CDU-Basis will die Frauenquote nicht

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© The Pioneer

Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz und die Mehrheit im Bundesvorstand setzt sich für die Einführung einer schrittweisen Frauenquote ein - die Basis ist dagegen, wie eine exklusive Umfrage bei den Kreisverbänden nahelegt.

  • Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die Alarmstufe aus dem Notfallplan Gas der Bundesregierung ausgerufen. Wir erklären, was das genau bedeutet und worauf es jetzt ankommt.

  • Die AfD fällt bei Vorsitzwahlen in den Bundestagsausschüssen immer wieder durch und darf so auch nicht die dazugehörigen repräsentativen Büros beziehen - wir wissen, wer dort stattdessen einzieht.

  • FDP-Finanzminister Christian Lindner stemmt sich gegen das Verbrennerverbot auf EU-Ebene und die Förderung von E-Autos. Markus Emmert vom Bundesverband Elektromobilität findet das falsch.

  • Tausende bedrohte Afghaninnen und Afghanen, denen Deutschland nach der Rückkehr der Taliban Hilfe zusagte, warten noch immer auf eine Chance zur Ausreise. Wir beleuchten die Hintergründe.

CDU-Basis will die Frauenquote nicht

Eine gute Woche ist vergangen, seit sich Friedrich Merz an die Spitze der Bewegung für eine Frauenquote in den Führungsgremien der CDU gestellt hat. Der Parteichef will nun bis zum Parteitag im September in Hannover für den Kompromiss werben.

Der sieht vor, Schritt für Schritt eine 50-Prozent-Quote ab dem Kreisvorstand aufwärts einzuführen. Losgehen soll es Anfang 2023 mit einem verpflichtenden Frauenanteil von 30 Prozent.

Merz hatte in der Vergangenheit selbst zu den Quoten-Kritikern in der Partei gezählt.

Nun braut sich etwas zusammen.

Unsere Kollegen Rasmus Buchsteiner und Clara Sandstedt haben die Chefinnen und Chefs aller 325 CDU-Kreisverbände danach gefragt, was sie von den Plänen der Parteispitze halten.

Antworten erhielten wir aus mehr als jedem fünften Kreisverband.

55 Prozent der antwortenden Kreisvorsitzenden unterstützen den Vorschlag der Parteispitze nicht, 24 Prozent sind dafür. 12 Prozent wollen sich noch nicht festlegen.

Neun Prozent wollen sich nicht äußern.

Eine Infografik mit dem Titel: So steht die Basis zur Frauenquote

Die Ergebnisse einer Umfrage von The Pioneer, in Prozent

Ein weiterer Befund: Besonders groß ist die Ablehnung im Osten. Nur ein Kreischef von dort, der frühere Beauftragte der Bundesregierung für die ostdeutschen Länder, Marco Wanderwitz aus Zwickau, spricht sich für die Quote aus.

Überraschend fanden wir, wie stark die Basis das Thema umtreibt.

Manch einer hält die Sache mit der Frauenquote für eine “Berliner-Blasen-Diskussion”, andere sorgen sich um die Zukunftsfähigkeit der Partei.

CDU-Politiker Guntram Wothly aus Jena © privat

Guntram Wothly, Kreisverbandsvorsitzender in Jena, sieht die Frauenquote als eine “westdeutsche Debatte". Der Chef des Kreisverbands Odenwald, Kevin Schmauß, sagte, die Quote führe zu Missstimmungen in Kreisvorständen.

Häufig hörten wir das Argument, die Quote sei kaum zu realisieren: Die CDU habe zu wenig Frauen.

So erklärt Corinna Rotte, Kreischefin aus Paderborn:

"Es müssen sich mehr Frauen der CDU anschließen, dann braucht es keine Quote.”

Um mehr Frauen anzuwerben, schlägt sie vor, dass die Parteiarbeit familienfreundlicher und besser mit Studium und Beruf zu vereinbaren sein müsse.

Dagegen beklagen Quoten-Befürworter fehlenden Veränderungsgeist in der CDU, etwa Lena Hirschinger, Kreisverbandsvorsitzende Südliche Weinstraße:

"Die CDU will jünger, weiblicher und moderner werden. Das haben wir ohne die Quote bisher nicht geschafft."

Tatsächlich sind im Augenblick nicht die Quoten-Anhänger, sondern die Gegner lauter in der CDU. Merz hat bis zum Parteitag noch jede Menge Überzeugungsarbeit zu leisten.

Habeck erhöht die Alarmbereitschaft

Es klingt daramtisch. Von der Frühwarnstufe hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck das Land am Donnerstag in die Alarmstufe versetzt. Das ist die zweite Stufen im Notfallplan Gas der Bundesregierung. Die dritte Stufe wäre die Notfallstufe. Aber so weit ist es noch nicht. Mit Betonung auf noch nicht.

Der Grund für die Alarmstufe: Über die Pipeline Nordstream 1 kommen seit gut einer Woche nur noch 40 Prozent der vereinbarten Gasmenge aus Russland an. Im Moment ist das noch kein Problem. Gas wird im Sommer vor allem in der Stromproduktion eingesetzt. Die Heizungen sind aus.

Robert Habeck © dpa

Aber: Die Gasspeicher füllen sich langsamer. Das Gesetz schreibt vor, dass die Speicher bis Herbst zu 90 Prozent gefüllt sein müssen. Wenn die Lage so bleibt oder sich - wie befürchtet - noch verschlimmert, wird der Wert nicht erreicht.

"Gas ist von nun an ein knappes Gut", sagte Habeck.

Mit der Alarmstufe ändert sich aber zunächst wenig:

  • Der Markt wird jetzt noch intensiver beobachtet.

  • Und die Betreiber der Gasspeicher bekommen jetzt noch leichter Bürgschaften der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

Damit sollen sie den Kauf von immer teurer werdendem Gas am Weltmarkt finanzieren. Noch gibt es da ein ausreichendes Angebot, um den gegenwärtigen Bedarf zu decken, sagt Habeck.

Nur für den Winter wird es nicht reichen - weshalb Habeck als nächsten Schritt die Gaskraftwerke für die Stromproduktion vom und stattdessen Kohlekraftwerke ans Netz bringen will. Ein wohl notwendiger, aber nicht ganz unproblematischer Schritt, wie Sie hier nachlesen können.

Nach AfD-Entscheidung: Ampel greift sich Chefbüros

Paul-Löbe-Haus © imago images

Das Bundesverfassungsgericht will weiter prüfen, ob die AfD Anspruch auf Vorsitze in Bundestagsausschüssen hat - die Vertreter dieser Fraktion waren bei der Vorsitzendenwahl in den Ausschüssen für Gesundheit, Innen und Heimat sowie wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung durchgefallen.

Wie unser Kollege Rasmus Buchsteiner erfahren hat, sollen die repräsentativen Chefbüros im Paul-Löbe-Haus des Bundestags nicht länger leer bleiben.

Dort wollen nun die Vize-Vorsitzenden der drei Ausschüsse, Lars Castellucci (Innen/SPD), Kirsten Kappert-Gonther (Gesundheit/Grüne) und Christoph Hoffmann (Entwicklung/FDP), einziehen - zumindest bis auf Weiteres.

Die Büros sollen so lange zur Verfügung stehen, „bis es zu einer erfolgreichen Wahl von Ausschussvorsitzenden gekommen ist oder der stellvertretende Ausschuss wechselt“, heißt es in einer Vorlage, die am Mittwoch auf Betreiben der Koalition von der Raumkommission des Bundestags gebilligt wurde.

Aus der Union hieß es dazu, das Verhalten der Ampel sei „etwas übergriffig“.

Afghanistan: Baerbock und Faeser planen neues Aufnahme-Programm

Noch vor der Sommerpause wollen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) Eckpunkte für ein humanitäres Aufnahmeprogramm für besonders bedrohte Afghaninnen und Afghanen vorstellen.

Dies teilte Baerbock gestern bei der Vorstellung der bisherigen Resultate deutscher Bemühungen mit, einstige Ortskräfte, gefährdete Journalisten und Bürgerrechtlerinnen nach Deutschland zu bringen.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Auswärtigen Amt. © Imago

Bislang hat die Bundesregierung längst noch nicht alle Afghaninnen und Afghanen außer Landes bringen können, denen sie Hilfe zusagte. Ob dies überhaupt gelingen werde, ließ Baerbock offen.

Die Ministerin sagte:

Das einzige, was ich versprechen kann: Wir geben nicht auf.

