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Unsere Themen heute:
Die CDU will in ihrem Grundsatzprogramm radikale Reformen für die Rente beschließen - auch in der Steuerpolitik sehen die Konservativen Veränderungsbedarf.
Die Ampel will an diesem Freitag ihre Pflegereform beschließen. In der Opposition wird der Ruf nach zusätzlichen Steuer-Milliarden für das System laut.
An diesem Mittwoch gibt es im Bundeswirtschaftsministerium ein Spitzentreffen zu Aus- und Weiterbildung. Wir haben Details aus der Beschlussvorlage.
Die Union will einen MPK-Beschluss zur Verschärfung der Praxis bei Abschiebungen im Bundestag zur Abstimmung stellen.
Die Ampel-Pläne für elektronisches Abstimmen im Bundestag stoßen auf Kritik.
Kurz vor der Sommerpause will die Bundesregierung ihren Haushaltsentwurf für 2024 beschließen. Inzwischen liegt auch der Zeitplan für die weiteren Beratungen vor.
CDU: Renteneintritt an Lebenserwartung koppeln
Die CDU will den nächsten Bundestagswahlkampf mit einer unbequemen Renten-Botschaft führen.
Die CDU-Führung hat sich bei der Klausurtagung am vergangenen Wochenende am Comer See darauf geeinigt, im Grundsatzprogramm und damit auch im Bundestagswahlkampf eine Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung zu fordern.
Dabei gilt die 2/3-Regelung, wonach jedes zusätzliche Jahr an Lebenserwartung zu 2/3 im Ruhestand und zu 1/3 in Arbeit verbracht werden soll. Konkret könnte ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin also für jedes zusätzliche Jahr, das er oder sie länger lebt, erst 4 Monate später in Rente gehen.
Eine Infografik mit dem Titel: Rentensystem unter Druck
Verhältnis eines Rentners zur Anzahl der Beitragszahler in der gesetzlichen Rentenversicherung
Außerdem soll es eine verpflichtende Privat-Rente geben, die vom Staat bezuschusst, aber in der Privatwirtschaft organisiert wird.
Auch in der Steuerpolitik wagt die CDU Neuland. So soll der Einkommensteuer-Tarif "für sehr hohe private Einkommen moderat erhöht werden", wie es im Abschlusspapier zur Steuerpolitik heißt. Für Erbschaften soll es einen "niedrigen, einheitlichen Tarif" geben - eine Flat tax also.
Carsten Linnemann, der stellvertretende Vorsitzende der CDU und Chef der Grundsatzprogrammkommission, fordert von seiner Partei einen mutigeren Politik-Stil.
„Die CDU wird ein Grundsatzprogramm vorlegen, das die Fakten nicht verschleiert. Wir stehen vor immensen Herausforderungen, wenn wir den Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes erhalten wollen. Da kann es keine Taktik geben oder weichgespülte Botschaften."
Carsten Linnemann © Anne HufnaglMan müsse den Menschen Wahrheiten zumuten, etwa, dass das Rentensystem reformiert werden müsse.
"Die Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung muss kommen, weil wir nur so das Rentensystem erhalten und den Fachkräftemangel bekämpfen können. Gleichzeitig müssen wir diejenigen stärker unterstützen, die körperlich nicht mehr können und schon mit 60 dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen.“
Linnemann will 2025 den "ehrlichsten Wahlkampf aller Zeiten" führen.
"Es wird um Leistungsbereitschaft und Eigenverantwortung gehen, diese Tugenden kommen zu kurz derzeit.“
Bis Ende des Jahres soll das neue Grundsatzprogramm der CDU feststehen.
Ruf nach Milliarden-Steuerzuschuss für Pflegeversicherung
Bald kaum noch helfende Hände in der Pflege? © dpaDie Ampel-Koalition plant zwar eine Pflegereform - die finanzielle Lage dieser Sozialversicherung dürfte dessen ungeachtet prekär bleiben.
Die Opposition bringt nun einen milliardenschweren Steuerzuschuss für die Pflegekassen ins Gespräch. Tino Sorge (CDU), gesundheitspolitischer Sprecher der Union im Bundestag, sagte uns, nur eine Kombination verschiedener Finanzierungssäulen wird die Pflege zukunftsfest machen:
Tino Sorge © ImagoDazu gehört die kurzfristige Stabilisierung der gesetzlichen Pflegeversicherung mit mehreren Milliarden Euro aus Steuermitteln.
Unter Experten sei eine Größenordnung von rund neun Milliarden Euro bereits Konsens, so Sorge. Die Pflege müsse jedoch grundsätzlich anders finanziert werden: „Der Schlüssel liegt in mehr privater und betrieblicher Vorsorge.“
Wer privat und rechtzeitig vorsorge, müsse dafür bei Steuern oder Sozialabgaben einen Vorteil erhalten.
Die Pflegereform der Ampel soll an diesem Freitag im Bundestag beschlossen werden - der Pflegebeitragssatz wird den Plänen zufolge zum 1. Juli um 0,35 Prozentpunkte erhöht. Ab 2024 werden dann auch die Leistungen für Pflegebedürftige angehoben.
Schulabbrecher: Regierung und Sozialpartner für besseren Datenaustausch
Ausbildung im Handwerk © ImagoBundesregierung, Länder und Sozialpartner wollen einen besseren Austausch von Informationen zu Schulabbrechern ermöglichen.
„Die Zahl der jungen Menschen, die die allgemeinbildenden Schulen verlassen und deren Verbleib anschließend unbekannt ist, ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen“, heißt es in einer Vereinbarung der sogenannten Allianz für Aus- und Weiterbildung, die an diesem Mittwoch in Berlin unterzeichnet werden soll. Es sei nicht klar, wie viele dieser Schülerinnen und Schüler beim Übergang Schule – Beruf Unterstützung benötigen.
Um diese Jugendlichen mit Beratungsangeboten der Bundesagentur für Arbeit zu erreichen, sei der Transfer von Daten zu Schülerinnen und Schülern mit Unterstützungsbedarf notwendig. Dabei komme es auf die Schnittstelle von Ländern und Bundesagentur an.
„Die Partner der Allianz setzen sich dafür ein, dass ein solcher Datenaustausch möglichst bundesweit, unter Berücksichtigung der Vorgaben des Datenschutzes, unbürokratisch ermöglicht wird“, heißt es in der Vereinbarung weiter.
Außerdem sei mehr Transparenz über Zahl und Verbleib von Studienabbrechern erforderlich. Es gelte, dieses Bewerberreservoir für die berufliche Bildung zu erschließen.
Arbeitsgruppe Flüchtlingsfinanzierung steht
Abgebrannte, von Ukrainern bewohnte Flüchtlingsunterkunft bei Wismar. © dpaDie Zusammensetzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die sich mit Finanzierungsfragen beim Thema Flüchtlinge auseinandersetzen soll, steht nun fest. So sollen die SPD-geführten Bundesländer Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz Vertreter entsenden. Von der B-Seite sollen Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Hessen teilnehmen.
Zusätzlich zu den Spitzenvertretern aus den Ländern wird für das Finanzministerium Staatssekretär Werner Gatzer an der Arbeitsgruppe teilnehmen. Auch Arbeits- und Innenministerium sowie das Bundeskanzleramt werden an der AG teilnehmen.
Die Arbeitsgruppe soll offene Fragen beim strittigen Thema der Finanzierung der Flüchtlingskosten im Vorfeld der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 15. Juni lösen.
Abschiebungen: Union will Bundestags-Abstimmung über MPK-Beschluss
© The PioneerDie Union will den Bundestag über einen MPK-Beschluss zur Verschärfung der Abschiebepraxis abstimmen lassen. Das geht aus einem Gesetzentwurf hervor, der uns vorliegt und im Plenum an diesem Donnerstag auf der Tagesordnung stehen soll.
Nach dem Copy-and-Paste-Prinzip hat die Unionsfraktion folgenden Satz aus der Vereinbarung des letzten Bund-Länder-Spitzentreffens zur Flüchtlingspolitik in den Entwurf eingefügt:
Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams wird im Einklang mit dem verfassungs- und europarechtlichen Rahmen von derzeit zehn auf 28 Tage verlängert.
Zur Begründung heißt es, die aktuelle Höchstdauer von zehn Tagen ermögliche dem Ausreisepflichtigen „kurzfristiges Untertauchen“, um sich der Durchsetzung der Ausreisepflicht zu entziehen. Im vergangenen Jahr sind laut Entwurf 304.308 Menschen ausreisepflichtig gewesen, gut 248.000 waren jedoch geduldet.
Bundestag: Union gegen Koalitionspläne für elektronisches Abstimmen
© The PioneerDie Union stellt sich gegen die Pläne der Ampel-Koalition, im Bundestag elektronisches Abstimmen zu ermöglichen. Bis zum Herbst soll die Bundestagsverwaltung dazu zwei mögliche Varianten prüfen.
Wie bereits berichtet sind das:
Abstimmungsgeräte am Platz, die an Tischen und Stühlen angebracht werden, aber nicht über Kabel, sondern ein speziell gesichertes WLAN funktionieren.
Abstimmungen über Tablets oder Smartphones mit einer bestimmten Software.
Die Vorsitzende des Geschäftsordnungsausschusses, Daniela Ludwig (CSU), sagte uns dazu, die Union sehe dies kritisch. Die Koalition lehne schließlich bis dato eine Bündelung von Abstimmungen ab. „Insofern erschließt sich uns der Mehrwert einer solchen Investition nicht“, sagte Ludwig. „Damit geht nur die Auszählung schneller.“
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Michaelis offiziell Botschafter
Der scheidende Staatssekretär von Außenministerin Annalena Baerbock, Andreas Michaelis, ist nun offiziell Botschafter und damit in der Besoldungsstufe B9 eingruppiert. Michaelis übernimmt im Sommer die Leitung der deutschen Vertretung in Washington D.C.
Ihm folgt als neuer Staatssekretär der bisherige deutsche Botschafter in Polen, Thomas Bagger. Die Formalie der Benennung zum Botschafter soll das Bundeskabinett heute in seiner Sitzung beschließen, wie wir erfuhren.
Andreas Michaelis © imagoAm 5. Juli soll - Stand jetzt - das Bundeskabinett den Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 beschließen. Auch wenn sich das Verfahren in diesem Jahr verzögert hat: Die Haushaltspolitiker können sich in diesem Jahr währen der Sommerpause wie gewohnt mit den Etatplanungen der Regierung beschäftigen.
Die erste Lesung des Haushalts im Bundestag ist für die Woche vom 5. bis zum 8. September geplant, die Generaldebatte mit der Aussprache zum Etat des Bundeskanzlers findet am 6. September statt. Am 1. Dezember 2023 soll der Etat fürs kommende Jahr vom Bundestag beschlossen werden.
Auf - Rudolf Hetzel. Es ist die bubbeligste aller Bubble-Veranstaltungen, aber das ist der Newsletter Ihres Vertrauens schließlich auch. Der Politikaward feierte am Montag 20-jähriges Jubiläum in Berlin. Ein europäischer Regierungschef hielt die Laudatio, ein Ministerpräsident, die Außenministerin und viele mehr waren da, moderiert haben Alev Doğan und Hajo Schumacher. Kurz: Der perfekte Abend. Für den Veranstalter geht es bergauf.
Ab - Astrid Hamker. Was für eine Fehlleistung beim Treffen des CDU-Wirtschaftsrates. Dieser hatte den Kanzler zur Eröffnungsrede eingeladen, doch direkt nach seiner Asienreise musste er zunächst 45 Minuten warten. Irgendwann stand er auf und gestikulierte protestierend. Wer Scholz kennt, der weiß: Hier ist wirklich etwas massiv schiefgelaufen. Absteigerin.
Moldawien könnte der neue Konflikt in Europa sein, wenn der Ukraine-Krieg irgendwann mal beendet ist. Russland will das kleine Land im Südosten Europas wieder an sich binden, die EU hat Moldawien eine Beitrittsperspektive gegeben. Wie geht es den Menschen vor Ort? Wo sehen sie ihre Zukunft? Diesen Fragen ist Markus Lanz in seiner ZDF-Dokumentation nachgegangen. Herausgekommen ist ein berührendes und bewegendes Portrait über ein zerrissenes Land. Hier ist der Film abzurufen.
Edo Reents von der FAZ kommentiert die Buh-Rufe gegen Claudia Roth bei einer jüdischen Veranstaltung: "Claudia Roth braucht sich über die Buhrufe nicht zu wundern. Die jüdischen Mitbürger haben genug davon, beim Thema Antisemitismus mit Begriffen wie „Demokratie“ und „Buntheit“ abgespeist zu werden." Sie sei nicht allein schuld am jüdischen Unbehagen, aber sie sei, unter dem verantwortlichen Personal, die Galionsfigur einer Einstellung, für die Vielfalt schon ein Wert an sich sei. "So etwas geht, logischerweise, irgendwann zu Lasten der Urteilsfähigkeit in substanziell wirklich wichtigen Belangen, die keine Unklarheit dulden. Vor lauter Buntheit sieht man nicht mehr, was besser auszuschließen oder als falsches Denken wenigstens klar zu kennzeichnen wäre." Fazit: Diese prinzipielle Offenheit, gegen die nichts zu sagen wäre, wenn darin auch für unverrückbare Überzeugungen Platz wäre, sei Claudia Roth jetzt sichtbar vor die Füße gefallen. Spannend!
In einem neuen Gastbeitrag für The Pioneer beschreibt der ehemalige Außenminister und Grünen-Politiker Joschka Fischer die Gefahren, die sich durch ein verändertes geopolitisches Kräfteverhältnis für Europa ergeben.
Er warnt vor den Auswirkungen der chinesisch-amerikanischen Beziehungen auf Japan und Europa und stellt fest, dass Europas Wirtschaftsmodell und Sicherheitslage in dieser globalen Neuordnung unter Druck geraten könnten.
Heute gratulieren wir herzlich:
Steffen Hebestreit, Regierungssprecher, 51
Joschka Knuth (Grüne), Staatssekretär im Umweltministerium von Schleswig-Holstein, 30
Bärbel Kofler, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 56
Lutz Lienenkämper (CDU), ehem. Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, 54
Dietmar Strehl (Grüne), Finanzsenator in Bremen, 67
Elke Zimmer (Grüne), Staatssekretärin im baden-württembergischen Verkehrsministerium, 57
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre