herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt - direkt von der Pioneer One.
Unsere Themen heute:
Nullrunde für die West-Rentner, 0,7 Prozent mehr für die Ruheständler im Osten. Die Pandemie verlangt Opfer- exklusive Zahlen aus dem Rentenversicherungsbericht.
Die SPD-Abgeordnete Dagmar Ziegler soll neue Bundestagsvizepräsidentin werden - das ist zumindest der Wunsch von Fraktionschef Rolf Mützenich.
Überkapazitäten, Doppelstrukturen, teure Behandlungen: Der Rechnungshof will eine Krankenhaus-Reform. Wir kennen die Details.
Schlechte und gute Nachrichten für Millionen Rentner
Die Corona-Krise schlägt auf die Rente durch - mit etwas Verzögerung.
Im Westen droht 2021 eine Nullrunde für die Rentner, im Osten dürfte es kaum mehr als ein Mini-Plus von etwa 0,72 Prozent geben.
Im vergangenen Sommer noch hatten sich Deutschlands Rentner - Wirtschaftskrise hin oder her - über ein deutliches Plus freuen können: In den alten Ländern stiegen ihre Bezüge um 3,45 Prozent, in den neuen sogar um 4,2 Prozent.
Eine Infografik mit dem Titel: Rentenanpassungen seit 2009
Diese Rentenanpassungen hat es seit 2009 gegeben.
Die zurückliegenden Jahre des Aufschwungs hatten den Rentnern immer wieder Steigerungen deutlich oberhalb der Teuerungsrate beschert. Dass es damit nun erst einmal ein Ende hat, zeigt der neue Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung.
Der Entwurf aus dem Haus von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) liegt ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner vor.
Die neuen Zahlen verdeutlichen den Corona-Effekt auf die Alterssicherung.
Rentenanpassungen hängen entscheidend von der Lohnentwicklung im Vorjahr ab. Laut Bericht erwartet die Regierung einen Rückgang der Bruttolöhne und -gehälter von Arbeitnehmern um 1,0 Prozent im laufenden Jahr.
Ausriss aus dem Rentenversicherungsbericht 2020 © ThePioneerZwei gute Nachrichten für Rentner gibt es aber auch:
Dass Wirtschaftskrisen mit sinkenden Löhnen zu sinkenden Renten führen, ist gesetzlich ausgeschlossen. Auch nach der allerschlimmsten Rezession ist mindestens eine Nullrunde garantiert.
Außerdem sagt die Regierung in ihrem Bericht bessere Zeiten voraus: Bis 2034 werden die Renten im Schnitt um 2,3 Prozent pro Jahr steigen.
Die Antwort darauf, wie das alles in Zukunft finanziert werden soll, findet sich allerdings nicht im Bericht. Die nächste Regierung wird eine finden müssen.
Die vollständige Analyse lesen Sie hier.
1. Corona-Bonus für Beamte und Soldaten
Das Bundesinnenministerium will Beamte und Soldaten eine einmalige Sonderzahlung "zur Abmilderung der zusätzlichen Belastungen in der Covid-19-Pandemie" gewähren. Die im Tarifabschluss im öffentlichen Dienst vereinbarte Sonderzahlung je nach Tarifgruppe von 600 Euro, 400 Euro und 300 Euro soll auf Beamte übertragen werden. Das wurde gestern im Kabinett beschlossen.
Beamte und Soldaten erhalten eine Sonderzahlung wegen Belastungen in der Coronakrise. © dpaDie Einmalzahlung soll nicht auf die Versorgungsbezüge angerechnet werden. Laut Gesetzentwurf erhalten Beamte der Besoldungsgruppe A3 bis A8 einmalig 600 Euro, die Besoldungsgruppen A9 bis A12 bekommt 400 Euro und die Beschäftigten in der Besoldungsgruppe A13 bis A15 eine Sonderzahlung von 300 Euro.
Empfänger von Leistungen nach dem Wehrsoldgesetz erhalten – entsprechend ihrer besoldungsrechtlichen Zuordnung – eine Sonderzahlung in Höhe von 600 Euro.
Die Kosten beziffert das Innenministerium im laufenden Jahr auf 150 Millionen Euro.
2. Rechnungshof kritisiert Überkapazitäten in Kliniken
Der Bundesrechnungshof sieht gravierende Mängel im Krankenhauswesen. „Es bestehen Doppelstrukturen, zu wenig Spezialisierung und partiell sind Mengenausweitungen zu beobachten“, heißt es in einem Bericht der Bonner Behörde an den Haushaltsausschuss des Bundestages, der uns vorliegt.
In Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung finden vielfach komplexe Eingriffe statt, die spezialisierten Einrichtungen vorbehalten sein sollten. 40 Prozent der Krankenhäuser verzeichnen Verluste, für über ein Zehntel besteht erhöhte Insolvenzgefahr.
Laut Rechnungshof werden Möglichkeiten, die übermäßige Inanspruchnahme teurer stationärer Behandlungen zu reduzieren und die Versorgung stärker in die ambulante Versorgung zu verlagern, bislang nicht ausgeschöpft.
„Bundesweit gibt es keine einheitlichen Maßstäbe, aus denen sich herleiten lässt, inwieweit in der stationären Versorgung eine Über- oder Unterversorgung besteht.“ Vielerorts gebe es personelle Engpässe bei Ärzten und in der Pflege, „weil Personal auch in unwirtschaftlichen Einrichtungen gebunden wird“.
© dpaJährlich fehlen vier Milliarden Euro für Investitionen
Aus Sicht der Rechnungsprüfer kommen die Länder ihrer Verpflichtung nicht ausreichend nach, die Kliniken zu steuern und ihre Investitionen zu finanzieren. Jährlich würden vier Milliarden Euro für die Krankenhäuser fehlen.
„Insoweit sehen sie sich zunehmend veranlasst, alternative Finanzierungsquellen zu erschließen“, heißt es in dem Bericht. „In großem Umfang verwenden sie Erlöse aus den von den Krankenkassen geleisteten Fallpauschalen, um Investitionskosten zu decken.“
Der Rechnungshof fordert eine grundlegende Reform:
Die Krankenhausplanung sollte strikt am medizinischen Bedarf der Bevölkerung ausgerichtet sein sowie die demografische Entwicklung und Effekte des medizinischen Fortschritts berücksichtigen.
Fazit: Kapazitäten in den Kliniken sollten ab-, um- und neugebaut, eine „Mindestinvestitionsquote“ eingeführt werden.
3. Deutschlands neue Rolle im transatlantischen Bündnis
Am frühen Donnerstagmorgen zeichnet sich ein Wahlsieg von Joe Biden ab, nur noch sechs Wahlleute fehlen dem demokratischen Bewerber laut Fox News. Die Bundesstaaten Nevada, Pennsylvania, North Carolina und Georgia sind noch nicht ausgezählt.
Bei der Wahl-Nachlese an Bord der Pioneer One gestern Abend hatte der frühere Kampagnenberater Julius van de Laar und Pioneer-Podcast-Gastgeber Julius van de Laar diese Entwicklung vorhergesehen. Die Vielzahl der Briefwählerstimmen, die in den Staaten des Rust Belts, der früheren Industrieregion im Nordosten der USA, noch ausgezählt werden müssen, dürften "zu 60 bis 80 Prozent an die Demokraten gehen", sagte der Wahlexperte.
Gordon Repinski, Julius van de Laar und Chelsea Spieker (v.l.) © Anne HufnaglVan de Laar, ThePioneer-Herausgeber Gabor Steingart, Vizechefredakteur Gordon Repinski und Podcast-Host Chelsea Spieker hatten spannende Persönlichkeiten aus der deutsch-amerikanischen Community an Bord der Pioneer One geladen.
Das Ergebnis noch ungewiss, schauten viele Gäste nach vorne und skizzierten die Vision eines selbstbewussten Europa, das seine eigenständige Rolle im transatlantischen Bündnis finden müsse. Auch mit einem Präsidenten Biden.
Peter Beyer, Transatlantik-Beauftragter der Bundesregierung, mahnte ein stärkeres sicherheitspolitisches Engagement an und erinnerte daran, dass die Forderung der US-Amerikaner nach höheren Ausgaben in der Nato berechtigt sei. Der CDU-Parlamentarier warnte vor einer "rosaroten Brille" bei der Betrachtung der Agenda von Joe Biden.
Wir haben ziemlich taffe Themen auf dem Tableau. Von der Sache her wird es nicht leichter.
Der frühere Wehrbeauftragte des Bundestages, ThePioneer-Kolumnist Hans-Peter Bartels, verwies darauf, dass es eine "sicherheitspolitische Wende" längst gebe.
"Seit 2014, seit der Annexion der Krim ist kollektive Verteidigung in Europa doch wieder ein Thema. Das hat eher mit Wladimir Putin zu tun als mit Donald Trump."
Frank Sportolari, Deutschland-Chef von UPS und Präsident der American Chamber of Commerce, forderte eine eigenständige europäische Wirtschafts- und Handelspolitik - denn auch Joe Biden würde an der interessengeleiteten Handelspolitik festhalten, so Sportolari.
Martin Richenhagen, CEO des weltgrößten Landmaschinenherstellers AGCO, wohnhaft in dem US-Bundesstaat Georgia, gab in dem Gespräch mit Gabor Steingart Einblicke in die Psyche des Donald-Trump-Wählers.
Man wollte jemanden haben, der aufräumt, der wie ein Panzer durch Washington fährt und alles niederwalzt. Nur hat der nie darüber nachgedacht, was er aus den Trümmern machen will.
Aber er erklärte auch, warum es dieses Mal für Trump nicht reichen könnte. Viele der Industriearbeiter und Landwirte, die 2016 Trump gewählt hatten, seien Opfer der radikalen Handelspolitik geworden. Deshalb habe Biden einige der Swing States gewinnen können. “Donald Trump überschätzt sich tendenziell immer.”
Sudha David-Wilp, New Yorker Politikwissenschaftlerin beim German Marshall Fund in Berlin, versuchte die Bedenken gegenüber einer wochenlangen juristischen Zerreißprobe in den USA zu zerstreuen und mahnte ein demokratisches Grundvertrauen in die USA an.
Der demokratische Prozess ist lebendig und vital. Die Stimmen werden gezählt. Tief Luft holen und auf die Auszählung warten.
Einen Bericht zu dem inspirierenden deutsch-amerikanischen Abend mit O-Tönen aus allen Gesprächen finden Sie hier.
Die Bundesländer haben die Schließungen der Gastronomiebetriebe und Restaurants (Ausnahmen Kantinen und Mensen sowie Möglichkeit des Außer-Haus-Verkaufs) und das Verbot für touristische Übernachtungen im Lockdown-Monat November in Landesrecht umgesetzt und entsprechende Verordnungen beschlossen.
Auch Thüringen, das bei der Ministerpräsidenten-Konferenz mit der Bundeskanzlerin am 28. Oktober eine abweichende Erklärung abgab, will sich nun doch den Maßnahmen beugen. Das geht aus einer Übersicht des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages hervor.
Wie geht es weiter mit der Nato in einer neuen Weltordnung? Das will das Militärbündnis mit der Münchner Sicherheitskonferenz und jungen Führungskräften der transatlantischen Community diskutieren.
Das digitale Gipfeltreffen NATO 2030 Youth Summit am 9. November wird von 15.30 Uhr bis 18.45 Uhr auf der Website der Münchner Sicherheitskonferenz hier übertragen.
Eine Video-Botschaft senden unter anderem Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Kanadas Premier Justin Trudeau und US-Außenminister Mike Pompeo.
© ThePioneerAuf - In der US-Administration von Donald Trump hat man nie vergessen, dass der damals amtierende Außenminister Deutschlands, Frank-Walter Steinmeier, 2016 den Präsidentschaftskandidaten Trump einen "Hassprediger" nannte. Die Beziehungen der Bundesregierung zur späteren US-Regierung belastete dies. Kanzlerin Angela Merkel weiß, dass öffentliche Kommentare zu den Wahlen in befreundeten Demokratien eher nach hinten losgehen. Während Finanzminister Olaf Scholz, FDP-Chef Christian Lindner und Noch-CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gestern über Trumps erste Nach-Wahl-Aussagen schimpften, schwieg Merkel. Man weiß ja nie. Diplomatie bedeutet auch mit autokratischen und unflätigen Politikern auskommen zu müssen. Und im Zweifel: den Mund halten. Merkel ist deshalb unsere Aufsteigerin.
Ab - Das Gegenteil der Merkel'schen Zurückhaltung zeigte der slowenische Regierungschef Janez Jansa. Die EU hatte intern Geschlossenheit und Ruhe als Marschrichtung ausgegeben, doch der Slowene erklärte gestern Früh auf Twitter Donald Trump zum Sieger. Dabei war der Ausgang noch völlig offen. Es sei doch "völlig klar", dass die amerikanischen Wähler Trump gewählt hätten, so der Regierungschef des kleinen EU-Staates. Klar ist indes nur, dass diese Aktion Europa, Slowenien und Jansa selbst maximal geschadet hat.
Wieso kann eigentlich jemand Präsident oder Präsidentin der wichtigsten und größten Volkswirtschaft der Welt werden, wenn er (oder sie) weniger Stimmen bekommt als der Herausforderer? Diese so drängende wie irritierende Frage an das US-Wahlsystem wirft Tagesspiegel-Herausgeber Stephan-Andreas Casdorff in seinem Kommentar auf. Eine Änderung des Wahlrechts wäre notwendig, und sie ist auch möglich, schreibt der Journalist hier.
Nostalgie ist kein Zukunftsmodell und Geschichte lässt sich nicht wiederholen. Das transatlantische Bündnis braucht einen inhaltlichen Neustart und konkrete Themen, die beide Seiten gemeinsam angehen wollen. Der Chef der Atlantikbrücke, Sigmar Gabriel, und der frühere US-Botschafter in Deutschland, John Emerson, haben einige aufgeschrieben. Hier geht's zu dem lesenswerten Text.
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Heike Brehmer, CDU-Bundestagsabgeordnete, 58
Lars Haider, Chefredakteur Hamburger Abendblatt, 51
Alexander Graf Lambsdorff, FDP-Bundestagsabgeordneter, 54
Die Führung der SPD-Bundestagsfraktion ringt um die Nachbesetzung des Postens des Bundestagsvizepräsidenten. Der Vorsitzende Rolf Mützenich und der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Carsten Schneider wollen unseren Informationen zufolge nun bei der nächsten Sitzung des geschäftsführenden Fraktionsvorstands am 16. November, die Bundestagsabgeordnete Dagmar Ziegler als Nachfolgerin für den verstorbenen SPD-Politiker Thomas Oppermann nominieren.
© dpaDie 60 Jahre alte, in Leipzig geborene Parlamentarierin ist Geschäftsführerin der Fraktion, Sprecherin des Seeheimer Kreises und wäre das erste Gesicht aus dem Osten in dieser Funktion für die SPD. Interner Widerstand kommt von NRW-Abgeordneten, die Ulla Schmidt nominieren wollen. Die 71-jährige frühere Bundesgesundheitsministerin musste 2017 Oppermann den Vorzug lassen. Beide, Ziegler und Schmidt, haben angekündigt, 2021 nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren.
© ThePioneerAuch die Linken haben ihren Bundesparteitag wegen der Corona-Pandemie absagen müssen. Die Vorsitzende Katja Kipping hat das zum Anlass genommen, generell einen neuen digitalen Schub in der Politik zu verlangen. Die politische Willensbildung müsse in Zeiten von Corona neue Wege finden, schreibt sie in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau.
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