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Unsere Themen heute:
SPD, Grüne und FDP wollen die Verbraucher und Unternehmen mit einem Maßnahmen-Mix entlasten. Doch in der Arbeitsgruppe hakt es.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier macht seinen Redenschreiber, einen früheren McKinsey-Manager, zum außenpolitischen Chefberater. Wir sagen, wen.
Die Fahrer des Deutschen Bundestages sollen einen Tarifvertrag bekommen, bis zu 18 Euro pro Stunde sind dann drin.
Der frühere SPD-Wirtschafts- und Außenminister Sigmar Gabriel lobt den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck für dessen Katar-Reise.
Der Benzinstreit
In der Neuner-Arbeitsgruppe der Koalition ging es Ende der Woche zunächst um grundsätzliche Dinge statt um einen Kompromiss bei finanziellen Entlastungen bei hohen Energiepreisen.
Wie es kommen könne, dass Details der Verhandlungen über dieses Briefing in die Öffentlichkeit geraten konnten, fragten einige.
Die Verhandlungspartner schoben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Die Stimmung: am Tiefpunkt.
An der Lage hat sich bis zum Sonntagabend wenig geändert.
Der Streit um die Frage, ob FDP-Finanzminister Christian Lindner sich mit seiner Idee eines Tankrabatts durchsetzen kann oder SPD und Grüne mit dem Modell einer Mobilitätsprämie, blieb ungelöst.
FDP-Chef Christian Lindner © Maurice WeissDie Idee einer schnellen Einigung binnen weniger Tage war dahin. Am Wochenende verzichtete die Gruppe auf Verhandlungen, man gönnte sich eine Pause voneinander. Die Grünen spotteten derweil, dass SPD und FDP ihren Streit öffentlich austrügen.
Die Situation ist verfahren:
In Lindners Team fürchtet man bei allem, was nicht ein Tankrabatt ist, einen Gesichtsverlust. Die Maßnahme sollte unkompliziert eine Erstattung von 30 Cent pro Liter und die Finanzhilfen über die staatseigene KfW an die Tankstellenbetreiber bringen.
Grüne und SPD tun sich schwer mit der von manchen als Porsche-Prämie verspotteten Zahlung, weil sie weder sozial gerecht noch ökologisch vertretbar wäre. "Der Tankrabatt war gut gemeint aber nicht zu Ende gedacht", kommentierte gestern Wirtschaftsminister Robert Habeck in der ARD.
Robert Habeck © Anne HufnaglGrüne und SPD favorisierten eine nach Einkommen gestaffelte Mobilitätsprämie, begrenzt auf drei Monate. 20 bis 40 Euro könnten mit dem Einkommen ausgezahlt werden. Kosten: Ein (hoher) dreistelliger Millionenbetrag pro Monat. Die Prämie sei allerdings womöglich zustimmungspflichtig im Bundesrat, heißt es im Finanzministerium.
In weiteren Bereichen könnte es Entlastungen geben:
Eine erneute Erhöhung der Pendlerpauschale ist denkbar.
Der Heizkostenzuschuss könnte verdoppelt werden.
Für Bezieher der Grundsicherung könnte eine Einmalzahlung kommen.
Auch für Rentner könnte es eine Unterstützung geben.
Die Neuner-Arbeitsgruppe will zudem die Unternehmen entlasten:
Liquiditätskredite sollen Firmen tilgungsfrei helfen.
Der Öffentliche Nahverkehr könnte mit etwa einer halben Milliarde Euro unterstützt werden.
Auch steuerliche und branchenspezifische Entlastungen (etwa für Spediteure und Kleinfirmen) werden diskutiert, sind aber umstritten.
Die Arbeitsgruppe will in dieser Woche eine Einigung erzielen.
Erstmals Tarifverhandlungen für Bundestagsfahrer bei bundeseigenem Dienstleister
Bundestags-Fahrer kämpfen für einen Tarifvertrag © ImagoFür die rund 270 Beschäftigten des Dienstleisters, der für den Fahrdienst des Bundestages zuständig ist, werden seit der vergangenen Woche erstmals Tarifverhandlungen geführt. Das bestätigten das Unternehmen BwFuhrparkService und die Gewerkschaft Verdi unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner.
Beim Auftakt saßen demnach Vertreter von Verdi, dem Bundesverteidigungsministerium als Hauptgesellschafter und der Geschäftsführung des Unternehmens am Tisch.
Verdi will durchsetzen, dass für die Fahrerinnen und Fahrer in weiten Teilen der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) angewendet wird. Die Beschäftigten untermauerten ihre Forderung zuletzt mit Warnstreiks und weiteren Aktionen.
"Ziel sind bessere Arbeits- und Einkommensbedingungen", heißt es in einer Info der Gewerkschaft, die uns vorliegt. "Es wird sicher Themen geben, über die hart verhandelt werden muss." Eine Einigung bis zum Sommer scheine jedoch nach dem Auftakt möglich.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich im Bundestagswahlkampf für eine Tariflösung ausgesprochen.
Fahrdienst-Fahrzeuge am Bundestag © ImagoNach Gewerkschaftsangaben aus 2021 lag der Stundenlohn der Beschäftigten zwischen 13,93 Euro und 15 Euro, fast die Hälfte sind Minijobber. Zum Vergleich: Die Fahrerinnen und Fahrer, die noch direkt beim Bundestag beschäftigt sind, werden nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bezahlt und erhalten 17,57 Euro pro Stunde.
Die Fahrer der BwFuhrparkService erhalten bei 174 Stunden pro Monat, die einer 40-Stunden-Woche entsprechen, 2,423,66 Euro bis 2.610,00 Euro Gehalt plus Zuschläge.
Anfang Mai 2021 hatte es eine Lohnerhöhung um rund 15 Prozent gegeben - aber eben ohne Tarifvertrag.
Die BwFuhrparkService GmbH gehört zu drei Vierteln der Bundeswehr und zu einem Viertel der Deutschen Bahn, die zu 100 Prozent in Bundeshand ist.
Das Unternehmen bekam 2017 den Zuschlag für den MdB-Fahrdienst. Vorausgegangen waren Probleme mit dem vorherigen Anbieter, der schließlich in die Insolvenz ging.
Gabriel lobt Habeck für Katar-Engagement
Der frühere Wirtschafts- und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) lobt die Ergebnisse der Reise von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach Katar.
"Die Kataris sind in Deutschland seit Jahren ein außerordentlich verlässlicher wirtschaftlicher Partner", sagte uns Gabriel. "Das zeigen unter anderem die Engagements bei VW, Hapag oder der Deutschen Bank."
Politisch sei Katar ein Stabilitätsanker in der Golfregion, was nicht zuletzt die Stationierung der US-Streitkräfte in Doha zeige, so der Ex-SPD-Chef. Was die Energielieferbeziehungen zu Deutschland und Europa angehe, sei Katar einer der interessantesten Lieferanten.
"Kurzfristig dürften die Kataris nur in begrenztem Umfang LNG nach Deutschland liefern können, da sie sicher umfangreiche Lieferzusagen gegenüber anderen Staaten einhalten müssen. In zwei bis drei Jahren ist Katar aber sicher in der Lage, seine Erdgasförderung deutlich auszubauen."
Robert Habeck und Emir von Katar © dpaHabeck reiste am vergangenen Wochenende nach Katar und vereinbarte mit dem Emir, Tamim bin Hamad Al Thani, sowie dem Wirtschafts- und Handelsminister Scheich Mohammed Hamad bin Kasim al-Abdullah eine langfristige Energiepartnerschaft.
Damit kommt die Bundesregierung ihrem Ziel einen Schritt näher, sich von russischen Gaslieferungen unabhängig zu machen.
Habeck betonte aber auch:
"Die bittere Nachricht ist: Wir brauchen noch russisches Gas."
Union setzt Ampel bei Bundeswehr und Sanktionen unter Druck
Die Union im Bundestag will eine Grundgesetzänderung für das 100 Milliarden Euro umfassende Sondervermögen Bundeswehr nicht ohne Weiteres abnicken.
"Aus unserer Sicht muss klar und eindeutig fixiert werden, dass die 100 Mrd. Euro vollständig der Bundeswehr zugute kommen", heißt es in einem Schreiben von Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei an die Bundestagsabgeordneten.
Die vorgelegten Formulierungen lassen hingegen "auch andere Verwendungen zu", kritisiert der CDU-Politiker.
Die Ampel-Koalition will die beiden Gesetze für das Sondervermögen Ende Mai im Bundestag abschließend beraten.
Bei den möglichen weiteren Sanktionen gegen Russland werden nun auch Wirtschaftspolitiker offensiver.
Tilman Kuban, JU-Chef und Mitglied im Wirtschaftsausschuss, fordert ein Embargo.
"Wir sollten schnellstens mit einem Öl- und Steinkohleembargo gegenüber Russland starten."
© dpa
Schon beim internationalen Ausschuss russischer Banken von Swift habe die Bundesregierung mit den Ausnahmen für die Sberbank und die Gazprombank auf der Bremse gestanden, so Kuban.
Mali: EU-Ausbilder müssen Arbeit teils aussetzen
Die Sicherheitslage im westafrikanischen Mali beeinträchtigt die EU-Ausbildungsmission EUTM.
Wie aus einem uns vorliegenden Bericht der Bundeswehr hervorgeht, mussten in der vergangenen Woche "einzelne Ausbildungsaktivitäten" an den Standorten Sévaré und Ségou vorübergehend ausgesetzt werden. "Eine operative Neubewertung und Risikoanalyse" sei nötig geworden, heißt es zur Erklärung in dem Papier.
Der Bericht geht auch auf die Zusammenarbeit zwischen malischen und russischen Truppen ein. So hätten die malischen Sicherheitskräfte "mit russischen Kräften ihre Operationen in Zentralmali fortgesetzt und dabei malischen Angaben zufolge erneut mehrere Dschihadisten getötet".
Russische Flaggen zwischen malischen: Russlands Truppen und Söldner gelten vielen Maliern als verlässliche Partner im Kampf gegen Islamisten. © ImagoDerzeit sind 1356 deutsche Soldatinnen und Soldaten in Mali stationiert. Die Mandate für die EU-Ausbildungsmission EUTM und für die deutlich größere UN-Stabilisierungsmission Minusma laufen noch bis Ende Mai.
Noch gut 2000 Soldaten im Auslandseinsatz
Aktuell sind 2043 Bundeswehr-Soldaten im Auslandseinsatz, davon mehr als die Hälfte in den beiden Missionen in Mali.
Eine aktuelle Übersicht aus einem internen Bundeswehr-Bericht haben wir hier für Sie:
Soldaten im Einsatz März 2022 © The Pioneer
Steinmeiers neuer Mann für das Globale
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier baut sein Amt weiter um und plant neue Akzente in der zweiten Amtszeit.
Sein bisheriger Redenschreiber und Kommunikationsberater Wolfgang Silbermann wird Abteilungsleiter Ausland. Silbermann kam 2009 als damals 23-jähriger Referent ins Wahlkampfteam des SPD-Kanzlerkandidaten. Er arbeitete zuvor als Manager bei McKinsey und studierte Wirtschaftswissenschaften und Politik an der Harvard Kennedy School.
Silbermann soll den Präsidenten, der in der Pandemie im Amt festsaß, international stärker in Szene setzen und ihn als Botschafter für die Demokratie platzieren.
Wolfgang Silbermann, Redenschreiber von Frank-Walter Steinmeier und bald Abteilungsleiter. © dpaDer bisherige Abteilungsleiter Dr. Thomas Bagger könnte neuer Botschafter in Warschau werden. In diesen Tagen hat die Besetzung des Diplomatenpostens in dem osteuropäischen Nato-Land eine besondere Bedeutung.
Der promovierte Politologe Bagger gilt als erfahrener und versierter Diplomat. Er ist Reserveoffizier und der Sohn des früheren Generalinspekteurs der Bundeswehr, Hartmut Bagger.
Die Ampel startet mit der neuen Kommission einen Neuanlauf zur Reform des Wahlrechts. Dabei soll die Kommission die Zahl der Bundestagsabgeordneten auf die Regelgröße 598 begrenzen und Vorschläge entwickeln, wie die Parität im Bundestag erreicht und das Wahlalter auf 16 Jahre abgesenkt werden könnte. Die Kommission soll bis Ende Juni 2023 Vorschläge vorlegen, heißt es nun in einer internen 100-Tage-Bilanz der SPD-Bundestagsfraktion.
Auf - Robert Habeck. Manchmal kann man sich die Partner eben nicht aussuchen. Der Wirtschaftsminister muss menschenrechtspolitische Bedenken gegen das autokratische Regime im arabischen Zwergstaat Katar beiseiteschieben, um neue Gas-Verträge für Deutschland abzusichern. Mit dem Emir von Katar vereinbarte der Grünen-Politiker eine langfristige Energiepartnerschaft. Richtig so. Damit ist die Bundesregierung ihrem Ziel einen Schritt näher, sich von russischen Gaslieferungen unabhängig zu machen. Aufsteiger!
Ab - Christine Lambrecht. Die SPD-Verteidigungsministerin darf das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr nicht alleine aufstellen. An diesem Montag mischt sich Kanzler Olaf Scholz ein und bespricht Details mit Lambrecht und dem Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn. Im politischen Berlin wird das als Misstrauensvotum gegen Lambrecht gewertet, denn Scholz kann sich bei dem Thema keine Pannen und weitere Diskussionen leisten. Und er braucht die Union, wenn er das Sondervermögen im Grundgesetz verankern will. Seine oft kritisierte Ministerin will er damit lieber nicht alleine lassen.
Er ist der Influencer für den Frieden. Seit vier Wochen perfektioniert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Kriegsführung in den sozialen Netzwerken und setzt geschickt Bilder und Botschaften für seine Mission ein. Selenskyj hat mit seinen authentischen Videos das Kräfteverhältnis zu Russlands Präsident Wladimir Putin auf den Kopf gestellt und gewinnt damit die Herzen der Welt. Unsere Fotografin und Bildstrategin Anne Hufnagl erklärt seine Strategie im Video.
Der Spiegel kommentiert die Video-Botschaft von Arnold Schwarzenegger an die Russen und wünscht sich weitere Ideen, um das russische Volk über die Wahrheit in der Ukraine zu informieren. Tobias Rapp schreibt: "Es gibt ein Vorbild für Schwarzeneggers Videobotschaft: Es sind die Reden, die Thomas Mann zwischen Oktober 1940 und Mai 1945 an die Deutschen hielt und die vom deutschen Programm der BBC übertragen wurden. Mann stand vor ähnlichen Fragen: Wie spricht man mit einem verblendeten Volk? Wie entfremdet man es von seiner Führung?" Sein Fazit: "Wo Demokratie gegen Autokratie steht, ist die stärkste Waffe, an die Urteilskraft des Individuums zu appellieren." Spannende Analyse.
Heute gratulieren wir herzlich:
Klaus Lederer, Senator für Kultur und Europa von Berlin, 48
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre