herzlich willkommen zur Sommer-Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters.
Mit neuen Rubriken, anderen Themen, aber der gleichen Leidenschaft informieren wir Sie während der parlamentarischen Sommerpause dreimal wöchentlich – montags, mittwochs und freitags – über Neuigkeiten aus dem politischen Berlin.
Unsere Themen heute:
Bei der Datenerhebung für den Zensus gibt es erhebliche Probleme. In einem Brief an das Innenministerium klagen die kommunalen Spitzenverbände über die Software.
Labour-Chef Keir Starmer war am Freitag zu Besuch in Berlin. Wir haben mit ihm gesprochen.
Bundestagsabgeordnete müssen künftig auf Vielfliegerprivilegien der Lufthansa verzichten. Das Senator-Programm gibt es künftig nur gegen Bezahlung.
Die Mitglieder des Verteidigungsausschusses müssen auch in der Sommerpause mit Terminen rechnen. Wir wissen, was geplant ist.
Unser Selfie kommt heute vom ehemaligen FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr – mit einem prominenten Kabarettisten an seiner Seite.
Pannen bei der Volkszählung
Seit Mitte Mai laufen die Befragungen für den Zensus 2022. Rund 100.000 ehrenamtliche Interviewerinnen und Interviewer ziehen derzeit durch die Republik, klingeln an Haustüren und fragen nach Daten.
Die größte Befragung der Bevölkerung sollte Ende des Jahres abgeschlossen sein.
Doch der Zeitplan ist nicht zu halten. In den Behörden kommt es offenbar zu erheblichen Problemen.
In einem Brief an das Innenministerium klagen der Deutschen Städtetag und der Deutsche Landkreistag über eine nicht funktionierende Software und Statistische Landesämter, die erst Wochen später auf Probleme reagieren.
Unserem Kollegen Maximilian Stascheit liegt das an den Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik, Staatssekretär Dr. Markus Richter, adressierte Schreiben vor.
Darin heißt es:
Durch die massiven Beeinträchtigungen wird ein zeitlich geordneter Ablauf und Abschluss des Zensus 2022 in Frage gestellt, zudem ist zu befürchten, dass auch das Ergebnis des Zensus beeinträchtigt und verzerrt wird.
Die Städte und Kreise werfen dem Statistischen Bundesamt vor, dass die eigens für den Zensus entwickelte Software im Vorfeld nicht ausreichend erprobt worden sei.
Während der Datenerfassung komme es zu Systemabstürzen. Einige Funktionen – zum Beispiel die nachträgliche Bearbeitung bereits erfasster Daten – würden überhaupt nicht funktionieren.
Das wiederum hat Fehler und Verzögerungen im Zeitplan zur Folge. So wurden Mahnschreiben an Personen verschickt, von denen die Fragebögen bereits vorlagen. Diese stapeln sich allerdings nun in den Behörden und müssen von Verwaltungsangestellten teils einzeln abgetippt werden. Einige Statistikämter rieten den kommunalen Erhebungsstellen bereits, gar keine Mahnverfahren mehr einzuleiten.
Wie unsere Recherchen zeigen, laufen die Befragungen zudem längst nicht so digital, wie die offiziellen Mitteilungen des Statistischen Bundesamtes vermuten lassen. So wird auf der Internetseite des Zensus mit einer „Online-First-Strategie" geworben.
Allerdings sind die Interviewer nur in Bayern, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein mit digitalen Endgeräten ausgestattet.
Die ausführliche Recherche unseres Kollegen Maximilian Stascheit lesen Sie hier.
Labour-Chef fordert Neuwahlen in Großbritannien
Der britische Oppositionsführer und Labour-Parteichef Keir Starmer hat den künftigen Premierminister der Tories aufgefordert, Neuwahlen einzuleiten.
„Wir erleben jetzt den vierten Parteiführer in 12 Jahren verlorener Regierungszeit. Das Land braucht keinen Wechsel an der Spitze der Tories, sondern einen Neustart für das Land", sagte uns Starmer bei einem Berlin-Besuch vergangenen Freitag.
Labour-Chef Keir Starmer und Bundeskanzler Olaf Scholz in der SPD-Zentrale . © LabourSeine Partei, die sozialdemokratische Labour-Partei, habe sich in den vergangenen zwei Jahren verändert. „Wir sind bereit für eine Neuwahl und wir sind bereit zu regieren."
Es gebe eine Sehnsucht nach einer „seriösen Person" an der Regierungsspitze und den „verzweifelten Wunsch von Millionen Briten, dass die Regierung sich auf die Themen fokussiert, die die Menschen wirklich betrifft".
Die Konservativen würden „aberwitzige Ausgabeversprechen" tätigen, aber das zentrale Thema der Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln nicht angehen, kritisierte der Labour-Chef.
Starmer gilt als pragmatischer Parteiführer, der zwar gegen den Brexit votierte, ihn aber auch nicht rückgängig machen würde, sollte seine Partei regieren. „Es wird kein Comeback für Großbritannien in der EU geben."
Mit Starmer in Berlin war der potenzielle Außenminister einer Labour-Regierung, David Lammy.
Keir Starmer und Pioneer-Chefredakteur Michael Bröcker in einem Hotel in Berlin-Friedrichshain. © The PioneerAbgeordnete sollen keine Senator-Karten mehr bekommen
Die Zeiten, in denen Bundestagsabgeordnete neben der Bahncard 100 auch automatisch die sogenannte Senator-Card der Lufthansa erhalten haben, sind vorbei. Das geht aus einer im Intranet des Bundestags veröffentlichten Mitteilung an die Abgeordneten hervor, die unserem Reporter Christian Schweppe vorliegt.
Bereits im Mai hatte The Pioneer berichtet, dass die Lufthansa die Abgeordneten aus „Compliance-Gründen" nicht mehr ins Vielfliegerprogramm aufnehmen möchte, ohne dass sie die Flugmeilen dafür vorher wirklich gesammelt haben.
The PioneerAb sofort steht den Politikerinnen und Politikern „wie allen anderen Kunden auch nur noch ein Konto zum Sammeln von sowohl privaten als auch dienstlichen Meilen zur Verfügung", heißt es in dem Brief. Abgeordnete, die die Senator-Karte in der letzten Wahlperiode bereits innehatten, erhalten die Möglichkeit, den Status bis Februar 2024 zum Preis von 170 Euro pro Monat zu verlängern.
Der Vielflieger-Status der Lufthansa beinhaltet Privilegien wie den First-Class-Check-In, eine erhöhte Menge Freigepäck, Upgrade-Gutscheine, das Vorrücken auf Wartelisten oder den Zugang zu den Senator-Lounges.
Verteidigungsausschuss bereitet Sondersitzung vor
Die 736 Abgeordneten des 20. Deutschen Bundestags weilen derzeit in ihrer ersten parlamentarischen Sommerpause. Bis September finden keine regulären Sitzungswochen statt, allerdings gibt es eine Ausnahme: Der Verteidigungsausschuss wird auch den Sommer über nicht in den Urlaubsmodus wechseln.
Das aktuelle Kriegsgeschehen in der Ukraine lässt keine Pause zu, wie der Sommerfahrplan des von Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) geleiteten Gremiums vorsieht, wie unser Reporter Christian Schweppe berichtet.
Demnach ist Anfang August eine mögliche Sondersitzung geblockt. Zudem ist mit dem Verteidigungsministerium vereinbart, dass man wöchentlich oder spätestens zweiwöchentlich Informationen aus der Bundesregierung zur aktuellen Lage im Kriegsgebiet erhält.
„Sommergefühle stellen sich wegen Russlands Angriffskrieg nicht ein", hieß es von Abgeordnetenseite.
Auch ein Bundeskanzler darf Urlaub machen. Aber weil die Krise omnipräsent ist und ein Regierungschef ohnehin immer erreichbar sein muss, hat sich Olaf Scholz (SPD) für den Kurzurlaub im Allgäu entschieden.
Morgen geht es mit Ehefrau Britta Ernst los, nächste Woche wird er schon wieder in Berlin sein.
Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger (FDP), ist vom 25. bis 29. Juli auf Sommertour durch Deutschland und kommt dabei nach Erlangen, Karlsruhe, Stuttgart, Berlin, Bitterfeld, Hamburg, Braunschweig, Goslar, Lichtenau-Henglarn, Duisburg und Köln.
Auf der Reise besucht die Ministerin Forschungsinstitute und Unternehmen mit dem Schwerpunkt Wasserstoff. Weitere Themen sind Digitalisierung, KI, Klimaforschung, Corona und Nachhaltigkeit.
Auf - Claudia Roth. Die Kulturstaatsministerin hatte sich im Streit um antisemitische Kunst bei der documenta in Kassel frühzeitig kritisch zur Aufklärungsarbeit der documenta-Chefin Sabine Schormann geäußert, die vor Zensur warnte. Antisemitische Kunst zu untersagen, ist aber nicht Zensur, sondern eine Selbstverständlichkeit. Nun ist Frau Schormann zurückgetreten, und gibt damit der Grünen-Ministerin recht.
Ab - Gerhard Papke. Der frühere Fraktionschef der FDP in Nordrhein-Westfalen, der in einem Buch seinen Frust über den vermeintlichen Linkskurs der FDP beschreibt, greift bei Twitter „Parteifreundin" Marie-Agnes Strack-Zimmermann an, die ihm offenbar zu präsent ist. In der FDP fragen sich manche, wer dieser Papke ist und wie sehr sein Wort zählt. Eher wenig, lautet die Antwort.
Mona Jaeger befasst sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit der Lage der SPD. Die Sozialdemokraten müssten vor allen in der aktuellen Krisensituation ihr „Respekt"-Versprechen aus dem Wahlkampf einlösen. Trotzdem sei es falsch, die Bevölkerung glauben zu lassen, sie müsse dafür nichts tun. „Ohne Einschränkungen wird Deutschland nicht durch diese multiple Krise kommen. Bewahren und Verändern müssen in ein neues Verhältnis gesetzt werden", schreibt sie in ihrem Kommentar. Lesenswert!
„Auf Wiedersehen, Wärme und Wohlstand", schreibt Imre Grimm in seiner Kolumne für das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Rationierung, Wärmestuben, Inflation, Kachelofen und Kalte Dusche seien „Begriffe wie aus einer überwunden geglaubten, kargen Vergangenheit". Die Wohlstandsgewissheit der westlichen Gesellschaft sei ins Wanken geraten. Sein Fazit: „Corona ist noch längst nicht geschafft. Aber so viel steht bereits fest: Die nächste Pandemie heißt Unsicherheit." Spannend!
Heute gratulieren wir herzlich:
Sarah Brasack, stellv. Chefredakteurin, Kölner Stadt-Anzeiger, 43
Joa Chialo, Musikmanager und Mitglied des CDU-Bundesvorstands, 52
Patrick Dahlemann (SPD), Chef der Staatskanzlei von Mecklenburg-Vorpommern, 34
Deborah Düring, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 28
Miriam Meckel, Gründerin ADA, Medienmanagerin, 55
Armand Zorn, SPD-Bundestagsabgeordneter, 34
Daniel Bahr war von 2002 bis 2013 Bundestagsabgeordneter und Gesundheitsminister in der schwarz-gelben Koalition von 2011 bis 2013. Der gelernte Bankkaufmann aus Münster wechselte nach dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag in die Wirtschaft und ist seit 2014 bei der Allianz in München für Vertrieb und Operations der Privaten Pflegeversicherung zuständig.
Das Selfie zeigt den 45-Jährigen auf einer Messe mit Dieter Hallervorden. Der 86-jährige Berliner Schauspieler und Kabarettist ist Testimonial für die Allianz.
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre