Etat 2024

Der Nothaushalt der Ampel

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© The Pioneer

Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters.

Unsere Themen heute:

  • Der Haushaltsplan für 2024 wackelt wegen der Wirtschaftskrise - und das Bundeswehr-Sondervermögen könnte schneller aufgebraucht sein als erwartet.

  • Die FDP will die EU und die Bundesländer zum Bürokratieabbau zwingen und fordert in einem neuen Beschluss einen Bürokratie-Check.

  • Der Finanzpoker um die Fortsetzung des Deutschlandtickets geht in die nächste Runde.

  • Der Streit zwischen Paris und Berlin beim Thema Industriestrompreis geht weiter und verspricht neue Spannungen.

  • Die frühere Nato-Strategin Stefanie Babst wirft dem Bundeskanzler vor, der Ukraine nicht ausreichend bei der Gegenoffensive zu helfen.

  • Die Beschäftigten von Bundestagsverwaltung und Abgeordnete bekommen eine Unterweisung zur besseren Abwehr von Cyber-Angriffen.

Die Angst der Ampel vor der Finanzkrise

Die Vorzeichen am Vorabend der Haushaltswoche im Bundestag sind denkbar mies.

Die Ausgaben für den Sozialstaat dürften durch höhere Summen für Flüchtlinge, Arbeitslosengeld und Rente steigen. Zugleich kommen durch die Krise weniger Steuereinnahmen beim Fiskus an als erwartet.

Der Haushalt 2024 wackelt. Mit Sorge blickt man im Finanzministerium auf die Steuerschätzung im November, die geplanten 375 Milliarden Euro Steuereinnahmen müssten wohl "nach unten korrigiert" werden, wenn es in der Wirtschaft weiter schlecht laufe, heißt es.

Die globale Minderausgabe, eine Art ressortübergreifendes Sparpaket ohne konkrete Inhalte, liegt bereits bei 8 Milliarden Euro.

Der Bundesrechnungshof hält Lindners Finanzplanung ohnehin für eine Mogelpackung. Denn: Es gebe eine „erhebliche Verlagerung von Ausgaben“ in Sondervermögen.

Die „echte“ Kreditaufnahme 2024, die auch die Schulden durch Sondervermögen einbezieht, liege bei 85,7 Milliarden Euro - und damit bei mehr als dem Fünffachen der im Haushaltsentwurf ausgewiesenen Kreditaufnahme.

Der Rechnungshof fordert mehr Transparenz gegenüber dem Bundestag:

Die Bundesregierung muss ihm durch eine transparente und aussagekräftige Darstellung der wahren Lage der Bundesfinanzen „reinen Wein einschenken“, damit das Parlament seiner Verantwortung gerecht werden kann.

Ausriss aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs  

Besondere Sorgen macht den Rechnungsprüfern das Sondervermögen Bundeswehr von 100 Milliarden Euro, das nach der Zeitenwende-Rede des Kanzlers eingerichtet worden war.

In Unterlagen zur Etatplanung, die Rasmus Buchsteiner vorliegen, heißt es:

Die Kreditermächtigung des Sondervermögens Bundeswehr soll bis zum Jahr 2027 vollständig in Anspruch genommen werden.

Christian Lindner und Boris Pistorius © The Pioneer

Experten sagen für die Zeit danach gewaltige Probleme voraus. Wie es in Ampel-Kreisen heißt, dürften sich die Mehrausgaben, um das Zwei-Prozent-Ziel zu halten, auf 30 bis 35 Milliarden Euro summieren. Auf ein Jahr gerechnet.

Im kommenden Jahr will Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel erreichen. Dazu sollen 19,2 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen genutzt werden.

Aus den Erläuterungen der Regierung zum Verteidigungsetat 

Der Verteidigungsetat selbst wächst nur um 1,7 Milliarden Euro - deutlich weniger als jene 10 Milliarden Euro jährlich, die Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) unmittelbar nach Amtsantritt gefordert hatte. Damit lässt sich gerade abfedern, was der Tarifabschluss für den Öffentlichen Dienst an Steigerungen bei den Personalkosten gebracht hat.

Die Mittel aus dem 2022 eingerichteten Sondervermögen werden längst nicht nur für Großbeschaffungen wie den Kampfjet F35, das Raketenabwehrsystem Arrow 3 oder neue Marineschiffe verplant, sondern auch für kleine Anschaffungen, die eigentlich aus dem regulären Etat zu zahlen wären.

CSU-Verteidigungsexperte Thomas Silberhorn sagte uns:

Wenn die Ampelkoalition den Verteidigungsetat nicht substantiell erhöht, sondern die Lücken mit dem Sondervermögen schließt, werden die Verteidigungsausgaben der nächsten Bundesregierung auf die Füße fallen.

Die gesamte Analyse lesen Sie hier.

Das Problem mit dem Bundeswehr-Sondervermögen

Der 100-Milliarden-Euro-Topf soll 2027 aufgebraucht sein. Was wird dann aus dem Zwei-Prozent-Ziel?

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Veröffentlicht von Rasmus Buchsteiner.

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SPD uneins bei Taurus-Frage

In der SPD-Fraktion gehen die Meinungen auseinander, wie sich Deutschland bei der Frage möglicher Lieferungen von Taurus-Marschflugkörpern in die Ukraine verhalten solle.

Insbesondere unter den Parteilinken wuchs zuletzt wieder die Skepsis rund um mögliche Lieferungen. „Bei Marschflugkörpern mit einer Reichweite von 500-700 Kilometern bleibe ich skeptisch. Diese Skepsis wird in weiten Teilen der SPD Fraktion geteilt", sagte uns der Außenpolitiker Ralf Stegner.

Und weiter:

Es bedarf zusätzlicher Anstrengungen jenseits der puren Militärlogik.

Zahlreiche andere Außenpolitiker verteidigen die Pläne allerdings. "Die Ukraine verteidigt nicht nur ihre eigene Freiheit, sondern auch die Freiheit Europas. Daher ist es umso wichtiger, Kiew in diesem kritischen Moment der Gegenoffensive mit dem auszustatten, was sie braucht", sagte uns der Hannoveraner Abgeordnete Adis Ahmetovic.

Ahmetovic:

Wenn der Taurus dazu beitragen kann, die Ukrainer bei der Befreiung von weiterem besetzten Land zu unterstützen, sollte Deutschland die Lieferung in Betracht ziehen.

SPD-Politiker Ahmetovic © Privat

Aktuell wird hinter den Kulissen insbesondere darum gerungen, wie ukrainische Angriffe auf russisches Territorium verhindert werden können. Eine technische Lösung scheint hier schwierig zu sein, also müsste es eine politische Aussage dazu geben. Hierfür plädiert intern unter anderem auch Fraktionschef Rolf Mützenich.

FDP fordert Bürokratie-Index für EU und Länder

Die FDP macht Druck auf die Bundesländer und die EU, um beim Thema Bürokratieabbau voranzukommen.

In einem Entwurf für einen Beschluss des FDP-Präsidiums, das heute tagt, fordern die Liberalen einen „Bürokratie-Check für die Bundesländer“ und auf EU-Ebene eine regelmäßige Überprüfung der Bürokratiekosten durch einen Index.

Die EU-Kommission müsse das Lieferkettengesetz und die Gebäuderichtlinie stoppen.

In dem Dokument, das auf die Initiative des hessischen Landtagsabgeordneten und FDP-Spitzenkandidaten Stefan Naas zurückgeht, heißt es:

Mit Digital- und Praxischecks von Gesetzesinitiativen wollen wir für moderne und treffsichere Rechtsetzung in der EU sorgen. Aktuelle EU-Vorhaben, die unverhältnismäßige Bürokratiebelastungen für Menschen und Unternehmen verursachen, sollten angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen in der EU gestoppt werden.

In Deutschland gehe es beim Bürokratieabbau und bei den versprochenen Erleichterungen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren nicht ausreichend voran.

Mit einem Bürokratie-Index auch für die Länder könnten Bürokratiebelastungen transparent und vergleichbar werden. "Ziel muss sein, den Bürokratiekosten-Index in allen Bundesländern kontinuierlich deutlich zu senken. Wir wollen einen Wettbewerb für weniger Bürokratie und mehr Freiräume für Unternehmen entfachen."

Alle Gesetze müssten regelmäßig systematisch auf ihren Bürokratieaufwand überprüft werden und Vorschläge für Vereinfachungen und Entlastungen gemacht werden. Das könne etwa durch die Landesrechnungshöfe oder eigens eingerichtete Normenkontrollräte geschehen.

Stefan Naas, Hessischer Spitzenkandidat für die Landtagswahl.  © FDP

Länder machen Druck für Deutschlandticket-Verlängerung

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Die Länder erhöhen den Druck auf den Bund, die erforderlichen Voraussetzungen für eine Verlängerung des Deutschlandtickets zu schaffen.

Das geht aus einer Beschlussvorlage der Konferenz der Verkehrs- und Straßenbauabteilungsleitungen der Länder hervor, die unser Kollege Rasmus Buchsteiner erhalten hat.

Das Gremium tagt am Mittwoch und Donnerstag in Wuppertal und soll die Verkehrsministerkonferenz im Oktober vorbereiten.

Bund und Länder stellen für das Ticket jährlich drei Milliarden Euro zur Verfügung. Die Länder wollen mögliche Mehrkosten zur Hälfte übernehmen - und erwarten dies auch vom Bund. Es sei bedauerlich, dass es „noch kein Bekenntnis zu einer Nachschusspflicht und damit einer auskömmlichen Finanzierung des Deutschlandtickets gibt“, heißt es in der Vorlage.

Ansonsten steht die Fortführung des Ticket-Angebots in Frage. Dazu heißt es in dem Länder-Papier, weder die Aufgabenträger noch die Verkehrsunternehmen würden „Antragstellungen oder Anzeigen für die Fortführung des Tarifes ohne die Zusage des Ausgleichs der gesamten Fahrgeldausfälle vornehmen“.

Lars Klingbeil und Stephan Lamby zur Ampel-Halbzeit

Halbzeit in der Ampel-Koalition und wir ziehen auf der Pioneer One an diesem Dienstagnachmittag Bilanz. Dokumentarfilmer und Buchautor Stephan Lamby hat die wichtigsten Protagonisten der Koalition zwei Jahre mit der Kamera begleitet und sie bei den wichtigsten Entscheidungen und Ereignissen beobachtet.

Mit SPD-Chef Lars Klingbeil diskutieren wir über die wichtigsten Momente, den Angriff Russlands auf die Ukraine, die drohenden Energieengpässe im Herbst und die Diskussionen über das Heizungsgesetz.

Sie können dabei sein - einige Tickets haben wir noch zur Seite gelegt. Schreiben Sie einfach eine Mail an f.fischer@mediapioneer.com. Am Dienstag um 16 Uhr geht es am Schiffbauerdamm 12 los.

Hauptstadt - Das Briefing LIVE mit Michael Bröcker, Stephan Lamby, Lars Klingbeil und Alev Doğan. © The Pioneer

Cyber-Attacken: Aufklärung für Bundestagsmitarbeiter

Mitarbeiter von Bundestagsverwaltung und Abgeordnete sollen sich über Techniken zum Schutz gegen Cyber-Attacken umfassend informieren können. Das geht aus einer Hausmitteilung hervor, die wir erhalten haben.

Geplant sind dazu vier „Live-Hacking“-Veranstaltungen - am 27. September und am 4. Oktober 2023.

Hausmitteilung des Bundestages 

„Es erwartet Sie ein interaktiver, spannender Vortrag mit vielen Tipps und Tricks, wie Sie zum Schutz Ihrer IT beitragen können“, heißt es in der Einladung weiter.

Das Programm ist von der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV) entwickelt worden.

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Auf - Thomas Bagger. Vor wenigen Tagen hat Annalena Baerbocks neuer Staatssekretär sein Amt in Berlin offiziell übernommen, am heutigen Montag beginnt nun die erste Botschafterkonferenz unter seiner Leitung im Auswärtigen Amt. Bagger ist ein neuer Typ in seiner Position: Filigraner als sein Vorgänger Andreas Michaelis - aber genauso kompetent. Aufsteiger!

Ab - Thorsten Schäfer-Gümbel. In Hessen tagte die SPD-Fraktion, dabei ging es auch auf Exkursionen. Die meisten waren öffentlich, bei der Entwicklungsorganisation Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) war die Presse nicht zugelassen. Über 10.000 Menschen arbeiten bei der GIZ, ihre Gehälter werden überwiegend durch Steuern bezahlt - aber über die Arbeit soll man nichts erfahren? Für den Chef geht es bergab.

Gestern stellte sich Markus Söder den Fragen von Shakuntala Banerjee im ZDF-Sommerinterview. Dabei lag der Schwerpunkt des Gesprächs auf der Flugblatt-Affäre, den daraus resultierenden Konsequenzen für seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger und der bevorstehenden Landtagswahl in Bayern.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Shakuntala Banerjee beim ZDF-Sommerinterview © Picture Alliance

Die Entscheidung, an seinem Vize Aiwanger festzuhalten, wurde von Söder mit zwei Argumenten begründet. Zum einen habe Aiwanger die Fehler, die er in seiner Jugend begangen habe, zugegeben und bereut. Zum anderen gebe es für den CDU-Chef keine handfesten Beweise, insbesondere in Bezug auf das antisemitische Flugblatt, die die Vorwürfe bestätigen würden. Insgesamt betrachtet hielt der Ministerpräsident eine Entlassung Aiwangers für unverhältnismäßig.

Ich gebe zu, es ist eine schwere Entscheidung gewesen, aber ich habe sie nach bestem Wissen und Gewissen getroffen.

Söder lege großen Wert darauf, dass Aiwanger in den Dialog mit jüdischen Organisationen tritt, um seine persönliche Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Er bezeichnete die Entschuldigung und das Eingeständnis von Aiwanger, dass er Gefühle verletzt habe, als "spät, aber nicht zu spät". Es sei wichtig, dass diese Entschuldigung erfolgt sei und dass er sich klar vom Flugblatt und möglichem Fehlverhalten distanziert habe.

Ein weiteres Thema im Gespräch war die bevorstehende Landtagswahl. Söder zeigte sich zuversichtlich, dass die Koalition mit den Freien Wählern und Hubert Aiwanger fortgesetzt werde. Eine Koalition mit den Grünen schloss er kategorisch aus.

Koalition des kleinsten Kompromisses

Meseberg entzaubert einmal mehr den Neustart-Mythos der Ampel

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

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Hauptstadt – Das Briefing
Wohngold: Die neuen Spielregeln am Immobilienmarkt

Ob sich der Kauf trotz hoher Zinsen noch lohnt.

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Veröffentlicht in Wohngold von Laura Block .

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Wohngold

Die frühere Nato-Strategin Stefanie Babst nimmt Bundeskanzler Olaf Scholz wegen seiner zögerlichen Haltung bei der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern in die Pflicht.

"Ganz offensichtlich ist die von Scholz verkündete Zeitenwende eine Schimäre. Was hat sich in den Köpfen der Regierenden wirklich verändert? Sind sie zu mutigen Schritten bereit?", schreibt Babst in einem Gastbeitrag für The Pioneer. Sie vermutet, dass Scholz und die Bundesregierung einen militärischen Erfolg der Ukraine nicht wirklich wollen. Ihren kontroversen Beitrag lesen Sie hier.

Stefanie Babst © Anne Hufnagl

Heute gratulieren wir herzlich:

Sören Bartol, SPD-Bundestagsabgeordneter, 49

Sevim Dağdelen, Linken-Bundestagsabgeordnete, 48

Norbert König, ZDF-Fernsehmoderator, 65

Stephan Lamby, Journalist, Autor und Produzent, 64

Melanie Schlotzhauer, Senatorin für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration in Hamburg, 52

Rainer Semet, FDP-Bundestagsabgeordneter, 66

Erwin Teufel (CDU), baden-württembergischer Ministerpräsident a.D. und ehemaliger Staatssekretär, 84

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Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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