Der Anti-Merz-Plan

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Guten Morgen,

herzlich willkommen zum Campaign Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • In der Union kursieren erste Szenarien für eine Neuaufstellung nach der Wahl. CSU-Chef Söder will an der Fraktionsspitze in Berlin Merz verhindern. Jens Spahn könnte profitieren. Auch Ralph Brinkhaus will der Mann für den Neuaufbau sein.

  • Der Druck auf FDP-Chef Christian Lindner ist groß, doch die FDP will eine Ampel-Koalition auf ihrem Parteitag nicht ausschließen. FDP-Vize Kubicki sagt, warum.

  • Der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer fordert "ernsthafte Sondierungen" mit der Linkspartei, sollte es nach der Wahl die Möglichkeit für eine Koalition geben.

  • Unsere Expeditionsreise führt uns heute nach Köln, wo unter anderem FDP-Vize Johannes Vogel und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet an Bord kommen. Fotos und Videos der bisherigen Tour finden Sie hier.

Markus Söders Plan B

Offiziell gilt natürlich: kämpfen bis zum Schluss. In der Union hoffen viele auf ein besseres Ergebnis bei der Bundestagswahl als es die Umfragen bisher hergeben.

Die guten Ergebnisse bei der niedersächsischen Kommunalwahl machen Kanzlerkandidat Armin Laschet Mut. Von einer "Trendwende" ist die Rede. Am Ende wären Laschets Ergebnisse immer besser als seine Umfragen, heißt es beschwörend im Adenauer-Haus.

Doch die Wahrheit ist auch: Hinter den Kulissen beginnen die Gespräche für den Tag X. Einen möglichen Wiederaufbau in der Opposition. In dem Fall, dass Laschets Union deutlich (mehr als vier Prozentpunkte) hinter der SPD liegt und de facto als Wahlverlierer da steht und bei den ersten Sondierungsgesprächen keine Rolle spielt.

Die Bundestagsfraktion wäre dann das Kraftzentrum einer Comeback-Story und der Vorsitz der begehrte Posten. Erneut drohte in der Union ein Machtkampf einiger Männer aus NRW.

Gesundheitsminister Jens Spahn traut sich das Amt zu und absolviert im Wahlkampf derzeit mehr als 100 Termine bei Abgeordneten. Er wirbt für Laschet, aber insgeheim auch für sich. Der Münsterländer hat viele Fans in der NRW-Landesgruppe, in der CSU-Landesgruppe und bei jüngeren und konservativen Abgeordneten.

Der Vorsitzende der CSU/CDU-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus, aus Gütersloh will im Amt bleiben, er telefoniert mit Kandidaten und Abgeordneten, berichten Parlamentarier, die seit Langem plötzlich einen Gesprächswunsch angeboten bekommen. Er wolle eine Modernisierungs- und Innovationsagenda für das Land mit seiner Wiederwahl verknüpfen, lässt er Parteifreunde wissen.

Auch der rheinische Außenpolitiker Norbert Röttgen liebäugelt mit einer Kandidatur und natürlich ist da Friedrich Merz, der sich den Fraktionsvorsitz und den Parteivorsitz weiterhin zutraut und die Union in der Opposition zu ihrem bürgerlichen Kern zurückführen könnte. Der Sauerländer sondiere vorsichtig, berichtet ein Bundestagsabgeordneter.

"Manchmal ruft er einfach an und fragt, wie der Wahlkampf so läuft. Das wundert dann schon", sagt ein Parlamentarier aus dem Süden. Gegenüber einem Wirtschaftspolitiker betonte Merz, dass er bereitstünde, aber sich nicht selbst ins Spiel bringen würde.

Friedrich Merz auf Wahlkampftour im Osten.  © imago

Merz dementierte auf Anfrage am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Meschede gestern Abend, dass er für den Posten an der Fraktionsspitze sondiere. "Das stimmt nicht", sagte er unserem Chefkorrespondenten Rasmus Buchsteiner.

Mehrere Abgeordnete, mit denen wir gesprochen haben, deuten die Telefonate mit ihm anders.

Am Dienstag nach der Wahl, 28. September, tritt traditionell die neu gewählte Bundestagsfraktion zur Wahl des Vorsitzenden zusammen.

Nun kursieren Überlegungen in der CSU, den Termin zu verschieben. Die Befürchtung: Friedrich Merz könnte den Frust über die Niederlage für einen emotionalen Auftritt nutzen, gewählt werden und die Ausrichtung der Partei verändern.

Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion wird normalerweise von den Parteivorsitzenden von CDU und CSU vorgeschlagen. Sollte die Union aber stark verlieren, wäre Laschet nicht in der Position sich in den Fraktionsvorsitz zu retten oder Vorschläge zu machen.

Bei CSU-Chef Markus Söder wäre das anders. Seine Partei könnte relativ sogar in der Bundestagsfraktion stärker werden, wenn die Union insgesamt 60 bis 70 Abgeordnete verliert.

Söder lehnt Merz ab, wie wir aus mehreren Gesprächen mit führenden CSU-Politikern im Bundestag und im Präsidium der Partei erfahren haben.

Hintergrund: Söder will die Union modernisieren, bei den Themen Klimaschutz, Familie, Innovation zur führenden Kraft der politischen Mitte ausbauen. Das wäre auch seine Agenda als Kanzlerkandidat der Union gewesen.

Friedrich Merz passt ihm nicht in das Profil.

“Für Söder ist Merz old-fashioned, er wäre das Gegenteil der Modernisierung, die Söder will”, sagt ein einflussreicher Abgeordneter aus der Führung der CSU-Landesgruppe.

Intern berichten CSU-Leute, dass sich einige europäische konservative Parteien nach herben Wahlniederlagen in eine traditionelle Rolle zurückgezogen hätten und so in der Bedeutungslosigkeit verschwunden wären. Das müsse man verhindern.

Das Verhältnis zwischen Söder und Merz beschreibt einer von Söders Leuten als "Arbeitsbeziehung". Man mag sich einfach nicht. “Zwei starke Egos.”

Der CSU-Chef hatte sich schon 2020 im CDU-internen Wettstreit um den Parteivorsitz gegen Merz ausgesprochen, in der Talkshow Anne Will nahm er Merz ins Visier: "Es wird nicht reichen zu sagen, wir machen es wie vor 20 Jahren", so Söder damals und jeder wusste, wer gemeint war.

In der CSU-Landesgruppe ist Jens Spahn Favorit, ebenfalls ein Gegner von Merz.

Jens Spahn und Markus Söder bei einer Pressekonferenz in der Münchner Staatskanzlei.  © imago

Spahns Draht zu Söder ist gut, schon 2017 hatte der Bayer den Münsterländer und seinen Ehemann Daniel Funke nach Nürnberg zum Ball der Union eingeladen, dem wichtigsten gesellschaftlichen Event in Söders Heimat.

Trotz mancher öffentlicher Kritik am Gesundheitsminister in der Corona-Krise sei der Austausch eng, heißt es in der CSU. Im März 2020 hatte Söder sein Verhältnis zu Spahn als das “Bündnis derer, die anpacken" bezeichnet.

Auch mit CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kann Spahn gut. Hilfreich könnte auch sein, dass Spahn mit dem CSU-Ehrenvorsitzenden Edmund Stoiber befreundet ist.

"Jens Spahn ist der Liebling der CSU", hatte Stoiber vor zwei Jahren gesagt.

Edmund Stoiber, Jens Spahn und Daniel Funke (v.l.). © imago

Im Merz-Lager sind die Stimmen kritisch gegenüber Spahn. Wenn Laschet die Wahl vergeige, könne auch der Gesundheitsminister als dessen Teampartner nicht auf Unterstützung hoffen, sollte er den Fraktionsvorsitz anstreben.

„Warum sollten wir jemandem, der uns das alles mit eingebrockt hat, an die Spitze wählen?“, sagte uns ein erfahrener Wirtschaftspolitiker aus der Fraktion.

Auch Fraktionschef Ralph Brinkhaus rechnet sich Chancen aus und setzt auf Söder. Der Ostwestfale hatte sich in der K-Frage zwischen Laschet und Söder zurückgehalten. “Beide haben mein Vertrauen”, sagte Brinkhaus damals.

Auffallend war aber, dass Brinkhaus Söder in Schutz nahm, wenn es Kritik an dessen Sticheleien gab. Allerdings lehnte Brinkhaus auch eine Abstimmung über die Kandidatur in der Fraktion ab, wo sich Söder Chancen ausgerechnet hatte.

Alles hängt am Ende davon ab, wie groß der Abstand zwischen SPD und Union ist.

Eine Hoffnung eines Laschet-Getreuen ist: Sollte die Union nur einen oder zwei Prozentpunkte hinter der SPD liegen, könnte es nach zähen Sondierungen im linken Lager vielleicht doch eine Jamaika-Koalition geben, weil die Grünen die strategische Rolle der Mitte-Links-Partei nur bei Jamaika übernehmen können.

Oder es gibt eine rot-schwarze Koalition mit einem Außenminister Armin Laschet. Ein Job, der dem Europäer aus Aachen gefallen würde.

Um diese Verhandlungen führen zu können, müsste sich Armin Laschet direkt nach der Wahl zum Vorsitzenden der Bundestagsfraktion wählen lassen.

Auch dann hängt vieles wieder von den Äußerungen Söders am Abend der Wahl ab. Gewährt er Laschet diese Chance oder will er den Neuanfang?

1. Kubicki lehnt Ausschluss von Ampel-Koalition ab

Wolfgang Kubicki © Anne Hufnagl

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki ist gegen einen Anti-Ampel-Beschluss beim FDP-Bundesparteitag am kommenden Sonntag. „Wenn es um die bestmögliche Umsetzung unserer Programmpunkte geht, macht ein vorzeitiger Ausschluss der Ampel keinen Sinn“, sagte Kubicki ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner. „Wir müssen mit jeder demokratischen Partei über die Zukunft des Landes reden können.“

Kubicki beurteilt die Chancen einer Koalition mit SPD und Grünen jedoch äußerst zurückhaltend: „Ich kann mir zwar schwer vorstellen, dass es ein akzeptables Angebot der Sozialdemokraten an uns geben könnte, kann aber vernünftigerweise auch nicht das Gegenteil völlig ausschließen.“

Drei Punkte sind aus Kubickis Sicht für eine Regierungsbeteiligung der Freien Demokraten entscheidend: „Keine Steuererhöhungen, die schnellstmögliche Rückkehr in den grundrechtlichen Normalzustand und kein Aufweichen der Schuldenbremse.“

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende sagte, die Vergangenheit habe gezeigt, dass es am Ende auch Bundeskanzler gegeben habe, die nicht aus der größten Fraktion stammten. „Das war Willy Brandt 1969 und das war Helmut Schmidt gleich zweimal – 1976 und 1980“, so Kubicki weiter.

Parteichef Christian Lindner auf dem FDP-Parteitag im März 2021. © Imago

In der FDP wird gerade der „Wahlaufruf“ für den Bundesparteitag am kommenden Sonntag abgestimmt. In der Vergangenheit hatten die Liberalen Delegiertentreffen kurz vor dem Wahltermin mitunter genutzt, um bestimmte Koalitionsoptionen auszuschließen oder hervorzuheben.

In den nächsten Tagen soll es in der engsten Parteiführung eine Verständigung auf einen Text geben. Dieser könnte am Donnerstag bei einer Pressekonferenz präsentiert werden. Kubickis Wort wird innerparteilich großes Gewicht zugemessen.

2. Grüne verschärfen Attacken gegen Scholz

Die Grünen erhöhen in den verbleibenden Tagen bis zur Bundestagswahl den Druck auf SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Scholz' Rolle bei der Aufsicht der umstrittenen Zoll-Spezialeinheit FIU rückt ins Zentrum ihrer Attacken.

"Als Finanzminister trägt Olaf Scholz eine institutionelle Mitverantwortung für das Chaos und Versagen der Anti-Geldwäsche-Behörde FIU", sagte uns Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter.

Er betonte:

Wer Geldwäsche nicht entschieden bekämpft, setzt Deutschland einem Sicherheitsrisiko aus.

Grünen-Politiker Anton Hofreiter © Imago

Deutschland sei "ein Geldwäsche-Sumpf und damit Nährboden für organisiertes Verbrechen und Terrorismusfinanzierung". Hofreiter forderte Scholz auf, die Vorgänge bei der FIU sowie im Finanz- und Justizministerium "jetzt ohne Rücksicht auf Ämter und Positionen" aufzuklären.

Grünen-Spitzenleute betonen, am liebsten mit der SPD regieren zu wollen. In der Partei wächst jedoch die Sorge, Grünen-Anhänger könnten bei der Bundestagswahl doch noch für die SPD stimmen, damit die Union das Kanzleramt verliert.

3. SPD-Linke für "ernsthafte Sondierungen" mit Linkspartei

SPD-Europapolitiker Axel Schäfer will, dass seine Partei nach der Bundestagswahl im Falle einer rechnerischen Mehrheit neben der FDP auch mit der Linkspartei über eine mögliche Regierungszusammenarbeit verhandelt.

Er sagte uns:

Es muss nach der Bundestagswahl auch ernsthafte Sondierungen mit der Linkspartei geben.

Der langjährige Bundestagsabgeordnete sagte uns weiter:

"Wir müssen ganz nüchtern ausloten: Wie groß ist die Schnittmenge? Und wo ist das größte Vertrauen?"

Sein Fazit:

Auf dieser Basis sollte dann eine Koalitionsentscheidung fallen.

Auch Juso-Chefin Jessica Rosenthal forderte uns gegenüber Offenheit für neue Bündnisse: Die Jusos kämpften für eine progressive Politik, für die die Union in die Opposition geschickt werden solle. "Andererseits müssen progressive Mehrheiten in Sondierungsgesprächen ausgelotet werden."

4. Integrations-Weise fordert Kampagne für Einbürgerung

Rund 8,7 Millionen Erwachsene sind von der Bundestagswahl ausgeschlossen, weil sie keinen deutschen Pass haben. "Das ist ein Problem", sagt Professor Petra Bendel, Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration und ruft Politik und Parteien zu mehr Anstrengungen auf, um die Zahl der Einbürgerungen zu steigern.

So müsse der Gesetzgeber die Hürden für Einbürgerungen senken. Parteien müssten Menschen mit Einwanderungsgeschichte gezielter ansprechen. Außerdem brauche es Einbürgerungskampagnen. Es sei im Eigeninteresse der Parteien, dass sie sich Migranten stärker zuwenden, so Bendel.

Da ist noch deutlich Luft nach oben.

Im Gespräch mit ThePioneer-Reporterin Marina Kormbaki legt die Politologin die bedrückenden Rückschritte bei der Integration von Zuwanderern in der Pandemie offen. Und sie erläutert, weshalb die Themen Integration und Migration in diesem Wahlkampf dennoch kaum eine Rolle spielen.

“Das Thema Migration ist leider angstbelastet"

Prof. Petra Bendel über den Umgang mit Einwanderung im Wahlkampf und in der Politik.

Podcast hören

Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Podcast mit der Laufzeit von

SPD-Rebell Florian Post steht in Anbetracht der guten aktuellen Umfragen vor dem überraschenden Wiedereinzug in den Bundestag. Laut dem Mandatsrechner election.de gilt Post im Wahlkreis München Nord als Favorit gegen die zwischenzeitlich in Führung gelegenen Grünen.

Post war in der Bundestagsfraktion in Ungnade gefallen, weil er insbesondere die Führung um die damalige Fraktionschefin Andrea Nahles immer wieder kritisiert hatte.

Um die Kandidatur in seinem Wahlkreis hatte sich auch die Ökonomin Philippa Sigl-Glöckner beworben. Bei dem Listenparteitag fiel Post durch, doch er entschied sich für die lange als aussichtslos angesehene Direktkandidatur.

Post sagte uns:

Ich habe nie aufgegeben.

Hochkarätiger Gastredner beim FDP-Bundesparteitag eine Woche vor der Bundestagswahl: Der Aufsichtsratschef des Gaseherstellers Linde plc und des Autozulieferes Continental, Wolfgang Reitzle, soll auf dem Parteitag eine Rede zu den Delegierten halten.

Es gehe um Innovationen in Deutschland und die fehlende Technologieoffenheit in diesem Land, hieß es in Parteikreisen.

Deutschland neu denken - so lautet das Motto unserer 10-tägigen Deutschlandreise, die vergangenen Samstag in Ludwigshafen begann und uns zurück nach Berlin bringen wird.

9 Städte, 9 Häfen, 25 prominente Gäste und rund 1000 Pioneers begleiten uns auf der Reise, die gestern von Frankfurt nach Köln führte, wo heute unter anderem FDP-Vizechef Johannes Vogel und abends Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet zu Gast sind.

Am Sonntag legte die Pioneer One in Frankfurt an, unter anderem Deutsche Bank-CEO Christian Sewing war zu Gast und am Nachmittag trafen 30 junge Pioneers Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble im Literaturhaus. Hier können Sie eine Zusammenfassung im Video sehen.

Gespräch auf der Pioneer One: Sewing und Steingart © Anne Hufnagl

Heute Abend kommt Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet zu Besuch an Bord der Pioneer One, unser Schiff liegt direkt im Schatten des Kölner Doms am Rheinufer.

Sollten Sie noch Fragen haben, die wir dem CDU-Vorsitzenden und NRW-Ministerpräsidenten stellen sollen, schreiben Sie uns an m.broecker@mediapioneer.com oder g.repinski@mediapioneer.com

Eindrücke unserer Deutschlandreise haben wir hier für Sie.

Christian Baldauf (links), Martin Brudermüller und Alexander Schweitzer © Anne HufnaglFotografin Anne Hufnagl und Vize-Chefredakteur Gordon Repinski erklären die Pioneer-Mission und worauf es bei der politischen Fotografie ankommt.  © ThePioneerDie Pioneer One zu Besuch in Frankfurt.  © ThePioneer

Alle Fotos, Videos und Hintergrundberichte von unserer Expeditionsreise haben wir für Sie hier gebündelt.

Die Grünen setzen in den verbleibenden gut eineinhalb Wochen bis zur Bundestagswahl auf eine verstärkte Online-Kampagne. Weitere zwei Millionen Euro sollen bis zum 26. September für Social Media- und Online-Anzeigen aufgewandt werden, erfuhren wir aus der Parteizentrale.

Das entspricht der Hälfte des gesamten Online-Wahlkampfbudgets in Höhe von vier Millionen Euro. Der Gesamtetat für den Wahlkampf liegt bei 16 Millionen Euro.

Die SPD will im Wahlkampf im Osten verstärkt auf das Thema Grundrente und Mindestlohn setzen. Diese Strategie habe sich bisher bewährt, berichten mehrere SPD-Politiker am Montag im Parteivorstand.

Nach jahrelangen Problemen schicken sich die Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl wieder an, in zahlreichen Bundesländern Direktmandate zu gewinnen. Insbesondere in Brandenburg, aber auch in Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen-Anhalt übertreffen die Prognosen die vor Wochen erwarteten Ergebnisse deutlich.

Wahlkreis 259 - Stuttgart II: Maximilian Mörseburg vs. Anna Christmann

In 299 Wahlkreisen bewerben sich Kandidatinnen und Kandidaten für ein Direktmandat im Deutschen Bundestag. Von Flensburg-Schleswig, dem Wahlkreis 1, bis Homburg, der Nummer 299, geht es mal knapper und mal deutlicher, mal prominenter und mal unbekannter zu.

Bis zur Bundestagswahl stellen wir rund 40 Wahlkreise vor, auf die es zu achten lohnt. Weil es knapp ist, weil Prominente antreten oder ein Swing bevorsteht.

Heute werfen wir einen Blick auf die baden-württembergische Landeshauptstadt - in den Wahlkreis Stuttgart II.

© ThePioneer

Der Wahlkreis 259 umfasst den nördlichen Teil Stuttgarts. Rund 180.000 Wahlberechtigte leben hier. 2017 lag die Wahlbeteiligung bei 76,1 Prozent.

Bei der letzten Bundestagswahl gewann CDU-Kandidatin Karin Maag das Direktmandat mit 33,5 Prozent der Erststimmen deutlich vor Michael Jantzer von der SPD (18,5 Prozent). Die Bewerberin der Grünen, Anna Christmann, landete mit 15,8 Prozent auf Rang drei.

Ursprünglich wollte Maag antreten, um ihr Mandat zu verteidigen. Als gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion kam sie jedoch mit dem Verhaltenskodex in Konflikt, den die Union im Zuge der Masken- und Aserbaidschan-Affäre angekündigt hatte. Grund waren ihre Beratungstätigkeiten für ein Medizinunternehmen. Im Juni 2021 legte Maag ihr Bundestagsmandat nieder, zog ihre erneute Kandidatur zurück und nahm ein Angebot aus dem Gesundheitsbereich an.

Stattdessen will nun Maximilian Mörseburg das Direktmandat für die CDU verteidigen. Seine stärkste Konkurrenz kommt in diesem Jahr aber wohl nicht von der SPD, sondern von den Grünen, für die erneut Christmann kandidiert.

Bewerben sich um das Direktmandat im Wahlkreis Stuttgart II: Maximilian Mörseburg (CDU) und Anna Christmann (Grüne) 

Nach aktuellen Prognosen von election.de ist der Ausgang im Wahlkreis Stuttgart II vollkommen offen. Die Webseite rechnet Mörseburg und Christmann im Rennen um die meisten Erststimmen und den direkten Einzug in den Bundestag ähnliche Chancen zu.

Maximilian Mörseburg und Anna Christmann haben von uns jeweils identische Fragebögen erhalten. Hier sind die Antworten in unserem ThePioneer-Battleground.

Der CDU-Kandidat

Möchte das Direktmandat für die CDU im Wahlkreis Stuttgart II verteidigen: Maximilian Mörseburg.  © Privat

Wer bin ich? Maximilian Mörseburg, 29 Jahre, Rechtsanwalt, Hobbys: Skifahren

Wo wohne ich? Ich bin in Stuttgart-Botnang aufgewachsen und wohne nunmehr seit zwei Jahren gemeinsam mit meiner Partnerin am Olgaeck in Stuttgart.

Was zeichnet mich aus? Bei einem Workshop zu Beginn des Wahlkampfs haben Freunde und Familie mir attestiert, dass ich Menschen zuhören und andere Meinungen zulassen kann. Aber wenn ich mich für eine Sache entschieden habe, möchte ich entschlossen daran arbeiten. Daher stammt auch mein Slogan: "Max macht’s"

Lieblingsort im Wahlkreis: In meinem Heimatstadtbezirk Botnang gehe ich am liebsten im Wald spazieren oder Joggen.

Meine analoge Wahlkampf-Strategie: Gleich zu Beginn habe ich meine Zuhörtour gestartet, um mit Vereinen, Unternehmen, Institutionen und den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen. Im Rahmen der Tour war ich mehrmals in jedem Stadtbezirk und sehr früh mit Ankündigungsplakaten präsent.

Meine digitale Wahlkampf-Strategie: Meine digitale Strategie ist zweigeteilt. Ich setze zum einen auf Reichweite und zum anderen auf Wahlmobilisierung. Das macht sich im Zielgruppen-Targeting der Werbung auf Facebook, Instagram und Google bemerkbar.

Bestes Give-Away: Leckere Lebkuchenherzen mit meinem Slogan kommen neben dem klassischen Werbekuli am besten an.

Mein politisches Thema: Entbürokratisierung und Beschleunigung von Planungsprozessen. Wir müssen unsere Wirtschaft endlich entfesseln und im sozialen Bereich wie auch im Ehrenamt denen das Leben leichter machen, die anderen helfen. Auch beim Wohnungsbau kommen wir nur voran, wenn wir endlich wieder weniger Regelungen und Verbote haben.

Als erstes ändere ich: Wenn ich unabhängig von Mehrheiten allein entscheiden könnte, würde ich die Unternehmenssteuerbelastung auf 25 Prozent begrenzen.

Wunsch-Koalition: Klar Schwarz-Gelb.

Mein Slogan: Max macht‘s.

Größte Stärke meiner Konkurrentin: Wir kennen uns noch nicht sehr gut, aber da sie vor vier Jahren über die Liste in den Bundestag eingezogen ist, hat sie bereits vier Jahre Parlamentserfahrung.

Größte Schwäche meiner Konkurrentin: Da sie auch dieses Jahr über die Liste abgesichert ist, hat sie natürlich eine andere Priorisierung der Wahlkreisarbeit als ich.

Auf diesen Termin freue ich mich: Mit Ralph Brinkhaus haben wir uns bei einem lokalen Unternehmen in der Recyclingwirtschaft über die Möglichkeiten von nachhaltigen Bauen ausgetauscht. Zudem haben sich Armin Laschet und Friedrich Merz angekündigt.

Die Grünen-Kandidatin

Bewirbt sich für die Grünen um das Direktmandat im Wahlkreis Stuttgart II: Anna Christmann. © Deutscher Bundestag/Inga Haar

Wer bin ich? Anna Christmann, 37, Politikwissenschaftlerin, Hobbys: Ausflüge mit meinen Kids.

Wo wohne ich? In Stuttgart-Zuffenhausen neben dem Porsche-Museum und in Berlin.

Was zeichnet mich aus? Optimistisch und pragmatisch, mit einem Faible für Bürgerbeteiligung aus meiner Zeit in der Schweiz. Freude an Innovationen und neuen Ideen, die wir gerade für eine gute Zukunft für unseren Transformationsstandort in Stuttgart brauchen.

Lieblingsort im Wahlkreis: Weinberge mit Blick über die Stadt.

Meine analoge Wahlkampf-Strategie: Viele verschiedene Menschen treffen, die alle andere Perspektiven mitbringen: nachts in der Bäckerei und beim Großmarkt, tagsüber beim Autozulieferer und auf dem Bioacker. Ich will nicht nur mit denen sprechen, die sowieso schon meiner Meinung sind, sondern vor Ort demokratisch um die besten Ideen für unser Land ringen.

Meine digitale Wahlkampf-Strategie: Wir haben ein großartiges Filmteam, das meine Themen Innovation, Digitalisierung und Bürgerbeteiligung in kleine Spots umgesetzt hat. Mein Highlight waren Drehs mit zwei Stuttgarter Persönlichkeiten, die für unsere Landeshauptstadt stehen. Duan Wasi, dem Autor des Massive-Töne-Klassikers "Mutterstadt“, und Heiko Volz, der ehemaligen Stimme des "Äffle“ auf dem Neckar.

Bestes Give-Away: Grüne Knete für Kinder, die hat auch meinem Sohn super gefallen.

Mein politisches Thema: Die Innovations- und Technologiepolitik mit Themen wie Digitalisierung und KI, ebenso wie das bürgerschaftliche Engagement.

Als erstes ändere ich: Den Stillstand beim Klimaschutz – ein Sofortprogramm ist auch für Stuttgart entscheidend, wo der Kessel immer heißer wird und die Böden immer trockener. Außerdem brauchen wir einen Aufbruch für Digitalisierung, Faxgeräte müssen endlich der Vergangenheit angehören.

Wunsch-Koalition: Eine mit starken Grünen in führender Rolle und konsequentem Plan für Klimaschutz.

Mein Slogan: Mit klugen Ideen fürs Klima.

Größte Stärke meines Konkurrenten: Ich schließe mich da der Runde im ersten Kanzler-Triell an und spreche lieber über meine Vorhaben für eine gute Zukunft für unseren Industriestandort in einer klimaneutralen Zukunft.

Größte Schwäche meines Konkurrenten: Es geht mir nicht darum, persönliche Schwächen zu bewerten. Unser Land steht vor einer historischen Entscheidung um grundlegend unterschiedliche politische Konzepte.

Auf diesen Termin freue ich mich: Der Marienplatz ist dieses Jahr eine großartige Bühne - im August schon für Robert Habeck und am 14. September für unsere Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock.

Anikó Merten © ThePioneer

Anikó Merten hat gerade erst eine Wahl gewonnen. Bei der Kommunalwahl in Niedersachsen trat die 39-Jährige für die FDP in Braunschweig an - und die Bürgerinnen und Bürger bescherten ihr am vergangenen Sonntag einen Sitz im nächsten Stadtrat.

Auch mit der Bewerbung für den Bundestag sieht es sehr gut aus. Merten kandidiert im Wahlkreis Braunschweig und auf Platz 8 der niedersächsischen Landesliste. Nach aktuellen Umfragen sollte der Einzug ins nächste Parlament klappen.

Sie sagt:

Ich mach den Champagner dann am 26. September auf - jetzt heißt es wahlkämpfen.

Merten ist Kunstwissenschaftlerin. Für das Studium zog sie vor 14 Jahren von Brandenburg nach Niedersachsen.

"An der Kunsthochschule war es eher ungewöhnlich, sich bei den Freien Demokraten zu engagieren", sagt Merten. Sie schätze das Leitbild der Liberalen, Kraft und Energie in den Einzelnen zu stecken. Merten hat ein Gründerinnenforum ins Leben gerufen, um Unternehmerinnen miteinander zu vernetzen.

Im nächsten Bundestag wäre Merten gerne Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien. "Kunst und Kultur haben in der Pandemie am meisten gelitten", sagt sie. Fördermittel seien nicht geflossen, Menschen hätten sich abgeschottet gefühlt.

Merten will das ändern. Wahlkampf mache ihr Spaß, sagt sie, auch wenn es heißt, allerorts um die Gunst von Wählerinnen und Wählern zu buhlen:

Ich fühle mich wie in einem dauerhaften Bewerbungsgespräch.

Olaf Scholz ist heute Abend zu Gast im ZDF-Wahlforum "Klartext, Herr Scholz!". Ab 20.15 Uhr stellt sich der SPD-Kanzlerkandidat für 90 Minuten den Fragen von Bürgerinnen und Bürgern.

Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, setzt ihre Wahlkampftour in Niedersachsen fort. Kurz nach Mittag spricht sie bei einer Kundgebung auf dem Opernplatz in Hannover, später geht es für sie weiter nach Pattensen.

CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn hat heute einen Termin in der Nähe seiner nordrhein-westfälischen Heimat. In Rheine spricht er am Abend zum Thema "Sicherheit in neuen Zeiten".

FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner macht heute Wahlkampf in den beiden größten deutschen Hansestädten. Am frühen Nachmittag spricht der Parteichef in der Hamburger Hafen-City, abends tritt er auf dem Marktplatz in Bremen auf.

Die Spitzenkandidatin der Linken, Janine Wissler, tritt abends unter anderen mit dem früheren Parteichef Bernd Riexinger in Stuttgart auf, in Anschluss geht es weiter nach Tübingen. Co-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch absolviert einen Termin im thüringischen Heringen.

Baden-Württemberg plant härtere Corona-Maßnahmen für Ungeimpfte. Claudia Henzler befürwortet dies in der SZ. Schließlich seien die Inzidenzen unter Menschen ohne Impfschutz teilweise mehr als zehnmal höher als unter Geimpften. Deshalb sei es richtig, dass Menschen ohne Impfschutz ab einem bestimmten Schwellenwert statt eines Schnelltests einen teuren PCR-Test vorlegen müssen.

Den ganzen Kommentar lesen Sie hier.

Nikolaus Blome kommentiert das siegessichere Auftreten des SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Der RTL-Politikchef und Spiegel-Kolumnist sieht darin eine Gefahr für den Wahlkämpfer Scholz. “Der bürgerliche Instinkt, ob SPD- oder Unionswähler, beginnt wahrzunehmen, dass Olaf Scholz inzwischen zu siegessicher ist”, schreibt Blome. Die Beschreibung der Deutschen als Impf-Versuchskaninchen und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Sachen Anti-Geldwäsche-Einheit FIU seien erste Stolperer gewesen.

Den Kommentar können Sie hier lesen.

Die Pioneer Polls ergeben sich durch den Mittelwert der aktuellen Umfragen der Institute Allensbach, Kantar, Forsa, Forschungsgruppe Wahlen, GMS, Infratest Dimap, Insa und YouGov.

Heute gratulieren wir herzlich:

Jutta Jahns-Böhm, Bevollmächtigte des Landes Brandenburg beim Bund, 63

Florian König, deutscher Sportjournalist, 54

Sebastian Pflugbeil, Mitbegründer des Neuen Forums in der DDR, 74

Günter Netzer, ehem. Fußball-Nationalspieler und Weltmeister von 1974, 77

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Herzlichst, Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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