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Unsere Themen heute:
Mehr Platz für den XXL-Bundestag: Das Parlament hat ein neues Bürogebäude. Wir haben es uns angesehen und die Chancen für eine Verkleinerung der Volksvertretung ausgelotet.
Eine Sicherheitskonferenz in Moskau? Wir haben das letzte Update zum Münchner Treffen der internationalen Diplomatie und sprechen im Hauptstadt Podcast mit Christoph Heusgen und Vitali Klitschko.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat zahlreiche Mitarbeiter aus dem Umweltministerium "mitgebracht", darunter einige hoch dotierte Beamte. Wir wissen mehr.
Nächste Woche reist Grünen-Landwirtschaftsminister Cem Özdemir zum EU-Agrar- und Fischereirat. Wir kennen seine Agenda.
Big Bundestag
Mit dem Luisenblock West hat der Bundestag ein neues Gebäude. Das Parlament verfügt damit über so viel Platz wie nie zuvor.
Allerdings ist es mit seinen inzwischen 736 Abgeordneten auch größer denn je.
FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, Vizepräsident des Parlaments und Chef der Baukommission, hat für diesen Freitag die Presse zum neuen Bundestagsbau eingeladen.
Der Modulbau Luisenblock West © ImagoDie ersten Abgeordneten von SPD, Grünen und CDU/CSU sind schon eingezogen. Das Gebäude zwischen Bundespressekonferenz und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus bietet rund 400 Büros und hat rund 70 Millionen Euro gekostet.
Der Platz für Fraktionen und ihre Abgeordneten wächst um rund sechs Prozent, innerhalb von 15 Monaten wurde der Bau fertiggestellt.
Die neuen Büros bringen etwas Entlastung.
Das eigentliche Problem ist damit aber nicht gelöst.
Bärbel Bas © picture allianceDafür muss eine echte Wahlrechtsform kommen, die dazu führt, dass sich der Bundestag seiner bisherigen Regelgröße von 598 Abgeordneten wieder zumindest etwas annähert.
Parlamentspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hatte dies in ihrer Antrittsrede angemahnt:
Eine Wahlrechtsreform, die ihren Namen verdient, ist …keinen Deut leichter geworden – und trotzdem: Sie duldet ersichtlich keinen Aufschub.
Ganz offensichtlich will Bas anders als ihre CDU-Vorgänger Norbert Lammert und Wolfgang Schäuble nicht die Moderatoren-Rolle übernehmen.
Vorerst wartet die SPD-Politikerin ab, ob aus den Fraktionen heraus eine Initiative kommt. Wie wir gehört haben, wollen die zuständigen Berichterstatter heute über das Vorgehen beraten.
FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle bekräftigt die Reformbereitschaft der Ampel:
Innerhalb des ersten Jahres muss eine Reform des Wahlrechts auf den Weg gebracht werden, um den Bundestag nachhaltig zu verkleinern. Bei der Bundestagswahl 2021 ist es durch glückliche Umstände nicht zu einem noch stärkeren Anwachsen gekommen.
Auch der Bund der Steuerzahler macht Druck. Verbandschef Reiner Holznagel meint dazu:
Wenn das Parlament ständig wächst, dann steigen auch die Kosten. Inzwischen liegen die Gesamtkosten des Bundestags bei einer Milliarde Euro jährlich – also tausend Millionen. Das ist alles andere als sparsam.
Unser Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner hat sich mit den Perspektiven für eine Wahlrechtsreform beschäftigt - und die neuen Büros der Abgeordneten erkundet. Lesen Sie hier sein Feature.
Vor der Sicherheitskonferenz: Kritik an Lambrecht wächst
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) geht in ihren dritten Monat im Amt, nun werden kritische Stimmen lauter – ausgerechnet zum Start der Münchner Sicherheitskonferenz. Ein Kritikpunkt: Sie müsse endlich mehr eigene englischsprachige Gespräche führen. Lambrecht scheute das bislang, was in Berlin Verwunderung auslöste.
Auch, dass sie das Heer – die größte Teilstreitkraft – ganz an den Schluss ihrer Antrittstermine setzte, nahm man in der Truppe kritisch auf. Drängendes gibt es dort genug: Drohnen, Transporthubschrauber oder Fragen von Führungsfähigkeit und Digitalisierung, Funkgeräte fehlen.
Verteidigungsministerin Lambrecht beim jüngsten Brigadenbesuch in Munster © dpa„Wenn wir da nicht endlich weiter kommen, können wir international nicht mehr mithalten“, hieß es aus einer Kaserne. Anderswo registrierte man zuletzt die ausgedünnten Reisedelegationen der Ministerin ins Ausland.
Rüdiger Lucassen (AfD) sagte uns nach Lambrechts ersten Terminen im Bundestag: Die Ministerin sei forsch aufgetreten und habe so Erwartungen geweckt. "Die dramatische Lage der Bundeswehr erlaubt aber keine Einarbeitungsfrist und keine Anfangsfehler.“
Ali Al-Dailami (Linke): "Die Ministerin agiert planlos, etwa in Mali, wo eine Strategie fehlt."
Und Reinhard Brandl (CSU) sagte unserem Reporter Christian Schweppe: “Die Ministerin hat eine grundlegende Reform des Beschaffungswesens angekündigt und will nun umsetzen, was ihre SPD in der letzten Legislatur blockiert hat. Ich sage es mal mit Goethes Faust: Die Botschaft hör‘ ich wohl, allein fehlt mir der Glaube.“
Heusgen sieht Westen stark wie nie
Der designierte Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, sieht das westliche Bündnis durch die Russland-Ukraine-Krise gestärkt. "Putin hat geschafft, dass die transatlantische Partnerschaft so stark ist, wie sie lange nicht mehr war", sagte Heusgen uns in der neuen Ausgabe des Hauptstadt Podcast. "In Finnland und Schweden wird jetzt auch überlegt, ob man nicht der NATO beitritt, weil man eben diesem Aggressor Putin gegenübersteht."
Christoph Heusgen © ImagoHeusgen zeigte Erleichterung über die jüngsten Entwicklungen in der Krise, warnte aber zugleich, man sei noch nicht "über den Berg". Er plädiert für eine harte Linie gegenüber dem russischen Präsidenten.
"Man holt Wladimir Putin nicht ab, indem man weich ist, sondern man holt ihn ab, indem man von aus einer starken Stellung mit ihm redet", sagte uns Heusgen.
Die ganze Folge hören Sie ab heute Mittag hier.
Hohe Kosten für Schulzes „Küchenkabinett“
Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD). © Imago18 Mitarbeiter, darunter einige besonders hoch dotierte, sind mit SPD-Politikerin Svenja Schulze vom Umwelt- ins Entwicklungsministerium gewechselt. Das geht aus der Antwort des Entwicklungsressorts hervor, die uns vorliegt.
Unter den Top-Beamten, die Schulze „mitgebracht“ hat, ist unter anderem Staatssekretär Jochen Flasbarth. Dazu zählt aber auch Dirk Meyer, neuer Abteilungsleiter Globale Gesundheit im Entwicklungsministerium, der nach B9 (Grundgehalt: 12.061,37 Euro) bezahlt wird.
Regine Zylka und Sascha Vogt, die beide bereits im Umweltressort für Schulze gearbeitet haben, haben im Entwicklungsministerium als Leiterin des Kommunikationsstabes und Chef des Leitungsstabes jeweils B6-Stellen.
Das Ausmaß der Neu- und Umbesetzungen sei „frappierend“, sagte uns Volkmar Klein (CDU). „Es scheint, als wolle Svenja Schulze mit einem Küchenkabinett alter Vertrauter ein neues Haus führen.“
Das Entwicklungsministerium betont, keine Versetzung oder Abordnung sei mit einer Beförderung verbunden gewesen. Außerdem habe man zuletzt wichtige Abteilungsleitungen sowie den Posten des Weltbank-Exekutivdirektors mit Beamten aus dem Haus besetzt.
Özdemir will in EU nur Produkte ohne Waldzerstörung
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir möchte sich beim EU-Agrar- und Fischereirat am Montag für strengere Umweltauflagen bei Produktimporten in die EU einsetzen.
Agrarminister Cem Özdemir (Grüne). © ImagoEin jüngst von der Kommission vorgelegter Verordnungsvorschlag sieht bindende Sorgfaltspflichten für Unternehmen vor, die Produkte auf den EU-Markt bringen, für deren Herstellung Wälder abgeholzt oder beschädigt werden. Der Kommissionsvorschlag zielt auf sechs Erzeugnisse ab: Soja, Rindfleisch, Palmöl, Holz, Kakao und Kaffee sowie bestimmte daraus hergestellte Produkte wie Leder, Schokolade und Möbel.
Wie unsere Kollegin Marina Kormbaki aus dem Landwirtschaftsministerium erfuhr, wird Özdemir auch die Aufnahme von Naturkautschuk in die Verordnung fordern und sich dafür einsetzen, dass das neue Regelwerk nicht nur illegale Abholzungen sanktioniert, sondern auch legale.
Zudem bringt der Grünen-Minister eine Note mit dem Ziel der Stärkung landwirtschaftlicher Erzeugerinnen und Erzeuger ein. Dazu sollen unter anderem die Förderung regionaler Versorgungsketten und eine genauere Herkunftskennzeichnung dienen.
"Die Transformation der Landwirtschaft kann nicht gelingen, wenn den Beteiligten die hierfür nötigen finanziellen Spielräume fehlen“, heißt es aus Özdemirs Haus.
Sicherheitskonferenz in Moskau?
An diesem Freitagnachmittag eröffnet Wolfgang Ischinger im Gespräch mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres die 58. Münchner Sicherheitskonferenz im Bayerischen Hof. Corona-bedingt sind nur rund 600 Außen- und Sicherheitsexperten zu Gast, geimpft und täglich PCR-getestet.
30 Staats- und Regierungschefs sowie mehr als 100 Minister haben ihr Kommen signalisiert, darunter US-Vizepräsidentin Kamala Harris, Kanzler Olaf Scholz und Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj.
Die Bemühungen Ischingers, doch noch einen ranghohen Vertreter Russlands - notfalls per Videokonferenz - zur Konferenz zu lotsen, schlugen bis gestern Abend fehl. Dafür könnte die Konferenz demnächst eine separate Diskussionsrunde in Moskau abhalten, erfuhren wir. Gespräche darüber laufen.
Feministische Außenpolitik in München
Zum ersten Mal wird am Rande der Sicherheitskonferenz ein Dinner nur mit Frauen durchgeführt. Bei Frauen 100 soll über Chancen einer feministischen Außenpolitik diskutiert werden. Eingeladen hat die PR-Agentur Hell & Karrer Communications von Janina Hell und Felicitas Karrer, zugesagt haben nach unseren Informationen bereits Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Auch die Influencerin Diana zur Löwen und Cathy Hummels sind dabei. Eine Einladung hat auch die neue US-Botschafterin Dr. Amy Gutmann erhalten.
Weibliche Doppelspitze übernimmt Hintergrundkreis
Der älteste Hintergrundkreis Berlins - Gelbe Karte - hat einen neuen Vorstand: ARD-Korrespondentin Barbara Kostolnik wird den Kreis in Zukunft gemeinsam mit Birgit Marschall von der Rheinischen Post führen. Kostolnik löst Andreas Niesmann vom RedaktionsNetzwerk Deutschland ab, der nicht mehr kandidierte. Schatzmeister bleibt Stefan Reineke von der taz.
Ein Autor dieses Briefings ist auch Mitglied der Gelben Karte und berichtet aus erster Hand. Wir wünschen den Kolleginnen allzeit ein glückliches Händchen!
Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) wird am 11. März als Zeugin vor dem Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags zur Flutkatastrophe im Ahrtal aussagen.
Grünen-Politikerin Anne Spiegel © dpaDie oppositionelle CDU-Landtagsfraktion hat die frühere Landesklimaschutzministerin vorgeladen. Spiegel soll erläutern, welche Informationen ihr im Juli 2021 wann vorlagen und warum die Bevölkerung nicht frühzeitig gewarnt wurde.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) reist am 21. und 22. Februar nach Nordrhein-Westfalen, um für die von ihm geplante Energiewende zu werben und Gespräche mit Politikern, gesellschaftlichen Akteuren und Unternehmern zu führen. Auch ein Treffen mit NRW-Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) ist geplant.
Auf - Annalena Baerbock. Die deutsche Außenministerin hat sich in wenigen Wochen Respekt und Reputation in der internationalen Diplomatie erworben. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz an diesem Wochenende steht sie im Rampenlicht, Mitglieder der US-Delegation sind positiv überrascht. US-Außenminister Anthony Blinken hat in München nicht nur einem Vier-Augen-Gespräch zugestimmt, sondern einer öffentlichen Veranstaltung nur mit ihr. Dazu moderiert sie das G7-Treffen der Außenminister. In München vermisst keiner Heiko Maas. Die Grünen-Ministerin ist deshalb heute unsere Aufsteigerin!
Ab - Christian Lindner. Die Mühen der Ebene haben den Finanzminister erreicht. In den Umfragen sacken die Liberalen ab, auch weil viele von Armin Laschet frustrierte CDU-Wähler wieder zurück zu ihrer Partei gehen, wie Forsa-Chef Manfred Güllner analysiert. Aber auch, weil Lindner Entlastungen für Firmen und Haushalte auf morgen verschiebt (Abschreibungen, Kalte Progression), aber heute neue Sondervermögen bildet. Die Kompromissmaschine Lindner ist für Wirtschaftsliberale gewöhnungsbedürftig.
Wie wurde die Münchner Sicherheitskonferenz eigentlich so bedeutend? Diese Frage führt unweigerlich zu Wolfgang Ischinger, der die Konferenz seit 2008 leitet. Der inzwischen 75-Jährige hat sich dabei Ansehen erarbeitet, muss sich nun aber auch kritischen Fragen stellen. Politico beleuchtet näher, wo Ischingers eigene Interessen liegen. „In diplomacy, Europe’s most powerful ambassador means business”, überschreiben die Kollegen ihre Recherche – lesenswert!
Wer steckt eigentlich hinter einer der gefährlichsten Hacker-Gruppen der Welt? BR und WDR folgten den Spuren von Snake. Die Gruppe wird für den Hacker-Angriff auf das Auswärtige Amt 2018 verantwortlich gemacht, außerdem für andere spektakuläre Attacken im Ausland. Die Hintermänner? Könnten beim russischen FSB zu finden sein. Spannend!
Heute gratulieren wir herzlich:
Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, 46
Armin Laschet (CDU), Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, 61
Angelika Niebler, stellvertretende Parteivorsitzende der CSU, 59
Mathias Papendieck, SPD-Bundestagsabgeordneter, 40
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann solidarisiert sich im Bundestag mit ihrer Fraktionskollegin, der Transfrau Tessa Ganserer. Zuvor hatte die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch behauptet, Ganserer sei "biologisch und juristisch ein Mann".
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre