Sonderbeauftragter Terzenbach

Das Jobversprechen für Asylbewerber

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Guten Morgen,

unsere Themen heute:

  • Der Sonderbeauftragte für die Arbeitsintegration von Flüchtlingen Daniel Terzenbach im Interview: „Angebot für alle Asylbewerber“.

  • Markus Söder fordert vor der MPK einen klaren Beschluss zur Migration.

  • Die MPK-Beschlüsse aus dem November sind nur lückenhaft umgesetzt, wie aus einer Übersicht der Länder hervorgeht.

  • Die Grünen beharren auf Familienstartzeit.

  • Das Verhalten der GDL spaltet die Belegschaft der Deutschen Bahn.

  • Die Union will schneller als die SPD über eine Sondersitzung des Kulturausschusses beraten.

Ein Arbeitsangebot für alle Flüchtlinge

Daniel Terzenbach soll Flüchtlinge besser in den Arbeitsmarkt integrieren. Im Oktober 2023 machte Arbeitsminister Hubertus Heil ihn dafür zum Sonderbeauftragten der Bundesregierung. Heute Nachmittag ab 16.30 Uhr sprechen sie gemeinsam im SPD-Wirtschaftsforum über den Stand des Vorhabens.

Das neue Ziel von Terzenbach: Er will allen Asylbewerbern mit einem fertigen Integrationskurs bis zum Sommer ein Jobangebot machen – das kündigt er im Gespräch mit unseren Kollegen Phillipka von Kleist und Michael Bassewitz an.

Wir sehen überall Bewegung und glauben, ein Angebot an alle nach dem Integrationskurs verbindlich bis zum Sommer machen zu können.

Wen betrifft das? Im Oktober waren es laut Heil rund 400.000 Menschen, die Bürgergeld bezogen und Sprachkenntnisse erworben haben. Die größte Gruppe unter diesen Menschen sind Ukrainer.

Eine Infografik mit dem Titel: Deutsch-Test Absolventen

Absolventen des Deutsch-Tests für Zuwanderer (DTZ) zwischen dem Niveau B1 und A2

Die Grundlage: „Wir haben mittlerweile immer mehr Stellen, die sich speziell an Geflüchtete oder auch an Menschen mit wenig Deutschkenntnissen richten“, so Terzenbach zu uns.

Jetzt muss organisiert werden: Bis zum Sommer möchte Terzenbach das System so weit koordiniert haben, dass „die Kräfte noch besser zusammenwirken können und das System von alleine laufen kann“, um eine Bilanz ziehen zu können, sagt er uns. Denn: Seine Stelle ist nur bis Ende Juli befristet und er braucht bis dahin Erfolge.

Bisher hat sich noch nicht viel getan: Von den 1,1 Millionen nach Deutschland geflüchteten Ukrainern arbeiten nach wie vor wenige. Die Beschäftigungsquote lag laut dem Institut für Arbeitsmarkts- und Berufsforschung im Dezember 2023 bei 24,9 Prozent.

Lernen kann man von den Nachbarn: In Dänemark oder den Niederlanden liegt die Beschäftigungsquote bei über 70 Prozent. Ukrainer in Holland bekommen Wohnraum und Sozialversicherung gezahlt. Alles, was sie dazuverdienen, können sie behalten. Terzenbach sieht gerade in der Zeitarbeit Potenzial:

Wir können von den Niederländern noch lernen, zum Beispiel wie man die Zeitarbeit besser nutzt, um noch mehr Geflüchteten das Ankommen auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Denn Zeitarbeit baut häufig Brücken von Helfer-Jobs zur dauerhaften Beschäftigung in Unternehmen.

Daniel Terzenbach © dpa

Und wenn Terzenbachs Plan nicht aufgeht? Etwa, weil die Rahmenbedingungen für Unternehmen oder Flüchtlinge nicht gestimmt haben. „Dann müssen wir schauen, ob die Anforderungen zumutbar waren und ob bzw. wie wir das anpassen können.“

Fazit: Wir wünschen ihm viel Erfolg dabei - Flüchtlinge, überforderte Jobcenter und der Staatshaushalt würden davon profitieren.

Söder: „Wir fordern einen klaren Beschluss zur Migration“

Vor der heutigen Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) haben wir mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gesprochen.

Es gab Irritation darüber, dass es nur eine Erklärung zur MPK aus dem Kanzleramt gab. Wird es einen Beschluss geben?

Es wird noch daran gearbeitet. Wir fordern, dass es einen klaren Beschluss zur Migration gibt – und dass er dann auch konsequent umgesetzt wird. Die Flüchtlingszahlen werden im Sommer wieder steigen. Die Kommunen sind jetzt schon überfordert. Wir müssen die illegale Migration endlich wirksam begrenzen, sonst drohen schwerwiegende Folgen bei den Wahlen in den neuen Bundesländern.

Markus Söder © dpa

Die Bezugsdauer von Asylbewerberleistungen wurde gerade von 18 Monaten auf drei Jahre ausgedehnt. Sie fordern fünf. Ist das nicht ein bisschen übermütig?

Wir fordern schon lange fünf Jahre, das wurde nur nicht erfüllt. Die Politik der Ampel ist leider halbherzig. Die Grenzkontrollen werden immer nur ein paar Monate verlängert. Das Bürgergeld sollte künftig nicht mehr für Neuankömmlinge aus der Ukraine ausbezahlt werden, sondern es braucht hier eine Rückkehr zu den Asylleistungen. Und auch die Drittstaaten-Lösung, die seit November geprüft werden soll, ist offen. Die Grünen verwässern und entkernen regelmäßig viele dieser dringend nötigen Maßnahmen.

Das Bundesverfassungsgericht hat beanstandet, dass eine Wartefrist von vier Jahren nicht verfassungskonform sei. Haben Sie Ihre Forderung geprüft?

Wenn wir die entsprechenden Gesetze sauber gestalten, ist das möglich.

Braucht es Gesetzesänderungen, um den Ländern mehr Kompetenzen zur Bewältigung der Flüchtlingspolitik zu geben?

Etliche Maßnahmen, wie die Rückführungsabkommen, kann nur der Bund verhandeln. Doch da geschieht zu wenig. Wir machen in Bayern, was wir können. Wir haben seit fünf Jahren eine Grenzpolizei. Wir haben das nicht gefordert, sondern einfach gemacht. Wir haben damit irreguläre Migration massiv eingedämmt. Es bräuchte überall in Deutschland eine solche Grenzpolizei. Manche Länder können sich aber eine eigene Grenzpolizei nicht leisten, deswegen müsste der Bund einspringen.

MPK-Beschluss vom November nur lückenhaft umgesetzt

Die 29 Maßnahmen, die bei der letzten MPK-Sitzung im November mit Bundeskanzler Olaf Scholz vereinbart wurden, sind größtenteils nicht oder nur teilweise umgesetzt, wie eine uns vorliegende Übersicht aus Länderkreisen (Stand Montagabend) ergibt.

Hendrik Wüst und Olaf Scholz nach einer Ministerpräsidentenkonferenz. © dpa

Sechs Maßnahmen sind komplett umgesetzt: Darunter, dass es keine Ausweitung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten gibt. Und die Beseitigung von gesetzlichen Hürden für die Arbeitsaufnahme von Geflüchteten. Letzteres wurde mit dem Rückführungsverbesserungsgesetz auf den Weg gebracht.

19 Maßnahmen sind noch nicht vollständig oder nur teilweise umgesetzt: Etwa ein funktionierendes Dublin-Verfahren, die Durchführung von Asylverfahren in Transit- oder Drittstaaten, der Abschluss weiterer Migrationsabkommen oder Partnerschaften und die wirksame Fortsetzung und Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens. Außerdem die Beschleunigung von Asylverfahren inklusive anschließendem Gerichtsverfahren, die Möglichkeit der Abschiebung an deutschen Flughäfen und die Bezahlkarte.

Vier Maßnahmen können als nicht umgesetzt gelten: Dazu gehört die Zurverfügungstellung von monatlich aktualisierten Zugangsprognosen durch den Bund und die Stärkung von Frontex mit geeigneten Grenzschutzmaßnahmen.

GDL-Chef Weselsky spaltet Belegschaft

Das Verhalten der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und ihrem Chef Claus Weselsky spaltet die Belegschaft der Deutschen Bahn. Das zeigen interne Chats zwischen Mitarbeitern, die unserem Kollegen Christian Schlesiger vorliegen.

Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) © dpa

Die Contra-Weselsky-Fraktion sprach:

  • von einem „dogmatischen“ Festhalten der GDL an der 35-Stunden-Woche.

  • von einem GDL-Chef, der sich „auf die Knochen blamiere“, wenn er sein Lebenswerk, also die 35-Stunden-Woche, nicht durchgesetzt bekäme.

  • von einer GDL, die „auf Biegen und Brechen nur die eigenen Interessen vertrete“.

Die Pro-Weselsky-Fraktion sprach:

  • von einem GDL-Chef, der „irgendetwas richtig“ mache, „wenn 98% seiner Gewerkschaftsmitglieder hinter ihm stehen.“

  • von Weselsky als Vertreter der Mitarbeiter im Wechselschichtdienst, die sich „schinden“ würden.

Der Streik startet heute: Ab 18 Uhr legen die GDL-Mitglieder den Güterverkehr und ab Donnerstagnacht 2 Uhr den Personenverkehr lahm. Der Streik soll 35 Stunden lang dauern – und anschließend in Wellen fortgesetzt werden.

Ein Kompromissversuch ist vorab gescheitert: Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther und Ex-Bundesinnenminister Thomas de Maizière (beide CDU) haben konkrete Vorschläge gemacht. Unter anderem: die Einführung der 36-Stunden-Woche bis 2026. Weselsky lehnte den Vorschlag ab.

Zum Download: Moderatorenvorschlag GDL-Bahn

Grüne beharren auf Familienstartzeit

Die Grünen wollen sich mit dem Nein der FDP zur Familienstartzeit nicht abfinden. Die Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink sagt unserem Kollegen Thorsten Denkler:

Sie ist im Koalitionsvertrag vereinbart und mit äußerst geringfügigen zusätzlichen Belastungen für Unternehmen verbunden.

Maria Klein-Schmeink, Grüne © dpa

Der bisherige Plan: Die Finanzierung der Familienstartzeit von zehn bezahlten Tagen nach einer Geburt über einen Zusatzbeitrag der Arbeitgeber zur Krankenversicherung.

Die Kosten: Nach Berechnungen des Familienministeriums kämen auf Unternehmen mit 100 Mitarbeitern und einem Durchschnittslohn von 3.700 Euro brutto Mehrkosten von 208 Euro pro Monat zu. Kleine Unternehmen mit zehn Mitarbeitern wären mit 10,40 Euro pro Monat dabei.

Aus Sicht von Klein-Schmeink sei das eine „äußerst geringe zusätzliche Belastung“, die sich „am Ende durch die höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen“ auch wieder rechne.

Wir alle, auch die Unternehmen profitieren von einer Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Moderne Familienpolitik muss die Lebenswirklichkeit junger Paare in den Blick nehmen.

Der Gegenvorschlag: Die FDP verweist auf ein vereinbartes Belastungsmoratorium für Unternehmen und fordert, die Familienstartzeit – wenn überhaupt – aus dem Haushalt zu finanzieren. Dafür sehen die Grünen weder die Notwendigkeit noch den Spielraum.

Kulturausschuss: Union will Entscheidung über Sondersitzung

Nach den israel-feindlichen Vorkommnissen auf der Berlinale wollen die Vertreter der Union nicht erst kommenden Montag über den Termin für eine Sondersitzung des Kulturausschusses beraten. Das geht aus einer E-Mail von CDU-Kulturobmann Maximilian Mörseburg an die SPD-Ausschussvorsitzende Katrin Budde hervor, die unserem Kollegen Thorsten Denkler vorliegt.

Ben Russell (links mit Palästinensertuch) und Guillaume Cailleau auf der Berlinale-Bühne. © imago

Demnach sei ein Vorschlag von SPD-Obmann Helge Lindh, wonach sich die Obleute erst am 11. März mit der Terminierung einer Sondersitzung befassen sollen, „für die CDU/CSU-Fraktion nicht zufriedenstellend“. Mörseburg schreibt:

Wir verspäten damit die Aufklärung und verpassen es, ein wichtiges und schnelles Zeichen zu setzen.

Sein Vorschlag: Eine Beratung bereits an diesem Donnerstag. Die Union hatte die Sondersitzung bereits am 26. Februar verlangt. Am 11. März tagt der Ausschuss regulär das erste Mal seit der Berlinale. Thema wird allerdings eine Anhörung zur Rückgabe von NS-Raubkunst sein.

Seit zwei Jahren herrscht in Europa Krieg. Geht es nach der Bundesregierung, soll Deutschland nach der „Zeitenwende“ wieder „kriegstüchtig“ werden. Doch die Bevölkerung sieht das offenbar weiterhin anders. Nur die Wenigsten würden ihre Heimat verteidigen. Im Osten noch weniger als im Westen.

Eine Infografik mit dem Titel: Nur eine Minderheit der Deutschen würde kämpfen

Antwort auf: „Würde man Deutschland im Fall eines Angriffs verteidigen?“, in Prozent

Das war gestern und in der Nacht außerdem los:

  • Abhör-Skandal: Wie konnte das Taurus-Leck passieren? Wahrscheinlich durch Brigadegeneral Frank Gräfe, der sich von Singapur aus über einen offenen, nicht autorisierten Kanal in die Webex-Konferenz eingewählt haben soll. Personelle Konsequenzen gibt es nicht – weil Putin keine Trophäe davontragen soll, so Verteidigungsminister Pistorius.

  • Super Tuesday: Eine Analyse der Ergebnisse der US-Vorwahlen hören Sie ab 9 Uhr von unseren Kollegen Chelsea Spieker und Julius van de Laar in der aktuellen Folge von Race to The White House.

Der Klick auf die Kachel führt Sie zum Podcast. © The Pioneer

Wer befindet sich heute wo und welche Termine sind noch relevant?

  • Der Kanzler nimmt an der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) der Länder in Hessen teil. Während des Austauschs soll es um die Migrations- und Flüchtlingspolitik gehen.

  • Das Kabinett tagt. Themen sind die Bafög-Reform, die Digitalisierung der Justiz sowie der Netzausbau.

  • Wirtschaftsminister Robert Habeck reist in die USA für Gespräche mit den US-Ministern für Wirtschaft, Finanzen und Energie sowie UN-Generalsekretär António Guterres.

  • Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger spricht an der Harvard Universität zum Thema: „Innovationsstandort Deutschland im Wettbewerb zwischen den Supermächten“.

Auf – Sunny Riedel. Dass Deutschland in den nächsten Tagen eine ganze Streikwelle bei der Bahn bevorsteht, nimmt die taz-Redakteurin mit Humor. Auf der Seite-1 der tageszeitung titelte Riedel am Dienstag ein Bild von GDL-Chef Claus Weselsky mit Lockenwicklern im Haar. Überschrift: „Weselsky droht mit Dauerwelle.“ Eine Frisur sagt mehr als tausend Worte.

Ab – Steffi Lemke. Niemand spricht verschachtelter als die Umweltministerin. Zu diesem Schluss kommen Kommunikationsforscher der Universität Hohenheim, die 96 Bundestagsreden analysiert haben. Ganze 81 Wörter verbaute Lemke in einem Bandwurmsatz während der Haushaltsdebatte. Mehr Mut zu: Subjekt, Prädikat, Objekt und Punkt.

Heute gratulieren wir herzlich:

Alexander Hoffmann, CSU-Bundestagsabgeordneter, 49

Mark Speich (CDU), Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Medien in NRW, 54

Özlem Türeci, medizinischer Vorstand von Biontech, 57

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Leiterin „Hauptstadt – Das Briefing“
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