Olaf Scholz

Der scheue Kanzler

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Unsere Themen heute:

  • Olaf Scholz überlässt die Bühne gerne anderen - das Prinzip kann für die Ampel zur Belastung werden. Nun will er in Washington das Blatt wenden.

  • Friedrich Merz trifft in der CDU-Zentrale weitere Personalentscheidungen. Eine davon betrifft sein Büro. Wir erklären, um wen es geht.

  • Noch einmal werden die Corona-Sonderregelungen für die Kurzarbeit verlängert. Wir wissen, was das kostet.

  • Die Bundeswehr hat immer weniger Grund zur Annahme, in Mali willkommen zu sein. Nun fordert FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann eine Exit-Strategie.

Der scheue Kanzler

Jens Plötner ist aktuell des Kanzlers wichtigster Mann. Der Sicherheitsberater von Olaf Scholz reist wie ein Getriebener durch die Welt, spricht mit seinen russischen, ukrainischen und französischen Counterparts. Er fährt mit Scholz am Sonntag nach Washington und lädt danach zu Ukraine-Verhandlungen im Normandie-Format nach Berlin ein.

Plötner macht das, was in Berlin mit "Diplomatie" gemeint ist.

Eigentlich eine gute Sache - würde dabei nicht der Kanzler selbst mehr und mehr aus dem Blickfeld geraten.

Olaf Scholz © dpa

Olaf Scholz überlässt gerne anderen die Bühne - es ist ein Prinzip, das ihm lange Erfolg gebracht hat. Es ist nicht nur Plötner im Hintergrund - im Vordergrund der Diplomatie agiert Außenministerin Annalena Baerbock - auch das ohne Neid und mit Unterstützung aus dem Kanzleramt.

In der Ukraine-Krise aber stößt das Prinzip des scheuen Scholz womöglich an seine Grenzen - denn längst wird in Berlin und im Ausland offen gefragt, ob Deutschland eigentlich in einer derart großen Krise noch ein verlässlicher Partner sei.

Selbst die deutsche Botschafterin in Washington, Emily Haber, kabelte jüngst in die Heimat, dass Deutschlands Image in den USA langsam Kratzer bekäme.

In Berlin wittert bereits die Opposition die Chance auf den Angriffsmodus. „Das Land hat mehr verdient als einen schweigenden Bundeskanzler“, sagte Alexander Dobrindt, Chef der CSU-Bundestagsabgeordneten, am Mittwoch in Berlin. Es werde „Führung statt Fata Morgana“ verlangt.

Wer Scholz kennt, weiß, dass sich der Kanzler von dem Druck von außen eine lange Zeit nicht aus der Ruhe bringen lässt. Doch ihm und seinen Gefolgsleuten im Kanzleramt schwant, dass dieses Prinzip Grenzen hat: Dann nämlich, wenn sich das Bild des untätigen Kanzlers festsetzt.

Anthony Blinken und Annalena Baerbock beim G-7-Treffen in Liverpool.  © imago

Im Kanzleramt versuchte man jüngst gegenzusteuern: Zum einen sei Scholz nicht "unsichtbar", sondern er habe sich in der vergangenen Woche mehreren Pressekonferenzen und einer Regierungsbefragung gestellt. Und zum anderen zeigte sich Scholz am Mittwochabend im ZDF Heute Journal zum Gespräch mit Christian Sievers.

Zehn Minuten, drei Themen. Eine nicht ganz gewöhnliche Maßnahme für einen Bundeskanzler. Doch Scholz muss sich zeigen - und Zeit überbrücken. Bis Montag. Dann werden Bilder von ihm im Oval Office um die Welt gehen. Und die Hoffnung des Kanzleramts ist, dass das Thema Sichtbarkeit damit zunächst gelöst ist.

Verlängerung der Corona-Regeln zur Kurzarbeit kostet 450 Millionen Euro

© dpa

Die Verlängerung der Corona-Sonderregelungen zur Kurzarbeit bis Ende Juni kostet voraussichtlich rund 450 Millionen Euro. Das geht aus dem Entwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für ein Kurzarbeitergeldverlängerungsgesetz hervor, der uns vorliegt.

Das Kurzarbeitergeld wird von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt. Der Bund hatte deren Haushalt während der Pandemie mehrfach mit Darlehen und Zuschüssen gestützt.

„Ohne die Möglichkeit, weiter Kurzarbeitergeld zu beziehen, wäre ab März 2022 bei den bereits länger kurzarbeitenden Betrieben verstärkt mit Entlassungen zu rechnen“, heißt es im Entwurf des Arbeitsministers.

Heil will die maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes auf bis zu 28 Monate verlängern, längstens soll es bis zum 30. Juni 2022 gezahlt werden können.

Bis dahin soll es Kurzarbeitergeld bereits geben, wenn mindestens zehn Prozent der Beschäftigten eines Betriebes von Arbeitsausfall betroffen sind. Vor der Krise hatte die Grenze bei mindestens einem Drittel gelegen.

Sicherheitskonferenz wird zum Ampel-Treffen

Der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger © dpa

Die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) vom 18. bis 20. Februar wird zu einem inoffiziellen Treffen der Ampel-Koalition. Neben Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock wird unter anderem auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach bei der Konferenz erwartet.

Einer der Schwerpunkte der diesjährigen Veranstaltung wird das Thema Pandemie sein. Ebenfalls erwartet werden Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. Die Konferenz muss in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie unter stark eingeschränkten Bedingungen im Hotel Bayerischer Hof stattfinden.

Mali: Strack-Zimmermann fordert Exit-Strategie

Angesichts wachsender Spannungen zwischen der malischen Militärregierung und der einstigen Kolonialmacht Frankreich mehren sich Zweifel an einer Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in dem westafrikanischen Land.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, warnt vor einer „Eskalationsdynamik“. Im Gespräch mit unserer Kollegin Marina Kormbaki sagte die FDP-Politikerin:

Die Frage stellt sich, was will die malische Militärregierung? Wer steckt womöglich hinter den jüngsten Provokationen? Und was bedeuten sie für die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten?

Strack-Zimmermann pocht auf eine Evaluation des Einsatzes: "Dazu gehört auch, eine Exit-Strategie zu erarbeiten, die mögliche Konsequenzen eines Abzugs klar beleuchtet.“

Bundeswehr in Mali © dpa

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte gestern der SZ, der Einsatz sei "kein Selbstzweck“.

Im Auswärtigen Amt und im Verteidigungsministerium blickt man nach unserem Eindruck mit großer Anspannung nach Paris. Die französische Regierung will Mitte Februar über ihren Verbleib im Sahel-Staat entscheiden. Ein Abzug mitten im Präsidentschaftswahlkampf gilt als unwahrscheinlich.

Aus dem Verteidigungsministerium vernehmen wir jedoch Zweifel an einem weiteren Verbleib der Bundeswehr in Mali, wenn dies von der dortigen Regierung nicht gewünscht sei. Von einer „Sabotage“ des Einsatzes internationaler Truppen ist im Bendlerblock inzwischen die Rede.

Heute reist Staatsministerin Katja Keul (Grüne) nach Mali, um mit der Bundeswehr und der Zivilgesellschaft zu sprechen.

FDP-Schatzmeister Christ startet Stiftung

Harald Christ, FDP-Bundesschatzmeister  © dpa

FDP-Schatzmeister Harald Christ will an seinem heutigen 50. Geburtstag die Arbeit einer eigenen Stiftung starten. Die „Stiftung für Demokratie und Vielfalt“ soll unter anderem junge Menschen aus benachteiligten Lebensverhältnissen unterstützen. Christ selbst will aus eigenen Mitteln 50.000 Euro zusätzlich zur Unterstützung bereitstellen.

Christ will zudem, wie er uns mitteilte, als Autor eines eigenen Buches den Bildungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland thematisieren. In seinem Buch „Zukunftsfest“, das Ende März erscheinen wird, geht es um die Aufstiegsmöglichkeiten in Deutschland und um den Fachkräftemangel. Christs Hauptbotschaft: Wer den weltweiten Wettbewerb um die Bildung verliert, setzt die Zukunft des Landes, den Wohlstand und die Finanzierbarkeit der sozialen Marktwirtschaft aufs Spiel.

Verpoorten leitet Merz' Büro

Friedrich Merz hat eine weitere Personalentscheidung in der Parteizentrale getroffen: Sein Büro dort soll künftig Andrea Verpoorten leiten, wie wir in CDU-Kreisen erfahren haben. Die 48-Jährige war zuletzt für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) tätig. Zwischen 2010 und 2012 gehörte sie dem Landtag in Nordrhein-Westfalen an. Aktuell ist sie Mitglied im Vorstand des CDU-Kreisverbandes Zollernalb in Baden-Württemberg.

Ex-FDP-Abgeordneter leitet Wissings Leistungsstab

Der frühere FDP-Bundestagsabgeordnete und heutige Kommunalpolitiker der FDP in Stuttgart, Hartfrid Wolff, wird neuer Leiter des Leitungsstabs bei Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Wolff war Präsident der Deutschen Verkehrswacht in Baden-Württemberg und veröffentlichte 2019 das Buch "Die digitale Stadt" über die digitale Transformation von Kommunen. Er arbeitete zuletzt als Rechtsanwalt für KPMG.

Wolff wird damit auch Chef der beiden Unterabteilungsleiter Dr. Fabian Disselbeck (Strategische Planung) und Bettina Lauer (Sprecherin des Ministers). Neuer Büroleiter des Ministers ist Christoph Burmeister, früher Sprecher des rheinland-pfälzischen FDP-Justizministers Herbert Mertin.

Am Freitag, 11. Februar 2022, wird Olaf Scholz zu Gast im Bundesrat sein. Offiziell ist es dort sein Antrittsbesuch als Bundeskanzler. Der SPD-Politiker kennt die Abläufe vor und hinter den Kulissen des Bundesrates ganz genau. Als Regierungschef von Hamburg hatte er zwischen 2011 und 2018 selbst der Länderkammer angehört.

Kanzler und Koalition werden künftig verstärkt auf den Bundesrat angewiesen sein: Zum Beispiel, wenn es um das Corona-Krisenmanagement geht, um die Impflicht oder auch die geplante Arbeitsmarktreform, die Hartz IV durch ein Bürgergeld ersetzen soll.

Auf - Renate Künast ficht den Kampf gegen Hetzer im Netz bis zur letzten Instanz aus - und siegt. Das Bundesverfassungsgericht gab einer Beschwerde der Grünen-Politikerin recht. Es hob mehrere Entscheidungen der Berliner Zivilgerichte auf, die üble Facebook-Posts nicht als Beleidigungen gewertet hatten. Karlsruhe meint, sie verletzten die Klägerin in ihrer persönlichen Ehre. Wir meinen: Beharrlichkeit zahlt sich aus. Aufsteigerin.

Ab - Christian Lindner kommt nicht aus der Defensive. Als Finanzminister ist er weiter wegen des Nachtragshaushalts in Erklärungsnot. Er muss aber auch die Rolle des Spielverderbers übernehmen. Auf 400 Milliarden Euro summieren sich die Wünsche seiner Kabinettskollegen für zusätzliche Ausgaben bis 2026. Lindner wirkt seltsam passiv im Moment. Unser Absteiger.

Die politischen Spannungen, die von Russland ausgehen, nehmen zu, und Präsident Wladimir Putin stellt klare Forderungen. Welche Ziele und Motive sich dahinter verbergen und wie der Westen auf die Situation reagieren sollte, um das Schlimmste zu verhindern, analysiert der der frühere Chef des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, Elmar Brok, in einem aktuellen Gastbeitrag für ThePioneer.

"Nehmt Putin beim Wort!"

Elmar Brok darüber, wie der Westen auf Putin reagieren sollte, um das Schlimmste zu verhindern.

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Veröffentlicht in The Pioneer Expert von Elmar Brok.

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Heute gratulieren wir herzlich:

Bettina Lugk, SPD-Bundestagsabgeordnete, 40

Harald Christ, Unternehmer und Bundesschatzmeister der FDP, 50

Katharina Hamberger, Korrespondentin Deutschlandfunk, 37

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
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