herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt - direkt von der Pioneer One.
Unsere Themen heute:
In der Bundesregierung sorgt man sich über die Folgen eines Zukunftsprojekts des Unternehmers Elon Musk.
Im Wahlkreis-Check schauen wir auf etablierte CDU-Kandidaten im Saarland und einen Wechsel in Rheinland-Pfalz.
Aufstand der Wirtschaftsverbände gegen die Umsetzung einer EU-Abfallrichtlinie. In einem Brandbrief warnen 15 Verbände vor unnötigen Milliardenkosten.
Die Regierungsorganisation aus dem Saarland
Gemessen an der Bevölkerung ist das Saarland der mächtigste Landesverband in der Bundespolitik. Mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Verteidigungsministerin und Noch-CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sitzen gleich zwei Saarländer in der Regierung. Kramp-Karrenbauer will angeblich im Wahlkreis Saarbrücken erstmals für den Bundestag antreten, heißt es im Landesverband. Ein Sprecher Kramp-Karrenbauers betonte auf Anfrage, sie werde dazu "zu gegebener Zeit" etwas sagen.
Die CDU-Politikerin war 1998 kurzzeitig für Klaus Töpfer in den Bundestag nachgerückt, schied 1998 aber wieder aus. Seither agierte sie in der Landespolitik, als Ministerpräsidentin wechselte sie 2018 überraschend nach Berlin und übernahm den Posten der CDU-Generalsekretärin. In ihrem Wahlkreis Saarbrücken verlor der CDU-Landtagsabgeordnete Bernd Wegner 2017 gegen die SPD-Kandidatin Josephine Ortleb. Ortleb tritt erneut an.
Peter Altmaier dürfte 2021 wieder für Saarlouis in den Bundestag einziehen wollen. Altmaier hält sich das noch offen und will erst nach der Weihnachtspause entscheiden. Örtliche Parteifreunde gehen aber von einer erneuten Kandidatur aus. Die Listenaufstellung ist für den Februar geplant. Der Wirtschaftsminister ist in der Corona-Pandemie im Ansehen der Bürger gestiegen, laut dem aktuellen ZDF-Politbarometer landet Altmaier auf Platz sieben der beliebtesten Politiker.
© dpaBei der SPD bleibt an der Saar alles beim alten: Außenminister Heiko Maas tritt in Saarlouis ebenso wieder an wie Christian Petry in St. Wendel. Auch bei den Grünen will der bisher einzige Abgeordnete Markus Tressel eine weitere Legislaturperiode im Bundestag verbringen. Bei der Linkspartei steht die Entscheidung des bisherigen Abgeordneten Thomas Lutze noch aus.
Unions-Fraktionsvize Nadine Schön will auch 2021 wieder in den Bundestag. © imagoDie stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Nadine Schön, wird in Berlin immer einflussreicher und hat gute Chancen in St. Wendel erneut das Direktmandat für die CDU zu holen. Markus Uhl, der 2017 das Direktmandat in Homburg knapp gewinnen konnte, will ebenfalls wieder antreten.
Bei den Liberalen peilt Landeschef Oliver Luksic erneut Listenrang eins an. Dass die FDP-Kandidaten dahinter zum Zuge kommen, gilt als undenkbar. Der frühere FDP-Politiker und heutige AfD-Bundestagsabgeordnete Christian Wirth tritt auch diesmal an.
Rheinland-Pfalz: Klöckner drängelt, SPD erneuert sich
© The PioneerBei der vergangenen Bundestagswahl holte die CDU 14 von 15 Wahlkreisen in Rheinland-Pfalz direkt. Nur in Kaiserslautern konnte der 61-jährige Chemielaborant und Bundestagsabgeordnete Gustav Herzog für die SPD gewinnen. Doch Herzog tritt 2021 nicht wieder an.
Er ist bei den Südwest-Sozialdemokraten damit nicht allein - ein echter Generationenwechsel steht an. Angefangen hatte es bereits mit der ins Europaparlament gewechselten Katarina Barley und der ausgeschiedenen SPD-Chefin Andrea Nahles. Neben den beiden Spitzen-Frauen hören auch die Abgeordneten Doris Barnett, Gabi Weber und Detlev Dilger auf.
Auf der Landesliste kann damit Innen- und Verteidigungspolitiker Thomas Hitschler mit dem Sprung auf Platz eins rechnen. Umstritten ist der Abgeordnete Joe Weingarten, der weitermachen will, in seinem Wahlkreis Kreuznach aber mit einer Gegenkandidatur rechnen muss.
Setzt sich Weingarten durch, könnte er in der CDU eine prominente Gegnerin bekommen: Bundeslandwirtschaftsministerin und Landesvorsitzende Julia Klöckner. Klöckner will Parteifreunden zufolge in ihrer Heimat antreten, doch ist der Wahlkreis noch besetzt. Die Landesvorsitzende müsste eine Alternative für die Bundestagsabgeordnete Antje Lezius finden, sollte diese nochmal antreten wollen.
Patrick Schnieder, Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, will in Bitburg erneut kandidieren. Der Finanzexperte Johannes Steiniger (Neustadt-Speyer) und der Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel (Neuwied) wollen ebenfalls 2021 wieder in das Parlament.
Für die FDP wird der neue Generalsekretär Volker Wissing Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2021. Der 50-jährige Landesvorsitzende wird als Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident aber bis zur Landtagswahl im Frühjahr in Mainz im Amt bleiben.
Bei der AfD will Sebastian Münzenmaier, bisher Chef des Tourismus-Ausschusses im Bundestag, wieder an Position eins der AfD-Liste antreten. Für einen der ersten drei Plätze möchte sich der bisherige Bundestagsabgeordnete Andreas Bleck bewerben.
Bei den Grünen sind die Verhältnisse geklärt. Die drei Abgeordneten Tabea Rößner, Tobias Lindner und Corinna Rüffer treten (wahrscheinlich auf der Liste auch in dieser Reihenfolge) wieder an. Der wohl bekannteste der drei - Verteidigungsexperte Lindner - hat seine Kandidatur intern bereits erklärt. Zusätzlich drängt es wohl auch die Grüne Landeschefin Misbah Khan in den Bundestag - auch in Rheinland-Pfalz erwarten die Grünen einen Zugewinn an Mandaten.
Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner © dpa1. Neue Steuerschätzung: Keine bösen Überraschungen
Bei der Steuerschätzung in der kommenden Woche wird es nach Experteneinschätzung keine bösen Überraschungen für Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) geben. „Mein Eindruck ist, dass die bisherigen Prognosen die Realität, wie sie sich jetzt darstellt, ganz gut erfasst haben“, sagte uns Jens Boysen-Hogrefe, Ökonom am Kieler Institut für Weltwirtschaft und Mitglied im Arbeitskreis Steuerschätzung.
Der Bund hatte zuletzt mit Steuermindereinnahmen von rund 45 Milliarden Euro in diesem Jahr kalkuliert. „Die Steuereinnahmen im Juli lagen fast genauso hoch wie vor einem Jahr. Das war eine positive Überraschung.“ Es gebe noch viele Unwägbarkeiten.
Boysen-Hofgrefe forderte, in der Haushaltspolitik rasch nach Krisenende umzusteuern. „Bisher bewegen wir uns in einem wirtschaftlichen und geldpolitischen Umfeld, das es gut verträgt, wenn der Staat in die Bresche springt und Schulden macht, letztlich damit die Wirtschaft stabilisiert wird. Aber mittelfristig ist es wichtig den Weg zurück zu soliden öffentlichen Haushalten zu finden.“ Das vollständige Interview, das ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner mit Steuerschätzer Boysen-Hogrefe geführt hat, lesen Sie hier.
2. Debatte um Elon Musks Satelliten-Programm
Eines der größten Zukunftsprojekte des Tesla-Gründers und Unternehmers Elon Musk hat eine Kontroverse über die völkerrechtlichen Folgen und Entsorgungsfragen ausgelöst. Dabei geht es um das Satellitenprojekt “Starlink”, mit dem Musk rund 42.000 Satelliten ins All bringen will, um die weltweite Internetversorgung sicherzustellen.
In einer Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Außenpolitikers Omid Nouripour betont Außen-Staatssekretär Miguel Berger, dass mit den geplanten Satellitenkonstellationen “ein enormer Zuwachs an Weltraumobjekten” einhergehe. “Große Konstellationen müssen daher mit einem sehr hohen Grad an Zuverlässigkeit Maßnahmen zur Vermeidung von Weltraumschrott einhalten”, so Berger.
© dpaDie Bundesregierung setze sich für verbindliche Regeln und internationale Standards ein, heißt es. Die Zuständigkeit für kommerzielle Unterfangen wie dieses liege aber bei den Staaten, in denen die Unternehmen beheimatet sind. Die Bundesregierung unterschätze mit dieser Haltung das Projekt, kritisiert Nouripour. “Musk umspannt den Planeten mit 42.000 Satelliten und die Bundesregierung stellt sich auf den Standpunkt, es würde sie nichts angehen.”
SCIP-Datenbank - Brandbrief der Wirtschaftsverbänden an Peter Altmaier. © ThePioneerDie Umsetzung einer neuen europäischen Recycling-Datenbank sorgt für einen Aufstand bei den Wirtschaftsverbänden. In einer beispielhaften Kooperation arbeiten gerade 15 Verbände, darunter der Automobilverband VDA, der Digitalverband Bitkom, der Industrieverband BDI und der Handelsverband, an einem gemeinsamen Brief an die Bundesregierung, um "negative Konsequenzen" für den Wirtschaftsstandort abzuwenden. Die Konzeption der Datenbank gehe "weit über das notwendige Maß" hinaus, heißt es in dem Entwurf des Briefes an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD).
Dabei geht es um die Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie, die Unternehmen dazu verpflichtet, die Namen der Inhaltsstoffe ihrer produzierten Werkteile, Erzeugnisse und Produkte entlang ihrer Lieferketten in eine zentrale EU-Datenbank einzutragen.
"Die geforderten Informationen aus internationalen Lieferketten zu beschaffen, zu validieren und an die ECHA (Europäische Chemikalienagentur, Anm. d. Red.) zu übermitteln, wird zu enormen wirtschaftlichen Folgen mit Kosten in Milliardenhöhe führen", heißt es in dem Entwurf.
Der Nutzen für die Ablaufwirtschaft sei "bei all dem Aufwand nicht erwiesen". Die Verbände beschweren sich, dass ihre Bedenken von den Ministerien "bislang nicht aufgegriffen" worden seien. Die Wirtschaftsvertreter schlagen vor, dass sich das deutsche Gesetz nur auf die Informationspflichten gemäß der bestehenden EU-Chemikalienrichtlinie REACH beschränken sollte. Dann würden die relevanten Informationen über die produzierten Stoffe ebenfalls bekannt, aber der Bürokratieaufwand sei geringer. So hätten es auch Frankreich und die Niederlande bereits umgesetzt.
Am Mittwoch, 9. September ist es soweit: Der Deutsche Bundestag tagt wieder, die Sommerpause ist zu Ende. Neun Wochen war es still im Plenarsaal unter der Reichstagskuppel gewesen. Zum Start gibt es gleich einen außergewöhnlich interessanten Tagesordnungspunkt: SPD-Mann Olaf Scholz wird von den Abgeordneten eine Stunde lang ins Kreuzverhör genommen - natürlich nicht in seiner neuen Rolle als Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten, sondern als Bundesfinanzminister. Der Vizekanzler steht nun unter besonderer Beobachtung.
© ThePioneerAuf - Auch der Freizeitsport leidet unter den Beschränkungen durch das Corona-Virus. Eine besondere Sportgruppe kann ab sofort wieder ihrer Lieblingsbetätigung nachgehen - der FC Bundestag wird wieder Fußball spielen. Am 8. September beginnt der Spielbetrieb der Parlamentstruppe gegen das Team aus dem Eichsfeld, am Tag danach folgt das Duell gegen die Mannschaft der Bundeswehr-Fuhrpark-Service GmbH. Der CDU-Abgeordnete Fritz Güntzler aus Cuxhaven ist der Vorsitzende des FC Bundestag e.V. - und für diesen Schritt in eine neue Corona-Normalität geht es bei uns heute bergauf.
Ab - Bis zuletzt hatten Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und seine Leute noch gehofft, diese Entscheidung vermeiden zu können. Doch der Wirecard-Skandal lässt sich weder abtun noch aussitzen. Er handelt nicht nur von krimineller Energie. Es geht auch um den Kontrollverlust staatlicher Aufsicht über Finanzwirtschaft und Wirtschaftsprüfer. Scholz hat bisher versucht, Brandmauern einzuziehen, die Vorwürfe so weit wie möglich von sich wegzuhalten. Doch der Untersuchungsausschuss wird zur Belastung für den SPD-Kanzlerkandidaten. Schon dadurch, dass seine Mitglieder Akten wälzen und Zeugen vernehmen, wird das Gremium daran erinnern, wer die politische Verantwortung trägt: Olaf Scholz.
Wuppertal, Bergisch-Gladbach, Bottrop - Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war in den vergangenen Tagen im NRW-Wahlkampf immer wieder mit Pöbeleien und Beleidigungen konfrontiert. „Er schafft das”, ist die lesenswerte Analyse von Nico Fried und Jana Stegemann in der Süddeutschen Zeitung überschrieben. “Es ist ein bemerkenswerter Zufall, dass Spahns Veranstaltungen gerade jetzt so massiv gestört werden. Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren wurde Angela Merkel im sächsischen Heidenau, wo Bürger gegen Flüchtlinge vorgegangen waren, mit Schmähungen empfangen”, schreiben die Kollegen. Notiert haben sie auch, was Spahn antreibt, obwohl sich immer wieder blanker Hass gegen ihn richtet: „Wichtig ist, dass wir gesprächsfähig bleiben." Nachzulesen ist das Stück hier.
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Robert Habeck, Grünen-Vorsitzender, 51
Martin Rabanus, SPD-Bundestagsabgeordneter, 49
Lisa Paus, Finanzexpertin der Grünen im Bundestag. © ThePioneerDie Finanzexpertin der Grünen im Bundestag antwortet auf die Frage, ob möglicherweise beide Kanzlerkandidaten von Union und SPD im Untersuchungsausschuss zur Wirecard-Affäre geladen werden könnten.
SPD-Finanzminister Olaf Scholz ist als Wächter über die Bafin einer der zentralen Akteure in der Aufklärung. Doch die Grünen deuten nun auch auf den CSU-Chef, bayerischen Regierungschef und möglichen Kanzlerkandidaten der Union, Markus Söder, aus dessen Heimatland Wirecard schalten und walten durfte.
“Natürlich sind die politisch Verantwortlichen eines Bundeslandes, in dem das Unternehmen ansässig ist, welche, die potentiell auf der Zeugenliste erscheinen werden”, sagt Paus.
Man darf gespannt sein.
Ihre Informationen für uns © Media PioneerSie sind ein Insider und haben einen vertraulichen Tipp, den Sie mit der Redaktion des Hauptstadt Briefings teilen wollen? Oder eine sensible Neuigkeit? Schicken Sie uns Ihre Informationen! Lesen Sie hier mehr darüber, wie sie mit uns Kontakt aufnehmen können.
Starten Sie gut in den Tag!
Herzlichst, Ihre