Der ewige Streit um Kohl

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© ThePioneer / Peter Gorzo

Guten Tag,

herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt - direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Die Beziehung zwischen Helmut Kohl und der CDU bleibt kompliziert. Eine Bundeskanzler-Kohl-Stiftung findet ohne die Mithilfe der Witwe statt.

  • Ein Sonder-Corona-Bonus für die Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten? Tatsächlich ist genau das beschlossen worden. Steuerfrei, versteht sich.

  • Außenminister Heiko Maas legt seinen diplomatischen Ton ab und kritisiert in einem Kabinettsbericht die Menschenrechtspolitik in China.

Kohl-Witwe will bei Kohl-Stiftung nicht helfen

Die Witwe des 2017 verstorbenen früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl, Maike Kohl-Richter, wird sich an der Konzeption und Errichtung der vom Bund finanzierten und geplanten Bundeskanzler-Kohl-Stiftung nicht beteiligen.

Das habe Kohl-Richter in mehreren Gesprächen gegenüber Fraktionschef Ralph Brinkhaus deutlich gemacht, erfuhren wir aus dem Umfeld der Witwe und aus der Spitze der CDU.

Maike Kohl-Richter sei enttäuscht über den Umgang der CDU-Führung mit dem Erbe ihres verstorbenen Mannes und habe zu wenig Vertrauen in eine angemessene Würdigung der Lebensleistung Kohls, hieß es.

Brinkhaus hatte unseren Informationen zufolge der Alleinerbin Kohls eine prominente Rolle im fünfköpfigen Kuratorium der Stiftung angeboten. Sie sollte gleich in der ersten Sitzung "einmalig auf unbestimmte Zeit bestellt werden", heißt es in dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, der uns vorliegt.

Ein Sprecher Brinkhaus' wollte die Gespräche gestern nicht kommentieren.

Der Gesetzentwurf sieht als Standort für die Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung Berlin vor. Zweck der Stiftung sei es, das "Andenken an das politische Wirken Helmut Kohls für Freiheit und Einheit des deutschen Volkes, für den Frieden in der Welt und für die Versöhnung mit den europäischen Nachbarstaaten und die europäische Integration zu wahren".

Dazu soll ein "öffentlich zugängliches" Helmut-Kohl-Zentrum als Erinnerungsstätte mit einer ständigen zeitgeschichtlichen Ausstellung gehören. Die CDU will dort am liebsten auch den Nachlass ausstellen, der noch im Keller des Hauses in Ludwigshafen-Oggersheim archiviert ist. Doch Maike Kohl-Richter lehnte dies offenbar ab.

Die Mitglieder des fünfköpfigen Kuratoriums der Stiftung sollen vom Bundespräsidenten, von der Konrad-Adenauer-Stiftung und von der Kulturstaatsministerin nominiert werden. Der Vorstand soll aus drei Mitgliedern bestehen - alle sollen ehrenamtlich tätig werden.

Maike Kohl-Richter übergibt ein Portrait an das Museum in Speyer. © dpa

Eine Zustimmung zur Errichtung einer vom Bund finanzierten Gedenkstiftung brauche es zwar nicht, zu bedeutend ist die Person des früheren Bundeskanzlers, als das die Witwe eine Gedenkstiftung verhindern kann. Aber manche Dokumente und Briefe, die historisch vielleicht bedeutsam sind, kann eben nur Kohl-Richter herausgeben.

Die Witwe selbst will nach unseren Informationen eine eigene Helmut-Kohl-Stiftung gründen und eine Begegnungsstätte auf dem Nachbargrundstück des Wohnhauses in Ludwigshafen-Oggersheim aufbauen, das sie unlängst erworben hat.

Historiker und CDU-Politiker wünschen sich, dass Kohl-Richter bei der Bundesstiftung doch noch mitmacht, so wie es etwa die Kinder von Konrad Adenauer bei der Adenauer-Stiftung in Rhöndorf oder Susanne Schmidt in der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung machen.

Der Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, Hans Walter Hütter, sagte uns:

Eine solche Stiftung muss die Erinnerung an das politische Wirken Kohls in allen Facetten am Leben erhalten. Dazu gehören auch historische Dokumente, die noch im Haus in Oggersheim sind.

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte in seiner Bereinigungssitzung vergangene Woche 2,9 Millionen Euro für die erste Anschubfinanzierung für die Stiftung freigegeben. Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen.

Weitere Informationen und die Hintergründe des Streits lesen Sie hier.

Der Streit um die Kohl-Stiftung

Die Bundeskanzler-Kohl-Stiftung wird auf den Weg gebracht, aber ohne Witwe Maike Kohl-Richter.

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Veröffentlicht von Michael Bröcker .

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1. Bundestag: Corona-Bonus für Mitarbeiter

In der Pandemie gehören Verkäuferinnen, DHL-Boten, Erzieher, Krankenschwestern und Pfleger zu den besonders geforderten Berufsgruppen. An die Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten denkt man eher nicht.

Dennoch sollen sie nun "zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise" einen einmaligen Bonus von bis zu 600 Euro bekommen. Das geht aus einem Brief von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) an die Abgeordneten hervor, der uns vorliegt. Der Beschluss war im Ältestenrat getroffen worden.

Der Bundestag im Reichstagsgebäude.  © dpa

Die Sonderzahlung wird an alle gezahlt, die zwischen März und Oktober 2020 an mindestens einem Tag Anspruch auf Gehalt hatten. Die Sonderzahlung werde steuer- und abgabenfrei mit dem Dezembergehalt 2020 ausgezahlt, heißt es weiter.

Eine Verrechnung zulasten der Mitarbeiterpauschale (von derzeit 22.000 Euro pro Monat für Mitarbeiter in Berlin und im Wahlkreis) findet nicht statt.

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, ist überrascht. "Es kann nicht sein, dass der öffentliche Dienst pauschal diese Boni austeilt", sagte er.

"Viele Mitarbeiter waren im Home-Office. Das Geld sollte für diejenigen ausgegeben werden, die wirklich in der Pandemie im Feuer standen. Damit setzt man völlig falsche Signale."

2. Bundesregierung kritisiert China

In ihrem aktuellen Menschenrechtsbericht kritisiert die Bundesregierung die Entwicklung in China scharf.

“Im Berichtszeitraum setzt sich der seit 2012 zu beobachtende Negativtrend fort: Die Räume für die ohnehin bereits zahlreichen Einschränkungen unterliegende Zivilgesellschaft werden noch enger”, heißt es in dem Bericht von Außenminister Heiko Maas (SPD) an das Kanzleramt, der an diesem Mittwoch im Kabinett verabschiedet wird und uns vorab vorliegt.

“Individualrechte werden immer weiter eingeschränkt. Dies betrifft insbesondere bürgerliche und politische Rechte wie Meinungs- und Pressefreiheit, aber auch die Freiheit der Wissenschaft und Religionsfreiheit.”

Heiko Maas © dpa

Menschenrechtsverteidiger würden für ihr Engagement teilweise mit hohen Haftstrafen belegt, besonders kritisch sei die Menschenrechtslage in den autonomen Regionen Xinjiang und Tibet, heißt es.

Auch für die Sonderverwaltungsregion Hongkong sei eine Verschlechterung zu verzeichnen - etwa durch die Einführung des „Nationalen Sicherheitsgesetzes“ im Juni.

“Das Gesetz ermöglicht den Durchgriff chinesischer Sicherheitsbehörden auf kritische Zivilgesellschaft, politische Opposition und unabhängige Medien in Hongkong.”

“Dadurch höhlt es das Prinzip ,Ein Land, zwei Systeme', den bis 2047 zugesicherten hohen Grad an Autonomie in Hongkong sowie die Rechte und Freiheiten seiner Bürger aus.”

3. Im Dezember Hunderttausende Impfungen pro Tag

Wegweiser zu einem Corona-Impfzentrum in Düsseldorf  © düa

Die Länder halten ab Mitte des Monats Hunderttausende Corona-Impfungen pro Tag für möglich. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner bei den zuständigen Gesundheitsministerien der Länder gemacht hat. Der Bund hatte die Länder aufgefordert, bis Mitte des Monats vor Ort die erforderliche Infrastruktur aufzubauen.

In der Hauptstadt geht der Senat davon aus, dass ab dem 15. Dezember theoretisch 20.000 Menschen pro Tag geimpft werden könnten.

Schleswig-Holstein rechnet mit bis zu 42.000 möglichen Impfungen pro Tag ab Mitte des Monats, Hessen mit 30.000, Mecklenburg-Vorpommern mit 5.000, das Saarland mit 4.000 und Bremen mit 2.200.

Thüringen beziffert die Zahl der möglichen Impfungen auf 29.000 in der Woche. Baden-Württemberg plant mit zunächst 13.500 Impfungen pro Tag in seinen neun zentralen Zentren.

"Bereits im Januar erste Risikogruppen geimpft"

Andere Länder wie Bayern gaben an, die Zahl der möglichen Impfungen lasse sich noch nicht seriös einschätzen. Nordrhein-Westfalen plant zunächst mit 53 Impfzentren. Die Landesregierung will 10.000 Impfungen je 100.000 Einwohner je Monat erreichen, heißt es in einem internen Konzept, das uns vorliegt.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte am Dienstag in einem Interview mit dem Deutschlandfunk erklärt, es sei das Ziel, „dass bereits im Januar die ersten Risikogruppen und Pflegebeschäftigten geimpft sind“.

Die Länder beklagten in unserer Umfrage fehlende Planungssicherheit, was Lieferung und Verteilung der Impfdosen angeht. Die zuständigen Ministerien warten zudem noch auf klare Festlegungen des Bundes, welche Gruppen Vorrang bei den Impfungen haben sollen.

Aus dem Verordnungsentwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums © ThePionieer

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) will die Vorgaben für Tiertransporte verschärfen. Das geht aus einem Verordnungsentwurf ihres Ministeriums hervor, der uns vorliegt.

„Die Beförderungsdauer von Schlachttieren wird auf viereinhalb Stunden begrenzt, wenn nicht sichergestellt ist, dass die Außentemperatur während der Beförderung zu keinem Zeitpunkt mehr als 30 Grad C beträgt“, heißt es in dem Dokument.

Bisher ist die Transportdauer grundsätzlich auf höchstens acht Stunden beschränkt. Bei garantierter Belüftung und permanenter Temperaturüberwachung waren bisher auch längere Transporte möglich.

Das Ministerium begründet seine Pläne damit, dass Nutztiere in den zurückliegenden Sommern auch bei Transporten innerhalb Deutschlands besonderen Belastungen ausgesetzt gewesen seien: "Wer Tiere transportiert, trägt die Verantwortung dafür, dass dies tierschutzgerecht geschieht."

Das Jahressteuergesetz regelt jedes Jahr wichtige Änderungen im Steuerrecht. Doch im Pandemie-Jahr haben sich die Fachpolitiker von Union und SPD verharkt, immer wieder wurde eine Einigung vertagt.

Strittig sind etwa die Konsequenzen der Pandemie für die Erbschaftsteuer, da wegen der Kurzarbeit womöglich Unternehmenserben nachträglich Steuern zahlen müssten, weil sie die für die Verschonung notwendige Lohnsumme nicht nachweisen könnten. Eine Steuerbelastung will die Union verhindern, die SPD sperrt sich. Auch der Verlustrücktrag und die so genannte Thesaurierungsbegünstigung sind noch strittig.

In einer Woche soll das Thema nun durch sein. Die Beratungen zum Jahressteuergesetz und die damit verbundene Vorlage soll bei einer außerordentlichen Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch, 9. Dezember, abgeschlossen werden. Das geht aus dem Protokoll der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses des Bundestages hervor.

© ThePioneer

Auf - Sonderlich gut war sein Ergebnis nicht, aber neben der schillernden Franziska Giffey wurde am vergangenen Wochenende auch Raed Saleh zum SPD-Landeschef in Berlin gewählt. Saleh führt nun Fraktion und Partei in der Hauptstadt an - und ist der Strippenzieher hinter - oder besser neben - Giffey. Er ist in Berlin seit langem vernetzt und kennt die Partei besser als die Familienministerin. Sollte das Rote Rathaus im kommenden September verteidigt werden, hätte Saleh freie Auswahl, wie es für ihn weiter gehen sollte.

Ab - Es ist ohnehin ein schweres Erbe, das Jessica Rosenthal bei den Jusos antreten will. Sie ist die einzige Kandidatin zur Nachfolge des abtretenden Kevin Kühnert, der mit brillanter Rhetorik die SPD vor sich hergetrieben hat wie kaum ein Juso-Chef vor ihm. Beim Bundeskongress haben sich die Jusos am Wochenende mit der extremistischen Fatah-Jugend aus den Palästinensischen Gebieten solidarisiert und eine - zugegebenermaßen lange bestehende - Kooperation bestätigt. Der Jugendaustausch umfasst auch jüdische Jugendorganisationen, doch bei der Verantwortung Deutschlands für Israel, das Existenzrecht Israels ist Teil der Staatsräson, sollten auch die Jusos sensibler sein. Die Fatah-Jugend lehnt dies ab und unterstützt etwa die Boykottaufrufe gegen jüdische Händler. Sollte man mit Extremisten kooperieren? Für Rosenthal geht es bergab.

Wer sich für Details, Zahlen und Fakten hinter der Corona-Pandemie interessiert, der kommt vor allem an zwei Namen in den letzten Monaten nicht vorbei: An Olaf Gersemann, Wirtschaftschef der Welt, und an Malte Kreutzfeldt, Wirtschaftskorrespondent der tageszeitung (taz).

Gersemann twittert täglich morgens die Corona-Statistiken des Tages:

Neuinfektionen, aktive Fälle, Todesfälle, Belegung der Intensivbetten. Dazu Tendenzen und Graphiken - Tag für Tag vergleichbar.

Besondere Leckerbissen: Sein sarkastischer Blick nach Berlin ("Drei Bezirke hatten mal wieder Meldepause") und sein "Merkelometer" - der Inzidenzwert für Deutschland, der sich 50 annähern müsste, dies aber nur mühsam tut. Hier geht es zu Gersemanns Twitter-Profil.

Eine gute Ergänzung zu Gersemann ist die Arbeit von Malte Kreutzfeldt. Der taz-Korrespondent ist eigentlich Fachmann für Energiethemen, hat sich aber nun tief in das Thema Corona eingegraben. Er berichtet täglich auch von den aktuellen Test-Zahlen und Positivquoten. Hier geht es zu Kreutzfeldts Twitter-Profil.

Wem das noch nicht reicht, dem sei Risklayer empfohlen.

Risklayer ist ein unabhängiger Thinktank, der am Tag mehrfach im Twitter-Feed in Echtzeit über einlaufende Statistiken zu Infektionen und Todesfällen berichtet.

Wer also schon am Abend eine Einschätzung über aktuelle Zahlen des Tages benötigt: Hier geht es zum Twitter-Profil von Risklayer.

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Karsten Klein, FDP-Bundestagsabgeordneter, 43

Rudolf Scharping, früherer SPD-Vorsitzender, 73

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland plant eine Reise nach Moskau und will dort auch den russischen Außenminister Sergej Lawrow treffen. Dies hörten wir von verschiedenen Seiten, wenngleich niemand diese Reise offiziell bestätigen wollte. Gauland will mit dem Bundestagsabgeordneten Armin-Paul Hampel den russischen Spitzenpolitiker besuchen.

Aktuell planen die beiden AfD-Politiker die Reise nach Moskau zwischen dem 7. und 9. Dezember. Allerdings ist das Datum mehrfach verschoben worden. Gauland und Hampel steht eine Betreuung durch die Deutsche Botschaft vor Ort zu.

AfD-Politiker Alexander Gauland © dpa© ThePioneerIhre Informationen für uns © Media Pioneer

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