unsere Themen heute:
Die CDU stellt den Entwurf ihres Grundsatzprogramms vor – schwarz-grüne Koalitionen sind ab sofort unwahrscheinlich.
Fachpolitikerin des Jahres ist Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
Das Landwirtschaftsministerium arbeitet an einer Eilverordnung, um das Glyphosat-Verbot zurückzunehmen.
Wohlfahrtsverbände befürchten weniger Nachfrage bei Freiwilligendiensten.
FDP-Rebell Matthias Nölke ruft zum Ausstieg aus der Ampel auf.
Das Anti-Grünen-Programm der CDU
Die Programmkommission der CDU hat gestern ihren Entwurf des Grundsatzprogramms veröffentlicht. „In Freiheit leben“ trägt die Handschrift von Friedrich Merz.
Das 71-seitige Papier positioniert die Union rechts der Mitte – und priorisiert eine 22 Jahre alte Forderung von Merz: Das Bekenntnis zur „Leitkultur“.
Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion © dpaDie Neupositionierung hat eine Debatte ausgelöst. Zwei Sätze stechen hervor: „Eine deutsche Leitkultur kann nicht ohne Verständnis unserer Traditionen und Bräuche, (...) der deutschen Kultur und Sprache sowie unserer Geschichte und der daraus resultierenden Verantwortung gelingen.“
Weiter heißt es: „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“
Offiziell stehen die Unions-Politiker hinter Merz. Hinter vorgehaltener Hand halten einige den Bräuche-Konservatismus für überzogen.
Muslime hätten nicht explizit erwähnt werden sollen, sagte uns ein führendes CDU-Mitglied. Ein anderer Christdemokrat sagte unserem Kollegen Christian Schlesiger, dass bei der Integrationsfrage der Muslime ein Verweis auf das Grundgesetz gereicht hätte.
Carsten Linnemann, Vorsitzender der Programm- und Grundsatzkommission, und die stellvertretenden Vorsitzenden der Programm- und Grundsatzkommission, Serap Güler und Mario Voigt © dpaWährend Merz' innerparteilicher Widersacher Hendrik Wüst in NRW mit den Grünen koaliert, wird eine solche Konstellation auf Bundesebene unter Merz nun unwahrscheinlich. Folgende weitere Punkte im Grundsatzprogramm formulieren eine Absage an schwarz-grüne Gedankenspiele:
Comeback der Atomenergie: So heißt es im Entwurf, „wir können zurzeit nicht auf die Option Kernkraft verzichten.“
Asylanträge im Ausland: „Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen.“ Weiter: „Im Falle eines positiven Ausgangs wird der sichere Drittstaat dem Antragsteller vor Ort Schutz gewähren.“ Das hieße: Asylbewerber blieben dauerhaft im Ausland.
Mauer um Europa: „Die Einreise muss an den Außengrenzen der EU umfassend elektronisch überwacht werden. Zu ihrer Sicherung gehört auch der bauliche und technische Grenzschutz, wo immer es nötig ist.“
Klare Kante in der Außenpolitik: „Wir setzen auf einen weltoffenen Patriotismus. Wir sind stolz auf Deutschland.“
Rollenerweiterung des Militärs: „Die Bundeswehr muss bei Bedarf auch im Inland eingesetzt werden dürfen.“
Wehrpflicht durch die Hintertür: „Das Konzept eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres soll auch den Streitkräften unseres Landes zugutekommen.”
Deutsche Sprachpflicht: „Kinder mit Förderbedarf müssen zur Teilnahme an einem vorschulischen Programm in einer Kindertagesstätte, einem Kindergarten oder einer Vorschule verpflichtet werden.“
Der beim Grundsatzprogramm federführende Generalsekretär Carsten Linnemann rechnet mit bis zu 1000 Änderungsanträgen, bevor das Programm auf dem Parteitag im Mai verabschiedet werden soll. Fest steht jedoch: Der CDU-Kurs heißt jetzt Merz.
Das bedeutet auch: Die Grünen sind der Hauptgegner. Aber die Wähler der AfD sind die Zielgruppe.
Fachpolitikerin des Jahres ist Marie-Agnes Strack-Zimmermann
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) kennt man vor allem beim Austeilen. Zum Beispiel, wenn sie wieder mehr Waffenhilfe für die Ukraine fordert. Oder den Oppositionsführer als „Flugzwerg aus dem Mittelstand“ bezeichnet.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann © Anne HufnaglPenetrant nennen es die einen, durchsetzungsstark die anderen. Authentisch finden die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses aus Düsseldorf eigentlich alle und das ist auch die Grundlage ihrer Popularität.
In unserem Fachpolitiker-Ranking belegt die Politikerin den ersten Platz. Wir gratulieren ihr zu diesem eindeutigen Sieg!
Im nächsten Jahr tritt sie als Spitzenkandidatin der FDP im Europawahlkampf an. Wir hoffen, ihre taffe Art – keine Worthülsen, dafür umso mehr Klartext – bleibt uns auch 2024 erhalten.
Eine Infografik mit dem Titel: Die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker des Jahres
Die Rangliste der deutschen Politik 2023, Ergebnis der Abstimmung in Prozent
Wir haben Strack-Zimmermann gefragt, wie sie das vergangene Jahr erlebt hat. Und was sie im kommenden Jahr erwartet.
Was war Ihr persönlich größter Erfolg im Jahr 2023?
Der persönlich größte Erfolg oder nennen wir es besser Ehrung war für mich die Verleihung der Josef-Neuberger-Medaille der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf für meinen Einsatz gegen Antisemitismus verbunden mit einer besonderen Laudatio von Hape Kerkeling. Es ist mir nicht nur in dieser Zeit wichtig, Haltung und klare Kante gegen Menschenhass, Hetze und Antisemitismus zu zeigen.
Das sorgt nicht immer nur für Freunde, aber wer in die Politik geht, um gestreichelt zu werden, ist hier falsch. Ein klarer Kompass und Haltung gegen alle Widerstände ist für gute Politik unerlässlich.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann bei der Verleihung der Josef-Neuberger-Medaille © dpaWas hätten Sie gern anders gemacht?
Etwas mehr Gelassenheit hätte mir im ein oder anderen Moment sicher gut getan.
Was haben Sie im nächsten Jahr vor?
Mein Ziel ist es mit Blick auf die Europawahl, die Bedeutung eines lebendigen und gut funktionierenden Europas zu stärken. Europa ist unsere Zukunft, eine andere haben wir nicht. Ich werde vehement weiter für die Unterstützung der Ukraine und bestmögliche Ausstattung für die Bundeswehr kämpfen.
Eilverordnung zu Glyphosat in Arbeit
Das Wirtschaftsministerium arbeitet derzeit an einer Eilverordnung, um das geplante Verbot des Wirkstoffs Glyphosat in Deutschland ab Januar 2024 aufzuheben. Das erfuhr unsere Kollegin Claudia Scholz aus Regierungskreisen.
Die Eilverordnung muss bis spätestens 31. Dezember dieses Jahres in Kraft treten, andernfalls wäre die bisherige Pflanzenschutzmittelanwendungsverordnung europarechtswidrig. Denn die EU-Kommission hat die Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat in Pflanzenschutzmitteln um weitere zehn Jahre verlängert.
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir muss sich nach der EU-Entscheidung zu Glyphosat richten. © dpaEine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums sagte, es werde derzeit das weitere Vorgehen geprüft, „um zum 01. Januar 2024 einen unionsrechtskonformen Zustand herzustellen und mindestens die im heutigen Recht bestehenden Einschränkungen für den Einsatz von Glyphosat fortzuschreiben.“
Die Eilverordnung gilt nur ein halbes Jahr, danach muss diese von einem regulären Verordnungsverfahren abgelöst werden.
Sorge vor Nachfrageeinbruch bei Freiwilligenarbeit
Die Caritas und der Paritätische Wohlfahrtsverband befürchten, dass sich der Ausstellungs-Stopp von Neuverträgen im Bundesfreiwilligendienst (BFD) negativ auf die Nachfrage nach Freiwilligenarbeit auswirke. Das erfuhr unsere Kollegin Phillipka von Kleist aus Gesprächen mit den Trägern.
Ein Caritas-Büro in Berlin Mitte. © ImagoDer Bundesfreiwilligendienst ist von der aktuellen Haushaltssperre betroffen. Seit dem 22. November seien neue Dienstbeginne in 2023 nicht mehr möglich. Der BFD schließe aktuell keine Vereinbarungen.
„Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie“ seien diese Dienste aber wichtig, sagt Karin Vorhoff, Referatsleiterin für Soziale Lebenslagen bei der Caritas.
Gerade in einer Zeit, in der vor dem Hintergrund zahlreicher Krisen die soziale Infrastruktur sehr intensiv gefordert ist, ist jede Einschränkung der Angebote unverantwortlich.
Würden solche Dienste „einfach zur Disposition“ gestellt werden, hätte das zur Folge, dass Freiwillige langfristig keine Einsatzmöglichkeiten mehr für sich in Betracht ziehen würden.
Juliane Meinhold vom Paritätischen Wohlfahrtsverband sieht das ähnlich:
Unsere größte Befürchtung ist, dass durch das Abweisen die Nachfrageseite einbricht.
FDP-Rebell Nölke: „Deutschland und die FDP können viel mehr.”
FDP-Rebell Matthias Nölke begrüßt den Beschluss des Bundesvorstandes der FDP vom Montag, die von ihm und anderen FDP-Basismitgliedern beantragte Mitgliederbefragung zum Verbleib der FDP in der Ampel umzusetzen.
FDP-Rebell Matthias Nölke im Mai 2020 im Gespräch mit Parteichef Christian Lindner. © imagoNölke sagte unserem Kollegen Thorsten Denkler:
Unser großer Dank gilt der Bundesgeschäftsstelle und dem Bundesvorstand für die schnelle Vorbereitung einer digitalen Befragung. Dieser Weg gewährleistet eine möglichst breite Beteiligung für ein starkes demokratisches Votum.
Und weiter:
Wir rufen alle Freien Demokraten auf, ihr Stimmrecht zu nutzen und die Ampel zu beenden. Sie schadet unserem Land und unserer Partei.
Zur liberalen Verantwortung gehöre es, „sich Fehler einzugestehen und Sackgassen wieder zu verlassen. Deutschland und die FDP können viel mehr”.
Nölke und seine Mitstreiter haben der Bundespartei 598 gültige Unterschriften mit der Forderung nach einer Mitgliederbefragung vorgelegt. Nötig gewesen wären 500.
Bijan Djir-Sarai, FDP-Generalsekretär © imagoWann die Mitgliederbefragung beginnt, darüber soll der Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai, entscheiden, beschloss der Bundesvorstand.
FDP-Abgeordneter Torsten Herbst verliert Bahn-Posten
Ende des Jahres verlieren zwölf Mitglieder des Aufsichtsrats der Bahnhofssparte DB Station & Service ihren Job. Wie unser Kollege Christian Schlesiger erfahren hat, soll die Gesellschaft mit der Schwestergesellschaft DB Netz verschmolzen werden. Aus DB Netz entsteht dann ab Januar die neue Infrastrukturgesellschaft DB InfraGO. DB Station & Service wird dann handelsrechtlich aufgelöst.
Torsten Herbst. © dpaIn dem Kontrollgremium der Bahnhofssparte sitzt seit August 2022 auch Torsten Herbst, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP. Herbst bestätigte das Ende seines Mandats. Der Aufsichtsrat unter dem Vorsitz des Bahn-Personalvorstands Martin Seiler hat 2022 Gesamtbezüge von 86.000 Euro erhalten – rechnerisch knapp 7200 Euro pro Mitglied.
Friedrich-Neumann-Stiftung zum 75. Geburtstag der FDP
Morgen Abend organisiert die Friedrich-Naumann-Stiftung in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften eine Podiumsveranstaltung anlässlich des 75. Geburtstags der FDP.
Bundesfinanzminister Chrsitian Lindner © imagoErwartet wird eine Rede vom FDP-Vorsitzenden Christian Lindner. Außerdem soll ein Generationsgespräch unter dem Motto „Unsere Freiheit – unsere Werte – unsere Zukunft“ mit der Bundesvorsitzenden der Jungen Liberalen, Franziska Brandmann, der Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und dem FDP-Ehrenvorsitzenden Hermann Otto Solms stattfinden.
Auf - Donald Tusk. Polens Parlament hat den pro-europäischen Oppositionsführer gestern zum künftigen Regierungschef bestimmt. Der Weg ist nun frei für eine neue Regierung unter Tusk und mit seinem liberal-konservativen Wahlbündnis Bürgerkoalition (KO). Der ehemalige Präsident des EU-Rats steht in den Startlöchern. Auf X schrieb er: „Ready, steady, go!“ Ein guter Tag für ihn und für die Demokratie in Europa.
Ab - Annalena Baerbock. „Eine Enttäuschung“ nannte die Außenministerin das vorläufige Abschlussdokument, das die Vereinigten Arabischen Emirate beim Klimagipfel gestern vorlegten. Kein Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas. Keine konkreten Schritte für die Eindämmung der Erderwärmung. Auf Baerbock warten harte Verhandlungstage mit Saudi-Arabien, China und Russland. Sonst droht der zweite erfolgsarme Klimagipfel unter deutscher Grünen-Führung.
Für den Wirtschaftsredakteur der Rheinischen Post, Reinhard Kowalewsky, sind die Bonuszahlungen in Millionenhöhe bei der Bahn „doppelt irritierend“: Zum einen ziehe der Staat seine eigenen Regeln zu Bonuszahlungen für Unternehmen ins Lächerliche. Zum anderen sei es „aus Sicht der Fahrgäste verblüffend“, wenn das Top-Personal der Bahn Sonderzahlungen erhalte, obwohl „die Züge immer unpünktlicher werden“. Dennoch: Die Bahn habe noch mit viel dringlicheren Problemen zu kämpfen, wie zum Beispiel mit zu wenigen Investitionen über Jahrzehnte, „ein teilweise zu behäbiger Apparat“ und „zeitweise relativ hohen“ Fehlzeiten beim Personal. Hier geht es zum Kommentar.
Selenskyj: Kriegsheld a.D.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kämpft ums Überleben. Die Unterstützer brechen ihm weg. Es fehlt an Geld, an Material, an allem. Für die aktuelle Pioneer Cover Story haben wir mit Verteidigungsexperten gesprochen und recherchiert, wie sich die Unterstützung für die Ukraine entwickelt hat:
Der Klick führt Sie zur Titelgeschichte. © The PioneerDazu passt: Der Rüstungsexperte Max Werner hat die Struktur der europäischen Verteidigungsindustrie analysiert und sechs Herausforderungen und Hoffnungen für den EU-Markt herausgearbeitet. Sein Gastbeitrag:
Heute gratulieren wir herzlich:
Volker Beck, ehemaliger Grünen-Bundestagsabgeordneter und Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, 63
Stefan Gödde, Fernsehmoderator und Buchautor, 48
Petra Nicolaisen, CDU-Bundestagsabgeordnete, 58
Renate Schmidt, ehemalige Vizepräsidentin des Bundestags und Bundesfamilienministerin a.D., 80
Mechthilde Wittmann, CSU-Bundestagsabgeordnete, 56
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre