Der (Krisen-)Impfplan

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© ThePioneer

Guten Tag,

herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt - direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Biontech/Pfizer wollen die Produktion für die EU von 1,3 Milliarden Impfdosen auf 2 Milliarden erhöhen. Uns liegt die interne Präsentation aus dem Impfgipfel vor.

  • Die Ost-SPD will das System der Krankenhausfinanzierung reformieren. Wir sagen, wie.

  • Die Bundesregierung will das Stalken womöglich stärker bestrafen. Wir sagen, was die Koalition plant.

Biontech: Impfstoff wirkt gegen Corona-Mutation

Der Impfgipfel hat keine rasche Verbesserung der Impf-Knappheit bringen können. Im zweiten Quartal soll es aber spürbar mehr Impfstoffe geben, teilten die Hersteller-Firmen beim Treffen von Bundesregierung, Länderchefs, EU-Vertretern und Industrie am Montagnachmittag in Berlin mit.

Der Finanzvorstand des Mainzer Impfstoff-Herstellers Biontech, Sierk Pötting, kündigte in der Runde Teilnehmern zufolge an, die Produktion im laufenden Jahr von 1,3 Milliarden auf 2 Milliarden Impfdosen anzuheben. Man werde das Produktionsnetzwerk in Europa von drei auf 13 Partner ausbauen. Auch die Herstellererlaubnis für das neue Werk in Marburg sei nun erteilt, erklärte Pötting.

Die Fortschritte zeigte der Pharma-Manager in einer Präsentation, die uns vorliegt.

Ausschnitt aus der Präsentation von Biontech beim Impfgipfel. © ThePioneer

In der Präsentation hatte Pötting auf einer eigenen Seite die ansteigenden Lieferungen nach Deutschland als nach oben gedrehte Kurve abgebildet. In den ersten beiden März-Wochen werde man mehr als eine Million zusätzliche Impfdosen liefern und damit 20 Prozent mehr als bisher geplant, teilte der Manager mit.

Man werde die Lieferzusagen für das erste und zweite Quartal einhalten, versprach Pötting außerdem.

“Wir ziehen uns nicht aus der Verantwortung.”

Die Lieferengpässe zu Beginn des Jahres bezeichnete der Biontech-Vertreter als “Schluckauf”, das könne bei einer komplexen Produktion passieren.

Wir kratzen alles zusammen und werden liefern.

Dr. Sierk Pötting, Biontech.

Die anwesenden SPD-Ministerpräsidenten fragten den Manager anschließend, ob Deutschland durch eine mögliche zusätzliche Bestellung im Sommer 2020 die aktuelle Knappheit hätte lindern können. Der Manager erwiderte, dass die Produktionskapazitäten nach den Bestellungen aus den USA, Großbritannien und der EU am Limit gewesen seien und kaum hätten höher gefahren werden können.

Im Klartext: Wenn die EU früher bestellt hätte, hätte sie auch mehr bekommen. Doch dann war es irgendwann zu spät und die Produktionskapazitäten ausgelastet.

Pötting verbreitete bei den Anwesenden die Hoffnung, dass der entwickelte Impfstoff auch bei der neuen Corona-Mutation B 1.1.7 wirke. Dies zeigten "erste Studienergebnisse". Sollte der Wirkstoff aber doch nicht wirken oder sich die Mutation ausweiten, könne man innerhalb von etwa sechs Wochen neue Impfstoffe erproben.

Eine Infografik mit dem Titel: Die Verteilung der Impfdosen nach Bundesländern

Ausgelieferte und geplante Impfdosen von Biontech und Moderna bis Ende Februar 2021.

Die zögerlichen und späten Bestellungen der EU waren lange Thema in der Videokonferenz. Die beiden EU-Kommissare Stella Kyriakides (Gesundheit) und Thierry Breton (Binnenmarkt) waren zugeschaltet und verteidigten ihr Vorgehen, man habe alles rechtzeitig mit den Mitgliedsstaaten abgesprochen und sich nichts vorzuwerfen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel soll in der Runde ebenso wie Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) vor gegenseitigen Schuldzuweisungen gewarnt haben. Merkel sprach von “sensiblen acht bis zehn Wochen”, vor denen das Land jetzt stehe.

Die Kernergebnisse des Impfgipfels:

  • Ein nationaler Impfplan soll bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) Aufschluss darüber geben, in welcher Reihenfolge wann geimpft werden kann.

  • Die Bundesregierung soll bis zur nächsten MPK Potentiale vorlegen können, wo die Produktion für Impfstoffe gesteigert werden kann.

  • Der nationale Impfplan soll unter Federführung des Gesundheitsministeriums ständig aktualisiert werden.

Bundestag verlangt Aufklärung von von der Leyen

Unterdessen soll EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen nach dem Willen der Union im Bundestag dem Gesundheitsausschuss Rede und Antwort stehen.

„Um den gesamten Prozess aufzuarbeiten und Transparenz zu schaffen, halten wir es für wichtig, Informationen aus erster Hand zu bekommen“, sagte uns Erwin Rüddel (CDU), Vorsitzender des Ausschusses.

Ursula von der Leyen © imago

Bei einem Termin mit der EU-Generaldirektorin für Gesundheit, Sandra Gallina, seien „Fragen offen geblieben“, so Rüddel weiter.

„Die CDU/CSU-Fraktion schlägt vor, im Laufe dieser Woche oder zu Beginn der kommenden Woche, im Rahmen einer Ausschusssitzung ein Gespräch mit der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, zur europäischen Impfstoffbeschaffung zu führen“, heißt es in einer Email des Ausschusssekretariats, die uns vorliegt.

1. SPD will Fallpauschalen abschaffen

Die Ost-Landesverbände der SPD wollen das System der Krankenhausfinanzierung neu aufstellen. Dies geht aus einem Strategiepapier hervor, das bei einer internen Klausur am Wochenende verabschiedet wurde und das uns vorliegt.

"Das System der diagnosespezifischen Fallpauschalen für die stationäre Versorgung hat dazu geführt, dass sich bestimmte medizinische Versorgungsangebote (...) nicht mehr rechnen", heißt es darin.

"In solchen Kategorien zu denken, widerspricht einem solidarischen Konzept der Gesundheitsversorgung."

Stimme der Ost-SPD: Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. © dpa

Das System der Fallpauschalen entspringt der Überlegung, dass medizinische Leistungen vergleichbar und standardisierbar sind und dass diese Leistungen effizienter angeboten werden können, wenn sie in großer Anzahl erbracht werden.

Die SPD fordert nun, eine stationäre Versorgung, die den Bedarfen vor Ort entspricht über eine stärkere Grundfinanzierung zu sichern. Die Ost-Landesverbände betonen, sie wollten mit ihrer Initiative Vorbild sein. Ostdeutschland solle "Vorreiter für neue Modelle der Gesundheitsversorgung" werden.

2. Regierung überprüft Stalking-Strafen

Die Bundesregierung prüft eine Überarbeitung der Stalking-Strafvorschriften. Das geht aus einem Bericht von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hervor, der uns vorliegt und an diesem Mittwoch auf der Tagesordnung des Kabinetts steht.

Zuletzt waren die Strafvorschriften 2017 angepasst worden. Sie sehen eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor.

Gedacht sind sie für Fälle, in denen jemand „einer anderen Person in einer Weise unbefugt nachstellt, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung schwerwiegend zu beeinträchtigen“. Zum Beispiel, indem er „beharrlich“ die räumliche Nähe dieser Person sucht.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) © imago

In seinem Evaluationsbericht stellt das Justizministerium nun fest, dass die letzte Reform zu einer Verbesserung des Opferschutzes geführt habe.

Nach wie vor gebe es aber erhebliche praktische Probleme bei der Bekämpfung von Nachstellungen. Diese seien „vielschichtig“ und „zu einem erheblichen Teil gesetzgeberisch nicht lösbar“.

Als Beispiel wird „ein häufig zu beobachtendes inkonstantes Kooperations- bzw. Aussageverhalten von Opfern im Zusammenhang mit Trennungen und anschließenden Versöhnungen“ genannt.

Die Regierung will insbesondere zwei Änderungen weiter prüfen: Erstens, den Begriff „beharrlich“ als Kriterium für das Handeln von Tätern zu streichen. Zweitens, den Anwendungsbereich der Strafvorschrift ingesamt weiter zu fassen.

3. Noch keine Entscheidung über KMK

Die Kultusminister der Länder haben noch nicht entschieden, ob im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) in der kommenden Woche auch noch eine Kultusministerkonferenz (KMK) stattfinden soll - wie oft vor den vergangenen MPKs.

Auf der PioneerOne: Susanne Eisenmann, CDU-Kultusministerin in Baden-Württemberg, mit Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner. © ThePioneer

Bei den Kultusministerinnen und -ministern hat sich Unmut angestaut, weil das Kanzleramt die Öffnung der Schulen in der Corona-Krise blockiert.

Zwar hat sich die Ministerkonferenz in dieser Angelegenheit schon für eine offenere Politik positioniert - jedoch spielen die Ministerinnen und Minister unter dem Vorsitz der Brandenburgerin Britta Ernst (SPD) mit dem Gedanken, mit einer zusätzlichen Konferenz ihre Forderungen zu untermauern.

Eine Entscheidung wird in den kommenden Tagen erwartet.

Aus einem Verordnungsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums © ThePioneer

50 Millionen Masken für Bedürftige

Hartz-IV-Empfänger sollen „zeitnah“ zehn FFP2- oder andere medizinische Schutzmasken erhalten. Das geht aus einem Entwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für eine Änderung der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung hervor, die uns vorliegt.

Demnach müssen die Krankenkassen die Versicherten identifizieren, informieren und „ihnen Bescheinigungen zum Nachweis der Anspruchsberechtigung in den abgebenden Apotheken zur Verfügung stellen“.

Eine Eigenbeteiligung ist nicht vorgesehen, heißt es weiter.

Der Bund geht von rund fünf Millionen Anspruchsberechtigten aus. Zudem kalkuliert man inklusive der Verwaltungskosten der Kassen mit rund 200 Millionen Euro Mehrausgaben. Die Apotheken erhalten pro Maske 3,30 Euro zuzüglich Umsatzsteuer erstattet. Der Satz gilt im Übrigen auch für die verbliebenen Masken, die über 60-Jährige noch im Zuge eines bereits vor Weihnachten gestarteten Programms erhalten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plant den 13. und mutmaßlich letzten Integrationsgipfel ihrer Amtszeit. Die Beratungen sollen am 9. März 2021 im Bundeskanzleramt stattfinden. Das geht aus einer Kabinettsvorlage von Integrationsstaatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU) hervor, die am Mittwoch beschlossen werden soll.

Dabei geht es um zwei Erklärungen zum Nationalen Aktionsplan Integration. In den beiden letzten Phasen dieses Prozesses hatten sich Arbeitsgruppen mit Maßnahmen zu den Themen „Zusammenwachsen“ und „Zusammenhalt“ beschäftigt.

Die Regierung kündigt in den uns vorliegenden Dokumenten ein Beratungszentrum gegen Rassismus an - mit einer zentralen Hilfe-Hotline für Betroffene.

Zudem sollen mehr Daten zur Diskriminierung und struktureller Ungleichheit zusammengetragen werden. Dafür ist ein Nationaler Diskriminierungs- und Rassismusmonitor geplant.

„Ein wichtiges Anliegen ist die Verbesserung der rechtlichen und haushalterischen Rahmenbedingungen für die Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements für Demokratie, Vielfalt und gegen Extremismus“, heißt es in der Kabinettsvorlage. „Zeitnah“ will die Regierung demnach Eckpunkte für ein "Gesetz zur Förderung einer wehrhaften Demokratie“ präsentieren.

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Auf - Ihr langwieriger Rückzug aus der CDU-Spitze warf die Frage auf, ob Annegret Kramp-Karrenbauer der Bundespolitik bald ganz den Rücken kehrt. Doch die Verteidigungsministerin arbeitet entschieden gegen den Eindruck an, die Lust an der Politik verloren zu haben. Zum einen bringt Kramp-Karrenbauer die Truppe in Stellung: Die Bundeswehr schickt medizinisches Personal und Material nach Portugal, um dem von der Corona-Pandemie derzeit besonders hart getroffenen Land zu helfen. Zum anderen bezieht die Ministerin selbst klar Position: In unmissverständlichen Worten verurteilt Kramp-Karrenbauer das „brutale Vorgehen gegen friedliche Demonstranten“ in Russland. Unsere Aufsteigerin!

Ab - Armin Laschet hat den Kampf um den CDU-Vorsitz für sich entschieden. Er regiert das bevölkerungsstärkste Bundesland weitgehend geräuschlos - und wird als möglicher Kanzlerkandidat der Union gehandelt. Die Online-Pressekonferenz mit Spitzenvertretern von Bayer und Curevac, bei der am Montag die neue Impfstoff-Allianz vorgestellt wurde, wäre ein Termin ganz nach Laschets Geschmack gewesen. Doch der zugeschaltete NRW-Ministerpräsident war bei den ersten drei Versuchen nicht zu hören. Als dann die technischen Probleme in der Düsseldorfer Staatskanzlei gelöst waren, hatten die anderen schon fast alles gesagt. Kein guter Tag für Laschet!

Die Schulden der Deutschen Bahn steigen - und mit ihnen auch die Unzufriedenheit in der großen Koalition mit der Führung des Staatskonzerns. Einmal mehr wird darüber spekuliert, was aus Unternehmenschef Richard Lutz wird. Die Kollegen Daniel Delhaes und Martin Greive vom Handelsblatt berichten über Planspiele für eine mögliche Ablösung:„Angesichts des Handlungsdrucks soll unbedingt ein Bahnkenner in den Vorstand aufsteigen. Obendrein sei es ‚gesellschaftspolitisch angezeigt“, eine Frau zu finden.“ Wie vor einigen Jahren bereits falle auch dieses Mal der Name der ehemaligen Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe und neuen DB-Cargo-Chefin: Sigrid Nikutta. Hier lesen!

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Anton Hofreiter, Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion, 51

Mathis Feldhoff, Vorsitzender der Bundespressekonferenz, 56

Die FDP in Niedersachsen hat ihr Frauen-Problem bei der Aufstellung der Bundestagsliste offenbar gelöst. Nach dem angekündigten Rückzug der Bundestagsabgeordneten Ulla Ihnen hatten sich zunächst auf den ersten fünf Plätzen der Liste nur Männer angekündigt.

Daraufhin schaltete sich Landeschef Stefan Birkner ein. Nun hat Christiane Hintze, Beisitzerin im Landesvorstand, angekündigt, gegen den Bundestagsabgeordneten Grigorios Aggelidis im Wahlkreis Hannover-Land anzutreten, um bei einem Sieg dessen Platz drei einzunehmen

Der Wirtschaftspolitiker und Fraktionsvize Christian Dürr ist auf Platz eins gesetzt, dahinter folgt der Rechtsanwalt und Sozialpolitiker Jens Beeck. An Platz drei war bisher Ulla Ihnen angedacht, dort soll nun Hintze antreten. Danach würden Aggelidis, Gero Hocker und Konstantin Kuhle, Generalsekretär der Landes-FDP, um die Plätze buhlen.

© ThePioneerIhre Informationen für uns © Media Pioneer

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Starten Sie gut in den Tag!

Herzlichst, Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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