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Unsere Themen heute:
FDP-Chef Christian Lindner brachte die FDP zurück in den Bundestag - von da an ging's bergab. Nun wird es eng: In der Fraktion wurde die Führungsfrage gestellt.
Wer Visionen hat, will unbemannt fliegen: Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) stellt dem Kabinett heute die Pläne für Flugtaxis vor - hier lesen Sie die Details vorab.
Das Verfassungsgericht hat die Geldflutungspolitik der EZB kritisiert. Nun will auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt die Macht der Zentralbank begrenzen.
Das letzte Wort hat heute Dennis Rohde, der neue Chefhaushälter der SPD. Er sagt, welche finanziellen Folgen die Corona-Bekämpfung hat und wo er Schwerpunkte setzt.
Christian Lindners Laune war angespannt, als er am Dienstag in der FDP-Bundestagsfraktion sprach. Man habe "keine Freunde" da draußen, klagte der Vorsitzende laut Teilnehmern. Doch auch innerhalb des Raumes werden die Freundschaften weniger. Mit öffentlicher Kritik an Parteikollegen hat sich Lindner angreifbar gemacht. Der Rückhalt schwindet - plötzlich werden die schlechten Umfragen für ihn zur Gefahr. Ein Abgeordneter forderte in der Sitzung bereits "mehr Führung".
Am heutigen Mittwochmorgen hat Lindner den Parteivorstand zur Videoschalte geladen. Ein Thema soll der Fall des umstrittenen Thüringer Landesvorsitzenden Thomas Kemmerich sein. Doch längst ist die Causa Kemmerich zur Causa Lindner geworden. Lange schützte Lindner ein Bonus: Er war es, der die Partei nach dem Absturz in die Bedeutungslosigkeit 2017 zurück in den Bundestag geführt hat. Aber nach mehreren schweren Fehlern scheint dieser Bonus aufgebraucht.
In der Partei wird erstmals seit 2017 ernsthaft über die Zeit nach Lindner gesprochen. “Es sind drei zentrale Enttäuschungen, die sich in unserer Klientel aufsummiert haben. Jamaika, Fridays for Future und Thüringen”, sagt ein Bundestagsabgeordneter, der mit Lindner seit 15 Jahren zusammenarbeitet. Flucht aus der Regierungsverantwortung, die Verunglimpfung der jungen Klima-Demonstranten, die zu lange unklare Haltung nach der Wahl Kemmerichs zum Ministerpräsidenten von Gnaden der AfD.
Kann Lindner die Krise überstehen? Will er es überhaupt noch? Und welche Rolle spielt seine private Wandlung? Das ausführliche Porträt lesen Sie hier.
1. Die Flugtaxis kommen
Andreas Scheuer und seine Flugtaxi-Pläne © ThePioneerErinnern Sie sich noch an den Shitstorm, der losbrach, als Dorothee Bär - CSU-Politikerin und Digital-Staatsministerin - im TV erstmals über Flugtaxis sprach? Zwei Jahre sind seither vergangen. Zwei Jahre, die gezeigt haben, dass die Vision gar nicht mehr so weit entfernt ist wie gedacht. Flugtaxis werden in Deutschland bereits erprobt.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer will die Entwicklung von so genannten Unbemannten Luftfahrtsystemen - engl.: „UAS“ („Unmanned Aircraft Systems“) - in Deutschland weiter vorantreiben.
Dem Bundeskabinett präsentiert der CSU-Politiker an diesem Mittwoch einen Aktionsplan für eine neue Ära der Luftfahrt. Eine Ära, die mit Schlagworten wie „Drone-Economy“ und autonomes Fliegen verbunden sein wird. Die Regierung jedenfalls sieht erhebliches Wachstumspotenzial. Hauptstadt - Das Briefing liegt das Papier aus dem Verkehrsministerium bereits vor, das Scheuer heute zusammen mit dem Luftfahrt-Koordinator der Bundesregierung, Thomas Jarzombek (CDU), in einer Pressekonferenz vorstellen wird.
Ein ernstzunehmender Verkehrsträger der nahen Zukunft
Skeptikern entgegnet die Regierung im Papier: Flugtaxis seien „ein ernstzunehmender Verkehrsträger der nahen Zukunft“. Und weiter: „Die Beförderung von Personen durch innovative Luftmobilitätskonzepte ist der nächste logische Schritt bei der Nutzung von unbemannten Fluggeräten.“
Doch in dem Aktionsplan geht es nicht allein um Flugtaxis und den Weg hin zu einem Regelbetrieb. Über die Details berichtet unser Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner. Hier lesen Sie die ganze Geschichte.
2. Dobrindt kritisiert EZB
CSU-Landesgruppenchef im Bundestag: Alexander Dobrindt © Monika Skolimowska/dpaHerr Dobrindt, darf das Bundesverfassungsgericht gegen den Europäischen Gerichtshof urteilen?
Alexander Dobrindt: Das Urteil ist ein wichtiges Warnsignal an die EU-Institutionen, die europäischen Verträge einzuhalten und die Grenzen ihrer Kompetenzen zu wahren. Fakt ist: Die EU ist ein Staatenverbund und kein Bundesstaat. Über die Übertragung von Kompetenzen auf die europäische Ebene entscheiden die Mitgliedsstaaten, nicht die europäischen Institutionen. Eine schleichende europäische Kompetenzausweitung durch bewusste Kompetenzverletzungen der Institutionen entspricht nicht dem Geist der europäischen Verträge.
Heißt, die Europäische Kommission liegt mit ihrer Kritik am Urteil falsch?
Dobrindt: Interessant ist doch, dass die Kritik an der Auseinandersetzung des Bundesverfassungsgerichts mit Kompetenzen europäischer Institutionen erst jetzt nach dem Urteil besonders groß wird. Ich empfehle der Europäische Kommission, sich als Hüterin der Verträge auch in der Pflicht zu sehen, auf die Kompetenzeinhaltung der europäischen Institutionen zu achten. Das Bundesverfassungsgerichts hat ein historisches Urteil gesprochen und der EZB die Grenzen ihrer Kompetenzen klar aufgezeigt. Diese vertraglichen Grenzen wurden laut dem Bundesverfassungsgericht von der EZB ganz "offensichtlich" überschritten. Wir brauchen eine Debatte, wie wir bei den europäischen Institutionen eine klare Kompetenzeinhaltung erreichen, statt Kritik am Bundesverfassungsgericht, das Kompetenzüberschreitungen beanstandet.
Nationalstaat geht also immer vor Europa?
Dobrindt: Nein, das sagt das Urteil nicht, aber das Urteil ermahnt dazu, dass jeder auf seinem Spielfeld spielt. Dass die jeweiligen Zuständigkeiten der politischen Ebenen respektiert werden, ist geradezu der Nukleus einer Europäischen Union. Die EU ist dann stark, wenn die europäischen Institutionen ihren vertraglichen Aufgaben nachkommen statt sich neue Aufgaben anzumaßen. Kompetenzüberschreitungen verspielen Vertrauen und Akzeptanz – und führen zu Streitigkeiten. Der Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts ist die unmissverständliche Aufforderung an die EZB, zurückzukehren zu ihrem eigentlichen Auftrag der Sicherstellung der Stabilität unserer gemeinsamen Währung. Ich begrüße das ausdrücklich.
3. Grundrente könnte sich bis Ende 2022 verzögern
Die erstmalige Auszahlung der Grundrente wird sich möglicherweise bis Ende 2022 hinauszögern. Vor allem für die SPD ist die Rente für langjährig Versicherte, die trotzdem im Alter nur eine kleine Rente bekommen, eine Herzensangelegenheit. Sie sollte ursprünglich ab 1. Januar 2021 kommen, doch das gilt nun zumindest nicht mehr für die Auszahlung. „Es ist vorgesehen, dass ab 1. Januar 2021 ein Anspruch auf Grundrente besteht. Trotz größter Anstrengungen ist eine fristgerechte Auszahlung nicht möglich“, heißt es in einem Vermerk der Koalitionsfraktionen, der Hauptstadt - Das Briefing vorliegt.
Für Neurentner könne ab Ende Juli 2021 mit der Auszahlung der Grundrente begonnen werden. Dies sei allerdings nur „bei positiven Rahmenbedingungen“ möglich - bei schneller Gesetzgebung und ohne weitere Einschränkungen durch die Corona-Krise. Deutlich länger müssen jene warten, die bereits in Rente sind. „Der Bestand - beginnend von den ältesten Jahrgängen an - wird sukzessive abgearbeitet, wahrscheinlich wird dafür bis Ende 2022 gebraucht“, heißt es in dem Vermerk.
Das Bundesarbeitsministerium werde „einen Vorschlag für eine Regelung zur Verhinderung von Untätigkeitsklagen aufgrund von Verzögerungen bei der Auszahlung der Grundrente“ erarbeiten. Laut Rentenversicherung sei eine individuelle Ermittlung der Grundrentenberechtigten aus dem insgesamt 26 Millionen Renten umfassenden Bestand notwendig. Dafür und für die Beratung sind dem Papier zufolge circa 2300 Vollzeitstellen erforderlich.
An diesem Freitag berät der Bundestag erstmals über die Grundrenten-Pläne von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). In der Koalition hatte es zuletzt auch noch Streit über die Finanzierung gegeben.
Ausschnitt aus der Statistik Soforthilfe des BMWi © ThePioneerFür kleine Betriebe hat die Bundesregierung in der Corona-Krise ein Soforthilfeprogramm für direkte Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt aufgelegt. Diese interne Aufstellung von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Stand: 7. Mai, zeigt nun, in welchen Ländern die Not besonders groß ist und wie schnell die Bundeshilfen geflossen sind.
NRW ist mit einer Auszahlung von 3,3 Milliarden Euro an knapp 350.000 Unternehmen bundesweit Spitzenreiter. In der Hauptstadt wurden bereits knapp 1,5 Milliarden Euro an 208.000 Unternehmen ausgezahlt, darunter sind alleine 195.000 Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern. In Baden-Württemberg ist bereits 1,3 Milliarden Euro an 155.000 Unternehmen geflossen. Am schnellsten gab es die Hilfen in NRW. In NRW wurden schon in der ersten Woche über 320.000 Anträge ausgezahlt und das trotz der bundesweit höchsten Beantragungsfälle.
Auf - Manuela Schwesig hat den Krebs überstanden. "Von guten Mächten wunderbar geborgen", kommentierte sie ihr emotionales Video-Statement, das Partei und Lager übergreifend als die gute Nachricht des Tages verstanden hatten. Auch wir wünschen Manuela Schwesig beste Gesundheit.
Ab - Störrisch und letztlich isoliert: Von Innenminister Horst Seehofer hat man zu Beginn der Corona-Krise kaum etwas gehört - ungewohnt still war es um den CSU-Politiker geworden. Jetzt fällt er durch Bockigkeit auf, weil er sich strikt gegen die Öffnung der Grenzen stellt. Das Weltgeschehen rauscht an dem 70-Jährigen vorbei. Seehofer sitzt in der Defensive. Prognose: Angela Merkel wird ein Machtwort sprechen.
Die Abgeordneten des Haushaltsausschusses im Bundestag tagen auch an diesem Mittwoch nicht im gewohnten Saal im Paul-Löbe-Haus, sondern im Großen Protokollsaal - Corona-bedingt. Das passt zum Thema der Sitzung: Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sich angesagt, er soll aus erster Hand über die Einigung mit seinen europäischen Amtskollegen über Finanzhilfen aus dem ESM berichten. Der große Showdown ist nicht zu erwarten - auch wenn manche vom linken Flügel der SPD-Fraktion heimlich, still und leise immer noch von „Corona-Bonds“ träumen.
Zwei Texte möchten wir Ihnen besonders ans Herz legen:
Renten-Kunde für Fortgeschrittene: Im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung erläutert Hendrik Munsberg so kenntnis- wie detailreich, warum Experten zu dem Schluss kommen, dass die wirtschaftliche Krise die Arbeitnehmer nun härter treffe als Rentner. Das hat mit dem so genannten Nachholfaktor zu tun, den die GroKo mit ihrem letzten Rentenpaket ausgesetzt hat. Starke Analyse.
Bundeskanzler Sebastian Kurz gilt für viele Öffnungspolitiker als Vorbild. Barbara Tóth, Journalistin des Falter, sieht es etwas anders und hat sich vertrauliche Protokolle der Corona-Krisenstäbe der Bundesregierung beschaffen können. Ihr Fazit: Kanzler Kurz setzte bei der Implementierung der Maßnahmen auf die Strategie „Gehorsam durch Angst“ statt auf Aufklärung. Kurz mutete dem Volk am Ende auch Einkommensverluste, wirtschaftliche Schaden und Arbeitslosigkeit zu. Ergebnisprotokolle, Lageberichte und Briefings - eine Chronologie, die zeigt, wie umstritten Kurz’ Corona-Strategie innerhalb der eigenen Expertenschaft war. Lesenswert!
Andreas Jung, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, 45
Robin Alexander, Vize-Chefredakteur der "Welt" und Podcast-Host, 45
Hartmut Heinrich Wilhelm Ebbing, FDP-Bundestagsabgeordneter, 64
Eike Hallitzky, Landesvorsitzender der bayerischen Grünen, 71
Wilhelm Schmidt, AWO-Präsidiumsvorsitzender, 76
Sawsan Chebli © dpaAuf Twitter kennt Sawsan Chebli jeder. Hier folgen der streitbaren SPD-Frau fast 70.000 Menschen. Die Tochter palästinensischer Flüchtlinge hat einen rasanten Aufstieg hinter sich, der sie bis in das Auswärtige Amt führte, wo sie als stellvertretende Sprecherin von Frank-Walter Steinmeier Bekanntheit erlangte und einen einflussreichen Fürsprecher. Inzwischen ist die 41-jährige Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement in der Berliner Senatskanzlei. Nun will sie noch eine Stufe höher hinaus und 2021 in den Bundestag. Doch im Wahlkreis Charlottenburg will auch der noch amtierende Regierende Bürgermeister Michael Müller antreten, ein spannendes Duell. Die Basis wird entscheiden.
Der neue Chefhaushälter der SPD ist einer der wichtigsten Strippenzieher im Parlament. In einem seiner ersten Interviews spricht er mit Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner über die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie für den Haushalt und seinen ersten Schwerpunkte. Lesen Sie hier das ganze Interview auf ThePioneer.de
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