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Unsere Themen heute:
Die Bundesregierung bereitet sich auf den Worst Case und einen Gas-Stopp durch Russland vor. Minister Robert Habeck bastelt an einem Schutzschirm für die Industrie.
Der Ergänzungshaushalt für die Folgen der Ukraine-Kriegs könnte mehr als 20 Milliarden Euro umfassen. Einzelne Ministerien melden Milliardenbeträge bei Christian Lindner an.
Die Geheimhaltung der Bundesregierung bei den Waffenlieferungen für die Ukraine ist größer als bekannt. Wir haben neue Unterlagen.
Im Saarland könnte die Regierungsbildung wegen der absoluten Mehrheit für die SPD schnell gehen - und dennoch dauert es länger als gedacht. Wir sagen, warum.
Aufsteiger ist der Ukrainische Botschafter, ein Liberaler steigt ab.
Was kommt nach dem russischen Gas?
Es sei, so hören wir, ein wenig wie zu Beginn des Krieges in der Ukraine. Man wisse nicht genau, ob Putin pokere oder ernst mache.
Man müsse sich auf beide Varianten einstellen.
Klar ist: In der Bundesregierung bereitet man sich auf einen Stopp der Gaslieferungen aus Russland vor, nachdem die G7 die Bezahlung in Rubel abgelehnt haben, weil die Verträge zumeist in Euro ausgestellt seien.
"Keine Bezahlung - kein Gas", sagte daraufhin Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat nach unseren Informationen diese Woche alle Reisen abgesagt und bereitet in seinem Ministerium einen Rettungsschirm für systemrelevante und energieintensive Unternehmen vor.
Robert Habeck © dpa"Die Gespräche mit den Ressorts laufen und wir arbeiten an Schutzmaßnahmen für den Fall, dass Russland den Hahn zudreht", hieß es im Ministerium uns gegenüber.
Im Kanzleramt arbeitet Wirtschaftsberater Jörg Kukies gemeinsam mit Abteilungsleiter Steffen Meyer an den unterschiedlichen Szenarien.
Eines sieht vor, dass der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) aus der Coronakrise umgewidmet werden könnte. In dem Fonds liegen angeblich noch 150 Milliarden Euro.
Auch von einer Verlängerung der Kurzarbeit bis mindestens Ende September ist in Regierungskreisen die Rede. Dafür müssten weitere Milliarden aus dem Bundeshaushalt fließen, denn die Kasse der Bundesagentur für Arbeit ist leer.
Doch das wäre nur die erste Stufe.
Was, wenn die Zulieferbetriebe in Schwierigkeiten kommen?
Wirtschaftsverbände warnen vor einer drohenden Rezession und Massenarbeitslosigkeit, sollte es ein Gas-Embargo gegen Russland oder einen Gas-Stopp durch Russland geben. Von der "schwersten Rezession seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs" sprach gestern der Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger bei einer Veranstaltung seines Verbands.
Hunderte deutsche Industrieunternehmen nutzen russisches Gas als Grundstoff für ihre Produktion und können den Rohstoff kurzfristig nicht ersetzen.
Die Gewerkschaften sind alarmiert. Sie sehen Hunderttausende Jobs in Gefahr - und den industriellen Kern des Landes. Jörg Hofmann, Chef der IG Metall, sagte gestern:
Dann steht die deutsche Volkswirtschaft über lange Zeit. Und zwar in komplettem Umfang.
Ähnlich drastisch umschreibt auch Michael Vassiliadis, Chef der Chemiegewerkschaft IG BCE, die Auswirkungen: "Die Folgen wären nicht nur Kurzarbeit und Jobverluste, sondern der schnelle Zusammenbruch der industriellen Produktionsketten in Europa - mit weltweiten Folgen."
Ressorts melden Milliarden für Flüchtlingskosten an
Die Bundesminister haben bei Finanzminister Christian Lindner für den verabredeten Ergänzungshaushalt für die Folgen der Ukraine-Krise milliardenschwere Hilfen beantragt.
Vor allem die SPD-geführten Ministerien Innen, Arbeit & Soziales sowie das Bauministerium sollen jeweils mehrere Milliarden für Registrierung, Grenzschutz, Verteilung und Integration verlangt haben, erfuhren wir aus Regierungskreisen.
Bis zum 31. März haben die Ressorts noch Zeit, am 7. April will Kanzler Olaf Scholz mit den Länderchefs das Bund-Länder-Paket zur Finanzierung der Ukraine-Folgen vor allem auch durch die Flüchtlinge festzurren.
Geheimhaltung bei Lambrechts Waffen noch größer
Der Umgang mit amtlichen Informationen zu Waffenlieferungen in die Ukraine ist restriktiver als bekannt. Neue Unterlagen zeigen, dass selbst die Einsicht in der Geheimschutzstelle des Bundestags stärker beschränkt ist als üblich.
Eine als VS GEHEIM eingestufte Lieferliste liegt seit dem 18. März aus, darf aber nur von Abgeordneten persönlich gelesen werden, nicht von ihren oft sicherheitsüberprüften Mitarbeitern.
Unser Investigativreporter Christian Schweppe hat recherchiert, wie die Mehrheit des Parlaments durch die Praxis umgangen wird.
Ausriss aus vertraulicher Bundestags-Information © The PioneerDenn von den Abgeordneten wiederum haben nur solche Einsicht, die im Auswärtigen Ausschuss, Verteidigungs- oder Wirtschaftsausschuss sind. Dazu die Haushaltspolitiker.
Es ist ein kleiner Kreis der Insider.
Von der Geheimliste kursieren keine Kopien – es dürfen nämlich keine angefertigt werden. Die Originalliste ist mit Tagebuchnummern versehen, jede Vervielfältigung damit rückverfolgbar. Sogar eigene Notizen müssen in der Geheimschutzstelle verbleiben.
Bislang unbekannt: Jeden Donnerstag um 10 Uhr wird die Liste des „sensitiven militärischen Materials“ aktualisiert. Zentral dabei ist das Ukraine-Lagezentrum von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD).
Inzwischen liefern dutzende Länder Waffen zur Verteidigung an die Ukrainer, die USA legen das offen. Im Bundestag wächst jetzt der Unmut über die Informationssperre: Zumindest nach sicherer Waffenübergabe gehöre man unterrichtet, meinen immer mehr Abgeordnete.
Hier lesen Sie die gesamten Recherchen unseres Kollegen:
Flüchtlinge aus der Ukraine: Gewerkschaften fordern mehr Deutschkurse
Anja Piel © Julian Stratenschulte/dpaDer Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert einen erheblichen Ausbau der Sprachkurse für Flüchtlinge aus der Ukraine. „Sprachkenntnisse sind beispielsweise für die Integration in den Arbeitsmarkt Grundvoraussetzung. Deshalb muss die Koalition das Angebot an Sprachkursen deutlich ausbauen“, sagte uns DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel.
Piel sagte, die Bundesregierung müsse jetzt Instrumente und Maßnahmen starten, um den Geflüchteten den Weg zu erleichtern: „Die erfolgreiche Integration hilft nicht nur den ankommenden Menschen, sondern ist auch ein unverzichtbarer Beitrag zu einem starken gesellschaftlichen Zusammenhalt.“
An diesem Mittwoch berät Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erstmals mit den Ländern und den Sozialpartnern über die Integration der Flüchtlinge in den deutschen Arbeitsmarkt.
Neue Milliarden für Pflegeversicherung
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant kurzfristig einen zusätzlichen Bundeszuschuss zur Pflegeversicherung in Höhe von 1,2 Milliarden Euro.
Das geht aus einem Verordnungsentwurf des Gesundheitsministeriums hervor, der unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner vorliegt.
Olaf Scholz und Karl Lauterbach © imagoDie Mittel sollen dem Ausgleichsfonds im April zur Verfügung gestellt werden. Das Ministerium begründet den Finanzbedarf mit Pandemie-bedingten Mehrausgaben.
Eine weitere Erhöhung des Zuschusses wird ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Um den Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung 2022 konstant zu halten, seien im weiteren Verlauf gegebenenfalls „weitere Finanzierungsinstrumente erforderlich“.
Die Kassen halten den Entwurf für unzureichend.
„Als schnelle Übergangslösung ist die vorgesehene Maßnahme hilfreich“, heißt es in einer Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes. Es dürfe jedoch nicht der Eindruck entstehen, dass mit einer Erstattung von 1,2 Milliarden Euro die Pandemie-bedingten Mehrausgaben der Pflegeversicherung „auch nur annähernd vollständig ausgeglichen sind“.
Ohne weitere Zuschüsse drohen nach Angaben des Kassenverbandes zusätzliche Belastungen für die Beitragszahler.
„Eine deutliche Anhebung des Beitragssatzes wäre noch im laufenden Jahr erforderlich.“
Eine Erhöhung um 0,1 Prozentpunkte für alle Zahler entspricht in der Pflegeversicherung jährlichen Einnahmen von 1,6 Milliarden Euro. Der Beitragssatz für Kinderlose liegt aktuell bei 3,4 Prozent, für Väter und Mütter sind es 3,05 Prozent.
Rechnungshof rügt Bundesagrarministerium
Der Bundesrechnungshof rügt das Bundeslandwirtschaftsministerium wegen fehlender Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei einigen größeren Vorhaben der jüngeren Vergangenheit.
Das geht aus einem Bericht der Bonner Behörde an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor. Das Papier liegt uns vor.
Es geht um Vorhaben mit einem Volumen in dreistelliger Millionenhöhe. Die Mittel seien ausgegeben worden, „ohne zuvor vollständige Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen der Planungs- oder Entscheidungsverfahren durchzuführen“.
Konkret habe es sich um Ausgaben unter anderem für die Einführung des Tierwohlkennzeichens sowie für Bundesprogramme für ländliche Räume und zur Innovationsförderung gehandelt.
Insgesamt 29 Abgeordnete umfasst die neue SPD-Fraktion im Saar-Landtag, junge Abgeordnete wie Damhat Sisamci und der Gewerkschafter Timo Ahr werden neu dabei sein.
Fast hätte es noch Susanne Speicher geschafft: Die Sprecherin von Fridays for Future hatte sich auf dem aussichtslosen 8. Platz der Saarbrücker Liste aufstellen lassen - bei dem überragenden SPD-Ergebnis verfehlte sie den Einzug knapp.
Die Parlamentarische Gesellschaft wird nach dem Wahlsieg der Bundes-SPD bei der Bundestagswahl künftig von einem Genossen geführt.
Neuer Präsident soll Stefan Zierke werden, der für die Uckermarck im Bundestag sitzt und zuletzt Staatssekretär im Familienministerium war.
Der Plan ist innerhalb der SPD ausgemacht und muss nur noch durch die Mitgliederversammlung im April bestätigt werden.
Und noch einmal die Saar-SPD: Ohne Koalitionsverhandlungen steht dem Bundesland mutmaßlich ein unkomplizierter Prozess der Regierungsbildung bevor - aber etwas Zeit braucht es dennoch. Der Grund: Auch eine Regierung aus einer absoluten Mehrheit heraus kann nur dann gebildet werden, wenn sich der neue Landtag konstituiert hat.
Dies wäre nach aktueller Planung am 25. April der Fall - und erst dann könnte auch Anke Rehlinger als neue Regierungschefin mitsamt ihren wahrscheinlich sechs Ministerinnen und Ministern vereidigt werden. Der Termin könnte noch vorgezogen werden - allerdings müssen die gewählten Abgeordneten noch ihr Mandat annehmen.
Auf - Seit Kriegsbeginn deutet der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk sein Amt in beeindruckender Weise um. Melnyk fordert unerbittlich Waffenlieferungen und polarisiert damit zuweilen. Was Präsident Selenskyj an öffentlicher Wirkung in der Welt erreicht, leistet Melnyk in Deutschland. Im Gespräch mit Gabor Steingart sprach Melnyk mit gewohnt klaren Worten. Er hält den Druck auf den Westen hoch. Unser Aufsteiger.
Ab - Nachdem das Saarland in der letzten Bundesregierung drei Schlüsselressorts mit Ministern bestücken durfte, ist in dieser Legislaturperiode lediglich der FDP-Politiker Oliver Luksic als parlamentarischer Staatssekretär Teil der Regierung. Nun musste Luksic mit ansehen, wie seine Landes-FDP den Einzug in den Landtag verfehlte. Es ist die zweite schwere Niederlage von Luksic innerhalb eines Jahres. Letzten Sommer, daran erinnern wir gerne, verlor er als einziger Torschütze mit dem FC Bundestag 1:8 gegen die Wortspieler. Unser Absteiger.
Die Folgen eines Gas-Embargos wären gewaltig für die deutsche Wirtschaft, sagen Vertreter der Ampel-Koalition und Unternehmensvertreter. Aber stimmt das wirklich? Florian Schmidt und Nele Behrens gehen bei t-online dieser Frage nach und haben mit Experten dazu gesprochen. Der Düsseldorfer Ökonom Jens Südekum sagt dazu: "Der Füllstand unserer Gasspeicher wird die neue Corona-Inzidenz." Es werde auf jeden Kubikmeter gespeicherten Gases ankommen, sollte der Gas-Hahn zugedreht werden. Besorgniserregende Analyse.
In der Ost-Ukraine haben die ukrainischen Streitkräfte die strategisch wichtige Kleinstadt Trostjanez zurückerobert. Spiegel-Reporter Christoph Reuter war vor Ort und fand "geplünderte Geschäfte, kaputte Gebäude und russische Soldaten" vor, die offenbar nicht wussten, warum sie eigentlich in dem Ort waren und wohin sie sollen. Hier geht es zu seiner Video-Reportage.
Heute gratulieren wir herzlich:
Tanja Kewes, Chefreporterin Handelsblatt, 43
Carsten Meyer-Heder, Fraktionschef der CDU in der Bremer Bürgerschaft, 61
Astrid Damerow, CDU-Bundestagsabgeordnete, 64
Michael Frieser, CSU-Bundestagsabgeordnete, 58
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre