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Unsere Themen heute:
Ein Spitzentreffen gegen die Inflation: Kanzler Olaf Scholz lädt am Montag zur Konzertierten Aktion ins Kanzleramt ein. Wir sagen, welchen Ärger es im Vorfeld gibt.
Das Finanzministerium hat grünes Licht gegeben: Gesundheitsminister Karl Lauterbach kann weiteren Affenpocken-Impfstoff einkaufen. Wir haben die Details.
Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann will in der Energiekrise ein Tempolimit. Wir wissen, wie die SPD zu der Idee steht.
Heute soll der Haushaltsentwurf für 2023 beschlossen werden - wir sagen, welche Steuervergünstigungen besonders großzügig ausfallen.
Militärs und Ministerialbeamte warten auf die erste Grundsatzrede von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht - wir sagen, wie lange sie sich noch gedulden müssen.
Der Gipfel der Probleme
Diese Idee mit der Konzertierten Aktion hatte der Kanzler nur mit sehr wenigen der Beteiligten besprochen: Als Olaf Scholz Anfang Juni einen Anti-Inflations-Gipfel ankündigte, hörten viele Verbandschefs und Gewerkschaftsbosse zum ersten Mal davon.
Am Montag ist es nun soweit.
Bei zwei Stunden Zeit und mehr als 20 Teilnehmern dürfte für eine vertiefte Debatte über Lösungen nur wenig Raum bleiben. Im September oder Oktober soll es ein weiteres Treffen geben.
Karl Schiller © ImagoScholz begibt sich mit der Konzertierten Aktion zwar auf die Spuren von SPD-Legende Karl Schiller, der in den Sechzigerjahren Gewerkschaften und Arbeitgeber in die Pflicht nahm.
Nur: Die Erwartungen an das Treffen sind gering.
Wie unser Kollege Rasmus Buchsteiner erfahren hat, ging eine Sherpa-Runde zur Vorbereitung des Treffens am Mittwoch mit der Vereinbarung zu Ende, dass auf eine gemeinsame Erklärung am Montag wohl verzichtet werden soll. So klein war der gemeinsame Nenner.
Für Aufsehen sorgt im Kreis der Eingeladenen auch, dass Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sie in ähnlicher Zusammensetzung ummittelbar vor dem Termin bei Scholz zu einer Videokonferenz eingeladen hat.
Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner © imagoFraglich ist, was nun aus der Kanzler-Idee wird, den Tarifpartnern Einmalzahlungen anstelle von Lohnerhöhungen nahezulegen und diese dann steuerfrei zu stellen. Nicht nur Finanzminister Christian Lindner (FDP) ist kein Freund davon.
Die Gewerkschaften sind es auch nicht.
Erst hatte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann dafür gesorgt, dass die Konzertierte Aktion keinesfalls vor den entscheidenden Festlegungen für die Tarifrunde der Metaller stattfindet. Nun macht auch Verdi-Chef Frank Werneke deutlich, dass er keinesfalls zur Lohnmäßigung bereit ist. Dabei hatte Scholz gesagt, alle Beteiligten müssten etwas beitragen.
Verdi-Chef Frank Werneke © ImagoWerneke sagte uns:
Unser Beitrag ist, dass wir mit einer guten Lohnentwicklung, die die Reallöhne sichert, den Binnenmarkt stabilisieren.
Zwischen den Sozialpartnern läuft es unmittelbar vor dem Treffen nicht rund.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger nutzte diese Woche ein Gespräch mit Journalisten dazu, seinem Ärger über die Verdi-Warnstreiks in Deutschlands Seehäfen Luft zu machen. Er warf die Frage auf, ob es vielleicht in Zukunft so etwas gebe wie einen „nationalen Notstand, der dann auch Streikrecht bricht“.
Auch wenn Dulger klarstellte, er sei auf keinen Fall dafür, das Streikrecht einzuschränken: Verdi-Chef Werneke keilte zurück. Die Äußerungen seien „Ausdruck einer antidemokratischen Geisteshaltung“.
Das ganze Interview mit dem Gewerkschaftschef hören Sie heute ab 12 Uhr hier im Hauptstadt-Podcast.
Bund ordert Affenpocken-Impfstoff für 25,7 Millionen Euro
Der Bund ordert Affenpocken-Impfstoff für 25,7 Millionen Euro. Das geht aus einem Schreiben des Finanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor, das wir erhalten haben.
Zunächst hat der Bund Impfstoff aus den USA bestellt. Dieser ist zwar in Deutschland offiziell nicht zugelassen, er kann aber aufgrund einer gesetzlichen Ausnahmeregelung genutzt werden.
Auf Anfrage erklärte das Gesundheitsministerium, 40.000 Dosen seien bereits geliefert und an die Bundesländer ausgeliefert worden. 200.000 weitere werden in der zweiten Jahreshälfte erwartet.
Wer keine Pockenimpfung hat, muss sich für eine Grundimmunisierung zwei Mal innerhalb von mindestens 28 Tagen impfen lassen. Wer bereits gegen Pocken geimpft ist, braucht nur eine Dosis.
SPD für Tempolimit, aber gegen Debatte
Die SPD-Fraktion im Bundestag zeigt sich offen für ein Tempolimit auf Autobahnen, ist zugleich aber in Anbetracht der Ampel-Mehrheiten gegen eine erneute Debatte. "Als SPD stehen wir klar für das Tempolimit, vor allem, weil es eine unbestrittene Wirkung für mehr Verkehrssicherheit hätte", sagte uns die verkehrspolitische Sprecherin Dorothee Martin.
Der Vorschlag von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann für ein befristetes Tempolimit zum Energiesparen sei "nicht neu", so Martin. Solange der Koalitionsvertrag gelte und die FDP kein Entgegenkommen signalisiere, "bringen uns die immer gleichen Diskussionen an dieser Stelle nicht weiter".
Mehrwertsteuer-Rabatt für Kultur größte Steuervergünstigung in Bundesetat
Der Mehrwertsteuer-Rabatt für Kultur, Zeitungen und Zeitschriften ist die größte Steuervergünstigung des Bundes - im kommenden Jahr wird dadurch mit Mindereinnahmen von 1,8 Milliarden Euro gerechnet, 2022 sollen es rund 1,6 Milliarden Euro sein.
Das geht aus dem Entwurf des Bundeshaushalts für 2023 hervor, der uns vorliegt und an diesem Freitag in einer Sondersitzung des Kabinetts beschlossen werden soll.
Zweitgrößter Posten ist die Steuervergünstigung für Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge. Hier plant Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) für 2023 mit Mindereinnahmen von 1,47 Milliarden Euro.
Weitere Steuervergünstigungen mit Milliarden-Volumen gibt es bei den Energiesteuern. Der Steuerbonus für Handwerkerdienstleistungen wird im kommenden Jahr voraussichtlich mit 995 Millionen Euro zu Buche schlagen.
In den Kabinettsunterlagen fehlt anders als sonst üblich die Liste mit den so genannten Finanzhilfen - also den direkten Zuwendungen. Der Grund ist einfach: Der Wirtschaftsplan des Klima- und Transformationsfonds ist noch strittig. Darin geht es um milliardenschwere Zuwendungen.
Eine Infografik mit dem Titel: Hitparade der Subventionen
Steuermindereinnahmen im Bundeshaushalt 2022 und 2023, in Millionen Euro
Lauterbach sieht kein Problem bei Test-Abrechnung
Coronatest © imagoGesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht keine Probleme bei der Abrechnung der Corona-Schnelltests, für die ab heute in der Regel drei Euro Eigenleistung bezahlt werden müssen.
Bereits am Donnerstagabend führte Lauterbach Gespräche mit Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigungen. "Wir gehen davon aus, dass die KVen als Körperschaften öffentlichen Rechts ihre Aufgaben erfüllen, die Abrechnung von Testzentren zu übernehmen", hieß es uns gegenüber aus seinem Haus.
Seit Donnerstag sind Corona-Bürgertests nicht mehr für alle kostenfrei. In der Regel wird eine Selbstbeteiligung von drei Euro erhoben. Ausnahmen gibt es unter anderem für Schwangere, Kinder bis fünf Jahre und pflegende Angehörige. Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die für die Abrechnung zuständig sind, gingen am Donnerstag auf Konfrontation zu Lauterbach.
Es müssten nun "detaillierte Anspruchsvoraussetzungen" nachgewiesen werden. Die Prüfung sei "nicht möglich". Man könne nicht davon ausgehen, dass alle Teststellen die Leistungen korrekt erbringen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten Bürgertestungen "zukünftig nicht mehr abrechnen und auszahlen", heißt es in einem Brief der Ärztevertreter an den Gesundheitsminister.
Thorsten Schäfer-Gümbel, Anwärter auf den Posten des Vorstandssprechers der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), hat am Donnerstag einen Zwischenschritt genommen. Auf der Tagesordnung der Aufsichtsratssitzung stand die Verlängerung des Vertrags des Arbeitsdirektors um drei Jahre. Zum Vorstandssprecher könnte er dennoch gewählt werden - bei der Aufsichtsratssitzung am 14. September.
Isabell Fries, bisher stellvertretende Pressesprecherin der CSU, hat die Parteizentrale in München „auf eigenen Wunsch“ verlassen. Die 29-Jährige war unter anderem für die früheren Generalsekretäre Markus Blume und Stephan Mayer tätig.
Fries fängt an diesem Freitag als Head of Future of Work & Future Skills bei der Unternehmensberatung Philoneos in München an, die auf Familienunternehmen spezialisiert ist.
Philip Kuhn, 44, bisher stellvertretender Sprecher der CDU und ehemaliger Sprecher des früheren Generalsekretärs Paul Ziemiak, wird Sprecher für das Schweizer Medienunternehmen Tamedia, zu dem unter anderem das Gratis-Blatt 20 Minuten und die Basler Zeitung gehören. Der gebürtige Freiburger wechselt zum 1. Juli nach Zürich.
Jakov Devčić leitet ab Oktober die Vertretung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Serbien und Montenegro. Devčić, 34, war zuletzt Europa-Koordinator bei der stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Patricia Lips. Er gilt als ausgewiesener Kenner der Westbalkan-Region.
Militärs und Ministerialbeamte, die auf die erste Grundsatzrede von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht warten, werden sich noch eine Weile gedulden müssen.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). © ImagoEigentlich wollte die SPD-Politikerin ihre sicherheitspolitischen Leitlinien in der kommenden Woche vorstellen, während der letzten Sitzungswoche des Bundestags. Doch daraus wird nichts, wie unsere Kollegin Marina Kormbaki erfuhr. Stattdessen hat Lambrecht nun die erste Sitzungswoche nach der Sommerpause für ihre erste Grundsatzrede ins Auge gefasst - fast ein Jahr nach der Bundestagswahl soll es soweit sein.
Auf - Lisa Paus. Mit Marco Buschmann hat die Familienministerin gestern das neue Selbstbestimmungsgesetz vorgestellt, das das Transsexuellengesetz aus 1980 ablösen soll. Eine Änderung des Geschlechts soll künftig durch eine einfache Erklärung beim Standesamt möglich sein. Damit gehören entwürdigende Verfahren der Vergangenheit an - Aufsteigerin!
Ab - Luise Amtsberg. Angesichts der kritischen Versorgungslage Deutschlands mit Energie werden Menschenrechtsthemen zunehmend hintangestellt. Letztes Jahr wurde angesichts der Menschenrechtsverletzungen in Katar noch lautstark ein Boykott der WM 2022 gefordert - heute bemüht sich Deutschland um eine Energiepartnerschaft mit dem Land. Nur ein Beispiel von vielen. Für die Beauftragte der Regierung geht es stellvertretend bergab.
„Wladimir Putin hat sich verkalkuliert“, schreibt der Handelsblatt-Redakteur Jens Münchrat in seinem Kommentar zum Nato-Gipfel. Die Errungenschaften des Gipfeltreffens würden zeigen, dass der Westen sich stabilisiere und zusammenhalte. Die Nato-Partner bekämen mit Finnland und Schweden starken Zuwachs und richteten einheitlich ihren Fokus auf die Sicherheitspolitik. Damit bewirke Putin genau das Gegenteil von dem, was er sich erhofft hatte. Lesen Sie den Kommentar hier.
„Es ist eine Frontbegradigung im Kampf zwischen dem Team Sorglos und dem Team Vorsicht“, kommentiert Tagesspiegel-Redakteurin Karin Christmann das Ende der kostenlosen Bürgertests. „Erst wenn der letzte fiebrig Hustende im Supermarkt die Maske herunterreißen darf, sind die bürgerlichen Freiheiten wieder hergestellt.“ So ließe sich die Gemengelage – leider – zusammenfassen. Warum das Team Sorglos jetzt zuerst die Beißstarre gegenüber dem Team Vorsicht lösen muss und was es neben einer Solidarität der Vernünftigen noch brauche, lesen Sie hier.
Heute gratulieren wir herzlich:
Mona Neubaur (Grüne), stellv. Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin in NRW, 45
Joachim Frank, Mitglied der Chefredaktion, Kölner Stadt-Anzeiger, 57
Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär, 33
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre