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Unsere Themen heute:
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen stellt heute ihre Flüchtlings- und Migrationsstrategie vor. Selbst die renitenten Länder sollen verpflichtet werden, mit anzupacken. Wir sagen vorab, was kommen soll.
Corona befördert die Laisséz-Faire-Mentalität der deutschen Arbeitnehmer? Arbeitsagentur-Chef Detlef Scheele widerspricht CDU-Politiker Friedrich Merz.
Zäsur in der Konrad-Adenauer-Stiftung. Erstmals werden auch Nicht-CDU-Mitglieder aus der Zivilgesellschaft Mitglieder.
Die Drei-Stufen-Lösung
An diesem Mittwoch stellt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Migrationsstrategie für die Europäische Union vor. Es könnte so etwas sein wie die einheitliche, europäische Lösung für die Flüchtlingsfrage, nach der hier in Deutschland spätestens seit 2015 laut gerufen wird und die seit Jahren auf sich warten lässt.
Um es vorweg zu nehmen: ein solches Wunderwerk wird es nicht werden. Aber ein erster Schritt. Wir haben vorab mit mehreren Insidern gesprochen und teilen das Wissen gerne mit Ihnen:
Die wichtigsten Punkte:
Es wird keinen automatischen Verteilmechanismus für Asylbewerber geben - dafür ist der Widerstand aus migrationskritischen Ländern wie Ungarn, Polen oder den baltischen Staaten zu groß.
Stattdessen soll ein dreistufiges System greifen: Ist der Migrationsdruck nach Europa normal und beherrschbar, herrscht Freiwilligkeit bei der Aufnahme. Das zweite Szenario ist eine politisch angespannte Situation wie teilweise aktuell mit der Türkei erlebt. Dann sollen die EU-Länder mehr und gemeinschaftlich anpacken. Auch die Ereignisse aus dem überfüllten Flüchtlingslager auf Moria gehören in diese Kategorie. Der dritte Fall ist der Bürgerkriegs- oder Großkrisenfall: Dann werden alle Länder verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten mitzuhelfen.
Dann greift der sogenannte Solidaritätsmechanismus: Betroffene Mitgliedstaaten bekommen Direkthilfe der EU-Kommission. Als „Ultima ratio" kann die EU-Kommission auf die Verteilung von Migranten bestehen. Das EU-Parlament muss bestätigen.
EU-Außengrenzen: Um dieses Verfahren den Skeptikern vor allem Osteuropas schmackhaft zu machen, soll ein Screening-Verfahren an der europäischen Außengrenze Daten erfassen und den Asylanspruch ausfindig machen.
Wer keine Flüchtlinge aufnehmen will oder kann, muss sich als EU-Mitgliedsstaat anders beteiligen. Eine Möglichkeit sind dabei auch gemeinsame Rückführungen die als Konzept eingeführt und länderübergreifend organisiert werden sollen.
Den großen Wurf landet Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen damit nicht. Aber in einer so heterogenen Gemeinschaft wie der 27er-EU muss man in dieser Frage überhaupt schauen, was möglich ist, sagte uns einer aus der Kommission. Und aus einem europäischen Mitgliedsland hören wir, dass ein europäischer Solidaritätsmechanismus bereits ein Erfolg wäre. Europa bewegt sich in kleinen Schritten. Immerhin.
1. BA-Chef Scheele attackiert Merz in Streit um Kurzarbeit
Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit © dpaDer Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, hat CDU-Politiker Friedrich Merz wegen dessen Äußerungen zur Kurzarbeit scharf kritisiert. Es sei „komisches Zeug, was Merz da redet”, sagte Scheele beim Besuch auf unserem Redaktionsschiff. „Also, ich bin zutiefst davon überzeugt, dass, wenn man von 60 und 67 Prozent - und sei es aufgestockt - leben muss, dass man sofort wieder arbeiten würde, wenn man 100 Prozent Lohn verdienen kann.”
Scheele sagte, von der Krise seien jetzt Menschen betroffen, die nicht mit Lohneinbußen gerechnet hätten.
Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit © dpa„Wenn ein Ehepaar gemeinsam oder ein Paar gemeinsam in Kurzarbeit ist und gerade eine Wohnung gekauft hat, dann kommen die in Probleme”, sagte der BA-Chef. „Das kann sich ein Herr Merz nun nicht vorstellen, weil er die Lebensrealität der Menschen nicht kennt.”
CDU-Kandidat Friedrich Merz hatte kritisiert, in der aktuellen Corona-Krise würden sich zu viele daran gewöhnen, nicht zu arbeiten. "Wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir uns nicht alle daran gewöhnen, dass wir ohne Arbeit leben können", sagte Merz im Bild-Politiktalk "Die richtigen Fragen".
Der Arbeitsagentur-Chef räumte ein, dass es bei der Kurzarbeit Mitnahmeeffekte gebe. „Aber ich glaube, man sollte sich mit wohlfeilen Ratschlägen zurückhalten.” Es gehe darum, den Verlust von Industriearbeitsplätzen zu verhindern. Darum sei es richtig gewesen, „jetzt nochmal einzugreifen“. Scheele sagte, für das kommende Jahr rechne seine Behörde im Schnitt mit 700.000 Beschäftigten in Kurzarbeit.
Das vollständige Interview von ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner mit dem Chef der Arbeitsagentur können Sie hier nachlesen und nachhören.
2. Bundeswehr-Fregatte stoppt Embargo-Brecher im Mittelmeer
Die deutsche Fregatte Hamburg der Marine hat am 10. September einen Verstoß gegen das UN-Waffenembargo gegen Libyen aufgedeckt. Sie hielt den unter der Flagge der Marschall-Inseln fahrenden Frachter "Royal Diamond 7" im Mittelmeer auf, der militärisch nutzbares Kerosin ins libysche Benghasi liefern wollte.
Der Anfangsverdacht bestätigte sich später, die deutsche Fregatte wurde durch eine italienische Fregatte abgelöst. Die Hamburg gehört zur UN Mission Irini, die neben der Einhaltung des Embargos auch gegen Schleuserkriminalität vorgeht und ausbildet.
Die deutsche Fregatte "Hamburg" im Einsatz © dpaBriefing zur Sondertagung des EU-Rats © ThePIoneerDie Sondertagung der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union ist in die kommende Woche verschoben worden. Laut einer internen Vorlage des Sekretariats des Rats für den Gipfel soll es um Binnenmarktthemen, die digitale Transformation der europäischen Wirtschaft und eine neue strategische Beziehung zur Türkei gehen.
Im Mittelpunkt stehe die Wettbewerbsfähigkeit der EU. Die Ziele aller Maßnahmen seien "die Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen sowie eines ordnungspolitischen Umfelds und eines Rahmens für staatliche Beihilfen, die der Innovation förderlich sind und die volle Einbeziehung von KMU erleichtern", heißt es in dem Papier, das uns vorliegt. Es gehe um die "Entwicklung neuer Industrieallianzen, u.a. in den Bereichen Rohstoffe, medizinische Ausrüstung, Mikroprozessoren, sichere Telekommunikationsnetze, kohlenstoffarme Industrien sowie industrielle Wolken und Plattformen".
Zuletzt nur virtuell: Gipfeltreffen der EU-Staats und Regierungschefs. © dpaZiel sei es, für Verbraucher und Unternehmen eine "vertrauenswürdige, sichere und gesicherte europäische Cloud-Dienste einzurichten". Europäische Daten sollen in Europa unter Einhaltung der europäischen Regeln und Standards gespeichert und verarbeitet werden können", heißt es in der Beschlussvorlage. Der Rat begrüße "das Konzept einer EU-weiten föderalen Cloud-Infrastruktur und ersucht die Kommission, diese Arbeit zügig voranzubringen".
Beim umstrittenen Thema 5G mahnen die Autoren eine schnelle und einheitliche Regelung zur Umsetzung an. Dabei wird auf die Beschränkungen für Lieferanten mit hohem Risiko für Schlüsselgüter hingewiesen, die von der EU als kritisch und sensibel definiert wurden. Der Europäische Rat betont, dass potenzielle 5G-Lieferanten auf der Grundlage gemeinsamer objektiver Kriterien bewertet werden müssen.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wird sich kommende Woche im Untersuchungsausschuss des Bundestag zur gescheiterten Pkw-Maut erklären müssen. Die Opposition erhebt schwere Vorwürfe gegen Scheuer.
Die Obleute von Grünen, FDP und Linke im Ausschuss kritisieren, dass der Minister das Parlament zu spät und nicht ausreichend über die Vorgänge rund um das Pkw-Maut-Desaster und mögliche Schadensersatzforderungen an den Bund informiert hat. Die Opposition vermutet, dass Scheuer auch über ein privates E-Mail-Konto über die Pkw-Maut kommuniziert habe.
© ThePioneerAuf - „Wir brauchen noch etwas Ausdauer. Noch ziemlich viel Ausdauer“, sagt Mai Thi Nguyen-Kim in ihrem Corona-Video vom 1. April. Fast 6,4 Millionen Mal ist der Erklär-Clip der Chemikerin, Wissenschaftsjournalistin und Moderatorin inzwischen angeklickt worden. Gut eine Million Menschen haben den YouTube-Kanal („maiLab“) der 33-jährigen abonniert. Kaum jemand informiert, erklärt und setzt so gekonnt Fakten gegen Verschwörungstheorien wie Mai Thi Nguyen-Kim. Nun ist sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Dafür geht es bergauf.
Ab - Fast ein Jahr ist Frank Werneke nun Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Mitten in der Corona-Krise in der Tarifrunde für die 2,5 Millionen Angestellten des Öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen muss er nun beweisen, dass er so durchsetzungsstark ist wie sein Vorgänger Frank Bsirkse. Wie aus Verhandlungskreisen zu hören ist, bat Werneke die Arbeitgeber darum, in den ersten beiden Gesprächsrunden doch lieber noch kein Angebot vorzulegen - und rief dann prompt zu Warnstreiks auf. Dem Gewerkschaftsboss fehlt offenbar der Mut, auf derlei Rituale zu verzichten. Für den 53-jährigen geht es deshalb bergab.
"Deutschland rocks" - das waren seine Worte, als Tesla-Chef Elon Musk kürzlich Grünheide besuchte, und damit jenen Ort in Brandenburg, wo seine neue Gigafactory entstehen soll. "An diesem Mittwoch beginnt im brandenburgischen Erkner die Erörterung der 406 Einwendungen von Umweltverbänden und Bürgern gegen die Genehmigungsunterlagen der Fabrik", schreiben Silke Kersting und Dietmar Neuerer im Handelsblatt über das im Werden begriffene Prestige-Projekt. "Die Tücken der Tesla-Mission in Brandenburg", heißt der Report, der auch die laufende Kraftprobe mit der IG Metall beschreibt. Das Stück ist hier nachzulesen.
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Karolina Gernbauer, Bevollmächtigte des Freistaates Bayern in Berlin, 58
Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, 59
Wolfgang Schmidt, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, 50
Moritz Kracht, stellvertretender Regierungssprecher in NRW, 40
Die Mitgliedsversammlung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung will künftig stärker in der Zivilgesellschaft verankert sein und auch Nicht-CDU-Mitglieder als ständige Mitglieder aufnehmen. "Eine Zäsur", sagte uns ein Vorstandsmitglied.
Von den bisher 59 Mitgliedern, die inoffiziell lebenslang Mitglied waren und automatisch bestätigt wurden, scheiden nun zwölf aus, um einer Verjüngung und einer thematischen Verbreiterung Platz zu machen. Neu als Mitglied der Stiftung wurde vergangenen Freitag Angelika Nußberger, ehemalige deutsche Richterin am Europäischen Menschenrechtsgerichtshof, nominiert. Auch Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe, wurde in das Gremium der weltweit tätigen Stiftung berufen.
Angelika Nußberger, Mitglied des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte © dpaAus der Politik sind neu dabei die CDU-Ministerpräsidenten Armin Laschet (NRW) und Michael Kretschmer (Sachsen), Unions-Fraktionsvize Nadine Schön, der Bonner Oberbürgermeister Ashok-Alexander Sridharan, Daniel Caspary, Vorsitzender der deutschen CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament und Karina Dörk, Landrätin im Landkreis Uckermark.
Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist bundesweit in 18 politischen Bildungsforen und Regionalbüros aktiv. Rund 100 Auslandsbüros betreuen weltweit mehr als 200 Projekte in über 120 Ländern. Als Vorsitzender erneut bestätigt wurde schon im Juni 2019 der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert.
© ThePioneer100 Tage gibt es sie inzwischen, die Corona-Warn-App. An diesem Mittwoch zieht die Regierung gemeinsam mit den beteiligten Unternehmen SAP und Deutsche Telekom Bilanz.
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