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Unsere Themen heute:
Die künftigen Grünen-Chefs Ricarda Lang und Omid Nouripour wollen ihre Partei gegenüber den Grünen-Ministern in der Ampel-Regierung profilieren. Wir wissen, wie.
Der Kohleausstieg könnte schneller kommen als gedacht. Für den Ostbeauftragten der Bundesregierung, Carsten Schneider, ist klar, dass dann auch die Hilfen für den Strukturwandel früher fließen müssen.
Der Rechnungshof zeigt sich beharrlich. Er rügt den früheren Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Wir sagen, worum es geht.
Die Außenpolitiker der Union sind verärgert über ein "Positionspapier", hinter dem einige CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder vermuten. Wir kennen die Details.
Einerseits DGB-Chefin, andererseits Abgeordnete? Über die Zukunft der designierten Vorsitzenden des Gewerkschaftsdachverbandes, Yasmin Fahimi, wird gemutmaßt. Wir erklären, wieso.
Die Grünen-Spitze verhindert eine Debatte über Waffen für die Ukraine auf dem Bundesparteitag. Wir beleuchten die Hintergründe.
Der grüne Neubeginn
Bei den Grünen bricht an diesem Wochenende eine neue Phase an.
Die vierjährige Amtszeit von Annalena Baerbock und Robert Habeck an der Parteispitze endet - und die von Ricarda Lang und Omid Nouripour beginnt.
Die Wahl der 28 Jahre alten Sozialpolitikerin und des 46-jährigen Außenexperten zur neuen grünen Doppelspitze am Samstagnachmittag ist so gut wie sicher; ernstzunehmende Gegenkandidaturen gibt es nicht.
Lang wird aus der Quarantäne heraus, via Bildschirm, ihre Bewerbungsrede halten; ein PCR-Test fiel am Mittwochabend positiv aus. Nouripour wird im Berliner Velodrom zugegen sein, wo der digitale Grünen-Bundesparteitag organisiert wird.
Robert Habeck und Annalena Baerbock © imagoWährend Baerbock und Habeck die Grünen von der Opposition in die Regierung geführt haben, wird Langs und Nouripours Rolle darin bestehen, die Grünen bis zur nächsten Bundestagswahl und darüber hinaus in der Regierung zu halten.
Dabei stehen die Parteilinke und der Realo vor einer heiklen Aufgabe: Das grüne Machtzentrum ist jetzt nicht mehr in der Bundesgeschäftsstelle der Grünen verortet, sondern in der Regierung, allem voran im Wirtschafts- und Klimaschutzministerium von Vizekanzler Habeck.
Lang und Nouripour werden nach innen, gegenüber ihrer Partei, Regierungskompromisse vertreten - und nach außen das Grünen-Profil wahren und schärfen müssen.
Ein Drahtseilakt, den Nouripour im Gespräch mit uns so beschreibt:
Grünen-Politiker Omid Nouripour. © ImagoDie neue Parteiführung muss den Laden zusammenhalten.
Nouripours Ziel ist es, dass die Grünen nach der nächsten Bundestagswahl „führende Kraft der linken Mitte in Deutschland“ sind.
Eine Kampfansage an die SPD.
In den Ampel-Koalitionsverhandlungen sind viele führende Grüne zu der Überzeugung gelangt, dass sich die SPD auf sozial und tariflich abgesicherte Arbeitnehmermilieus fokussiere und prekär Beschäftigte vernachlässige. Darin sehen Grünen-Strategen nun ein Potenzial - das sich mit den Prioritäten vor allem vieler junger Grüner deckt.
So steht Lang für eine neue Generation Grüner, die über soziale Fragen zur Partei finden und nicht in erster Linie über ökologische.
Lang betonte uns gegenüber:
Grünen-Politikerin Ricarda Lang. © ImagoIch möchte den Kurs der Öffnung hin zu neuen Milieus fortsetzen, ihn aber auch um neue Akzente erweitern: Soziale Fragen und Gerechtigkeitsthemen sollen einen starken Fokus bekommen.
Während also Baerbock und Habeck in der Regierung den grünen Mitte-Kurs halten, steuern Lang und Nouripour links gegen.
Unsere Kollegin Marina Kormbaki stellt Ihnen die künftigen Grünen-Chefs, ihre Pläne und Probleme hier vor.
Rechnungshof rügt zwei Gesetze aus Spahns Ministerzeit
© ImagoDas Bundesgesundheitsministerium erhält eine Rüge wegen zweier milliardenschwerer Projekte des früheren Ressortchefs Jens Spahn (CDU). Das geht aus einem Bericht des Bundesrechnungshofs an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor.
