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Unsere Themen heute:
Schwarz-Grün oder Ampel-Koalition? In Baden-Württemberg könnte es zu einer grün geführten Koalition gegen die CDU kommen. Signal für den Bund?
Jens Spahn lädt zum Impfgipfel mit den Länderchefs. Aber warum erst jetzt, und was soll dabei herauskommen?
Armin Laschet legt im aktuellen Politbarometer des ZDF zu, Friedrich Merz verliert. Wir haben die Details der Umfrage, die heute veröffentlicht wird.
Die Ampel leuchtet
Das Superwahljahr 2021 hat begonnen. Den beiden Landtagswahlen Mitte März in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wird Signalwirkung zugeschrieben.
Und gerade diese beiden Wahlen könnten Ampel-Koalitionen hervorbringen.
In Mainz regiert bereits eine SPD-geführte Dreierkoalition mit Grünen und Gelben.
In Stuttgart gibt es bei Grünen, SPD und FDP große Aufgeschlossenheit für eine grün geführte Ampel, wie unsere Gespräche mit Beteiligten ergaben. Mit Hilfe dieser Konstellation könnte Grünen-Regierungschef Winfried Kretschmann erneut die CDU in die Opposition schicken.
Winfried Kretschmann © dpaUnd im Bund? Auch dort gibt es erste Allianzen, Freundschaften und Gesprächsformate - zwischen Liberalen und Grünen, auch zwischen Sozialdemokraten und Liberalen.
Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz und der liberale Rechtspolitiker Stephan Thomae arbeiten vertrauensvoll zusammen. Grünen-Wirtschaftsexperte Danyal Bayaz und Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion Florian Toncar, beide aus Baden-Württemberg, haben über den Wirecard-Untersuchungsausschuss zusammengefunden, duzen sich, vertrauen sich, sprechen auch über potentielle Bündnisse.
Der Grünen-Abgeordnete Bayaz sagt:
Das Verhältnis zwischen Grünen und FDP ist ganz sicher nicht reibungslos. Aber beide sollten grundsätzlich in der Lage sein, miteinander Verantwortung fürs Land zu übernehmen.
Auch zwischen Abgeordneten von SPD und FDP bestehen neuerdings Drähte. Engen Austausch gibt es unter anderem zwischen Politikern wie dem Innenexperten Mahmut Özdemir oder Jens Zimmermann von den Sozialdemokraten und FDP-Abgeordneten wie Benjamin Strasser und Jens Brandenburg.
In der FDP-Führung wird dieser Austausch wohlwollend beobachtet.
"Der konservative Wunschtraum, nach dem die CDU mit allen koalieren kann, die FDP aber automatisch auf die Reservebank der Union gehört, ist vorbei", sagte uns Generalsekretär Volker Wissing.
Und weiter:
"Wenn man eine Koalition eingeht, muss man einen Partner haben, der einem vertraut und der einen respektiert. Das war unter Helmut Kohl bei Schwarz-Gelb auf Bundesebene der Fall, unter Angela Merkel nicht mehr."
Volker Wissing, FDP-Generalsekretär. © Anne HufnaglIn Baden-Württemberg etwa führten die Liberalen einen erkennbar eigenständigen Wahlkampf mit eigenen Botschaften und einem starken Team, so Wissing.
"Sie werden dann auf Grundlage des Wahlergebnisses entscheiden, in welcher Konstellation sie ihre Agenda am besten umsetzen können."
Prinzipiell sei für die FDP "eine Zusammenarbeit mit allen Parteien des Mitte-Spektrums möglich." Auch der SPD macht Wissing Avancen:
"Gerade mit der traditionellen SPD verbindet die FDP so einiges." Eine Politik des sozialen Aufstiegs und der Teilhabe passe zur FDP.
1. Impfplan: Spahn nimmt Länder in die Mitverantwortung
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Verantwortung für die Impfstrategie offenbar nicht länger alleine schultern.
Am Montag lädt der Gesundheitsminister zu einem “Impfgipfel” mit den Ministerpräsidenten der Länder ein. An der Videokonferenz sollen neben Mitgliedern der Bundesregierung und den Regierungschefs der Länder auch Vertreter der Hersteller sowie der betreffenden Verbände teilnehmen, sagte ein Regierungssprecher.
Jens Spahn © imagoDie Politik steht wegen der zögerlichen Impfstoffproduktion massiv in der Kritik, auch die Impftermine laufen nur schleppend an.
Eine Unions-Bundestagsabgeordnete aus Niedersachsen berichtete uns gestern, wie sie vergeblich einen Tag lang versuchte, einen Impftermin für ihre über 80 Jahre alte Mutter zu bekommen und immer wieder in der Warteschleife der Hotline hängen blieb. Eine Erfahrung, die derzeit viele machen. In NRW hatte es am ersten Tag 40 Millionen Anrufe bei der Impftermin-Hotline gegeben.
Minister Spahn will den Länder-Chefs aber auch berichten, wie eine mögliche nationale Produktionsallianz zwischen dem Chemiekonzern Bayer und dem Impfstoffhersteller Curevac aufgebaut werden kann.
Bis Spätsommer könnte Bayer eine Produktionsanlage in Nordrhein-Westfalen für die Impfstoffproduktion umbauen, hieß es. Und Spahn will Details erläutern zum neuen Impfstoff von Johnson & Johnson, der bereits kommende Woche zugelassen werden könnte.
Wie geht es weiter mit AstraZeneca?
Die Länder wollen von Spahn außerdem wissen, wie es mit dem britisch-schwedischen Produzenten AstraZeneca weiter gehen soll, dessen Impfstoff heute europaweit zugelassen werden soll. Deutschland erwartet noch im Februar drei Millionen Impfstoffdosen.
Die EU streitet derzeit mit dem Unternehmen, nachdem der Konzern einräumen musste, wegen Produktionsengpässen in einem Werk in Belgien die zugesagte Liefermenge bis Ende März nicht einhalten zu können. An diesem Freitag will die Kommission über mögliche Sanktionen entscheiden, etwa Exportkontrollen nach Großbritannien.
Große Hoffnungen richten sich im Gesundheitsministerium auf den Impfstoff von Johnson & Johnson, der wie der von AstraZeneca in Kühlschranktemperatur gelagert werden kann.
Deutschland hat 37 Millionen Dosen bestellt und könnte alleine damit fast die Hälfte der Bevölkerung impfen.
2. Braun kündigt Bildungsoffensive bei Daten an
Der Chef des Bundeskanzleramts, Helge Braun (CDU), hat in einem Brief an die Bundestagsabgeordneten von Union und SPD für die neue Datenstrategie der Regierung geworben und eine Bildungsoffensive zum Umgang mit Daten angekündigt.
Die neue Strategie soll “das Fundament für eine moderne Datengesellschaft legen”, heißt es in dem Schreiben, das uns vorliegt.
Mit ihren mehr als 240 Maßnahmen wird sie Deutschland zum Vorreiter für das innovative Nutzen und Teilen von Daten in Europa machen.
Dazu gehörten beispielsweise "Maßnahmen zum Quanten- und Hochleistungsrechnen, aber auch das Projekt Gaia-X und die Förderung von modernster Mikroelektronik und Computerchips der nächsten Generation, wie sie etwas in Jena schon heute entwickelt werden”, schreibt der hessische CDU-Politiker.
Mit Gaia-X wird eine gemeinsame europäische Dateninfrastruktur für Wirtschaft und Wissenschaft bezeichnet, in der Daten für Forschung und Innovation sicher und vertrauensvoll ausgetauscht werden sollen. Außerdem, so Braun, fördere der Staat Datenräume für Mobilität oder Gesundheit.
“Ein Beispiel ist hier der Aufbau des Forschungsdatenzentrums beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Produktion.”
Dort werden anonymisierte Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen systematisch aufbereitet und der Forschung zur Verfügung gestellt. “Auf diese Weise können Krankheiten besser verstanden und gezielter Maßnahmen zur Entdeckung und Bekämpfung entwickelt werden”, schreibt Braun.
Ein Ziel sei es auch, die Datenkompetenz in der Bevölkerung zu erhöhen.
“Dazu werden wir noch im Februar eine Nationale Digitale Bildungsoffensive ins Leben rufen, um Lehr- und Lernangebote zu zentralen Themen der Digitalisierung auszuweiten.” Das Thema "Umgang mit Daten" werde eine wichtige Rolle einnehmen, so Braun.
3. Armin Laschet legt zu - Friedrich Merz verliert
Der neue CDU-Vorsitzende Armin Laschet gewinnt nach seiner Wahl an Zustimmung in der Union und in der Gesamtbevölkerung. Dies geht aus einer bisher unveröffentlichten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer hervor.
Demnach legt Laschet von zuvor 0,7 Punkten (Spanne: -5 bis +5) auf 1,0 Punkte in der Bevölkerung zu.
Unter Unionsanhängern steigt seine Beliebtheit von 1,3 auf 1,7 Punkte.
Friedrich Merz, Armin Laschet
Kontrahent Friedrich Merz dagegen verliert: Statt 0,1 beurteilt ihn die Gesamtbevölkerung nur noch mit -0,1. Bei den CDU-Anhängern fällt der Wirtschaftsexperte von 1,4 auf 1,1.
In der Kanzlerfrage bleibt Armin Laschet allerdings deutlich hinter dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) zurück.
In der Gesamtbevölkerung halten 31 Prozent Laschet für geeignet, Kanzler zu sein, Söder dagegen 55 Prozent. Unter Unions-Anhängern ist der Unterschied noch größer: 36 Prozent zu 74 Prozent.
Aus einem Formulierungsvorschlag des Bundesjustizministeriums © ThePioneerDas Bundesjustizministerium pocht auf einen strikten Schutz personenbezogener Mobilitätsdaten beim Fahren mit so genannten Roboterautos. Das geht aus einem Formulierungsvorschlag des Justizministeriums hervor, der uns vorliegt.
Er wird derzeit mit Plänen von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für ein Gesetz zum autonomen Fahren zwischen den Ressorts der Regierung abgestimmt.
Dem Halter des Fahrzeugs stehen demnach umfassende Kontrolle und Souveränität über beim autonomen Fahren anfallende Daten zu.
Daten, die keinen Rückschluss auf die Personen zulassen, sollen jedoch der Allgemeinheit über eine „zentrale Anlaufstelle“ zur Verfügung gestellt werden können - etwa für die Verkehrslenkung.
Die Gesetzesnovelle soll einen Rechtsrahmen für Fahrzeuge schaffen, bei denen es keine Fahrer im herkömmlichen Sinne mehr gibt, nur noch Passagiere.
Das Justizministerium hatte bereits frühzeitig datenschutzrechtliche Bedenken signalisiert.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat vergangene Woche mit EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager telefoniert, um eine Zusage für das 4,8 Milliarden Euro schwere Bahn-Rettungspaket zu erreichen.
Die Einigung mit der EU soll unbedingt im Februar erfolgen, damit die Bahn vor ihrer Aufsichtsratssitzung im März Klarheit über die Milliardenhilfe hat, erfuhren wir in Regierungskreisen.
Denn: Vor der Gremiensitzung will die Bundesregierung auch die mögliche Vertragsverlängerung für Bahn-Chef Richard Lutz klären. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat drängen angeblich auf eine Verlängerung des Vertrages vor der Bundestagswahl.
Bahn-Chef Richard Lutz. © dpaDie EU muss die Milliardenhilfen für die Bahn als Beihilfe genehmigen und will in den Verhandlungen nun sicherstellen, dass das Volumen verhältnismäßig ist und nicht eingesetzt wird, um Wettbewerb auf der Schiene zu verhindern.
In Brüssel heißt es, die EU werde den Grundsatz nicht aufweichen, dass Beihilfeempfänger einem Verbot von Dividenden und Aktienrückkäufen unterliegen und eine strikte Begrenzung der Vergütung des Managements garantiert werden muss, einschließlich eines Verbots von Bonuszahlungen.
Kern sei aber, dass die Deutsche Bahn ihre digitalen Verkaufsplattformen für die Mitbewerber öffnet, etwa das Ticketing-Portal bei bahn.de.
Auf - Henriette Reker hatte das Glück, das Walter Lübcke nicht hatte. Sie überlebte einen fremdenfeindlich motivierten Anschlag. Der hessische Kommunalpolitiker wurde im Juni 2019 vor seinem Haus von dem Rechtsextremisten Stephan E. ermordet. Das Oberlandesgericht Frankfurt verhängte nun die Höchststrafe für den Mörder. Die Kölner Oberbürgermeisterin Reker (parteilos) wandte sich daraufhin in einem emotionalen Post an die Öffentlichkeit. Sie war 2015 von einem Mann mit einem Messer schwer verletzt worden, der nach eigener Auskunft ihre liberale Flüchtlingspolitik ablehnt. Reker überlebte, trat ihr Amt an und wurde 2020 wiedergewählt. Eine mutige Frau, die nicht aufgibt und offensiv den Hass auf politisch Verantwortliche thematisiert. "Spätestens seit den NSU-Morden hätten wir nicht die Augen verschließen dürfen vor politischen Morden aus der rechten Ecke", mahnt sie nun. Dem ist nichts hinzuzufügen. Unsere Aufsteigerin!
Ab - Andreas Scheuer musste gestern als letzter Zeuge im Maut-Untersuchungsausschuss des Bundestags antreten. Das einstige Prestige-Projekt des Verkehrsministers war 2019 vom Europäischen Gerichtshof gekippt worden. Scheuer soll durch die PkW-Maut nicht nur Steuergelder verpulvert, sondern auch den Bundestag belogen haben. Die Betreiberfirmen behaupten, sie hätten Scheuer angeboten, die Vertragsunterzeichnung abzuwarten, bis Rechtssicherheit besteht. Der CSU-Mann soll dies abgelehnt haben. Scheuer behauptete vor dem Bundestag, dass er sich an ein solches Angebot nicht erinnere. Nun steht Aussage gegen Aussage. Eine Klärung der Frage ist so unwahrscheinlich wie ein Rücktritt des Ministers. Die Süddeutsche Zeitung wertet das Ansehen des Ministers als irreparabel beschädigt. "Dass Image des CSU-Ministers ist längst so schlecht, dass er Grünen, FDP und Linken im Amt eher nutze als schade." Keine gute Woche für den CSU-Minister.
Serap Güler wurde mit 37 Jahren Staatssekretärin für Integration in Nordrhein-Westfalen. Das ist auch mehreren Gründen bemerkenswert: Denn zum einen stammt sie aus einer Arbeiterfamilie. Der Vater war Bergmann, die Mutter Hausfrau. Zum anderen ist sie ein Kind türkischer Einwanderer. In einem Interview mit der taz erklärt die Kölner CDU-Politikerin nun, wie sie die Hindernisse überwinden und eine beachtenswerte Politikkarriere hinlegen konnte. Außerdem legt sie dar, warum sie zwar für mehr Repräsentation von Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund in der Politik, aber gegen eine feste Quote ist. Spannendes Interview. Hier lesen!
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Zaklin Nastic, Linken-Bundestagsabgeordnete, 41
Felix Schreiner, CDU-Bundestagsabgeordneter, 35
Am Samstag gratulieren wir:
Carsten Stender, Referatsleiter Politische Organisationen, Auswärtiges Amt, 49
Alois Gerig, CDU-Bundestagsabgeordneter, 65
Am Sonntag beglückwünschen wir:
Sarah Ryglewski, SPD-Bundestagsabgeordnete und. Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, 38
Der nordrhein-westfälische CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg (Hochsauerlandkreis) wird ordentliches Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestages. Bisher war er stellvertretendes Mitglied des Gremiums. Diese Rolle übernimmt künftig der CDU-Parlamentarier Oliver Grundmann. Ordentliches Mitglied im Verkehrsausschuss wird der Abgeordnete Torsten Schweiger aus Sachsen-Anhalt. Sein Stellvertreter ist künftig CDU-Mann Andreas Steier.
In den Rechtsausschuss rückt der Parlamentarier Wilfried Oellers aus dem niederrheinischen Heinsberg ein - bislang war er noch stellvertretendes Mitglied.
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