Der deutsche Volkskongress

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© ThePioneer

Guten Morgen,

herzlich willkommen zum Campaign Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Der nächste Bundestag wird so groß und so teuer wie nie zuvor. In den Fraktionen wird der Ruf nach einer ambitionierten Wahlrechtsreform immer lauter. Wir haben die Details.

  • Die Regierung warnt vor "digitaler Sorglosigkeit" und will an diesem Mittwoch eine neue Cybersicherheitsstrategie beschließen. Uns liegt das Dokument aus dem Bundesinnenministerium bereits vor.

  • Bei der CSU stehen beim Parteitag Ende der Woche wichtige Veränderungen an. Wir sagen, welche.

Der deutsche Volkskongress

Es war die 239. Sitzung dieses 19. Deutschen Bundestages: Keine drei Wochen vor der Bundestagswahl trafen die drei Kanzlerkandidaten am Dienstag noch einmal aufeinander. Kanzlerin Angela Merkel hielt ihre mutmaßlich letzte Rede unter der Reichstagskuppel.

Jetzt geht der Blick nach vorn!

In weniger als sieben Wochen - am 26. Oktober - kommt der 20. Deutsche Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Das Parlament dürfte dann so viele Mandate zählen wie nie zuvor.

Nach dem Volkskongress in China sichert sich der Bundestag seinen Platz als zweitgrößtes Parlament der Erde.

Das Portal mandatsrechner.de, das eine wochenaktuelle Prognose für die Verteilung der Direktmandate kombiniert mit Umfragen zur Zweitstimmenverteilung, geht auf Grundlage einer Forsa-Umfrage von 936 Abgeordneten aus.

Rund 340 davon kämen demnach über Überhang- und Ausgleichsmandate ins Parlament - die gesetzliche Größe liegt bei 598 Sitzen.

© dpa

Es wäre eine Rekord-Volksvertretung - die auch einen Kostenrekord brechen dürfte.

Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahlers, die uns vorliegen, würden zwischen 2022 und 2025 bei einem Bundestag mit 800 Abgeordneten zusätzliche Kosten von 605 Millionen Euro entstehen. Bei 900 Mandaten wären es 905 Millionen Euro zusätzlich, bei 1.000 werden die entstehenden Zusatzkosten auf gut 1,2 Milliarden Euro veranschlagt.

Berücksichtigt sind hier allein die sogenannten mandatsbedingten Kosten, unter anderem Diäten, Kostenpauschalen und Mitarbeiter-Budgets. Nicht eingerechnet sind Extra-Ausgaben für Büroräume und IT-Ausstattung.

Eine Infografik mit dem Titel: Mehrkosten XXL-Bundestag

Mehrkosten eines XXL-Bundestages in den Jahren 2022 bis 2025, gegenüber der gesetzlichen Soll-Größe von maximal 598 Abgeordneten, in Millionen Euro

Mehrere Anläufe für eine große Wahlrechtsreform, die eine weitere Aufblähung des Parlaments verhindert hätte, sind in den letzten Jahren gescheitert.

Nur eine Mini-Reform schaffte es ins Gesetzblatt: Die sieht vor, dass die Zahl der Wahlkreise bei der folgenden Bundestagswahl - voraussichtlich im Jahr 2025 - verringert werden soll - von 299 auf 280.

Darüber hinausgehende Vorschläge soll eine bereits eingesetzte Kommission aus Abgeordneten und Experten erarbeiten - bis Juni 2023.

Ein Zwischenbericht soll wenige Tage nach der Bundestagswahl präsentiert werden.

Tatsächlich wird der Ruf nach einer ambitionierten Reform immer lauter.

Carsten Schneider, SPD-Geschäftsführer im Bundestag. © dpa

Carsten Schneider, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, sagte uns, dass "zu Beginn der nächsten Wahlperiode die notwendige weitere Diskussion aufgenommen werden kann und weitere Änderungen zügig beraten und beschlossen werden können“.

Marco Buschmann, Fraktionsgeschäftsführer der FDP, macht Druck:

900 Abgeordnete oder mehr - das wird den Bundestag in seiner Funktionsfähigkeit weiter beinträchtigen und das Ansehen in der Bevölkerung nachhaltig beschädigen.

Linken-Geschäftsführer Jan Korte erinnert an eine Idee, die seine Fraktion gemeinsam mit FDP und Grünen vorgelegt habe:

Unser Vorschlag hat gleich starke Einschnitte bei allen Parteien vorgesehen.

Das aber habe die große Koalition abgelehnt.

Teil des Konzepts der Oppositionsfraktionen war eine Reduzierung auf 250 Wahlkreise.

„Diesen Vorschlag halte ich nach wie vor für die beste Grundlage, um zu einer fairen, verfassungsgemäßen und tatsächlich wirksamen Reform zu kommen“, sagte uns Britta Haßelmann, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen.

Das Parlament gerät an seine Grenze - gerade in Corona-Zeiten. Alle Parlamentarier im Plenarsaal und dazu noch die Abstandsregeln einhalten - das ist bereits mit den aktuell 709 Abgeordneten nicht möglich.

Nun soll die konstituierende Sitzung des neuen Bundestages nicht im Reichstagsgebäude stattfinden, sondern im weitläufigen Atrium des nahegelegenen Paul-Löbe-Hauses.

Der Bundestagskomplex in Berlin. © Imago

Fehlende Räume im Bundestag waren zuletzt eine der größten Herausforderungen für die Parlamentsverwaltung.

Gleich nach der Wahl am 26. September beginnt das Ringen zwischen den Fraktionen um Büros und Sitzungssäle.

Ende des Jahres soll immerhin der Luisenblock-West fertig sein. Der eilig aus Fertigmodulen errichtete 70-Millionen-Euro-Bau zwischen Bundespressekonferenz und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus hat Platz für 400 weitere Büros.

1. Cyberstrategie: Regierung warnt vor „digitaler Sorglosigkeit“

Die Bundesregierung warnt vor „digitaler Sorglosigkeit“ im Netz und setzt sich zum Ziel, die Zahl der privaten Opfer von Cyber-Attacken zu senken.

Das geht aus der neuen Cybersicherheitsstrategie hervor, die ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner vorliegt und die an diesem Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden soll.

Eine Infografik mit dem Titel: Der Cyber-Krimi und seine Kosten

Median der für Unternehmen anfallenden Kosten durch Cyberattacken in ausgewählten Ländern, in US-Dollar

Wörtlich heißt es in dem Dokument:

Das Bewusstsein für sicheres Verhalten im Cyberraum ist bei allen Nutzenden, von Bürgerinnen und Bürgern über kleine wie große Unternehmen bis hin zu allen staatlichen Stellen zentrale Voraussetzung für den Schutz vor Cyberrisiken und digitaler Sorglosigkeit.

Laut Vorlage müssten Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft widerstandsfähiger gegenüber den Cyber-Gefahren werden - das soll durch Aufklärung und Informationsangebote erreicht werden, bei Privatpersonen unter anderem mit Hilfe des sogenannten Digitalführerscheins.

Für die Wirtschaft sieht die Regierung erhöhte Risiken.

„Die hohe und stetig wachsende Durchdringung aller Lebensbereiche durch IT, verbunden mit der Schnelllebigkeit des Marktes, fehlenden Standards und teilweise auch schlechtem Design“ habe das Risiko größerer Schäden oder Störungen bewirkt:

„Auch ist die absolute Zahl der erfassten Cyberangriffe in den letzten Jahren durchgängig angestiegen.“

2. Corona-Effekt bei den Sozialabgaben

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sorgen im kommenden Jahr dafür, dass Gutverdiener von höheren Abgaben für Gesundheit und Pflege verschont bleiben.

Die Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung bleibt 2022 bei bundeseinheitlich 4.837,50 Euro Euro pro Monat.

Hubertus Heil © dpa

Das geht aus dem Entwurf der „Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2022“ des Bundesarbeitsministeriums hervor, der uns vorliegt

Die einschlägigen Rechengrößen für die Sozialversicherungen werden alljährlich an die Lohnentwicklung des zurückliegenden Jahres angepasst.

Für 2020 berücksichtigt das Bundesarbeitsministerium ein - durch Corona bedingtes - Lohnminus in Höhe von 0,15 Prozent.

Die Versicherungspflichtgrenze bleibt im kommenden Jahr bei einem Jahreseinkommen von 64.350 Euro. Wer mit seinem Einkommen über dieser Grenze liegt, kann sich bei einer privaten Krankenversicherung versichern.

In der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung sollen 2022 bis zu einem Betrag von monatlich 7.050 Euro (West) beziehungsweise 6.750 Euro (Ost) Beiträge fällig werden.

3. Gratis Corona-Tests für 12- bis 17-Jährige nur noch bis Ende November

Jens Spahn © Anne Hufnagl

Kostenlose Corona-Tests soll es für 12- bis 17-Jährige nur noch bis Ende November geben. Das geht aus einem Entwurf zur Änderung der Testverordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hervor, der uns vorliegt.

Ab Dezember sind Corona-Tests für Kinder nur noch dann kostenlos, wenn diese das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für diese Gruppe gibt es „weiterhin keine generelle Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission“.

Die Verordnung soll am 11. Oktober in Kraft treten. Unbefristet gratis sind Corona-Tests ab diesem Zeitpunkt nur noch für alle, „die aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können“.

4. Bundesregierung ohne Kenntnisse über Afghanistan

Handyaufnahmen aus Kabul zeigen, wie viele Menschen sich um einen Weg aus Afghanistan heraus kämpfen. © Schweppe/ThePioneer

Die Bundesregierung hat wenige Tage nach dem Ende der Evakuierung in Afghanistan kaum noch Kenntnisse über die Entwicklung der Sicherheitslage vor Ort.

"Die Lage in Gesamtafghanistan lässt sich angesichts fehlender eigener Quellen und der Geschwindigkeit der Veränderungen kaum noch bewerten", schreibt das Verteidigungsministerium in einem Bericht aus den Einsatzgebieten, der uns vorliegt.

Weiter heißt es:

Zusätzlich erschwert wird die Beurteilung der Lage durch die von den Taliban vorgenommene Teilabschaltung von Mobilfunknetzen.

Es könne durch eigene Quellen nicht verifiziert werden, ob die Taliban – entgegen ihren Zusicherungen "weiterhin Verfolgungen, Verhaftungen, Folter und Hinrichtungen durchführen".

5. US-Depesche beschäftigt Verteidigungsausschuss

Nach der dramatischen Evakuierung von Kabul hat der Verteidigungsausschuss die zuständige Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Dienstag mehr als die angesetzten zwei Stunden lang befragt.

Auch, weil Brigadegeneral Jens Arlt, der die deutsche Luftbrücke leitete, ausführlich von seinen Erlebnissen und denen der Truppe berichtete.

Kramp-Karrenbauer musste aber auch deshalb länger im Ausschuss bleiben, weil es Ärger um eine vertrauliche Depesche der deutschen Botschafterin in Washington gibt:

Darin soll Emily Haber Berlin frühzeitig über Bewegungen der Amerikaner hinsichtlich des finalen Abzugs aus Afghanistan informiert haben. Dennoch wurde die deutsche Botschaft in Kabul sehr spät evakuiert, wie mehrere Medien rekonstruierten.

Am Dienstagabend kam Kramp-Karrenbauer wegen des Termins im Bundestag so zu spät zu ihrer eigenen Rede am Pariser Platz, wo sie zur Eröffnung des neuen Europabüros vom Thinktank IISS (International Institute for Strategic Studies) sprechen sollte.

Mit Blick auf den Ausschuss sagte sie, die Debatte dort sei wichtig, vieles aber wohl "auch dem Wahlkampf geschuldet".

FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann geht dagegen von einem Afghanistan-Untersuchungsausschuss aus.

Sie sagte uns:

„Wenn das Auswärtige Amt weiterhin mauert in dieser Angelegenheit und die Depesche nicht offenlegt, dann behalten wir uns vor, die Botschafterin in einem kommenden Untersuchungsausschuss des Bundestags selbst vorzuladen.“

Kramp-Karrenbauer hatte nach dem Ausschusstermin kein Statement abgegeben. Bei der Veranstaltung, die unser Reporter Christian Schweppe verfolgte, sagte sie nur:

Die Bundesregierung hat nicht schon zehn Tage vorher von Evakuierungsplänen der USA gewusst.

Die CSU bekommt neue Schatzmeister. Beim Parteitag Ende dieser Woche in Nürnberg soll der Bundestagsabgeordnete Sebastian Brehm gemeinsam mit Hans Reichhart in das Amt gewählt werden. Der 39-jährige ist Landrat in Günzburg.

Brehm und Reichhart folgen auf Thomas Bauer und Katrin Albsteiger, die bisher über die Finanzen der Christsozialen wachten. Die 37-jährige Albsteiger, Oberbürgermeisterin in Neu-Ulm, soll stellvertretende CSU-Vorsitzende werden.

Die SPD startet mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz am Donnerstag die dritte und finale Phase der Plakatkampagne. Die Kampagne soll weiter auf den Kandidaten personalisiert werden, die Plakate sind bereits im August in den Druck gegangen.

Die Präsentation macht Generalsekretär Lars Klingbeil gemeinsam mit dem Vorsitzenden der NRW-SPD Thomas Kutschaty und dessen Generalsekretärin Nadja Lüders in Düsseldorf.

Heute reist Unionskanzlerkandidat Armin Laschet nach Paris zu Emmanuel Macron. Am Donnerstag spricht der CDU-Chef bei der Klausurtagung der EVP-Fraktion in Berlin. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Kanzlerin Angela Merkel sind zu Gast bei der Klausurtagung der konservativen Gruppe des Europäischen Parlaments.

Auch die Regierungschefs Andrej Plenkovic aus Kroatien und Bundeskanzler Sebastian Kurz aus Österreich sowie der spanische Konservative Pablo Casado kommen nach Berlin. Gastgeber ist der deutsche EVP-Fraktionschef Manfred Weber.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz war bereits am Montag beim französischen Präsidenten, inklusive staatstragender Fotos aus dem Präsidentenpalast. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock verzichtet dagegen auf einen Macron-Besuch.

Nach der Anmeldung Scholz‘ und Laschets in Paris sei die französische Botschaft in Berlin auf Baerbock zugekommen und habe ihr angeboten, von Präsident Macron nach Paris eingeladen zu werden, erfuhren wir aus Grünen-Kreisen. Doch Baerbock habe abgelehnt.

Annalena Baerbock © dpa

Für einen Fototermin mit Macron nach Paris zu fliegen, sei „nicht der Stil“ Baerbocks, heißt es aus ihrem Umfeld. Der Draht zu Präsident Macron sei bereits gut.

Damit unternimmt Baerbock im Wahlkampf keinen Auslandsbesuch. Die Idee, in die USA zu fliegen, zerschlug sich. Wegen der Corona-Pandemie entfiel auch ein Brüssel-Besuch; Baerbock sprach mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen per Video.

Wahlkreis 102 - Wuppertal I: Helge Lindh vs. Caroline Lünenschloss

In 299 Wahlkreisen bewerben sich Kandidatinnen und Kandidaten für ein Direktmandat im Deutschen Bundestag. Von Flensburg-Schleswig, dem Wahlkreis 1, bis Homburg, der Nummer 299, geht es mal knapper und mal deutlicher, mal prominenter und mal unbekannter zu.

Bis zur Bundestagswahl stellen wir rund 40 Wahlkreise vor, auf die es zu achten lohnt. Weil es knapp ist, weil Prominente antreten oder ein Swing bevorsteht.

Heute werfen wir einen Blick in eine sozialdemokratische Hochburg - in den Wahlkreis Wuppertal I.

© ThePioneer

Der Wahlkreis 102 umfasst den nördlichen Teil der Stadt Wuppertal. Rund 210.000 Wahlberechtigte leben hier. 2017 lag die Wahlbeteiligung bei 72,1 Prozent.

Bei der letzten Bundestagswahl gewann SPD-Kandidat Helge Lindh das Direktmandat mit 31,5 Prozent der Erststimmen knapp gegen Rainer Spiecker von der CDU (29,6 Prozent).

Lindh tritt in diesem Jahr erneut an und möchte sein Mandat verteidigen. Für die Union tritt die CDU-Fraktionsvorsitzende im Wuppertaler Stadtrat, Caroline Lünenschloss, an. Sie soll den Wahlkreis erstmals seit 1961 wieder für ihre Partei gewinnen.

Bewerben sich um das Direktmandat im Wahlkreis Wuppertal I: SPD-Kandidat Helge Lindh (links) und Caroline Lünenschluss von der CDU. © ThePioneer

Nach aktuellen Prognosen von election.de hat Lindh sehr gut Chancen, erneut direkt in den Deutschen Bundestag einzuziehen. Lünenschloss schreibt die Webseite im Rennen um die meisten Erststimmen nur Außenseiterchancen zu.

Helge Lindh und Caroline Lünenschloss haben von uns jeweils identische Fragebögen erhalten. Hier sind die Antworten in unserem ThePioneer-Battleground.

Der Mandatsinhaber

Möchte sein Direktmandat im Wahlkreis Wuppertal I verteidigen: SPD-Kandidat Helge Lindh. © Christoph Busse

Wer bin ich? Helge Lindh, 44, Bundestagsabgeordneter, mein Beruf ist auch mein größtes Hobby (traurig, aber wahr).

Wo wohne ich? Im schönen Wuppertal-Barmen, an der Grenze zu Wuppertal-Unterbarmen. Buchstäblich vor der Tür wurden der industrielle Kapitalismus und der Sozialismus von Engels geboren.

Was zeichnet mich aus? Humor, Selbstironie (manchmal allzu viel), Zuneigung zu meinem Gegenüber, Unbeirrbarkeit und unbändige Neugierde, die Methode Akzeptanz durch Penetranz bei Behördenkämpfen.

Lieblingsort im Wahlkreis: Wuppertal hat unzählige Grünanlagen, in die man sich unserer Stadt verlieben kann. Der Belvedere-Park, direkt an der Nordbahntrasse, geschaffen durch die ehrenamtliche Wuppertalbewegung, behütet vom unnachahmlichen Herrn Catterfeld, ist der jüngste und mir aktuell der liebste.

Meine analoge Wahlkampf-Strategie: Persönlicher Kontakt. Ansprechbar sein, zuhören, handeln. Neben Hausbesuchen und der direkten Aussprache mit Mikro in der Fußgängerzone bin ich rastlos in der Stadt unterwegs: Auf Nachbarschaftsfesten, auf Kulturveranstaltungen und Festivals, an Infoständen und natürlich in meinem Büro.

Meine digitale Wahlkampf-Strategie: Meine Handynummer habe ich im Wahlkampf 2017 öffentlich gemacht und seitdem nicht geändert. Ich bin für jede Wuppertalerin und jeden Wuppertaler telefonisch und Messenger-Dienste erreichbar. Auf meinen Social Media-Kanälen läuft der Wahlkampf unter dem Hashtag #menschhelge.

Bestes Give-Away: Nichts kann den Kugelschreiber toppen. Diesmal sind sie aus Recycling-Papier hergestellt. Nicht zu vergessen aber ein besonders zeitloses Tool, Schrecken der Discounter: der Einkaufschip.

Mein politisches Thema: Bestmöglicher direkt gewählter Abgeordneter sein, also Universalist. Besonders treiben mich in der fachlichen Arbeit um: Demokratie, Innere Sicherheit, Migrations- und Asylpolitik, Rassismus/Antisemitismus, Kulturpolitik.

Als erstes ändere ich: Eine Kindergrundsicherung wird eingeführt. In Wuppertal wächst jedes dritte Kind in Armut auf, das ist eine der größten Ungerechtigkeiten in unserer Stadt und muss endlich beseitigt werden.

Wunsch-Koalition: Eine Koalition unter Führung der SPD und einem Kanzler Olaf Scholz.

Mein Slogan: "Mein Lobbyismus heißt Kümmern. Um Wuppertal.“

Größte Stärke meiner Konkurrentin: Caroline Lünenschloss ist in vielen ihrer Positionierungen weiter als ihre Partei. Außerdem wird unter den Jusos in Wuppertal gemunkelt, dass man mit ihr gut feiern kann.

Größte Schwäche meiner Konkurrentin: Partei- und persönliches Programm fallen zu oft auseinander.

Auf diesen Termin habe ich mich gefreut: Der Besuch von Olaf Scholz am 14. August liegt ganz weit vorne. Ich bin überzeugt, dass das der Wendepunkt der SPD-Kampagne war. Seit Olaf Scholz‘ Besuch in Wuppertal ging es in den Umfragen steil nach oben. Das kann kein Zufall sein.

Die Herausfordererin

Bewirbt sich um das Direktmandat im Wahlkreis Wuppertal I: CDU-Kandidatin Caroline Lünenschloss. © Seel Photodesign

Wer bin ich? Ich bin Caroline Lünenschloss, 28 Jahre alt und gelernte Kfz-Mechatronikerin und Assistentin der Geschäftsleitung im Familienunternehmen. Meine aktuell wenige Freizeit verbringe ich am liebsten mit Freunden im Luisenviertel oder auf der Nordbahntrasse.

Wo wohne ich? In Wuppertals schönstem Stadtteil - Katernberg.

Was zeichnet mich aus? Mein großer Einsatz für meine Ideale und meine Fähigkeit, meine eigenen Interessen für die Sache zurückzustellen.

Lieblingsort im Wahlkreis: Die Nordbahntrasse.

Meine analoge Wahlkampf-Strategie: Ich mache eine Wahlkreistour mit meinem "Carovan" (dem Kampagnen-Wohnmobil). Damit versuche ich mit so vielen Menschen wie möglich ins Gespräch zu kommen - 24 Stunden im Stadtteil, mit Haustürwahlkampf, Ständen und dem Besuch verschiedener Veranstaltungen.

Meine digitale Wahlkampf-Strategie: Als Team erstellen wir eine Infokampagne auf TikTok. Videos zu den Themen "Wie geht Briefwahl?", "Was macht eigentlich der Bundestag?" und "Was ist eigentlich eine Erststimme?" sollen dabei besonders jungen Menschen das Verständnis von Politik und der Wahl erleichtern. Natürlich bin ich auch auf Instagram und Facebook aktiv.

Bestes Give-Away: CDU-Kekse und Fan-Shirts für das "Team Lünenschloss".

Mein politisches Thema: Ich bin Wirtschafts- und Sozial-Politikerin. Was wir ausgeben, müssen wir vorher durch realitätsnahe Wirtschaftspolitik einnehmen. Ich will, dass "Made in Germany“ auf der ganzen Welt nicht nur für Qualität, sondern auch für Nachhaltigkeit und Klimaschutz steht. Außerdem ist mir wichtig, dass psychische Erkrankungen weniger stigmatisiert werden und die Behandlung verbessert wird.

Als erstes ändere ich: Ich setze mich zuerst für ein Verständnis für psychische Gesundheit in meiner Fraktion und dann in den Koalitionsverhandlungen für verbindliche Ziele ein. Wir brauchen eine Informations- und Entstigmatisierungskampagne, eine Erneuerung der Grenze von Kassenzulassungen für Therapeuten und verbindliche Versicherungsmöglichkeiten für Erkrankte.

Wunsch-Koalition: Absolute Mehrheit für Armin Laschet und die Union - Man wird ja noch träumen dürfen. Ansonsten wollte ich schon immer mal Urlaub in Jamaika machen ;-)

Mein Slogan: "Zukunft für alle gestalten."

Größte Stärke meines Konkurrenten: Mein Konkurrent ist omnipräsent. Egal was in Wuppertal stattfindet - Helge ist da.

Größte Schwäche meines Konkurrenten: Fehlende Themenvielfalt und ein zu geringes Verständnis für Wirtschaftspolitik.

Auf diesen Termin freue ich mich: Unser NRW-Generalsekretär Josef Hovenjürgen kommt vorbei, um mit mir im Haustürwahlkampf die letzten Unentschlossenen zu überzeugen.

Möchte für die brandenburgische Linke in den Deutschen Bundestag: Anja Mayer. © ThePioneer

Am Anfang des politischen Engagements von Linken-Kandidatin Anja Mayer stand die Rede eines CDU-Politikers. Nach der Auflösung des Bundestages 2005 sagt Bundespräsident Horst Köhler: "Demokratie heißt, die Wahl zu haben zwischen politischen Alternativen. Machen Sie von Ihrem Wahlrecht sorgsam Gebrauch."

Mayer hörte die Ansprache und dachte sich: "Der Mann hat Recht." Damals lebte die heute 41-Jährige in Bayern. Und sie ging nicht nur wählen, sondern trat auch gleich in die WASG ein, die später mit der PDS zur heutigen Linkspartei fusionierte.

16 Jahre später ist Mayer Landesvorsitzende ihrer Partei in Brandenburg und steht vor dem Einzug in den Bundestag. Sie kandidiert im Wahlkreis Prignitz – Ostprignitz-Ruppin – Havelland I und auf Platz 3 der Landesliste.

Als Arzthelferin liegt Mayer die Gesundheitspolitik am Herzen. "Das Gesundheitssystem gehört in staatliche Hand und nicht in die von Privatunternehmen", findet sie. Als Kandidatin im ländlichen Raum könne sie beobachten, wie sich die Versorgung aus der Fläche zurückziehe. Während der ersten und zweiten Welle der Corona-Pandemie meldete sich Mayer freiwillig und arbeitete mehrere Wochen in der Notaufnahme eines Potsdamer Krankenhauses.

Aktuell wohnt Mayer in Potsdam. Bei einer erfolgreichen Kandidatur will sie nicht nach Berlin, sondern in ihren Wahlkreis ziehen - selbst wenn sie über die Liste und nicht als direkt gewählte Abgeordnete ins Parlament kommen sollte. Das Bild, das über ländliche Regionen verbreitet wird, gefällt Mayer nicht:

Ein kleiner Junge hat mal zu mir gesagt: 'Auf dem Land ist viel los, man muss es nur selbst machen.'

Und Mayer würde mit der Linken gerne auch in die Regierung. "Wir hatten in Brandenburg zwei Rot-Rote Regierungen." Das sei zwar immer eine Frage von Kompromissen, aber: "Das Wichtigste ist, in einer Koalition auf Augenhöhe miteinander zu reden. Nur dann kann man eine gemeinsame Idee davon entwickeln, wohin man in Zukunft möchte."

SPD-Chefin Saskia Esken macht Wahlkampf in ihrem Heimatbundesland Baden-Württemberg. Heute nimmt sie an einer Diskussion in Stuttgart teil, morgen Vormittag stellt Esken einen Aktionsplan gegen Kindesmissbrauch in Offenburg vor und reist dann nach Heidelberg. Ko-Chef Norbert Walter-Borjans ist auf Wahlkampftour in NRW und nimmt morgen Vormittag an einem politischen Stadtrundgang mit Verdi in Dortmund teil.

Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, spricht morgen Nachmittag gemeinsam mit ihrem Co-Parteivorsitzenden Robert Habeck auf einer Kundgebung im niedersächsischen Hildesheim. Habeck tritt abends außerdem in Nienburg auf.

CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn und der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, treten heute Abend gemeinsam beim Biergartentalk im niedersächsischen Sehnde auf.

Die Spitzenkandidatin der Linken, Janine Wissler, ist heute Abend mit Gregor Gysi zunächst in Mainz und später in Wiesbaden zu sehen. Ko-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch ist auf Wahlkampftour im brandenburgischen Blankenfelde.

Linken-Spitzenmann Bartsch diskutiert heute Nachmittag um 15 Uhr live bei Welt TV im Wahlduell mit dem Spitzenkandidaten und Parteivorsitzenden der FDP, Christian Lindner.

Abends ist Lindner zu Gast beim Sommerfest seiner Partei in Chemnitz, bevor es morgen mit Wahlkampf im Saarland und in Hessen weitergeht.

Donnerstagmittag hält Lindner eine Rede in Saarbrücken, nachmittags tritt er in Frankfurt am Main auf und abends spricht er gemeinsam mit der hessischen FDP-Vorsitzenden Bettina Stark-Watzinger in Hofheim am Taunus.

In der ARD-Talkshow von Sandra Maischberger treffen heute Abend im Wahlduell der Generalsekretär der CSU, Markus Blume, und die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, Katharina Schulze, aufeinander.

Am Dienstag traf sich der Bundestag zu seiner voraussichtlich letzten Sitzung in dieser Legislaturperiode. Wie bewerten die Hauptstadt-Korrespondenten den Auftritt der Kanzlerin und der Kanzlerkandidaten?

"Das war eine Einladung, zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl das Parlament in eine Wahlkampfarena zu verwandeln. Und niemand schlug sie aus", schreibt dazu der FAZ-Journalist Eckart Lohse. Wie der Leiter der Parlamentsredaktion den verbalen Schlagabtausch analysierte, lesen Sie hier.

Die RND-Korrespondentin und stellvertretende Büroleiterin Kristina Dunz zeigt sich überrascht von der Einmischung Merkels in den Wahlkampf. "Eine große Abschiedsrede hätte es werden können, ein Appell an den Zusammenhalt des Landes in schwierigen Zeiten. Merkel tritt nach 16 Jahren als Bundeskanzlerin nicht wieder an – welches Vermächtnis also wird sie in dieser für die letzte Parlamentssitzung der 19. Legislaturperiode angesetzten "Debatte zur Situation in Deutschland" hinterlassen?, fragt Dunz in ihrem Text. Und gibt die Antwort selbst: "Es wird eine Überraschung. Merkel macht Wahlkampf." Zur Analyse des Schlagabtauschs von unserer Kollegin geht es hier entlang.

Der taz-Kommentator Lukas Wallraff echauffiert sich über den Auftritt Merkels und urteilt, dass die Kanzlerin damit aus der Rolle gefallen sei. "Statt sich öffentlich neutral herauszuhalten, wie sie es noch beim unionsinternen Duell zwischen Armin Laschet und Markus Söder getan hatte, ging Merkel jetzt rhetorisch in die Vollen und stahl damit allen aktuellen Kanz­ler­kan­di­da­t:in­nen die Show", schreibt er. "Ohne Rücksicht auf Verluste für ihren Ruf als seriöse Weltenlenkerin." Sein Text lesen Sie hier.

Die Pioneer Polls ergeben sich durch den Mittelwert der aktuellen Umfragen der Institute Allensbach, Kantar, Forsa, Forschungsgruppe Wahlen, GMS, Infratest Dimap, Insa und YouGov.

Heute gratulieren wir herzlich:

Mark Helfrich, CDU-Bundestagsabgeordneter, 43

Alexander Throm, CDU-Bundestagsabgeordneter, 53

Sandra Weeser, FDP-Bundestagsabgeordnete, 52

Bernie Sanders, US-amerikanischer Politiker und ehem. Präsidentschaftskandidat, 80

Mario Adorf, Schauspieler, 91

Morgen gratulieren wir:

Laura Hofmann, Grünen-Fraktionssprecherin in Berlin, 31

Jens Zimmermann, SPD-Bundestagsabgeordneter, 40

Melanie Huml, Bayerische CSU-Staatsministerin für Europaangelegenheiten, 46

Harald Martenstein, Journalist und Autor, 68

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