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Unsere Themen heute:
Der CDU fehlte ein inhaltlicher Kompass, ein sympathischer Kandidat, eine pointierte Kampagne und sie hatte "habituelle Defizite". So lautet der Tenor der vertraulichen 64-seitigen Analyse der Parteizentrale zur Bundestagswahl. Uns liegt sie vor.
Corona: Die Bund-Länder-Runde will heute keine Verschärfungen, aber auch keine Lockerungen beschließen. PCR-Tests sollen vorrangig für Ältere genutzt werden.
Der Erweiterungsbau der Nationalgalerie sollte eigentlich 340 Millionen Euro kosten, jetzt werden es 450 Millionen. Der Bundestag muss nachschießen.
Christian Schmidt, Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, warnt vor dem Auseinanderbrechen des Westbalkanstaates - und ruft Berlin und Brüssel zu neuer Härte auf.
Die Ampel-Fraktionen schnüren ein großes Agrar-Reformpaket und wollen ein verpflichtendes Tierwohlkennzeichen. Wir wissen, was kommen soll.
CDU legt Kommissionsbericht zur Wahlniederlage vor
Kein Profil, kein programmatischer Mut, kein Narrativ für eine moderne bürgerliche Partei, keine pointierte Kampagne und der falsche Kandidat.
Das sind laut einer Analyse der CDU-Parteizentrale die zentralen Ursachen für die Wahlniederlage der Union im Herbst 2021.
Dokumentiert werden sie in dem 64-seitigen Abschlussbericht zweier von der CDU-Zentrale eingesetzter Kommissionen. Die Analyse liegt uns exklusiv vor.
Es ist ein Dokument des Scheiterns auf ganzer politischer Linie.
"Die Union verlor Wähler in allen sozialen Gruppen und konnte weder mit Problemlösungskompetenzen, ihrem Spitzenkandidaten noch als Partei überzeugen", fasst Autorin Viola Neu zusammen, Parteienforscherin bei der Konrad-Adenauer-Stiftung.
"Die CDU befindet sich als Volkspartei in Deutschland und als christdemokratische Partei in Europa in einer existenziellen Krise", ergänzt der Mainzer Historiker Andreas Rödder.
Rödder und Neu waren mit dem Grünen-Vordenker Ralf Fücks und der Journalistin Miriam Hollstein externe Mitglieder der Kommission.
Generalsekretär Paul Ziemiak hatte nach der Wahlniederlage mit einer Kreiskonferenz und der Einsetzung zweier Kommissionen eine umfassende Aufarbeitung angestoßen. Der Bericht liegt auch dem neuen Vorsitzenden Friedrich Merz vor.
Zentrale Botschaften:
Fehlende inhaltliche Schärfe durch angepasste Politik in den Merkel-Jahren.
Keine inspirierenden Ideen zu den Zukunftsthemen Klima, Digitales, Soziales.
Falsche Personalisierung auf den unpopulären Kandidaten Armin Laschet.
Dauerstreit zwischen CDU und CSU und Kluft zwischen Partei und Mitgliedern.
Es gab zu wenig politische Influencer im Netz, die für die Union Werbung machten.
Kern ist die programmatische Leere der Union.
Rödder hält die Strategie der asymmetrischen Demobilisierung für gescheitert. Die Anbiederung an eine linke Mitte und die Entideologisierung habe in eine "machtstrategische Sackgasse" geführt.
Er folgert:
Der Anspruch der Union muss sein, nicht nur abzuräumen, was andere auftischen, und folglich als Tellerwäscher des Zeitgeistes zu enden, sondern Chefkoch in der Sterneküche christdemokratischer Politik zu sein.
Die Union habe eine Chance, wenn sie der Spaltung zwischen Links und Rechts und zwischen den urbanen Eliten und den Menschen auf dem Land entgegenwirkt.
"Hier liegt die gesamtpolitische Verantwortung der Union."
Die CDU müsse dafür aber intellektuell aufrüsten, sich als Partei modernisieren, jünger und weiblicher werden.
Selbst der Parteiname dürfe nicht sakrosankt sein, sagt Rödder und spricht von einer "entchristlichten Gesellschaft".
Die CDU ohne "C"?
Hier lesen Sie die Analyse.
Bund und Länder halten an Maßnahmen fest
Bund und Länder wollen trotz der hohen Infektionszahlen durch die aktuelle Omikron-Welle keine Verschärfungen beschließen, aber auch keine Lockerungen der geltenden Einschränkungen.
„Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sind sich darin einig, dass die bisher geltenden Regeln für soziale Kontakte und Veranstaltungen weiterhin Bestand haben“, heißt es in einem Entwurf für das Treffen, der uns vorliegt.
Diskutiert werden soll über die Priorisierung der PCR-Tests für vulnerable Gruppen und eine Ausweitung der Laborkapazitäten. Öffnungsschritte sollen erst beraten werden, wenn "eine Überlastung von Kritischer Infrastruktur im Allgemeinen und Gesundheitssystem im Besonderen ausgeschlossen werden kann", heißt es in dem Entwurf.
CSU-Ministerpräsident Markus Söder will die Zahl der Zuschauer bei Freiluft-Veranstaltungen erhöhen, bisher sind in Fußball-Stadien teilweise nur 500 Zuschauer zugelassen - trotz 2G plus Regel.
CDU-Kreischefs: Merz soll Brinkhaus ablösen
Der neue CDU-Chef heißt Friedrich Merz, doch der Machtkampf in der Union ist damit nicht vorbei. Kreisvorsitzende der CDU muntern Merz auf, nun auch den Posten des Unionsfraktionschefs zu übernehmen. Initiator ist Guntram Wothly, Chef des CDU-Kreisverbandes in Jena, der intern um Unterstützung für einen entsprechenden Aufruf geworben hat.
Unterzeichnet haben mehr als 17 CDU-Politiker aus Thüringen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen, darunter Ralf Liebaug aus Schmalkalden-Meiningen, Wolfgang Weißkopf aus Erfurt, Thadäus König aus dem Eichsfeld und Saskia Ludwig aus Potsdam-Mittelmark. Zu den Unterstützern zählt auch Brigitte Stein aus dem Kreisverband Rhein-Kreis Neuss.
Unser Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner hat hier die Story.
Bund erwartet Kostenplus von 30 Prozent bei Museumsbau in Berlin
Ausriss aus dem Bericht der Bundesregierung an den Haushaltsausschuss © ThePioneerDer Bund stimmt auf mögliche Kostensteigerungen beim geplanten Erweiterungsbau der Neuen Nationalgalerie in Berlin ein.
Das geht aus einem Bericht der Regierung an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor, der unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner vorliegt.
Die finanzielle Obergrenze war zunächst auf 364,2 Millionen Euro festgelegt worden. Inzwischen ist die Summe auf 450,2 Millionen Euro angehoben worden, weil nunmehr mit 44,1 Millionen Euro Risikokosten sowie mit bis zu 52,8 Millionen Euro für künftige Baupreissteigerungen kalkuliert wird.
Noch ist das Projekt im Kostenrahmen, was sich laut Bericht aber noch ändern könnte:
Auch als Folge der Corona-Pandemie liegen aktuell deutliche Preissteigerungen bei Baumaterialien wie z.B. Stahl und Beton vor, die ggf. Einfluss auf die Baumaßnahme haben könnten.
Das dreigeschossige Museum des 20. Jahrhunderts soll über 9.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche verfügen. Es wird vom Büro Herzog & de Meuron entworfen, das auch den Erweiterungsbau der Tate Modern in London und die Elbphilharmonie in Hamburg geplant hat.
Gezeigt werden sollen unter anderem Werke von Joseph Beuys, Anselm Kiefer, Robert Rauschenberg und Andy Warhol. Die Bauarbeiten sind angelaufen. Bis 2026 soll das neue Museum fertig sein.
Bosnien-Beauftragter Schmidt fordert Härte gegen Serbenführer Dodik
Christian Schmidt, Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, ruft die Bundesregierung und die EU dazu auf, das drohende Auseinanderbrechen des Westbalkan-Staates abzuwenden.
"Um zu verhindern, dass aus dem jetzigen ein heißer Konflikt wird, bei dem aufeinander geschossen wird, müssen wir klarmachen: Der Staat darf nicht gespalten werden, und er muss funktionieren", sagte uns Schmidt.
Christian Schmidt, Hoher Beauftragter für Bosnien und Herzegowina. © NDRDie Abspaltungsbestrebungen des Serbenführers Milorad Dodik verlangten nach Antworten. "Personenbezogene Sanktionen wären eine Option", so Schmidt.
In einem ersten Schritt müssten finanzielle Hilfen an Bedingungen geknüpft werden. "Die Konditionalisierung von EU-Mitteln ist unabdingbar", forderte der frühere CSU-Bundespolitiker, der am Mittwoch zu Gast im Europa-Ausschuss des Bundestags ist.
Mit unserer Kollegin Marina Kormbaki sprach Schmidt über Ursachen und Folgen der sich zuspitzenden Krise im Westbalkan. Schmidt zeichnet das düstere Bild eines dysfunktionalen Staates - und macht sich über seine eigene Rolle keinerlei Illusionen.
Hier können Sie das aufschlussreiche Interview lesen.
Ampel-Fraktionen schnüren Agrar-Paket
SPD, Grüne und FDP wollen in dieser Woche eine umfassende Agrarreform auf den Weg bringen.
Uns liegt ein Entwurfspapier der Fraktionsspitzen für einen Gesetzesantrag vor, in dem die Regierungsfraktionen 15 Maßnahmen fordern, darunter:
eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung, die auch Transport und Schlachtung umfasst
Unterstützung der Landwirte beim Umbau der Nutztierhaltung, auch finanziell
30 Prozent Ökolandbau bis 2030
Keine Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige
Glyphosat-Verbot bis Ende 2023
Der Antrag soll in dieser Woche von den Fraktionen beraten wären; für die Umsetzung wäre vor allem Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) zuständig.
Das Verteidigungsministerium sortiert sich neu: Ressortchefin Christine Lambrecht (SPD) wechselt den Leiter der Rechtsabteilung, Andreas Conradi, aus.
Sein Nachfolger ist noch nicht benannt, soll aber aus Reihen der Sozialdemokraten kommen. Nicht wenigen galt Conradi als Tatortreiniger der CDU-Ministerinnen von der Leyen und Kramp-Karrenbauer.
von der Leyen und ihre Berater, 2020 © dpa
In der Berateraffäre hatte Conradi Kritikern zufolge intern schlampig ermittelt, ein Untersuchungsausschuss musste alles öffentlich aufkehren. Der erfahrene Jurist hatte aber auch manches mal Negativ-Schlagzeilen der Hausspitze eingefangen. Im Sommer berichteten wir über Missstände bei einem geheimen Bundeswehr-Dienstleister: fragwürdige Methoden, Millionenkosten. Der Bundestag debattierte dies prompt.
In nicht-öffentlicher Sitzung zog der Abteilungsleiter damals den Bericht und darin genannte Staatsausgaben in Zweifel – obwohl diese von seiner eigenen Abteilung schriftlich ausgegeben worden waren. Nun muss er gehen, Gründe wurden keine genannt.
Carsten Pillath, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, soll die Bundesregierung künftig im Direktorium der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) vertreten. Das geht aus einem vertraulichen Schreiben des Ministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor, das uns vorliegt.
Demnach soll Pillath in der nächsten Direktoriumssitzung am 31. Januar vorläufig zum EFSF-Direktor ernannt werden. Die endgültige Bestätigung erfolgt dann Ende Juni durch die Gesellschafterversammlung.
Gute Nachrichten für die konservativen SPD-Bundestagsabgeordneten und die so genannte Begleitpresse.
Nach dem Corona-bedingten Ausfall im vergangenen Jahr plant der Seeheimer Kreis der SPD-Bundestagsfraktion am 21. Juni wieder die legendäre Spargelfahrt auf dem Berliner Wannsee.
Bei der Schiffstour mit Ministern, Abgeordneten und Medienvertretern wird traditionell nicht nur guter Wein und guter Spargel gereicht, sondern auch schonungslos die Lage der Partei diskutiert. Am 5. September lädt der Parteiflügel dann wieder zum Gartenfest in die Parlamentarische Gesellschaft.
Olaf Scholz bei der Spargelfahrt der Seeheimer im Jahr 2019 (vorne links am Tisch: Dirk Wiese, Hubertus Heil und Manuela Schwesig). © dpaAuf - Paul Ziemiak. Viel Lob für den ehemaligen CDU-General zum Abschied. Auch vom politischen Gegner. In drei Jahren musste Ziemiak zwei Vorsitzende und zahlreiche Machtkämpfe koordinieren, er organisierte zwei Digitalparteitage und schleppte sich durch einen Wahlkampf mit einem chaotischen Kandidaten. Loyal blieb er, in der Abgrenzung zu rechts war er klar. Das Wahldesaster hat er mit der Kommissionsarbeit nun ehrlich aufgearbeitet. Nach dem Abklingbecken im Entwicklungsausschuss ist ein Comeback möglich. Unser Aufsteiger!
Ab - Anja Karliczek. Ihr Absturz ist besonders hart. Die Ex-Bundesbildungsministerin schaffte es mit 413 von 961 gültigen Delegierten-Stimmen nicht einmal mehr in den Bundesvorstand. Die Westfälin blieb blass im Amt. Ihre Karriere ist nun wohl beendet. Absteigerin
173 beschuldigte Priester, 497 Betroffene in der Zeit von 1945 bis 2019 im Erzbistum München-Freising – so lautet das ernüchternde Ergebnis eines Gutachtens zu den Missbrauchsfällen im bayerischen Bistum. Welt am Sonntag-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld lenkt in ihrem Leitartikel den Blick auf Papst Franziskus, der im vergangenen Jahr noch das Rücktrittsgesuch von Bischof Reinhard Marx abgelehnt hatte. An dem Reformwillen der Kirche zweifelt sie: "An der Verhaltensweise des Vatikans, seiner Reaktion auf das Gutachten, wird sich zeigen, wie ernst eine solche Reform gemeint ist. Und ob die Kinder, die die katholische Kirche zu sich kommen lässt, dort auch wirklich geborgen sind." Hier geht es zu ihrem Text.
Es ist sein erstes großes Zeitungsinterview nach der Wahl, doch wer von Kanzler Olaf Scholz im Gespräch mit Daniel Brössler und Cerstin Gammelin von der Süddeutschen Zeitung bahnbrechende Erkenntnisse erwartet hatte, wurde enttäuscht. Viel Zuversichtliches zur Pandemie und Selbstlob für seine Politik ist zu lesen ("Wir werden sie überwinden", "Wir sind auf dem richtigen Weg"). Für Lockerungen bei den Maßnahmen sieht der Kanzler keinen Anlass. "Es ist jedenfalls sicher nicht angebracht, mitten in der Omikron-Welle auf breiter Front die Regeln zu lockern. Wir brauchen keine Kurskorrektur." Er wirbt für die Impfpflicht, und seinen kommunikativen Stil wolle er beibehalten, "klare Aussagen sind mir wichtig". Na dann, hier geht es zum Text.
Heute gratulieren wir herzlich:
Joachim Gauck, Bundespräsident a.D., 82
Ophelia Nick, Grünen-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, 49
Frank Ullrich, SPD-Bundestagsabgeordneter, 64
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre