herzlich willkommen zur neuen Ausgabe unseres Wochenend-Updates aus dem Hauptstadt-Team.
Wir berichten an dieser Stelle über das Wichtigste aus der Berliner Republik und empfehlen Ihnen wieder frische Texte und Töne aus unserer journalistischen Pioneer-Familie.
Los geht's!
Der Eklat, der keiner war
Die Meldungen waren zunächst dramatisch: Der Kanzler sei am Freitagmorgen noch im Verteidigungsausschuss gewesen, da habe die FDP bereits aus Protest gegen die dürftigen Aussagen geschlossen den Saal verlassen.
Der verteidigungspolitische Sprecher Marcus Faber stellte sich direkt nach Verlassen des Raumes vor die Kameras der ARD und sagte:
"Leider wurden sehr viele Fragen nicht beantwortet. Deswegen haben wir als Freie Demokraten um kurz nach Neun entschieden, dass wir die Sitzung verlassen."
Doch von einem abgestimmten Protest war bereits kurz danach nicht mehr die Rede - nicht einmal mehr von den anwesenden FDP-Politikern selbst. Was war also geschehen?
Unser Reporter Christian Schweppe beobachtete, wie die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) mittags ein TV-Interview nach dem anderen geben musste, um den Vorgang zu kommentieren.
Strack-Zimmermann sagte klar: „Es gab keinen Eklat." Sie habe zuvor davon gewusst, dass mindestens ein FDP-Kollege wegen eines Anschlusstermins pünktlich würde gehen müssen.
Wie wir erfuhren, war dies Verteidigungsexperte Alexander Müller, der um 9.05 Uhr den Saal des Ausschusses wie geplant verlies, ihm folgte kurz darauf Lars Lindemann. Die Sondersitzung mit Olaf Scholz war bis 9 Uhr angesetzt, sie wurde also weder vorzeitig beendet oder gar abgebrochen.
Müller zu uns auf die Frage, ob das Protest war:
Schwachsinn.
Seine Kollegen seien um etwa 9.10 Uhr, nach den letzten Sätzen des Bundeskanzlers gegangen.
Zu etwa dieser Zeit gab dann Marcus Faber sein Interview.
Keine zwei Stunden später war seine Partei im Alarmmodus, auch wenn man nach außen hin – zumindest mit Blick auf die Koalition – Gelassenheit zu vermitteln versuchte. Intern war der Ärger über Faber groß. Die Sitzung des FDP-Fraktionsvorstandes wurde auf den Mittag vorverlegt. Nach vielen Interviews setzte Strack-Zimmermann prompt zum Sprint Richtung Fraktionssaal an.
© The PioneerFaber kokettierte am Vormittag auf Twitter noch mit dem Vorgang („es wurden übrigens auch keine Gegenstände geworden“). Stunden später dementierte er sich selbst und bot seinen Rücktritt an.
Aus dem Kanzler-Eklat war bestenfalls ein Faber-Eklat geworden. Sein Angebot zum Rücktritt beendete einen chaotischen Tag in Berlin.
Im Hauptstadt Podcast geht es diese Woche um die anstehenden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, bekanntlich das Heimatland von Michael Bröcker. Ich gestehe ihm zu, dass er sich in dem wichtigen Bundesland besser auskennt als wir Niedersachsen.
Im Interview dazu: SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty, der sogar ein paar Vorzüge von Konkurrent Hendrik Wüst benennt.
Außerdem:
Die neusten Pleiten und Pannen von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht
"Ein Satz zu..." mit Mariam Lau von der Zeit
Und noch ein Podcast, denn ich Ihnen dringend ans Herz legen möchte: Mein Kollege Michael Bröcker hat sich mit der Politikerin und Publizistin Marina Weisband über ihre Heimat, die Ukraine unterhalten - und über die politischen und gesellschaftlichen Folgen des Krieges.
Hier geht es zu dem Sonderpodcast:
Lauterbach will Gratis-Corona-Tests auch nach Juni
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will offenbar auch nach dem 30. Juni kostenlose Corona-Tests für die Bürger anbieten. Das habe er bei seinem Besuch im Haushaltsausschuss des Bundestages deutlich gemacht, erfuhren wir von Teilnehmern.
Die FDP in der Ampel-Koalition lehnt das ab. Auch FDP-Finanzminister Christian Lindner will die Kosten für die Gratis-Tests nicht weiter übernehmen. Knapp 1,8 Milliarden Euro muss der Bund bisher pro Monat für die Tests ausgeben. Dies sei nicht weiter finanzierbar, heißt es auch im Finanzministerium.
Dort gilt der SPD-Gesundheitsminister wegen seiner finanziellen Forderungen für weitere Maßnahmen in der Pflege, bei Klinken und in der Gesetzlichen Krankenversicherung als größtes Hindernis für das Einhalten der Schuldenbremse 2023.
Union wirft Lauterbach Zick-Zack-Politik vor
Karl Lauterbach © Anne HufnaglDie Union wirft Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Zick-Zack-Politik vor. „Wir erleben eine Gesundheitspolitik der Volten und Kehrtwenden, ein rastloses Hin- und Her von Ankündigungen und Rückzieher“, heißt es in einem Schreiben von Tino Sorge, Chef-Gesundheitspolitiker der Unionsfraktion, an Lauterbach.
Sorge sagte, es gebe mittlerweile einen Vertrauensverlust bei den Bürgern in der eigenen Koalition und bei betroffenen Institutionen. Lauterbach entziehe sich der Debatte mit dem Parlament: „Seit Antritt der neuen Bundesregierung tagte der Gesundheitsausschuss an 16 Tagen, von denen Sie an gerade einmal 5 Tagen teilnahmen.“
Der CDU-Politiker forderte Lauterbach auf, jetzt die Gesetze auf den Weg zu bringen, „die 2022 wirklich drängen“. Er müsse für die Krankenkassen schnell finanzielle Planungssicherheit schaffen. Für den Herbst sei frühzeitige Pandemie-Vorsorge erforderlich, nicht Panikmache.
Opposition lobt Annalena Baerbock
Die zu Ende gehende Woche ist die womöglich wichtigste Woche in der bisherigen Amtszeit von Annalena Baerbock.
Die Außenministerin war zu Wochenbeginn als erstes Kabinettsmitglied in Kiew. Am Mittwoch warb die Grüne im Bundestag energisch um eine Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes in Mali. Heute endet das G7-Außenministertreffen in Weißenhaus an der Ostsee - und geht am Nachmittag in das Nato-Außenministertreffen in Berlin über.
Im Zentrum der internationalen Krisendiplomatie: Annalena Baerbock.
Die 41-Jährige verschafft sich derzeit viel Respekt im Ausland - von einer "wahren Staatsfrau" schwärmt Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko.
Vitali Klitschko und Annalena Baerbock bei ihrem Besuch in Kiew. © dpaUnd auch aus der Opposition kommt Anerkennung. "Annalena Baerbock leistet nach meiner Einschätzung bislang eine überzeugende Arbeit als Außenministerin", sagte uns der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter.
"Sie trifft den richtigen Ton", so Kiesewetter. Er bescheinigt Baerbock "Empathie und Mitgefühl, wie sie es in der Ukraine zeigte", aber auch die Fähigkeit zu "harten und konfrontativen Gesprächen wie seinerzeit mit dem russischen Außenminister Lawrow in Moskau".
Baerbocks Höhenflug inmitten einer weltpolitischen Großkrise überrascht, schließlich waren nach ihrer missglückten Kanzlerkandidatur die Zweifel an ihrem Können groß. Meine Kollegin Marina Kormbaki geht der Frage nach, worin Baerbocks Wiederaufstieg gründet - und was er für Deutschlands Außenpolitik und Baerbock selbst bedeutet.
Nato-Außenminister für weitere Waffenlieferungen
Beim G7-Gipfeltreffen der Außenminister am Ostseebad Ostholstein am Freitag konnte US-Außenminister Anthony Blinken Corona-erkrankt nicht teilnehmen, doch am Samstagabend will Blinken in Berlin landen und am Sonntag an dem informellen Nato-Außenministertreffen im Auswärtigen Amt teilnehmen.
In Regierungskreisen heißt es, die Außenminister wollten die konkreten weiteren Schritte bei der militärischen Hilfe für die Ukraine und die entsprechende Sprachregelung dazu abstimmen. In der Bundesregierung geht man davon aus, dass weitere schwere Waffen an die Ukraine geliefert werden.
Am Sonntagabend reist Blinken weiter nach Madrid.
"Wenn zwei sich nicht streiten, freuen sich die Grünen", titelt die Süddeutsche Zeitung in ihrer Vorwahl-Analyse zur Wahl in Nordrhein-Westfalen. Hendrik Wüst und Thomas Kutschaty lieferten sich eher ein "Duett als ein Duell um die Macht in NRW", schreiben Jana Stegemann und Christian Wernicke. Und die Grünen profitieren davon. Hier geht es zum Text.
Und noch eigener Sache. Hauptstadt - Das Briefing wird zwei Jahre alt. Das wollen wir feiern. Mit Ihnen!
Schon jetzt, so steht es für Sigmar Gabriel fest, ist Putin selbst der größte Verlierer des eigenen Krieges. Denn die meisten seiner Ziele hat er bereits verfehlt, sogar eher das genaue Gegenteil bewirkt, indem er zum Beispiel die Nato und die EU zusammenschweißte anstatt sie zu spalten.
Russlands Krieg gegen die Ukraine ist nicht der Beginn einer neuen Ära, sondern vielmehr die Folge einer Ära, die zu Ende geht.
Lesen Sie den Artikel hier:
Putins imperialer Wahn hat in vielen Ländern einen politischen Umbruch herbeigeführt – auch in Schweden und Finnland. Für Sie war ein Nato Beitritt jahrelang nur eine mögliche, strategische Entscheidung und wurde nun zum existentiellen Gebot.
Der ehemalige Ministerpräsident Schwedens, Carl Bildt, analysiert welche Auswirkungen eine Norderweiterung der Nato haben würde:
Heute gratulieren wir herzlich:
Dominik Ohlig, Geschäftsführer ProVerbo Public Relations, 46
Am Sonntag, 15. Mai, gratulieren wir herzlich:
Peter Pauls, ehemaliger Chefredakteur Kölner Stadt-Anzeiger, 69
Regina van Dinther, CDU-Politikerin, Landtagspräsidentin a.D., 64
Claudia Roth (Die Grünen), MdB und Staatsministerin für Kultur und Medien, 67
Nina Warken, Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, 43
Hauptstadt Live: Die Pioneer One kommt nach Hamburg
Die Pioneer One ankert bereits in diesen Stunden vor der Elbphilharmonie in der Hansestadt Hamburg - ab heute Abend berichten wir aus dem hohen Norden mit spannenden Panels zu den Fragen der Zeit.
Am Samstag ist Hauptstadt-Tag - im Zeichen der Sicherheitspolitik. Hauptstadt – Das Briefing LIVE heißt die Veranstaltung für Pioneers am Abend, die wir am Samstag, 21.5., um 19:00 Uhr gemeinsam mit unserer Kollegin Marina Kormbaki veranstalten.
Zu Gast wird unter anderem eine Politikerin sein, die klare Worte spricht wie kaum eine andere: FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestags.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann © imagoWenn Sie an einem der Tage dabei sein wollen - hier entlang ist der richtige Weg.
Klick aufs Bild führt zum EventAußerdem wird es wieder unsere Community Cruises geben:
Tickets gibt es hier:
© The PioneerIch wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende.
Herzlichst,
Ihr