Ministerpräsidentenkonferenz

Das Heizöl-Problem

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© The Pioneer

Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters.

Unsere Themen heute:

  • Bund und Länder wollen jetzt auch Kunden von Heizöl und Holzpellets helfen, ihre Rechnungen zu bezahlen. Viel Geld ist nicht im Topf.

  • Während der MPK kam es zu einem Affront zwischen dem Kanzler und den Ländern.

  • Olaf Scholz fährt am Freitag nach China. Es wird die wohl schwierigste Reise in seiner bisherigen Amtszeit.

  • Zwischen Kanzleramt und Auswärtigem Amt bahnt sich ein neuer Konflikt an. Es geht um die Förderung von Gasfeldern in Senegal.

  • Saskia Esken will Twitter fernbleiben - und hat ein anderes Netzwerk gefunden.

Heizöl und Pellets, echte Härtefälle

Es hat gedauert, bis die Politik das Problem endlich erkannt hat. Jetzt sollen auf den letzten Drücker doch auch die Eigentümer von 4,4 Millionen Öl- und knapp 600.000 Holzpellet-Heizungen und ihre eventuellen Mieter auf finanzielle Hilfe hoffen können.

Darauf haben sich am Donnerstagabend Bund und Länder geeinigt. Wenn es auch über Art und Umfang der Hilfe unterschiedliche Ansichten gibt.

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen 500 Millionen Euro bereitgestellt werden, damit Heizöl-, Pellet- und alle anderen Kunden im Notfall ihre Energie-Rechnungen bezahlen können. Im Schnitt wären das 100 Euro für jede Öl- und Pellet-Heizung.

Aus Reihen der Union-geführten Länder hören wir, das sei lächerlich wenig. Auf SPD-Seite aber wird die Losung ausgegeben: Wenn es nicht reicht, wird draufgelegt.

Bisher ist angedacht, die Hilfe unter der Überschrift Härtefallregelung laufen zu lassen. Verteilt werden soll das Geld über Sozialämter und Jobcenter. Ein Hinweis darauf, dass wirklich nur Bedürftige Anspruch haben werden.

Es wird wohl in vielen Fällen auf geringe Einmalzahlungen hinauslaufen, hört unser Kollege Thorsten Denkler aus der Regierung. Heizöl- und Pellet-Kunden werden dafür nachweisen müssen, dass ihre Jahres-Rechnung sie über Gebühr belastet.

Die Politik war auch deshalb zögerlich, weil Öl und Holz nicht so unmittelbar vom Kriegsgeschehen in der Ukraine betroffen sind.

Beides wird weiter aus Russland geliefert, wenn auch in geringerem Umfang. Die Öl-Importe aus Russland etwa sind bis September nur um 17 Prozent gesunken. Ein Minus, das bisher gut ersetzt werden konnte.

Die Preise stiegen dennoch.

Eine Infografik mit dem Titel: Preise für Pellets und Heizöl steigen

Preisentwicklung in Deutschland über 12 Monate, in Euro

Der Preis für Heizöl ist von 90 Euro für 100 Liter auf heute mehr als 150 Euro geklettert. Wer so 120 Quadratmeter heizt und Warmwasser aufbereitet, der zahlt statt 1600 Euro heute gut 2700 Euro im Jahr.

Die Preisentwicklung von Pellets ist noch dramatischer. Vor einem Jahr kostete eine Tonne noch 240 Euro. Heute sind es knapp 630 Euro. Ende August waren etwas mehr als 800 Euro fällig. Für 120 Quadratmeter Wohnfläche kommen so statt 300 Euro jetzt knapp 760 Euro jährlich zusammen.

Der Preis-Druck könnte weiter steigen. Anfang Dezember tritt das EU-Embargo für russisches Öl in Kraft. Die Preise ziehen dann sicher nochmal an.

Affront zwischen Ländern und Scholz

Kurz vor Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz kam es zu einem Affront zwischen dem Kanzleramt und den Bundesländern. Grund war ein Eckpunkte-Papier der Bundesregierung zur Umsetzung der Energie-Maßnahmen für den Winter.

Das Papier mit den Details wurde vom Kanzleramt um 12.03 Uhr an die Runde verschickt, bereits eine halbe Stunde vorher hatten es allerdings Vertreter der Hauptstadtpresse über einen Verteiler des Bundespresseamts zugeschickt bekommen.

Stephan Weil © Anne Hufnagl

Bei der ersten Durchsicht entdeckten die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten dann eine Veränderung der Regelung bei Härtefällen im Kreise der kleinen Unternehmen. Diese solle "hälftig von Bund und Ländern" übernommen werden, stand in dem Papier. Dies widersprach der zuvor verhandelten Einigung, dass der Bund die Kosten insgesamt übernimmt.

Über die Parteigrenzen hinweg ärgerten sich die Länderchefs über das Vorgehen. SPD-Frau Malu Dreyer bezeichnete das Verfahren als "unglücklich", NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst stellte gar das gesamte Zusammentreffen infrage. Winfried Kretschmann verwies auf das eindeutige Verhandlungsergebnis.

Der MPK-Vorsitzende Stephan Weil zürnte ebenfalls und rief den Kanzler an, so hören wir, um eine andere Regelung zu erwirken. Nun sollen sich die Länder-Wirtschaftsminister um eine Lösung kümmern.

Scholz sucht neue Antworten in China

An diesem Donnerstag wird Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu seiner vielleicht herausforderndsten Reise seiner bisherigen Amtszeit aufbrechen. Es geht nach Peking zum Antrittsbesuch beim chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping.

Olaf Scholz umringt von Journalisten in der Regierungsmaschine.  © dpa

Es wird aber wohl mehr ein Sondierungstreffen der beiden Staatsmänner sein, hört unser Kollege Thorsten Denkler aus dem Kanzleramt.

Die großen Fragen, die Scholz dort klären will: Wo steht China? Wohin will China? Und wo gibt es neben den wirtschaftlichen noch andere gemeinsame Interessen?

Scholz landet nur wenige Tage nach dem Ende des 20. Kongresses der Kommunistischen Partei in Peking. Das kann auch gelesen werden als Ehrerbietung des Anführers einer der wirtschaftsstärksten Nationen der Erde gegenüber dem starken Mann in China, der sich gerade eine dritte Amtszeit gesichert hat. Und der vor den Augen der Welt seinen Vorgänger abführen ließ.

Eine Infografik mit dem Titel: China und seine westlichen Importpartner

Anteil ausgewählter Länder an den gesamten Importen Chinas, in Prozent

Aus dem Kanzleramt hören wir, dass es für so einen Besuch keinen richtigen Zeitpunkt geben kann. Außerdem dränge die Zeit. Eines der Top-Themen auf dem Zettel des Kanzlers: der Krieg gegen die Ukraine. Scholz will herausfinden, ob und wie China helfen kann, den Krieg möglichst bald zu beenden.

Deutschland muss seine Haltung gegenüber China also neu justieren. Denn, so heißt es aus dem Kanzleramt, ein "bloßes weiter so" könne es angesichts der geopolitischen Umstände nicht geben.

Gasfeld wird für Scholz zum Minenfeld

In der Bundesregierung bahnt sich ein Konflikt um die mögliche deutsche Unterstützung der Gas-Förderung in Senegal an. Nach Ansicht des Auswärtigen Amtes darf Deutschland kein Steuergeld mehr einsetzen, um die Förderung fossiler Energien voranzubringen. Da stehe das von Deutschland vor einem Jahr unterzeichnete Glasgow Public Finance Statement vor, erfuhr unser Kollege Thorsten Denkler.

Gasschild © dpa

Im Mai hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) zum Auftakt seiner Afrika-Reise Senegal eine Zusammenarbeit in der Gasförderung angeboten. Es sei sinnvoll, eine solche Kooperation "intensiv zu verfolgen", sagte Scholz damals.

Das Kanzleramt will sich aktuell nicht auf die Linie des Auswärtiges Amtes festlegen lassen, hören wir. Es will lediglich darauf achten, dass Partner, die unterstützt werden, sich an die Vereinbarungen des Klimaabkommens von Paris halten. Gas werde als Brückentechnologie weiter gebraucht, auch wenn Russland als Lieferant wegfalle.

Am Montag wird Scholz auf der Weltklimakonferenz COP27 in Ägypten erwartet. Umweltorganisationen wie die Deutsche Umwelthilfe und urgewald haben Scholz aufgerufen, seine Unterstützung für neue Gasprojekte aufzugeben.

Die US-Umweltorganisationen Oil Change International und Friends of the Earth haben am Mittwoch einen Bericht veröffentlicht, nach dem Deutschland von 2019 bis 2021 jeweils 2,8 Milliarden US-Dollar an öffentlichen Bürgschaften und Krediten für fossile Energien im Ausland vergeben habe. Deutschland sei damit der siebtgrößte öffentliche Geldgeber für fossile Brennstoffe in der Welt gewesen.

Esken will nicht zu Twitter zurück

SPD-Chefin Saskia Esken hat eine Woche nach ihrem Rückzug von Twitter keine Neigung, bald zurückzukehren. "Ich habe bei Twitter eine Entwicklung gesehen, dass Twitter schon aufgegeben hatte gegen Fake Accounts, gegen Hass, Nachrichten und gegen solche Tendenzen eben auch wirksam vorzugehen", sagte sie uns.

Saskia Esken © imago

Esken betonte, sie nutze mittlerweile die Plattform Mastodon. "Das ist eine dezentrale Plattform. Wir müssen gemeinsam erarbeiten, wie man dort eine eigene Instanz, wie man kleine Teilöffentlichkeiten und wie man größere Teilöffentlichkeiten und Gesamtöffentlichkeiten nutzen kann", sagte sie. Dies seien spannende Entwicklungen, "wo ich jetzt gerne sehen möchte, dass wir neue Ideen entwickeln, wie soziale Medien funktionieren können".

Eine Rückkehr zu Twitter könne sie sich nur vorstellen, wenn das Unternehmen Recht anwendet und offenlegt, wie der Algorithmus funktioniert.

Brandmann stellt sich zur Wiederwahl

Franziska Brandmann, Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen © dpa

Franziska Brandmann stellt sich am Freitag beim Bundeskongress der Jungen Liberalen in Kassel zur Wiederwahl als Bundesvorsitzende. Die 28-Jährige Politikwissenschaftlerin aus Grevenbroich, die derzeit an der University of Oxford promoviert, hatte im vergangenen Jahr Jens Teutrine an der Spitze der JuLis abgelöst. Eine Gegenkandidatur ist nicht zu erwarten.

Der derzeitige stellvertretende Bundesvorsitzende Constantin Borges (Moers) kandidiert für das Amt des Bundesschatzmeisters, das bisher Marco Preißinger (Nürnberg) innehatte. Für den frei werdenden Posten als Vize-Chef geht Tobias Weiskopf (Freising) ins Rennen.

Die beiden weiteren stellvertretenden Bundesvorsitzenden, Nemir Ali (Osnabrück) und Paavo Czwikla (Münster), stellen sich ebenfalls zur Wiederwahl.

Die Bundesregierung wird breit auf der 27. UN-Klimakonferenz in Sharm el Sheikh vertreten sein. Montag und Dienstag wird Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor Ort sein. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) vom 16. bis 18. November. Ihre Klima-Staatssekretärin Jennifer Morgan wird die vollen zwei Wochen dabei sein. Staatsministerin Anna Lührmann kommt vom 14. bis 16. November.

Aus dem Klimaministerium wird Staatssekretär Stefan Wenzel (Grüne) vom 10. bis 17. November anwesend sein. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) ist vom 13. bis 16. November dabei, ihr Staatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) vom 7. bis 8. sowie vom 12. bis 18. November. Außerdem dabei sind Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) (15. bis 18. November) und am 12. November Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne).

In München kommt am Freitag die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) zusammen. Im Zentrum der Beratungen stehen unter anderem der Zukunftsvertrag "Studium und Lehre stärken", die Exzellenzstrategie sowie das Professorinnenprogramm 2030.

Mitglieder der GWK sind die Wissenschafts- und Finanzminister von Bund und Ländern. Als Vorsitzende fungiert Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), ihr Stellvertreter ist der bayerische Wissenschaftsstaatsminister Markus Blume (CSU).

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Auf - Marco Buschmann ist einer der bedachten FDP-Politiker, doch bei den radikalisierenden Protesten der "Letzten Generation" will der Justizminister hart durchgreifen. Auch Haftstrafen seien möglich, so der FDP-Mann. Wir stimmen dem Vorgehen des Liberalen zu und erklären ihn zum Aufsteiger.

Ab - Rudolf Scharping. Wenn der frühere SPD-Chef, Kanzlerkandidat und aktuelle Präsident der deutschen Radfahrer immer schon mal in einer Reihe mit internationalen kommunistischen Führern genannt werden wollte, dann hat er sein Ziel erreicht. Scharping taucht jedenfalls jetzt in der Staatszeitung China Daily als einziger deutscher Gratulant von Xi Jinping zur Wahl als Parteichef auf. Unser Absteiger!

"Nach meinem Empfinden habe ich in der Politik nichts mehr zu suchen. Nein, ich kehre nicht mehr in die Politik zurück", sagt der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg im Interview mit Cornelia Fuchs und Giuseppe Di Grazia vom Stern. Annalena Baerbock und Franziska Giffey täten ihm leid, da er wisse, was sie aufgrund ihrer Plagiatsaffären durchgemacht hätten. Und auch zu CSU-Chef Markus Söder äußert er sich: "Ich finde, dass er - auch mithilfe einer erstklassigen Administration - seiner Verantwortung für den Freistaat Bayern gerecht wird." Ein vergiftetes Lob, so beteuert er auf Nachfrage, sei das nicht. Lesenswert!

Die Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt ist miserabel: Die Hauptstadt hat nicht nur eine rekordverdächtig niedrige Leerstands- und die bundesweit höchste Mietbelastungsquote, sondern bildet auch das Schlusslicht hinsichtlich der Wohneigentumsquote. Die Ursache sei eine jahrzehntelange ineffiziente Wohnungspolitik, meint Architekt Janko Dimitrov. In seinem Gastbeitrag für The Pioneer schreibt er: "Die Mehrheit der Wähler hat mit ihrer Wahlentscheidung die desaströse Wohnungspolitik herbeigeführt." Neun weitere, unbequeme Wahrheiten der Berliner Wohnungspolitik sowie mögliche Auswege aus der Krise lesen Sie in seinem Artikel.

Heute gratulieren wir herzlich:

Judith Gerlach (CSU), Digitalstaatsministerin in Bayern, 37

Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, 50

Hubert Hüppe, CDU-Bundestagsabgeordneter, 66

Kirsten Kappert-Gonther, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 56

Dirk Kurbjuweit, Autor im Spiegel-Hauptstadtbüro, 60

Steffen Rülke, Abteilungsleiter Sport im Bundesinnenministerium, 49

Hilmar Sattler, Leiter des Hauptstadtbüro der Friedrich-Naumann-Stiftung, 50

© The Pioneer

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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