Der befristete Lockdown

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© ThePioneer/Henning Schmitter

Guten Tag,

herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt - direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • CDU-Vize Thomas Strobl schlägt einen befristeten Lockdown für eine Woche vor. Am Mittwoch drohen neue Beschränkungen.

  • Erst hatte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ein Homeoffice-Gesetz vorgelegt - es wurde vom Kanzleramt gestoppt. Nun präsentiert die Union einen Gegenentwurf.

  • Am Mittwoch verabschiedet das Bundeskabinett den Rüstungsexportbericht für das erste Halbjahr 2020. Wir haben vorab Einblick erhalten.

Lockdown für eine Woche

Der stellvertretende Ministerpräsident in Baden-Württemberg, CDU-Bundesvize Thomas Strobl, hat einen befristeten Corona-Lockdown ins Gespräch gebracht, sollten sich die Infektionszahlen nicht reduzieren lassen.

„Wenn die Zahlen sich weiter so entwickeln, dann müssen wir Maßnahmen in den Blick nehmen, etwa, dass wir auch einmal für eine Woche alles dicht machen, dass von Freitag bis Sonntag in der Woche drauf gar nichts mehr geht“, sagte der baden-württembergische Innenminister bei einem Besuch auf unserem Redaktionsschiff.

Auf die Frage, ob eine solche Schließung auch Schulen, Kitas und Geschäfte betreffen würde, sagte Strobl:

Alles heißt alles.

Damit könne man das Infektionsgeschehen zum Stillstand bringen, hofft Strobl. Auch Grenzkontrollen müssten wieder eingeführt werden:

„Ich weiß, dass man sich damit keine Freunde macht. Aber das heißt auch Einschränkungen beim Grenzverkehr. Der Vorteil dieser Lösung ist, die eine sehr sehr harte wäre, der, dass es zeitlich begrenzt ist.“ Dann wäre ein Weihnachtsgeschäft und eine gemeinsame Weihnachtszeit mit der Familie wieder möglich.

Der CDU-Innenminister forderte einen Tag vor dem Gipfeltreffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten schärfere Kontrollen der Hygieneregeln, um die Pandemie einzuhegen. Die mangelnde Disziplin sei ein Problem, auch die Kontrollen müssten verschärft werden. „Wir haben in Baden-Württtemberg am vergangenen Wochenende 10.000 Personenkontrollen gemacht, 1000 Verstöße erlebt. 800 mussten zur Anzeige gebracht werden.“

Die Maßnahmen reichten „definitiv nicht aus“, so Strobl. „Wir brauchen härtere Maßnahmen.“

Kanzlerin Angela Merkel sieht das angeblich ähnlich. Nach Informationen aus Länderkreisen dringt das Kanzleramt vor dem Corona-Gipfel am morgigen Mittwoch auf schärfere Kontaktbeschränkungen, so soll die maximale Teilnehmerzahl für Veranstaltungen (bisher 100) abgesenkt und die Zahl der privaten Feiern im Familien- und Freundeskreis auf einen Hausstand begrenzt werden. Die Maskenpflicht soll auf belebte Einkaufsstraßen ausgeweitet werden.

1. Merz gegen den Rest der CDU-Führung

In der CDU-Führung hat man sich nur mühsam zu einer Verschiebung des Parteitags am 4. Dezember durchringen können. Friedrich Merz, der trotz der Pandemie einen Parteitag in Präsenz mit Hygieneschutzkonzept für möglich hält, wirft seinem Parteifreund Armin Laschet intern vor, aus egoistischen Motiven heraus auf eine Verschiebung zu dringen.

Laschet wolle sich Zeit verschaffen, weil er in den Umfragen zurückliege. Und die Kampagne sei aus dem Kanzleramt gegen ihn gesteuert, ist sich Merz sicher, wie es in seinem Umfeld berichte wird. In der Sitzung am Sonntag im Adenauer-Haus soll es Teilnehmern zufolge zwischen den beiden laut geworden sein.

Es gebe kein Argument, warum man nicht im Dezember wenigstens einen digitalen Parteitag durchführe und einen neuen Vorsitzenden wähle, soll Merz argumentiert haben. Laschet argumentierte mit der fatalen Botschaft an die Bevölkerung, wenn die CDU mit 100, 200 oder gar 1001 Delegierten zusammenkomme.

Das Präsidium und der Vorstand hatten gestern einstimmig die Verschiebung des Parteitags am 4. Dezember beschlossen. Mitte Dezember, spätestens am 16. Januar will der Vorstand neu entscheiden. Friedrich Merz ist nicht Teil des Vorstands.

2. Deutlich weniger Rüstungsexporte

Die Bundesregierung verzeichnet in ihrem Rüstungsexportbericht für das erste Halbjahr 2020 einen deutlichen Rückgang der Waffengeschäfte. Der Bericht wird am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet, wir konnten ihn bereits vorab einsehen.

Im ersten Halbjahr wurden demnach Einzelausfuhrgenehmigungen in Höhe von 2,78 Mrd. Euro erteilt, ein Jahr zuvor war noch rund doppelt so viel.

Mit gut einer Milliarde Euro Volumen betrug der Teil der Exporte in EU, Nato- und andere Staaten deutlich weniger als im Vorjahreszeitraum (3,21 Mrd. Euro). Exporte in Höhe von 1,74 Milliarden gingen an Drittländer, davon der größte Teil an Israel. Dem Land wurde unter anderem die Lieferung von Korvetten und U-Bootteilen genehmigt.

Bei den besonders umstrittenen Lieferungen von Kleinwaffen belief sich die Exportsumme auf 18,9 Millionen Euro.

Kleinwaffen-Exporte in Höhe von rund 230.000 Euro wurden an Drittländer genehmigt, darunter unter anderem Teile für Maschinenpistolen für Katar.

3. Union kontert Heils Home-Office-Pläne

Homeoffice mit oder ohne Rechtsanspruch? Darüber wird jetzt in der GroKo gestritten. © ThePioneer

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil für einen Rechtsanspruch auf bis zu 24 Tage Homeoffice kürzlich auf Eis legen lassen. Doch der SPD-Politiker kämpft weiter dafür. Nun präsentieren Bundestagsabgeordnete aus der Union einen Gegenentwurf.

„Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung mobiler Arbeit“ (EMAG) heißt das Papier, das ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner vorliegt. Das Konzept wird an diesem Dienstag in Berlin vom Arbeitskreis „Zukunft der Arbeit“ in der Unionsfraktion vorgestellt. Dieser wird vom CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann geleitet.

Auf einen Rechtsanspruch wird in dem Entwurf verzichtet. Fördern statt allzu viel fordern, lautet die Stoßrichtung.

„Wir wollen, dass sich mobile Arbeit für die Unternehmen, die Arbeitnehmer und die Gesellschaft lohnt sowie durch weniger Pendelverkehr einen Beitrag zum Klimaschutz liefert“, heißt in dem Papier.

Hier die Kernpunkte:

  • Arbeitgeber sollen ihre Beschäftigten über arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schreibtischen, Stühlen, Beleuchtung und Belichtung und möglichen Stolperfallen informieren müssen.

  • Das Bundesarbeitsministerium soll im ländlichen Raum künftig lokale Co-Working-Spaces fördern.

  • Steuerzahler erhalten, wenn ihr Arbeitgeber bestätigt, dass sie mindestens 50 Prozent ihrer Zeit mobil arbeiten, ein Wahlrecht zwischen der bisherigen Anerkennung eines Arbeitszimmers bis zur Höchstsumme von 1.250 Euro oder einem steuerlich abzugsfähigen Pauschalbeitrag in Höhe von 625 Euro.

  • Arbeitnehmer sollen ihre Arbeitszeit zu Hause flexibel handhaben können und über die Woche verteilen können. Allerdings sollen dabei auch längere Arbeitszeiten möglich sein - so wie bereits heute in Forschung und Lehre. Dort muss Mehrarbeit jedoch innerhalb eines halben Jahres auf durchschnittlich 48 Stunden pro Woche ausgeglichen werden.

  • Bedingung für längeres Arbeiten wie in Wissenschaft und Forschung wäre jedoch, dass Beschäftigte per Smartphone oder Computer „Zeiten der Nicht-Erreichbarkeit“ festlegen können.

Der Vorstoß dürfte für neuen Streit in der Koalition sorgen - und das just in einem Moment, in dem viele Corona-bedingt erneut von zu Hause aus arbeiten werden.

Ausriss aus einem Bericht des Auswärtigen Amtes an den Haushaltsausschuss © ThePioneer

Die Zuwanderung von Fachkräften nach Deutschland ist nach Regierungsangaben drastisch zurückgegangen. Das geht aus einem Bericht des Auswärtigen Amtes an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor, der uns vorliegt.

Demnach ist im zweiten Quartal des laufenden Jahres die Zahl der weltweit zur Erwerbstätigkeit erteilten Visa im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 92 Prozent zurückgegangen.

Dies sei Folge der Reisebeschränkungen in der Corona-Pandemie.

Laut Bericht ist von einem fortdauernden und weiter steigenden strukturellen Bedarf an Fachkräften aus Drittstaaten sowie ein zunehmendes Interesse von möglichen Einwanderern auszugehen.“

Das Auswärtige Amt hält an seinen bisherigen Planungen fest. Bereits im laufenden Jahr sind im Bundeshaushalt 25 zusätzliche Stellen für Botschaftsmitarbeiter vorgesehen, die Arbeitsvisa bearbeiten. Beim Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten (BfAA), das Anfang 2021 seine Arbeit aufnimmt, sollen 37 Dienstposten für die Bearbeitung von Visa-Anträgen geschaffen werden.

Ab Herbst 2022 soll es ein neues Online-Portal geben, über das jeder seine individuellen Ansprüche aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge abrufen kann.

Diese Woche berät der Bundestag erstmals über die Pläne von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Der Zeitplan für das weitere Gesetzgebungsverfahren steht indes bereits fest: Für den 16. November ist eine Sachverständigenanhörung im Bundestag geplant, am 19. oder 20. November könnte es dann die Zustimmung im Plenum geben. Der Bundesrat würde sich dann entweder am 27. November oder am 18. Dezember in seiner letzten Sitzung in diesem Jahr mit der digitalen Renteninformation befassen.

© ThePioneer

Auf - Als Autoren dieses Briefings überraschen wir gerne, deshalb finden Sie an dieser Stelle Michael Müller. Über den Regierenden Bürgermeister von Berlin sagen manche, er hat im Kampf gegen Corona zu lange gezögert. Müller steht auch in den Umfragen nicht gut da, organisiert mittlerweile die Übergabe des Staffelstabs an Franziska Giffey. Auch in der jetzt anstehenden Entscheidung um den Bundestagswahlkreis Charlottenburg könnte es eng werden im Duell gegen seine Staatssekretärin Sawsan Chebli. Aber Müller wirkt derzeit energetisch und leidenschaftlich wie selten zuvor. Vielleicht liegt es an dem Duell mit Chebli? Für ihn geht es bergauf.

Ab - Eine Wendung nahm die Überprüfung der Maskenpflicht in der Hauptstadt allerdings für Barbara Slowik, die Polizeipräsidentin des Landes. Slowiks Polizei kontrollierte am Sonntag in einigen belebten Straßen auch bei Fahrradfahrern die korrekte Nutzung des Mund-Nasen-Schutzes, übersah dabei aber, dass noch gar nicht abschließend geklärt war, ob Fahrradfahrer eigentlich von der Pflicht eingeschlossen waren. Am Montag ruderte die Polizei etwas kleinlaut zurück. Man sei "bezüglich der Auslegung der Infektionsschutzverordnung im Sinne des Verordnungsgebers im Gespräch mit der zuständigen Senatsverwaltung", hieß es. Nun werden zunächst keine Fahrräder mehr kontrolliert. Für die Polizei-Chefin geht es bergab.

Die Stimmung zwischen der Türkei und Frankreich heizt sich im Streit um die Mohammed-Karikaturen weiter auf. Warum der Streit sowohl Präsident Erdoğan als auch Präsident Macron eine Gelegenheit bietet, von den Fehlentwicklungen der eigenen Innenpolitik abzulenken, hat Tagesspiegel-Korrespondent Albrecht Meier hier analysiert.

Der Cum-Ex-Skandal wird nicht verjähren: Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hat nach öffentlichem Druck von SZ und WDR angekündigt, den Paragrafen 375a in Deutschlands Steuergrundgesetz, der Abgabenordnung nachzubessern. Noch im Juli verwies die BaFin auf das Rückwirkungsverbot. Nun soll es doch noch ermöglicht werden, dass hinterzogenes Steuergeld auch nach der steuerlichen Verjährung zurückverlangt werden kann. Hier lesen.

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Henning Otte, CDU-Bundestagsabgeordneter, 52

Natascha Kohnen, SPD-Chefin in Bayern, 53

Der verstorbene Bundestags-Vizepräsident Thomas Oppermann (SPD) © dpa

Unter dem Schock des Todes von Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann hat die SPD-Führung in Partei und Parlament am Montag zunächst sämtliche Personalfragen auf die nächsten Sitzungswochen verschoben. Darunter auch die Entscheidung, wie die Fraktion bei der Frage der Neubesetzung des SPD-Vertreters im Parlamentspräsidium vorgehen will. Die Frage wurde am Montag im Fraktionsvorstand nicht debattiert.

Der Bundestag plant für Mittwoch eine Gedenkstunde zu Ehren des Verstorbenen.

Sie soll nach aktuellen Planungen vor dem Beginn der eigentlichen Plenarzeit stattfinden. Der 66-jährige Oppermann war am Sonntagabend während der Dreharbeiten zur ZDF-Sendung Berlin Direkt zusammengebrochen und verstorben.

Eine Würdigung seiner Arbeit lesen Sie hier.

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Herzlichst, Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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