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Unsere Themen heute:
Schock für die Impfstrategen: Experten stoppen die Impfung mit AstraZeneca. Nun soll die Europäische Arzneimittelbehörde prüfen.
In der Südwest-CDU herrscht ein Machtkampf. Susanne Eisenmann ist de facto schon weg, Thomas Strobl will die CDU in der Regierung halten. Mit allen Mitteln.
Der Ausstoß von CO2 war im vergangenen Jahr so gering wie lange nicht - dank der Pandemie und der Lockdowns. Svenja Schulze nutzt die Zahlen für ihr Thema.
Der AstraZeneca-Gau
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wollte im Präsidium der CDU gestern endlich mal positive Meldungen bei den Corona-Impfungen verkünden.
Sechs Millionen Menschen im Land seien bereits geimpft, sagte er Teilnehmern zufolge. Inzwischen kenne doch jeder in der Familie einen, der geimpft ist, so Spahn. Diese Geschichte müsse man erzählen.
Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts © dpaDoch dann der Schock: Kurz nach den Beratungen der CDU hatte der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, den Minister über die neuen Zweifel unterrichtet. Er empfahl ihm die - vorläufige - Aussetzung der Nutzung des Impfstoffs von AstraZeneca.
Um 15.16 Uhr informiert das für die Bund-Länder-Koordinierung zuständige Referat „L2“ des Bundesgesundheitsministeriums die zuständigen Ministerien der Länder per Mail über die Entscheidung. Betreff: "DRINGEND! AstraZeneca"
Wir bitten Sie, die impfenden Ärzte unmittelbar in Kenntnis zu setzen.
Punkt 16 Uhr tritt Spahn in seinem Ministerium vor die Kameras.
Es ist der Moment, der einmal als Zäsur in die Historie der Corona-Impfungen in Deutschland eingehen könnte. Ein Moment, der vieles infrage stellt:
Jens Spahn bei seiner Pressekonferenz am Montag. © dpaEs ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Uns allen ist die Tragweite bewusst.
Hintergrund: In sieben bekannten Fällen führte die Impfung zu einer seltenen Form von Hirnvenenthrombosen (Blutgerinnsel) - allerdings bei 1,6 Millionen AstraZeneca-Impfungen, die in die Analyse einbezogen worden sind.
Eine Relation, durch die sich sofort nach Spahns Pressekonferenz heftiger Streit entzündete. „Für mich war immer klar, das ist eine fachliche Entscheidung und keine politische“, hatte der Gesundheitsminister zur Begründung gesagt.
Das sehen manche anders. „Auf der Grundlage der vorliegenden Daten halte ich das für einen Fehler“, meldete sich SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zu Wort.
„Die Prüfung ohne Aussetzung der Impfung wäre wegen der Seltenheit der Komplikation besser gewesen.“
FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann sagte uns:
Der Ruf von AstraZeneca ist jetzt komplett ruiniert. Das ist die Schuld des Gesundheitsministers und seiner europäischen Kollegen, die unkoordiniert und unabgestimmt handeln und intransparent vorgehen. Man gewinnt den Eindruck eines politischen Dominospiels.
SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas kommt zu einem anderen Schluss als ihr Parteifreund Lauterbach:
Wenn das Paul-Ehrlich-Institut, welches die Aufgabe hat Nebenwirkungen zu überprüfen, empfiehlt Impfungen mit AstraZeneca auszusetzen, dann sollte man dem folgen.
Ähnlich äußerte sich auch Ärztepräsident Klaus Reinhardt. Am Ende von Spahns Auftritt vor der Presse gibt es mehr offene Fragen als Gewissheiten.
Offen ist, wie lange die weitere Prüfung durch das Paul-Ehrlich-Institut andauern wird - und in welchem Zeitraum die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) über eine Aufhebung oder mögliche Einschränkungen der Impfstoff-Zulassung entscheiden wird.
© dpaPlötzlich geht es auch um das große Versprechen, dessen Nicht-Einhaltung ein Desaster wäre. Und im Superwahljahr 2021 die Dinge ins Rutschen bringen könnte. Der SPD-Chef in NRW, Thomas Kutschaty, forderte gestern den Rücktritt Spahns.
Kanzlerin Angela Merkel und mit ihr der Gesundheitsminister hatten angekündigt, dass alle Bürgerinnen und Bürger bis zum Ende des Sommers ein Impfangebot bekommen sollen.
Spahn sagt zwar, spekulieren bringe nichts. Doch: Fällt AstraZeneca auf Dauer oder für längere Zeit als Impfstoff aus, droht das Versprechen in Gefahr zu geraten. Bisher war das Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers schließlich ein zentraler Baustein der hiesigen Impfkampagne. Es sollte ab April verstärkt in Arztpraxen zum Einsatz kommen.
© dpaMehr als jede fünfte Impfdosis, die zwischen Anfang April und Ende Juni verabreicht werden sollte, sollte von AstraZeneca kommen. Für ein Land wie Baden-Württemberg bedeutet die Entscheidung vom Montag, dass in dieser Woche täglich 15.000 von etwa 30.000 geplanten Impfungen ausfallen müssen.
Spahn hat nun auf Rat der obersten Impfstoff-Experten eine bemerkenswerte Kehrtwende vollzogen - innerhalb weniger Tage. „Mit dem, was wir bisher wissen, ist der Nutzen, auch nach allen Vorfällen, die bisher berichtet und untersucht wurden, bei weitem höher als das Risiko. Und das gilt auch weiterhin“, hatte der Minister noch am Freitag erklärt.
Genau dieser Auffassung ist die europäische Zulassungsbehörde EMA, wie sie am Montag mitteilte, weiterhin.
1. Union will Verhaltenskodex und diskutiert über Neuaufstellung im Südwesten
Die Wahlanalyse in den CDU-Gremien fiel gestern kurz, aber klar aus. CDU-Chef Armin Laschet und Generalsekretär Paul Ziemiak führten die fehlende Mobilisierung im eigenen Lager in den letzten Tagen auch auf die Affären der zurückgetretenen Abgeordneten im Bundestag zurück.
"Das Gemeinwohl muss wieder prägend sein", sagte Laschet in der Präsidiumssitzung.
Man habe schnell und gründlich Konsequenzen gezogen und sollte dies auch öffentlich thematisieren, betonte Laschet. Damit spielte er auf den Rückzug der Abgeordneten Nikolas Löbel und Mark Hauptmann und den Druck auch aus der CDU-Spitze an.
Der Vorstand beschloss trotzdem einen neuen Verhaltenskodex, der über die gesetzlichen Regeln für das Verhalten der CDU-Mandatsträger hinausgeht.
Die Kernelemente:
Nebentätigkeiten sind offenzulegen, auch wenn sie unentgeltlich erfolgen. Die Regel gilt auch für Mitgliedschaften in Vorständen und Aufsichtsräten, Gewinnanteile und Aktienoptionen
Auch Kandidaten und Kandidatinnen sollen während ihrer Kandidatur für ein Amt erklären, welchen Nebentätigkeiten sie nachgehen
Regierungs- und Mandatsträger dürfen keine Spenden annehmen
Keine geschäftlichen Beziehungen zu einem Land, wenn der oder die Abgeordnete zugleich in Gremien für eine bessere Zusammenarbeit mit diesem Land wirbt
Abgeordneten- und Parteitätigkeit sind voneinander zu trennen, das gilt auch für die Nutzung von Büroräumen und Geschäftsstellen
Die Regeln sollen in das Statut der CDU aufgenommen und von einer externen Compliance-Kanzlei ausgearbeitet werden
Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich in der Konferenz nicht konkret zu der Affäre. Vor allem die jungen Vorstandsmitglieder sind entsetzt über die Geschäftemacherei ihrer beiden jüngeren Parteifreunde. Diese würden das Engagement einer ganzen Partei in Misskredit bringen.
"Wer pauschal eine halbe Million CDU-Mitglieder beleidigt, die sich überwiegend ehrenamtlich engagieren und absolut seriös für das Gemeinwohl einsetzen, hat den Schuss nicht gehört", sagte uns das Vorstandsmitglied Laura Hopmann.
Die Wahlniederlagen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wurden von den Spitzenkandidaten Christian Baldauf und Susanne Eisenmann auf die spezifischen Probleme eines Digital-Wahlkampfs gegen populäre Amtsinhaber zurückgeführt.
Eine ausführliche Analyse fand nicht statt. In seinen Ausführungen hatte Laschet auf den Amtsbonus der Regierungschefs hingewiesen, aber auch betont, dass die Pandemie-Bekämpfung der Bundesregierung schneller und effizienter werden müsse.
Machtkampf bei der Südwest-CDU
Auffallend war für manche Teilnehmer der Sitzung, dass sich der Landeschef der CDU in Baden-Württemberg, CDU-Vize Thomas Strobl, nicht zu den Ursachen der Wahlniederlage äußerte und Eisenmann nicht beisprang.
In einer Sitzung des CDU-Landesvorstandes übernahm die gescheiterte Spitzenkandidatin am Abend nach Teilnehmerangaben die Verantwortung für die Wahlniederlage.
Das Gremium stimmte einstimmig für Sondierungsgespräche mit den Grünen, wie uns außerdem bestätigt wurde. Verhandeln sollen neben Landeschef Strobl Generalsekretär Manuel Hagel, der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Reinhart, die Landtagsabgeordnete Nicole Razavi und die Sigmaringer Landrätin Stefanie Bürkle.
Strobl, der gut mit dem Grünen-Regierungschef Winfried Kretschmann kann, soll intern bereits einen möglichen Rückzug angedeutet haben. Die CDU müsse sich personell und inhaltlich erneuern, wenn eine Neuauflage mit den Grünen trotz der rechnerischen Mehrheit einer Ampel-Koalition realistisch sein soll, soll Strobl gegenüber Parteifreunden gesagt haben.
„Es ist nicht sinnvoll, gleich das Spitzenpersonal auszuwechseln", sagte uns Monica Wüllner, CDU-Bundesvorstandsmitglied aus Baden-Württemberg. "Wir müssen dieses Wahlergebnis schonungslos aufarbeiten - und zwar mit externer Unterstützung.“
"Der Preis für die CDU wird hoch sein, wenn Kretschmann es doch macht", sagte uns eine führende Persönlichkeit der Landes-CDU. "Es kann sein, dass wir nicht nur auf Eisenmann, sondern auch auf das Ministerium verzichten müssen."
Thomas Strobl und Winfried Kretschmann (r.) © imagoDie CDU will unbedingt in der Regierung bleiben, die Aussicht auf eine Oppositionsrolle alleine mit der AfD ist für die Führung der Südwest-CDU ein Horrorszenario.
An der Spitze der Landtagsfraktion könnte es einen Wechsel geben. Generalsekretär Hagel, der seinen Wahlkreis Ehingen im Alb-Donau-Kreis mit 36 Prozent und damit dem besten Ergebnis aller CDU-Landtagsabgeordneten gewinnen konnte, wurde von Parteifreunden aufgefordert, gegen den amtierenden Fraktionschef Reinhart anzutreten.
Hagel tat dies zunächst aber nicht. Reinhart wurde allerdings nicht, wie er es sich gewünscht hatte, für drei Jahre im Amt bestätigt, sondern nur für die Zeit der Sondierungsverhandlungen. Der Machtkampf ist vertagt.
Der frühere CDU-Ministerpräsident Günther Oettinger soll zwischenzeitlich in Gesprächen mit Parteifreunden für eine Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP geworben haben, erfuhren wir aus der Partei. Doch ein Bündnis aus zwei Verlierern und einem Gewinner ist dann doch eher unrealistisch.
2. Bundesgrüne lassen Kretschmann machen
Die Grünen-Spitze um Annalena Baerbock und Robert Habeck will Ministerpräsident Winfried Kretschmann nicht zur Ampel drängen, erfuhr ThePioneer-Reporterin Marina Kormbaki.
Die Parteiführung weiß, dass ihr Einfluss auf Kretschmann begrenzt ist. „Der macht eh, was er für richtig hält“, heißt es. Überdies wäre eine Ampel in Stuttgart keine Voraussetzung für eine Ampel im Bund.
Die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck mit dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. © ImagoParteichef Habeck hatte die CDU am Sonntag als „Klotz am Bein“ der Grünen bezeichnet. Am Montag betonte er, die baden-württembergische FDP sei „weniger Klimaschützerin als die Union.“
Die Grünen-Spitze will den Parteikollegen im Südwesten die Qual der Wahl nicht noch mehr erschweren. Während große Teile der Partei und auch der Landtagsfraktion eine Ampel befürworten, tendiert Kretschmann nach unseren Informationen zur CDU.
Im Unterschied zu FDP und SPD seien die Christdemokraten im Land breit und tief verankert - das erleichtere das Regieren, hören wir. Im Falle einer Ampelkoalition wäre von der in Rathäusern und Kreistagen sehr präsenten CDU scharfer Gegenwind zu erwarten, so das Kalkül in Stuttgarter Grünen-Führungskreisen.
Am Mittwoch wollen die Grünen mit der CDU sondieren. Für Freitag sind Gespräche mit SPD und FDP geplant.
Kretschmann könnte sich im Falle einer Entscheidung für die CDU auf die Demoskopen berufen. 61 Prozent der Grünen-Wähler wollen die Fortsetzung des Regierungsbündnisses mit der CDU. Nur 44 Prozent fänden eine Koalition von Grünen, SPD und FDP besser, hat das Umfrageinstitut Infratest Dimap im Nachgang zur Landtagswahl ermittelt.
Eine Infografik mit dem Titel: Koalitions-Präferenz
Koalitions-Präferenz
Diese klare Präferenz ist Ausdruck einer bemerkenswerten Wählerwanderung. So sind vier von zehn Grünen-Wählern im Ländle Beamte - ein Zuwachs von 7 Prozent gegenüber der Landtagswahl 2016. Zudem konnte Kretschmann auffallend viele ältere Wähler für sich gewinnen: Gut ein Drittel der Grünen-Wähler sind Rentner.
Eine Infografik mit dem Titel: Grünen-Wähler
Grünen-Wähler
Rentner und Beamte waren bisher CDU-Stammwähler. Nach Schätzungen von Infratest Dimap wechselten nun 145.000 Wähler von der CDU zu den Grünen.
Derweil haben sich die Liberalen in Baden-Württemberg als Protestpartei profiliert. „Die FDP konnte bei dieser Wahl viele Unzufriedene binden“, heißt es in der Analyse. Fünf von zehn FDP-Wählern hätten mit ihrem Votum ihre Enttäuschung über die anderen Parteien zum Ausdruck gebracht.
3. SPD: Däubler-Gmelin soll Drohnen-Problem lösen
Die ehemalige Justizministerin Herta Däubler-Gmelin soll die in der SPD komplizierte Debatte um die Bewaffnung von Drohnen lösen helfen. Der Parteivorstand setzte am Montag eine Projektgruppe zu dem Thema ein, der Däubler-Gmelin vorstehen soll. Das entsprechende Dokument liegt uns vor.
Herta Däubler-Gmelin © ThePioneerNeben Däubler-Gmelin sind unter anderem auch Verteidigungspolitikerinnen wie Gabriela Heinrich und Siemtje Möller Teil der Gruppe sowie Außenexperte Nils Schmid oder die Vorsitzende der Grundwertekommission der SPD, Gesine Schwan.
Einige bekannte Befürworter der Bewaffnung von Drohnen fehlen dagegen: Der Rostocker Bundestagsbewerber Johannes Arlt oder die Thüringer Direktkandidatin Anne Bressem - beides Bundeswehr-Offiziere - sind nicht berücksichtigt worden. Diese Entscheidung wurde in der Parteispitze kontrovers diskutiert. Letztlich setzte sich Parteichefin Saskia Esken mit ihrem Nein durch. Dabei ist dagegen Umweltpolitikerin Nina Scheer - eine entschiedene Gegnerin der Bewaffnung.
Die Projektgruppe soll sich mit den verteidigungspolitischen, gesellschaftlichen und ethischen Fragen der Bewaffnung befassen und nach getaner Arbeit der Parteispitze einen Bericht vorlegen, der auch als Empfehlung für die Haltung der Partei angesehen wird.
4. Klimaschutz: 29 CDU-Abgeordnete für "grüne Null"
29 CDU-Bundestagsabgeordnete sprechen sich in einem gemeinsamen Aufruf für eine ambitionierte Klimaschutzpolitik aus, wollen dafür im Gegenzug Energiesteuern streichen.
In dem Papier unter der Überschrift Politik für eine grüne Null mahnen die Parlamentarier rund um die Abgeordneten Kai Whittaker und Thomas Heilmann ehrgeizigere Schritte bei der Reduktion von Kohlendioxid (CO2) an, etwa im Bereich Wohnen.
Konkret schlägt die Gruppe vor, den CO2-Preis zu erhöhen und Subventionen für Diesel und Kerosin abzuschaffen. Im Gegenzug sollten energiebezogene Steuern und Abgaben wie die EEG-Umlage und die Kfz-Steuer gestrichen werden.
Angela Merkel und Thomas Heilmann. © imagoTrotz Gegenfinanzierung durch einen steigenden CO2-Preis "könnte das die größte Abgabenentlastung seit Jahren werden", heißt es in dem Papier.
Dieser "Umstieg" bei Abgaben und Subventionen müsse europäisch koordiniert werden und dürfe weder Einkommensschwache noch die Wirtschaft belasten. Bislang sei das gelungen: "Wir haben erhebliche CO2-Einsparungen erzielen können und gleichzeitig während der Regierung Merkel einen langen Aufschwung mit sozialpolitischen Fortschritten kombinieren können."
Der gesamte Beitrag findet sich hier.
5. FDP-Spitze: Ampel eher kein Modell für den Bund
Die FDP-Spitze sieht mögliche Ampel-Koalitionen mit Grünen und SPD in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg nicht als Modell für den Bund.
Das sei mehrheitliche Meinung bei der Sitzung des Bundesvorstandes am Montag gewesen, wurde uns von mehreren Teilnehmern bestätigt. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die FDP um jeden Preis regieren wolle. Parteichef Christian Lindner sagte Teilnehmern zufolge, der Kurs der Unabhängigkeit habe sich ausgezahlt. Ein Linksruck sei mit der FDP aber nicht zu machen.
Man habe sich ein Stück Freiheit erarbeitet mit der Ampel-Koalition und den Debatten darüber, soll Generalsekretär Volker Wissing ergänzt haben. Nun werde über neue Optionen gesprochen, und man sei erstmals aus einer Ampel-Koalition erfolgreich herausgekommen und bestätigt worden.
Vorstandsmitglied Oliver Luksic sagte uns: „Die Ampel ist kein Wunschmodell.“ Man müsse sich nun die Wahlergebnisse in den Ländern zwar „sehr sorgfältig anschauen. Aber es ist nicht eins zu eins übertragbar auf den Bund."
Bettina Stark-WatzingerDie Parlamentarische Geschäftsführerin, Bettina Stark-Watzinger, betonte, dass der Wahlabend gezeigt habe, dass für die FDP gelte:
"Wir sind klar positioniert. Eine eigenständige Partei mit einem klaren Profil."
Die Themen der FDP würden bleiben: "Die Modernisierung des Staates, für eine starke marktwirtschaftliche Basis und einen Sozialstaat, der Respekt vor der Leistung des Einzelnen hat und den Menschen Selbstbestimmung geben möchte", so Stark-Watzinger.
Außerdem wolle die Partei weiter "einen klaren Fokus auf Bildung setzen", betonte die hessische Bundestagsabgeordnete.
In einer Analyse der Friedrich-Naumann-Stiftung zur Wahl in Baden-Württemberg heißt es, die Wähler der FDP hätten weder eine Präferenz für eine Grünen-geführte Landesregierung noch für eine CDU-geführte: „Das Wunschmodell der FDP-Wähler war am Wahltag ein Bündnis von CDU und FDP, gefolgt von CDU, SPD und FDP."
6. Bund will Kleinunternehmer mit gedeckelter Fixkostenerstattung zum Sparen motivieren
Die Bundesregierung erstattet kleinen Unternehmen, die im Shutdown geschlossen sind, nur 90 Prozent ihrer Fixkosten im Rahmen der Überbrückungshilfen III - und erklärt dies mit Sparanreizen.
Aus Sicht der Bundesregierung sei es sinnvoll, "die maximale Erstattung in der Überbrückungshilfe auf 90 Prozent der tatsächlichen Kosten zu begrenzen, da durch den (geringen) Selbstbehalt von 10 Prozent ein Anreiz gesetzt wird, die Kosten möglichst gering zu halten", heißt es in der Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine schriftliche Frage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Claudia Müller, die uns vorliegt.
"Durch den Selbstbehalt lohnt es sich für den Antragsteller zum Beispiel, mit dem Vermieter über eine Reduzierung der Miete zu verhandeln oder bei Strom oder Internet in einen günstigeren Tarif zu wechseln", schreibt Staatssekretärin Claudia Dörr-Voß. "Ein solches Verhalten ist im Interesse der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln erwünscht."
Zunächst hatte die Bundesregierung die Deckelung der Fixkostenerstattung auf 90 Prozent gegenüber dem Wirtschaftsausschuss des Bundestags mit dem EU-Beihilferecht begründet. In seiner Antwort stellt das Ministerium nun jedoch klar, dass unter der De-minimis-Beihilfenregelung und auch der Kleinbeihilfenregelung eine hundertprozentige Kostenerstattung bei Hilfen von bis zu zwei Millionen Euro durchaus möglich ist.
Claudia Müller, Mittelstandsbeauftragte der Grünen-Bundestagsfraktion. © Imago"Die Reserven vieler kleiner Unternehmen sind aufgebraucht. Hilfen in Höhe von 90 Prozent der ungedeckten Fixkosten sind für viele Unternehmen zum Überleben zu wenig", sagte uns die Grünen-Mittelstandsbeauftragte Müller.
"Peter Altmaier und Olaf Scholz müssen für gänzlich geschlossene Unternehmen die Hilfen dringend auf 100 Prozent der Kosten erhöhen." Müller warf dem Wirtschafts- und Finanzminister vor, kleine Unternehmen und Soloselbstständige zu vernachlässigen.
7. EU-China-Vertrag: Grüne beklagen Unverbindlichkeit
Die Grünen werfen der Bundesregierung vor, in den Verhandlungen für das EU-China-Investitionsabkommen die Chance auf ein Zurückdrängen der Zwangsarbeit in der Volksrepublik vertan zu haben.
„Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich beim Thema Zwangsarbeit mit unverbindlichen Absichtserklärungen abspeisen lassen", sagte uns die Bundestagsabgeordnete Katharina Dröge. "Die Bundesregierung darf sich nicht auf vage Zusagen Chinas verlassen. Sie muss sich für ein EU-Importverbot für Produkte, die in Zwangsarbeit entstanden sind, einsetzen", betonte die Wirtschaftspolitikerin.
Dröge und der Außenpolitiker Jürgen Trittin hatten eine Kleine Anfrage zum Thema an das Bundeswirtschaftsministerium gerichtet. In der Antwort dazu heißt es: "Die Volksrepublik China hat sich zu anhaltenden und nachhaltigen Anstrengungen zur Ratifizierung der Kernarbeitsnormen verpflichtet." Die Dokumentation darüber obliege der Internationalen Arbeitsorganisation ILO.
In der Uiguren-Provinz Xinjiang sollen Hunderttausende Menschen in staatsnahen Betrieben systematisch ausgebeutet werden, etwa bei der Baumwollernte.
Die Spitzen der EU und Chinas schlossen Ende 2020 die Verhandlungen für ein Investitionsabkommen ab. © Imago„Die Ratifizierung der ILO-Normen ist ein wichtiger Punkt. Den kann man nicht einfach vom Tisch wischen, sondern wir werden sehr genau schauen, was China bis zur Ratifizierung dieses Abkommens hier für Schritte gehen wird", sagte uns Trittin. Er äußerte sich skeptisch darüber, ob Peking seine Zusagen etwa beim erleichterten Marktzugang für Unternehmen einhalten werde. „Gerade in jüngster Zeit glänzte China durch internationale Unzuverlässigkeit", so Trittin.
Aus einem Beschlusspapier der Allianz für Aus- und Weiterbildung © ThePioneerBundesregierung und Wirtschaft wollen ein weiteres Absinken der Azubi-Zahlen in der Corona-Pandemie vermeiden. Das geht aus dem Entwurf eines Beschlusspapiers hervor, das uns vorliegt. Es ist bestimmt für Beratungen der Allianz für Aus- und Weiterbildung an diesem Mittwoch, in der sich Regierung, Wirtschaft und Gewerkschaften zusammengeschlossen haben.
Wichtig sei es, zu verhindern, „dass die Unsicherheit über mittel- bis langfristige wirtschaftliche Auswirkungen der Corona-Pandemie die Ausbildungsentscheidung junger Menschen negativ beeinflusst.“ Für Azubis, die in diesem Jahr ihre Ausbildung abschließen, soll es verstärkt Online-Angebote zur Prüfungsvorbereitung geben.
Außerdem geplant:
Digitale Unterrichtsangebote zur beruflichen Orientierung im Unterricht
Vorbereitungen für die Wiederaufnahme von Schülerpraktika in Betrieben
Finanzielle Unterstützung für „Nachhilfe“ bei der Prüfungsvorbereitung
Prämien von 4.000 Euro für Betriebe, die ihr Ausbildungsniveau halten, und 6.000 Euro, die es steigern
Ein Sonderzuschuss von 1.000 Euro für Kleinstbetriebe, die auch jetzt im zweiten Lockdown weiter ausbilden
2020 war die Zahl der neuen Ausbildungsverträge bereits um 57.600 zurückgegangen. Das entspricht einem Minus von elf Prozent.
Eines der noch ausstehenden finanzpolitischen Vorhaben dieser Legislaturperiode ist das Steueroasen-Abwehrgesetz. Ziel des Gesetzes ist es, Staaten, die bestimmte Standards bei der Transparenz in Steuersachen nicht erfüllen, dazu anzuhalten, Anpassungen zur Umsetzung und Beachtung internationaler Standards vorzunehmen.
In der aktuellen Vorhabenplanung ist das Gesetz für kommende Woche für die Sitzung des Bundeskabinetts vorgesehen. Im April sollen die Beratungen im Bundestag beginnen, im Juni das parlamentarische Verfahren mit der 2. und 3. Lesung im Bundestag schließen.
© ThePioneerAuf - Svenja Schulze. Lange nichts mehr gehört von der Umweltministerin? Heute hat die SPD-Politikerin einen großen Auftritt vor der Berliner Hauptstadtpresse und gute Zahlen im Gepäck. Denn die Ministerin stellt mit dem Chef des Umweltbundesamtes, Dirk Messner, die deutsche Klimabilanz 2020 vor. Dabei sollen die CO2-Einsparungen der einzelnen Sektoren von Energie über Industrie bis hin zur Landwirtschaft aufgelistet werden. Was wir schon heute wissen: Die Treibhausemissionen lagen insgesamt 41 Prozent unter dem Niveau von 1990 und neun Prozent niedriger als 2019. Corona hat hier ausnahmsweise einen positiven Effekt. Und Schulze gute Zahlen.
Ab - Friedrich Merz laufen die Unterstützer weg. Die herbe Schlappe für die CDU in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hat auch das Lager der Merz-Anhänger geschwächt. Mit Susanne Eisenmann und Thomas Strobl müssen zwei engagierte Merz-Fans um ihre Ämter bangen, in Rheinland-Pfalz galt Julia Klöckner, die Landeschefin, als Unterstützerin des Wirtschaftsexperten. Eine öffentliche Empfehlung für Armin Laschet als Parteichef, wie es der CDU-Landesvorsitzende in Hessen, Volker Bouffier, und indirekt auch der Ministerpräsident des Saarlands, Tobias Hans, getan hatten, lehnte Klöckner ab. Sie hatte Merz in ihrem Landtags-Wahlkampf 2016 zu ihrem Berater gemacht. Irgendwie waren die Wahlen somit auch eine Niederlage für Merz und sein Lager.
FDP-Schatzmeister Harald Christ verstärkt seine Beratungs- und Strategie-Agentur Christ & Company mit einem erfahrenen Kommunikations- und Strategieberater. Am 1. Juni 2021 wird Serkan Agci neuer Director Sustainable Strategy & Governance.
Serkan Agci, Ex-SPD-Chef Martin Schulz © dpaAgci war unter anderem Sprecher des ehemaligen SPD-Parteichefs Martin Schulz. In seiner neuen Rolle soll er den Bereich Sustainable Strategy & Governance ausbauen und Mandanten und Kunden bei deren Transformationsprozessen zur Seite stehen. Zum 1. März wurde zudem die Geschäftsführung bei Christ & Company mit Ralf Friedrichs (CFO) und Matthias Zeller (CSO) erweitert. Inhaber Christ wird sich verstärkt um Inhaber- und CEO-Beratung sowie Sanierungen und Restrukturierungen bei Merger & Acquisitions Mandaten einbringen.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Christian Jung wechselt in den Landtag von Baden-Württemberg. Der 43-jährige Verkehrsexperte, der sich als Obmann seiner Fraktion im Pkw-Maut-Untersuchungsausschuss des Bundestages ein Namen gemacht hatte, errang am Sonntag ein Mandat im Wahlkreis Bretten nahe Karlsruhe. Wie lange Jung sein Bundestagsmandat noch behalten wird, ist noch offen, erfuhren wir am Montag. Als Kurzzeit-Nachrücker steht Christopher Gohl bereit. Der 47-Jährige, Mitglied im FDP-Bundesvorstand, ist Demokratieforscher an der Universität Tübingen.
Spahn verhängt einen Impfstopp für AstraZeneca. Und die Welle der Empörung rollt gewaltig – irgendwie typisch für eine Zeit, in der die Nerven blank liegen und die Sehnsucht nach Normalität groß ist. Journalistisch unaufgeregt hält SZ-Redakteur und Biologe Hanno Charisius dagegen. Besonnen und gegen den Strom kommentiert er die Entscheidung Spahns und legt dar, weshalb auch er einen Impfstopp für sinnvoll hält. Spoiler: Ohne (!) Impfstopp wäre der Ruf vom Vakzin ruiniert. Lesen Sie hier.
Der vergangene Wahlsonntag war kein guter für die AfD. Prozentual hat keine andere Partei bei den Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg so viel verloren wie die Rechtspopulisten. Schuld daran suchten sie beim Verfassungsschutz und dem coronabedingten Ausfall des klassischen Wahlkampfs. Selbstreflektion? Fehlanzeige. Abschreiben sollte man die AfD aber auf keinen Fall, wie Markus Wehner von der FAZ hier zeigt. Denn sie scheint sich in bestimmten Milieus zu stabilisieren: Bei den Arbeitern beider Länder erreicht sie Zustimmungswerte von 20 – 30 Prozent. AfD wählen nur aus Protest? Das war einmal.
Nach der Ermordung von Sarah E. in London Anfang März stellt sich Großbritannien die Frage, wie sicher der öffentliche Raum für Frauen ist. Doch auch in Deutschland begleitet Angst viele Frauen auf dem nächtlichen Weg von der Party, von der Freundin oder der Arbeit. Nike Laurenz vom Spiegel hat mit Conny Vogt vom Heimwegtelefon gesprochen, einer Organisation, die den Nachhauseweg für Frauen sicherer machen möchte. Was Sie bei ihrer Arbeit erlebt und wie wichtig die Diskussion um die Sicherheit für Frauen im öffentlichen Raum in Deutschland auch 2021 noch ist, lesen Sie hier.
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Michael Kuffer, CSU-Bundestagsabgeordneter, 49
Markus Lanz, TV-Moderator, 52
Jens Stoltenberg, NATO-Generalsekretär, 62
© ThePioneerChristoph Schwennicke arbeitete für den Spiegel, die Süddeutsche Zeitung und war in den letzten Jahren Herausgeber und Chefredakteur des Cicero. In seiner Analyse für ThePioneer wirft er der Kanzlerin Untätigkeit und Missmanagement in den letzten Jahren vor. Sie habe sich und den Deutschen mit ihrer Kandidatur keinen Gefallen getan, schreibt er. Seine Analyse lesen Sie hier.
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