Wie viele Afghaninnen und Afghanen fast ein Jahr nach dem Fall von Kabul nach Deutschland kommen konnten, wo die Hürden sind und welche Spuren die Ereignisse aus dem August 2015 im politischen Berlin hinterlassen, lesen Sie hier.

Afghanistan: Die verdrängte Katastrophe

Was wurde aus der zugesagten Hilfe für Afghanen, die unter den Taliban um ihr Leben fürchten?

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Veröffentlicht von Marina Kormbaki .

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Kritik an Lindners Auto-Vorstößen

Markus Emmert, Vorstand im Bundesverband Elektromobilität, kritisiert die jüngsten Auto-Vorstöße von Bundesfinanzminister Christian Lindner. Lindner fordert etwa eine Abkehr vom Ziel, den Verkauf von Verbrenner-Motoren ab 2035 EU-weit zu untersagen.

Zudem pocht Lindner auf ein schnelleres Ende der direkten Förderung von reinen Elektro-Autos.

Gegen eine Reform der Förderung von E-Autos hat Emmert nichts, sagte er unserem Kollegen Thorsten Denkler.

Es wäre aus seiner Sicht aber besser, die pauschale Förderung von E-Autos abzuschaffen und stattdessen ihre Effizienz mit finanziellen Anreizen zu unterstützen.

Zudem müsse der Bund die Förderung auf alle elektrisch betriebenen Fahrzeuge "zu Land zu Wasser und in der Luft" ausweiten.

Warum er es zudem für falsch hält, das vom EU-Parlament geforderte Verbrennerverbot zu kippen, erklärt er hier im Interview.

Warum Christian Lindner falsch liegt

Warum Lindner falsch liegt, wenn er sich gegen Verbrennerverbot und E-Auto-Förderung stellt.

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Veröffentlicht von Thorsten Denkler.

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"Führungsmacht"-Rede von Klingbeil sorgt für Unmut

Nach der Grundsatzrede von Lars Klingbeil bei der Friedrich-Ebert-Stiftung gibt es weiter Kritik in der Partei um den militärfreundlichen Kurs.

Der hessische Bundestagsabgeordnete Kaweeh Mansoori sagte uns:

Militärische Gewalt ist ein notwendiges Instrument zur Verteidigung und kein legitimes Mittel der Politik.

Der Parteivorsitzende Klingbeil hatte in seiner Rede bei der Tiergartenkonferenz wörtlich gesagt, dass Friedenspolitik für ihn bedeute, auch militärische Gewalt als ein legitimes Mittel der Politik zu sehen.

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil © dpa

Neben Mansoori kritisieren andere Parteilinke, darunter Sebastian Roloff und Jessica Rosenthal, die Rede ihres Parteivorsitzenden, in der Klingbeil für Deutschland den Anspruch einer Führungsmacht einforderte. Er sagte:

Nach knapp 80 Jahren der Zurückhaltung hat Deutschland heute eine neue Stellung im inter­nationalen Koordinatensystem.

Kohl-Stiftung zieht in früheren Friseursalon im Bundestag

So sieht der frühere Friseursalon im Jakob-Kaiser-Haus aktuell von außen aus  © Rasmus Buchsteiner/The Pioneer

Die Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung soll vorübergehend in einen früheren Friseursalon im Jakob-Kaiser-Haus des Deutschen Bundestages einziehen. Das wurde uns am Donnerstag bestätigt. Die Räumlichkeiten liegen an der Wilhelmstraße, schräg gegenüber vom ARD-Hauptstadtstudio.

Der Mietvertrag ist noch nicht abgeschlossen. Die Baukommission des Bundestages machte diese Woche jedoch den Weg dafür frei.

Die Stiftung war im vergangenen Jahr vom Bund gegründet worden - gegen den Willen von Kohls Witwe Maike Kohl-Richter.

Helmut Kohl  © dpa

Das Quartier ist jedoch nur eine Interimslösung. Für die Dauerausstellung der Stiftung sollen die Räumlichkeiten des früheren Restaurants Berlin Moskau gegenüber der russischen Botschaft hergerichtet werden.

In den Bundestagsbau Unter den Linden, wo auch Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) ihr Büro hat, soll die Berliner Dependance der Bundeskanzler-Konrad-Adenauer-Stiftung einziehen.

Franziska Brantner kümmert sich im Bundeswirtschaftsministerium nun auch noch um die Folgen des Brexit für die deutsche Wirtschaft.

Für den 1. Juli lädt die Parlamentarische Staatssekretärin der Grünen die Vertreter von Wirtschaft und Gewerkschaften zu einem Gipfeltreffen ins Ministerium. Es geht um einen möglichst engen wirtschaftlichen Austausch mit dem Land, das am 31. Januar 2020 aus der EU ausgeschieden ist.

Neue Marine-Boote: Heiterkeit statt Konfrontation

Zu Beginn der Sitzungswoche haben unsere Kollegen Rasmus Buchsteiner und Christian Schweppe über Fragezeichen beim geplanten Rüstungsdeal um neue Boote für die Spezialkräfte der Marine berichtet.

Eine finnische Firma soll beauftragt werden - das ärgert deutsche Werften. Trotz offener Fragen um die Bootstechnik hat das Projekt nun Verteidigungs- und Haushaltsausschuss passiert. Der Vertrag mit Boomeranger Boats soll am 30. Juni unterschrieben werden.

Der zuständige Abteilungsleiter im Verteidigungsministerium, Carsten Stawitzki, soll im Ausschuss geradezu geschwärmt haben von dem Hersteller, nur die Linksfraktion stimmte gegen das Projekt. Die Marine muss nun hoffen, dass die Boote tatsächlich wie versprochen einsatzbereit sein werden.

© The Pioneer

Auf - Aminata Touré. Sie ist die große Zukunftshoffnung ihrer Partei. Die 29-Jährige bisherige Parlamentsvizepräsidentin von Schleswig-Holstein hat ihre Partei als Co-Spitzenkandidatin mit dem besten je im hohen Norden erzielten Ergebnis erneut in die Regierung gebracht. Nun soll Touré Sozialministerin werden. Aufsteigerin.

Ab - Yvonne Gebauer. Die bisherige Bildungsministerin der FDP in Nordrhein-Westfalen hat mit der Wahlniederlage nicht nur ihr Amt verloren - mit ihr verlieren die Liberalen auch das Feld der Bildungspolitik. Denn in NRW wird künftig wieder die CDU das Ressort an sich ziehen. Von Gebauer bleiben ein mutiger Schritt mit Talentschulen in Problemvierteln, aber auch viel Ärger bei Eltern und Lehrern durch den Schlingerkurs in der Pandemie.

„Keine Ergebnisse.“ Das sei die Bilanz des Koalitionsausschusses am Mittwoch, analysieren Michael Schlieben und Katharina Schuler für ZEIT Online. Das Bedürfnis nach Kontroverse sei diesmal nicht besonders ausgeprägt gewesen, es sollte wohl eher um das Wiederherstellen von Harmonie gehen. Lesenswerter Beitrag über die Koalition, die aus der „Honeymoon“-Phase heraus zu sein scheint.

„Robert Habeck hat die zweite von drei Gaskrisenstufen ausgerufen, und das kann man ohne Übertreibung eine Zeitenwende in der Energieversorgung dieses Landes nennen“, kommentiert Marc Beise, Leiter der SZ-Wirtschaftsredaktion. Dabei widerstehe der Wirtschaftsminister glücklicherweise der Versuchung vieler Krisenpolitiker, in den Basta-Modus zu schalten. Warum Habeck seinen Job laut Beise nahezu perfekt mache, lesen Sie hier

"Demokratie gegen Imperium": Um diese ideelle Kontroverse geht es im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, aber auch zwischen Russland und Europa, schreibt Außenminister a.D. Joschka Fischer in seinem neuen Beitrag. Wie sich die EU für die Freiheit entschied und sich damit zu Russlands Gegner macht, erfahren Sie hier.

Die Entscheidung Europas

Wird die EU ihre Reifeprüfung bestehen? Ein Kommentar von Außenminister a.D. Joschka Fischer.

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Veröffentlicht in The Pioneer Expert von Joschka Fischer .

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Heute gratulieren wir herzlich:

Annika Klose, SPD-Bundestagsabgeordnete, 30

Dennis Rohde, SPD-Bundestagsabgeordneter, 36

Anke Pörksen (SPD), Sprecherin der niedersächsischen Landesregierung, 56

Ralph Bollmann, wirtschaftspolitischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin, 53

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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