Konkret zielt die Kritik auf das Versichertenentlastungsgesetz und das Betriebsrentenfreibetragsgesetz.
Dabei ging es um das Abschmelzen von Kassenrücklagen sowie um milliardenschwere Entlastungen für alle gesetzlich Versicherten und darüber hinausgehende Verbesserungen für Betriebsrentner. Das Volumen der beiden Vorhaben belief sich den Angaben zufolge auf bis zu 5,6 Milliarden Euro jährlich.
Die Rechnungsprüfer nehmen vor allem Anstoß an den Begründungen der Gesetze. Dabei sei „das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung nur unzureichend berücksichtigt“ worden. Das Ministerium hätte Auswirkungen, Alternativen und mögliche Zielkonflikte aufzeigen müssen.
Ostbeauftragter will Hilfen für Strukturwandel vorziehen
Der Staatsminister im Kanzleramt und Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), hat sich für ein Vorziehen der Finanzhilfen für den Strukturwandel ausgesprochen, sollte der Kohleausstieg wie im Koalitionsvertrag vereinbart bereits 2030 umgesetzt werden.
"Das ist für mich zwingend, denn wir haben den Kumpels das Versprechen gegeben, dass wir neue Jobs ansiedeln werden", sagte uns Schneider bei einem Besuch auf der Pioneer One.
Fast 40 Milliarden Euro habe der Staat für den Strukturwandel in den Kohleabbaugebieten eingeplant. Damit werde Infrastruktur erneuert und aufgebaut.
Carsten Schneider, Staatsminister im Kanzleramt und Ostbeauftragter © Anne HufnaglGerade in den ostdeutschen Bundesländern müssen aber auch neue Forschungsinstitute angesiedelt werden.
"Es wird eine Renaissance der Industriearbeitsplätze in Ostdeutschland geben. Wir haben Flächen, das Arbeitskräftereservoir und eine exzellente Infrastruktur."
Das gesamte Interview mit Schneider hören Sie an diesem Samstag als Hauptstadt Podcast Spezial hier.
Wie sich der MAD neu aufstellt
Das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) will seine Tätigkeiten in der Extremismusabwehr ausbauen. Sie soll weiterentwickelt und in die Sicherheitsinfrastruktur der großen Nachrichtendienste eingebunden werden.
Konkret sollen dafür vier neue MAD-Dienststellen entstehen. Wie unser Reporter Christian Schweppe erfuhr, sind Standorte der bundesweit dann 12 MAD-Stellen derzeit in Abstimmung.
BfV-Präsident Thomas Haldenwang (links) mit Amtskollegen von MAD und BND © dpaPersonell will man weiter wachsen. Ziel: 1632 Dienstposten. Ein Sprecher sagte: „Unsere eingeleitete Weiterentwicklung wird den Militärischen Abschirmdienst zukunftsfähig aufstellen und stärker machen."
Daran wird sich der MAD messen lassen müssen – schon oft war man wegen Pannen in der Kritik. Unter Präsidentin Martina Rosenberg soll es anders laufen, die Juristin kennt das Rechtssystem der Bundeswehr gut und spricht regelmäßig persönlich mit der Verteidigungsministerin.
Die acht bisherigen MAD-Dienststellen © MAD
In der Konrad-Adenauer-Kaserne in Köln haben derweil Baumaßnahmen begonnen: Der MAD wird bald alleiniger Nutzer sein und plant ein neues Rechenzentrum.
Die IT wird ertüchtigt, ein neues Dienstgebäude soll folgen – digitale Auswertung ist zuletzt immer wichtiger geworden. Immerhin soll der MAD Spione und Verfassungsfeinde beim Militär aufspüren.
Wegen Extremismus ermittelt man weiter auch beim KSK. In den vergangenen Wochen gerieten zudem Soldaten ins Visier, die sich in Zusammenhang mit der Querdenken-Bewegung fragwürdig geäußert hatten.
Corona: Geywitz war nicht im Kabinett
Klara Geywitz © The PioneerDie Corona-Infektion von Bauministerin Klara Geywitz hat offenbar zumindest im Bundeskabinett nicht zu weiteren Infektionen geführt. Die SPD-Ministerin hatte sich am Mittwochmorgen direkt nach zwei positiven Schnelltests in Quarantäne begeben.
Am Dienstagmorgen war sie noch Gast in einem Hintergrundkreis mit Journalistinnen und Journalisten. Auch hier sind bisher keine weiteren Infektionen bekannt geworden. Geywitz führt die Geschäfte im Rahmen der Möglichkeiten aus der Quarantäne heraus weiter und hatte auch schon zuvor viele Meetings digital abgehalten.
Deutschland stimmte in EU Genesenenstatus zu
Deutschland hat im Ausschuss der Ständigen Vertreter bei der EU der Regelung zugestimmt, dass der Genesenenstatus für Corona-Infizierte einheitlich auf sechs Monate gehalten werden soll.
Das geht aus einer vertraulichen Weisung des Auswärtigen Amts an die Ständige Vertretung in Brüssel vom 21. Januar hervor, die uns vorliegt. Dem Dokument ist zu entnehmen, dass Deutschland (DEU) der Empfehlung der EU für eine einheitliche 6-Monats-Frist zugestimmt hat.
Ausriss aus dem Papier des Auswärtigen Amts zum Genesenenstatus. © ThePioneerIm Heute-journal hatte am Mittwochabend SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach dagegen gesagt, dass er sich in der EU nicht habe durchsetzen können, die Frist auf drei Monate zu verkürzen und man deswegen einen nationalen Alleingang hätte machen müssen.
Außenpolitiker der Union im Clinch
CDU und CSU ringen um einen gemeinsamen Kurs im Umgang mit Russland - was wiederum neue Gräben in der Union aufreißt.
So habe die AG Außen der Unionsbundestagsfraktion am Donnerstagmorgen "sehr kontrovers" über ein ihr vorgelegtes "Kompromisspapier" diskutiert, hieß es aus Teilnehmerkreisen gegenüber unserer Kollegin Marina Kormbaki. Als dessen Verfasser vermuteten einige Parlamentarier CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder - einen Absender enthält das uns vorliegende, sechsseitige Papier nicht.
Nach unseren Recherchen stammt es aus der Feder von Fraktions-Vize Johann Wadephul (CDU).
CSU-Chef Markus Söder (l.) und CDU-Chef-Friedrich Merz. © dpaDarin werden elf Forderungen an die Bundesregierung aufgeführt, darunter:
"Lieferungen von Defensivwaffen an die Ukraine"
"umfangreiche Sanktionen gegen den Finanzsektor inklusive des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs"
der Bau eines Flüssiggas-Terminals zur Sicherstellung der Gasversorgung
aber auch: "die Hand Richtung Russland ausgestreckt lassen und ein Angebot zu einem umfassenden Dialog aufrechterhalten, der die Sicherheitsperzeptionen beider Seiten ernsthaft aufnimmt"
In der Parlamentariergruppe wurde das Papier von einigen als widersprüchlich aufgefasst - und als Versuch der Parteispitzen von CDU und CSU, die zuletzt vernehmbare Vielstimmigkeit der Unionsspitzen in der Russlandfrage zu überwinden. Vor allem aber sorgte der Stil - die Vorlage eines unabgestimmten "Positionspapiers von oben", wie es hieß - für Unmut.
Mandatsverzicht von designierter DGB-Chefin Fahimi erwartet
© ThePioneerNach dem im vergangenen Jahr reformierten Abgeordnetengesetz dürfen Mitglieder des Bundestages nicht mehr gegen Geld als Interessenvertreter arbeiten - auf diese Änderung wurde am Donnerstag in Kreisen der Oppositionsfraktionen mit Blick auf die designierte DGB-Chefin Yasmin Fahimi verwiesen.
Die Pressestelle des Bundestages gab auf Anfrage zunächst keine Einschätzung dazu ab. Fahimi ist direkt gewählte Abgeordnete des Bundestags. Die 54-Jährige hatte am Donnerstag auf Anfrage offen gelassen, ob und gegebenenfalls wann sie ihr Mandat niederlegen werde.
In SPD-Fraktionskreisen hatten wir zuvor gehört, Fahimi könne ihr Mandat behalten. In diesem Fall „steigert das in schwierigen Verhandlungen ihre Position", hieß es uns gegenüber.
Laut Abgeordnetengesetz ist „entgeltliche Interessenvertretung für Dritte gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung“ jedoch unzulässig. Ausgenommen sind ehrenamtliche Tätigkeiten mit einer Aufwandsentschädigung von weniger als 1.008,35 Euro im Monat. Die Bezüge des scheidenden DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann beliefen sich zuletzt auf 14.500 Euro monatlich.
Grünen-Spitze wendet Debatte über Waffen für die Ukraine ab
Die Grünen debattieren auf ihrem Bundesparteitag doch nicht über Waffen für die Ukraine.
Obwohl in der Nacht zu Donnerstag ein entsprechender Dringlichkeitsantrag die nötige Anzahl von Unterschriften erhalten hatte, um auf dem heute beginnenden Parteitag aufgerufen zu werden, wurde er nicht eingereicht.
Wie wir aus Parteikreisen hören, wurden Verfasser des Antrags im Auftrag der Parteispitze mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass eine Debatte über Waffen für die Ukraine Außenministerin Annalena Baerbock beschädigen würde. Baerbock lehnt Waffenlieferungen ab.
Der Unmut ist mitunter groß. Einige deuten den Schritt als Anzeichen einer Abkehr von offener Debattenkultur - und spotten über eine "Generation Wattebäuschchen".
Das Wirtschaftsforum der SPD hat eine neue Pressesprecherin gefunden: Eva Henkel, zuvor Pressesprecherin des Verbands der Automobilindustrie sowie ab 2015 Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Finanzen des Landes Berlin, übernimmt den Job. Sie beginnt im Februar.
Bis zur nächsten Sitzungswoche des Bundestages - Mitte Februar - will die Unionsfraktion einen eigenen Antrag mit eigenen Impfpflicht-Vorschlägen präsentieren. Das geht aus einem Schreiben der beiden Fraktionsvizes Andrea Lindholz (CSU) und Sepp Müller (CDU) hervor: Ziel sei, „dass diejenigen, die am meisten durch das SARS-CoV-2-Virus gefährdet sind, auch den größtmöglichen Schutz erhalten und sowohl unser Gesundheitssystem als auch die kritische Infrastruktur nicht überlastet werden“.
In der nächsten Regierungsbefragung am 16. Februar muss sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den Fragen der Abgeordneten aller Fraktionen stellen. 60 Minuten sind dafür angesetzt, um 13 Uhr geht es los. Wer zuschauen will, der Bundestag überträgt live hier.
Auf - Lars Klingbeil. Ein konstruktiver Ton, die klare Botschaft, dass für die SPD alle Optionen auf dem Tisch liegen, sollte Russlands Präsident Putin seine Truppen in die Ukraine schicken. Und die Mahnung an die Opposition, dass in der Außenpolitik ein parteiübergreifender, bundesrepublikanischer Konsens stets richtig und geboten war. Ein guter Auftritt vom neuen SPD-Chef gestern im Bundestag. Unser Aufsteiger!
Ab - Bärbel Bas macht als Bundestagspräsidentin ihre Sache eigentlich sehr gut. Umso unverständlicher ist, warum die SPD-Politikerin in der Debatte um die Verkürzung des Genesenenstatus’ hinnahm, dass sich der Eindruck einer Sonderbehandlung für Abgeordnete verfestigte. Nun hat sie intern eine Überarbeitung der Vorschriften angekündigt. Viel zu spät. Unsere Absteigerin.
Das Hauptverfahren im Nürnberger Prozess galt den Protagonisten des Nazi-Terrors. Doch ein zweites Verfahren, der sogenannte Einsatzgruppenprozess, geht in der öffentlichen Wahrnehmung meist etwas unter. Dabei war es der größte Mordprozess der Geschichte gegen Angehörige von vier Todes-Kommandos aus Sicherheitspolizei und SD (dem Sicherheitsdienst der SS). Das ZDF und Autor Manfred Oldenburg gehen in einer sehenswerten Dokumentation und anhand von Originaldokumenten, seltenen Filmaufnahmen und Fotos dem Verfahren nach. Bedrückend!
Zum Holocaust-Gedenktag veröffentlichte Spiegel-Autor Oliver Das Gupta ein bemerkenswertes Interview mit dem Wiener Schriftsteller Doron Rabinovici. Der Historiker und Antisemitismus-Aktivist schildert, wie die Nazis seine Familie ermorderten, und wie das Trauma des Holocaust bis heute nachwirkt. "Das Furchtbare ragte von Beginn an ins Leben hinein", sagt er über die Erinnerung an das Grauen. Über seine Mutter und seine Großmutter, die KZ-Häftlinge waren, berichtet er: "Beide waren im Rumpf eines Schiffes eingeschlossen, sie standen in den eigenen Exkrementen. Die Soldaten gaben ihnen Salzwasser zu trinken, damit sie sterben." Gerade in diesen Tagen sollte dieses Gespräch ein Pflichtlektüre sein.
Wir gratulieren herzlich:
Nicolas Sarkozy, ehemaliger Präsident Frankreichs, 67
Karl Schlögl, ehemaliger Innenminister Österreichs, 68
Hartfrid Wolff, ehemaliger FDP-Bundestagsabgeordneter, 51
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre