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Unsere Themen heute:
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist beim Joggen gestürzt - und besuchte gestern Abend das SPD-Parteifest mit Augenklappe. Was ist da los?
Der Bundesrechnungshof übt scharfe Kritik an den Plänen der Ampel-Koalition für das Bundeswehr-Sondervermögen und den Wehretat.
Die bürgerliche Denkfabrik R21 schart prominente Zeitgeist-Kritiker um sich und diskutiert über Corona und Klimaschutz.
Vor der Verabschiedung des Gebäudeenergiegesetzes diese Woche will die Union nicht hinnehmen, dass dieses ohne weitere Ausschussberatungen vom Bundestag verabschiedet wird.
Christian Lindner will synthetisch hergestellte, klimaneutrale E-Fuels steuerlich mit E-Autos gleichstellen. Die Grünen reagieren entsetzt bis amüsiert.
Der lädierte Kanzler
Als die Runde sich am Montagmorgen zusammensetzte, ahnten sie schon die Konsequenzen der jüngsten Idee des Kanzlers: Man würde ihn den "Einäugigen" nennen oder den "Seeräuber", allerlei negative Assoziationen lagen in der Luft. Aber Scholz' Idee stand: Eine Augenklappe sollte seine Verletzungen überdecken.
Es ist die Folge eines echten Fehlstarts in die Parlamentszeit im Herbst: Am Samstag war Scholz auf einer betonierten Straße in Potsdam unglücklich gestürzt. Er hatte im Fallen seine Hände nicht mehr rechtzeitig nach vorne ziehen können und stürzte auf die rechte Gesichtshälfte. Mit ihm waren seine Personenschützer, die Erste Hilfe leisten konnten und den Unfall meldeten - dann ging es zur Behandlung in ein Berliner Krankenhaus.
Dort war die Analyse des Arztes klar: Mit der Verletzung - Prellungen im Gesicht mit starken Schwellungen - werde der Kanzler "einige Zeit zu tun haben", so hieß es. Kurzfristig und in Rücksprache mit seinem Kommunikationschef Steffen Hebestreit sagte er den Wahlkampfauftakt in Hessen ab.
Olaf Scholz am Montag in der FraktionssitzungAm Montag tagte dann besagte Runde - und mit ihr die Frage, wie man mit den anstehenden Terminen der ersten Parlamentswoche umgehen würde. Und: Mit Kabinett, Generaldebatte und dem G20-Gipfel am Wochenende in Indien würde es keine Option zum Verstecken geben.
Scholz' Medienberaterin Julia Camerer hatte die Idee, mit einem Foto in die Offensive zu gehen. "Wenn sie schon über uns lachen, dann sind wir wenigstens die ersten", war das Motto. Und so wurde es zum Plan.
Das Bild machte Steffen Kugler, Kanzler-Fotograf des Bundespresseamts. Er macht diesen Job bereits seit 2007 - erst bei Angela Merkel, nun bei Scholz.
In den Sozialen Netzwerken wurde es dann mit der Bild-Unterschrift geteilt: "Wer den Schaden hat... Bin gespannt auf die Memes. Danke für die guten Wünsche, sieht schlimmer aus, als es ist!"
Als Scholz am Montag WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala traf, war die schon im Bilde: "Ich habe von ihrem Malheur gehört."
Olaf Scholz am Montagabend beim Sommerfest des Vorwärts. © Gordon RepinskiAls der Kanzler am Montagabend über das Vorwärts-Sommerfest in Berlin-Prenzlauer Berg lief, hatte er an die vielen Gesprächspartner vor allem eine Botschaft zu überbringen: Heute bitte keine Fotos.
Scholz machte tapfer seine Runde über das Fest, doch auf Selfies verzichtete er. In seiner Rede ging er mit keiner Silbe auf die Verletzung ein, nur Lars Klingbeil erlaubte sich einen Witz: Es würden irgendwie „mehr Fotos als sonst gemacht“.
Es dürfte in dieser Woche noch so weitergehen. Die nächste Station ist die wohl erste Regierungserklärung eines Bundeskanzlers - mit Augenklappe.
Rechnungshof zerpflückt Pläne für Sondervermögen und Wehretat
© dpaDer Bundesrechnungshof übt scharfe Kritik an den Plänen der Ampel-Koalition für das Bundeswehr-Sondervermögen und den Wehretat. Das geht aus einem Bericht der Bonner Behörde hervor, die unser Kollege Rasmus Buchsteiner erhalten hat.
Wörtlich heißt es in dem Papier:
Aus dem Bericht des BundesrechnungshofsMit dem Entwurf eines den Haushalt 2024 ergänzenden Haushaltsfinanzierungsgesetzes will die Bundesregierung den Zweck des Sondervermögens ausweiten. Die Mittel des Sondervermögens sollen nicht mehr ausschließlich der Finanzierung bedeutsamer Ausrüstungsvorhaben dienen.
Die Prüfer kritisieren, die vorgesehene Ausweitung laufe „dem vom Verfassungsgesetzgeber mit dem Sondervermögen verfolgten Zweck zuwider“.
Die Regierung wolle mehrere Ausrüstungsvorhaben, die bisher aus dem Verteidigungshaushalt finanziert wurden, in den Wirtschaftsplan des Sondervermögens verschieben und später wieder aus dem Wehretat finanzieren, sobald die Mittel aus dem Sondervermögen ausgegeben sind. Dabei gehe es unter anderem um die Beschaffung des Schützenpanzers Puma und des schweren Transporthubschraubers.
Der Rechnungshof weiter:
Dieses Konzept der „Mischfinanzierung“ ist rechtlich unzulässig.
Dieser Weg laufe dem vom Verfassungsgesetzgeber verfolgten Zweck zuwider, nach dem mit dem Sondervermögen bedeutsame Ausrüstungsvorhaben zusätzlich zum Wehretat finanziert werden sollten. Im kommenden Jahr will die Regierung 19,2 Milliarden Euro aus dem Bundeswehr-Sondervermögen nutzen.
Union verlangt Ausschussberatung zu Heizungsgesetz
Die Union will nicht hinnehmen, dass das Gebäudeenergiegesetz diese Woche ohne weitere Ausschussberatungen vom Bundestag verabschiedet wird.
Per Geschäftsordnungsantrag will sie zunächst erwirken, dass der Bundestag die vereinbarte Tagesordnung ablehnt. Sollte der Antrag - wie zu erwarten ist - keine Mehrheit bekommen, soll behelfsweise darüber abgestimmt werden, das Gebäudeenergiegesetz in die zuständigen Ausschüsse zurück zu überweisen. Dort könnten dann in einem ordentlichen Verfahren Änderungsanträge der Union beraten werden.
Das Gesetz könne dann immer noch in dieser Woche dem Bundestag zur 2. und 3. Lesung vorgelegt werden, hören wir.
Die Hoffnung ist allerdings gering, dass die Ampel sich den Wünschen der Union anschließt.
Thomas Heilmann © imagoDer CDU-Bundestagsabgeodntete Thomas Heilmann, Chef der Klimaunion, sagte unserem Kollegen Thorsten Denkler:
Die bisherigen Äußerungen aus der Ampel lassen nicht auf Einsicht hoffen.
Heilmann hatte kurz vor der parlamentarischen Sommerpause vor dem Bundesverfassungsgericht eine Vertagung der Verabschiedung des Heizungsgesetzes erstritten. Das Gericht forderte, dem Parlament mehr Zeit auch für die Beratungen zu geben.
Die Union leitet daraus ab, dass dazu die Beratung von Änderungsanträgen der Opposition in den Ausschüssen gehöre.
Sollte die Ampel das Gebäudeenergiegesetz ohne weitere Beratung abstimmen lassen, könnte das Bundesverfassungsgericht den Vorgang in einer noch zu erwartenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren als verfassungswidrig einstufen. Betroffene hätten dann gegebenenfalls die Möglichkeit, gegen das Gesetz zu klagen.
Zum Download: Der Antrag der Union zum Heizungsgesetz“
Grüne lehnen Lindners E-Fuel-Förderideen ab
Die Grünen haben entsetzt bis amüsiert auf den Vorschlag von Bundesfinanzminister Christian Lindner reagiert, im Herbst schon einen Gesetzentwurf zur Förderung von sogenannten E-Fuels vorzulegen.
Grünen-Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar. © ImagoDer verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Stefan Gelbhaar, sagte unserem Kollegen Thorsten Denkler:
Der Finanzminister hat bekanntlich Schwierigkeiten, Geld für Kinder lockerzumachen. Für E-Fuels soll jetzt Geld da sein? Die Finanzierungsquelle würde ich dann gern sehen. Ich habe einen Vorschlag: den Abbau ökologisch schädlicher Subventionen, beginnend beim Dienstwagenprivileg.
Ein anderer Abgeordneter sagte uns: "Das ist doch Quatsch." Weitere lachten laut auf, als wir sie auf den Vorschlag ansprachen.
Lindner will synthetisch hergestellte und im besten Fall klimaneutrale E-Fuels steuerlich mit E-Autos möglichst gleichstellen. In der FAZ erklärte er, dass ihm etwa ein Streichen der Mehrwertsteuer auf E-Fuels vorschwebe.
Die Dringlichkeit des Anliegens kann allerdings in Frage gestellt werden. Derzeit sind E-Fuels nicht als alleiniger Kraftstoff in Deutschland zugelassen. Das soll zwar geschehen, aber der Prozess ist noch nicht abgeschlossen.
Außerdem ist der Energieaufwand für die Produktion von E-Fuels fünf- bis sechsmal höher, als Fahrzeuge batterieelektrisch anzutreiben. Sie sind noch ineffizienter als Wasserstoff. Von einer Markteinführung jedenfalls dürften E-Fuels auch mit Steuervergünstigungen noch weit entfernt sein.
Die Forscher vom Fraunhofer ISE stellen fest:
Günstigere Alternativen, hoher Energiebedarf zur Herstellung, fragwürdige Umweltbilanz und mögliches Hindernis für die Verkehrswende: Die Gründe, die gegen den Einsatz von mit Strom hergestellten synthetischen Kraftstoffen bei Pkw und Lkw sprechen, sind mannigfaltig.
Lambsdorff verabschiedet sich von FDP-Fraktion
© The PioneerAlexander Graf Lambsdorff, inzwischen deutscher Botschafter in Moskau, hat sich am Montag in der FDP-Fraktion offiziell verabschiedet. Der 56-Jährige hatte seinen Dienst in Russland im August angetreten und ist gerade aus Anlass der Botschafterkonferenz im Auswärtigen Amt in Berlin.
„Du bist jetzt der Botschafter der Freiheit in Moskau“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Lambsdorff bekam zum Abschied unter anderem eine Flasche Sekt überreicht - und flachste: „Vielen Dank für den Krimsekt!“
Für Lambsdorff in den Bundestag nachgerückt ist inzwischen Katharina Willkomm. Wie wir hören, soll sie die Fraktion künftig im Rechtsausschuss vertreten.
Pistorius beim SPD-Wirtschaftsforum
Der Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius, wird die zentrale politische Rede bei der Mitgliederversammlung des Wirtschaftsforums der SPD halten.
Boris Pistorius © Anne HufnaglIm Hotel Adlon in Berlin ist Pistorius heute Nachmittag auf Einladung von Präsidentin Ines Zenke zu Gast. Große Wertschätzung für den Wirtschaftsflügel der SPD.
Thea Dorn und Juli Zeh bei Denkfabrik R21
Die konservative Denkfabrik R21 von Ex-Familienministerin Kristina Schröder und dem Historiker Andreas Rödder lädt zu einer prominent besetzten Konferenz, um über den Rechtsstaat zu diskutieren.
Unter dem Motto „Deutschland zwischen Covid und Klima – Grundrechte unter Vorbehalt?“ findet am 18. September ab 9:30 Uhr in der Vertretung des Freistaates Sachsen beim Bund in Berlin eine Diskussionsrunde statt, an der u. a. der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), die Schriftstellerin und Publizistin Thea Dorn, der Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, die Bestseller-Autorin und Juristin Juli Zeh, der Philosoph und Kulturstaatsminister a.D., Julian Nida-Rümelin, sowie der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Hans-Jürgen Papier, teilnehmen.
Die Veranstaltung wird per Livestream hier übertragen.
Sommerpause im Bundesrat endet erst Ende des Monats
Der Bundesrat © ImagoAm 29. September endet die Sommerpause des Bundesrats.
Die Tagesordnung verspricht, umfangreich zu sein, da sie unter anderem Gesetzesbeschlüsse des Bundestags enthält, die vor der Sommerpause gefasst worden sind. Ein Beispiel dafür sind umfangreiche Änderungen im Verbraucherschutz.
Darüber hinaus haben die Länder die Möglichkeit, zu den seit Ende Mai vom Bundeskabinett vorgelegten Gesetzesentwürfen ihre Stellungnahme abzugeben. Diskutiert werden Themen wie die Legalisierung von Cannabis, eine Neufassung des Klimaschutzgesetzes oder der kommende Bundeshaushalt.
Wenn das Heizungsgesetz diese Woche vom Bundestag verabschiedet ist, rückt es Ende des Monats auf die Tagesordnung der Länderkammer.
Auf - Ursula von der Leyen. Die EU-Kommissionschefin überreicht am 14. September den Preis der Medienkonferenz M100 in Potsdam an die iranische Frauenrechtsbewegung. Stellvertretend für die mutigen Frauen, die gegen das Zwangsregime kämpfen und ihr Leben riskieren, nimmt die Aktivistin Shima Babei den Preis entgegen. Und Ursula von der Leyen zögerte nicht, den Preis persönlich zu vergeben. Gutes Zeichen!
Ab - Günther Krause. Abstieg eines Helden der Deutschen Einheit. Der ehemalige Verkehrsminister und Chef-Unterhändler der DDR für den Einheitsvertrag soll während seines Insolvenzverfahrens Einkünfte aus der Teilnahme an der TV-Show Dschungelcamp verschwiegen haben. Mit dem Geständnis hofft er im Verfahren nun auf ein mildes Urteil. Tragischer Fall.
„Ein Kampfjet jenseits der Front“, titelt der Ukraine-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, Florian Hassel, in Bezug auf die Entlassung des ukrainischen Verteidigungsministers Oleksij Resnikow. Obwohl ihm bisher weder persönliches Fehlverhalten noch Korruption vorgeworfen wurden, scheine er noch nie etwas von politischer Verantwortung gehört zu haben, so Hassel. Dieser Rauswurf hätte bereits vor Monaten erfolgen sollen. Die Aufgabe des Verteidigungsministers bestehe darin, ein effektiver Waffenbeschaffer im Westen zu sein und die ukrainische Militärbürokratie effektiv zu managen. Der kommende Minister Rustem Umjerow sei als idealer Kandidat für dieses Amt angesehen. Er habe Erfahrung in schwierigen Verhandlungen, wie zum Beispiel beim Gefangenenaustausch über den Getreidekorridor, so der Ukraine-Korrespondent. Seinen vollständigen Kommentar finden Sie hier.
Für den Politik-Redakteur der FAZ, Reinhard Veser, sei für die ukrainische Führung nichts so gefährlich wie der Verdacht, dass sie nichts gegen Korruption im Militär unternehme. Präsident Selenskyj habe reagieren müssen, nachdem in den letzten Wochen einige Affären ans Licht gekommen waren, so Veser. Obwohl die Ankündigung, Korruption in Kriegszeiten wie Landesverrat zu bestrafen, verständlich sei, handele es sich dabei um einen gefährlichen populistischen Schritt. Ein bedeutender Teil der Korruptionsbekämpfung sei somit von unabhängigen Behörden auf den unter politischer Kontrolle stehenden Geheimdienst übertragen, so der FAZ-Redakteur. Hier können Sie seinen ganzen Kommentar lesen.
Heute gratulieren wir herzlich:
Barbara Bosch (parteilos), Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung der baden-württembergischen Landesregierung und Präsidentin des DRK-Landesverbands in Baden-Württemberg, 65
Carsten Brodesser, CDU-Bundestagsabgeordneter, 56
Sandra Bubendorfer-Licht, FDP-Bundestagsabgeordnete, 54
Sebastian Edathy, ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter, 54
Reinhard Meyer (SPD), Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 64
Jörg Schönenborn, ARD-Journalist und Fernsehmoderator, 59
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre