit".
Baerbock bezeichnete die Bedrohung der Ukraine als eine Drohung an Europa.
Annalena Baerbock in München. © dpaDiese Krise ist deswegen keine Ukraine-Krise. Sie ist eine Russland-Krise.
Die Antwort des Westens auf eine mögliche Invasion werde scharf sein.
"Wenn es zu einem russischen Angriff auf die Ukraine kommt, dann hätte dies massive Konsequenzen für Russland - finanziell, politisch und wirtschaftlich."
In der Diskussionsrunde betonte Baerbock auf die Frage des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko, dass es beim Nein zu Waffenlieferungen bleibe. Man prüfe aber, was man mehr leisten könne als nur 5000 Helme zu schicken.
Klitschko, über dessen mögliche Ambitionen auf das Präsidentenamt viel getuschelt wurde, ist das zu wenig. "Wir brauchen Verteidigungswaffen. Ich hoffe, dass Deutschland das einsehen wird", sagte er uns am Rande der Konferenz.
Und weiter:
US-Klimabeauftragter John Kerry (l.) und Vitali Klitschko im Saal des Bayerischen Hofes. © Michael BröckerStarke Länder greift Putin nicht an.
Baerbocks leidenschaftlicher Auftritt in englischer Sprache war das Gesprächsthema im Bayerischen Hof. Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, beglückwünschte Baerbock zu ihrer Rede und bat um ein baldiges Treffen.
Nancy Pelosi und Annalena Baerbock im Bayerischen Hof. © Michael BröckerAuch US-Kongressmitglieder lobten Baerbock.
"Das war ein guter Auftritt der Ministerin. Die transatlantischen Beziehungen sind heute tiefer als sie je waren", sagte mir der US-Kongressabgeordnete Bill Keating.
"Es ist Zeit, dass wir den autoritären Herrschern sagen: No more!", ergänzte Betty McCollum, demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus.
"Russland ist der Aggressor. Und Frau Baerbock hat das mehr als deutlich gemacht."
Treffen mit US-amerikanischen Kongressmitgliedern im Bayerischen Hof.Am Abend traf Baerbock auch noch mit dem indischen, kanadischen und iranischen Außenminister zusammen, am Samstag moderiert sie eine Runde der G-7-Außenminister.
"Sie ist sehr präsent und kommuniziert viel. Für die Diplomatie ungewöhnlich. Ich bin gespannt, ob sie das so aufrecht halten kann", kommentierte ein CEO eines Dax-Unternehmens.
Bei einer Diskussionsrunde mit der Publizistin Constanze Stelzenmüller vom US-Think Tank Brookings Institution kündigte Baerbock dann noch an, dass sie sich auch anderen internationalen Feldern widmen werde.
So plant die Grünen-Außenministerin eine Afghanistan-Reise und einen Besuch der Westbalkan-Staaten. Außerdem arbeite ihr Ministerium gerade eine neue China-Strategie aus.
Krisen-Wochenende in München
Der Hauptstadt Podcast steht in dieser Woche natürlich auch im Zeichen der Krisendiplomatie.
Gleich am Vorabend der Münchner Sicherheitskonferenz habe ich mit dem früheren außenpolitischen Berater von Angela Merkel und dem künftigen Vorsitzenden der Sicherheitskonferenz, Botschafter Christoph Heusgen, gesprochen.
In der Ukraine-Frage legt Heusgen seine diplomatische Zurückhaltung ab, das Gerede über eine Bedrohung seines Landes durch die Nato, sei Unsinn.
Was Putin macht, ist Propaganda.
Ein Nato-Beitritt der Ukraine stehe überhaupt nicht auf der Agenda. Es müsse jetzt darum gehen, Putin mit allen Mitteln zum Einlenken zu bewegen.
Putin hat geschafft, dass die transatlantische Partnerschaft so stark ist, wie sie lange nicht mehr war.
Die weiteren Themen in unserem Hauptstadt Podcast:
Wir diskutieren über das Ende der Corona-Maßnahmen und was nach dem 19. März noch kommen könnte.
Bei What's left geht es Gordon um eine Auseinandersetzung zwischen Manuela Schwesig und CDU-Politiker Christoph Ploß.
Bei What's right kommt der bayerische Finanzminister Albert Füracker zu Wort. Der CSU-Politiker und Söder-Getreue fordert Steuersenkungen für Unternehmen, eine sofortige Reduzierung der Strom- und Mineralölsteuer sowie einen Plan zum Auslaufen der milliardenschweren, staatlichen Corona-Hilfen.
Albert Füracker, bayerischer Finanzminister. © dpaEs muss dem Ende entgegen gehen.
Im kürzesten Interview der Berliner Republik - Ein Satz zu - spricht Gordon dieses Mal mit dem Schauspieler Gedeon Burkhard ("Inglorious Basterds", "Kommissar Rex"). Seien Sie gespannt!
Die ganze Folge hören Sie hier:
Ampel-Dissens über Corona-Basisschutz
© ThePioneerIn der Ampel-Koalition zeichnen sich erhebliche Differenzen über mögliche Corona-Schutzmaßnahmen ab. Das wurde unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner am Freitag in Koalitionskreisen bestätigt. Hintergrund ist, dass die bisherige Rechtsgrundlage für alle möglichen Maßnahmen zum 19. März ausläuft.
Drei Wochen haben die Ampel-Partner nun Zeit, einen Kompromiss zu finden. In der Sitzungswoche vom 14. bis zum 18. März könnte eine Neuregelung vom Bundestag beschlossen werden - und in einer Sondersitzung auch vom Bundesrat.
Lesen Sie hier die Hintergründe.
Grünen-Politiker Sarrazin wird Beauftragter für den Westbalkan
Der Grünen-Politiker Manuel Sarrazin soll Beauftragter der Bundesregierung für die Staaten des Westbalkans werden. Das erfuhr unsere Kollegin Marina Kormbaki aus Regierungs- und Parteikreisen.
Der Grünen-Politiker Manuel Sarrazin. © Stefan KaminskiDer im Auswärtigen Amt angesiedelte Posten ist neu. Mit diesem will Außenministerin Annalena Baerbock den EU-Beitrittsprozess der Westbalkanstaaten unterstützen sowie die ökologische Transformation im Industrie- und Energiesektor der Region vorantreiben.
Damit steht der Hamburger Grünen-Politiker Sarrazin vor einem Comeback: Von 2008 bis 2021 war der Osteuropa-Experte Mitglied des Bundestags. Im vergangenen Herbst verpasste der 40-Jährige den Einzug in den Bundestag.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will feministische Außenpolitik machen. Aber was heißt das konkret? Baerbocks Start im neuen Amt vermittelt einen ersten Eindruck. In Ägypten spricht die Grünen-Politikerin Gewalt gegen Frauen offen an, im Auswärtigen Amt befördert sie systematisch Frauen in Führungspositionen. "Baerbocks Verständnis von Diplomatie beinhaltet auch eine Prise Aktivismus", schreibt unsere Kollegin Marina Kormbaki, die die erste deutsche Außenministerin genau beobachtet - in Berlin und auch auf Reisen. Hier lesen Sie ihr Feature.
Die Inflation steigt im Februar auf einen neuen Rekordwert von 4,5 Prozent. Doch der New Yorker Ökonomie-Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz warnt trotzdem in seinem Gastbeitrag für ThePioneer vor einem zu raschen Anstieg der Notenbankzinsen.
In einer Woche der internationalen Krisen und Konflikte wollten wir natürlich auch wissen, wie unser Sicherheits-Kolumnist Hans-Peter Bartels auf die Lage schaut. Hier sind seine Gedanken.
Heute gratulieren wir herzlich:
Leonie Gebers, Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 51
Reiner Haseloff, Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, 68
Holger Mann, SPD-Bundestagsabgeordneter, 43
Rainer Wieland, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, 65
Am Sonntag gratulieren wir herzlich:
Lukas Benner, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 26
Manuel Gava, SPD-Bundestagsabgeordneter, 31
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende.
Herzlichst,
Ihr