Der Schulterschluss

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Guten Morgen,

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Unsere Themen heute:

  • Es sollte mehr sein als nur ein Fototermin: Kanzler Olaf Scholz hatte die Erwartungen an seinen Kiew-Besuch selbst hochgeschraubt. Wir sind dabei, als er ihnen zu entsprechen versucht.

  • Der G7-Gipfel in Elmau wird von der Bundesregierung von einem massiven Sicherheitskonzept begleitet. Innenministerin Nancy Faeser sagt uns, was sie plant.

  • Die Corona-Welle rollt weiter, die Gesundheitsminister wollen kommende Woche über Tests und Impfungen beraten. Wir sagen, wo die Linien verlaufen.

  • Mit Mahmut Özdemir, Staatssekretär im Innenministerium, geht ein SPD-Politiker offen auf Distanz zu Überlegungen aus der Ampel für eine Wahlrechtsreform. Wir sagen, weshalb.

  • Die FDP lehnt das Vorhaben von Außenministerin Annalena Baerbock ab, Deutschland an einer Anti-Atomwaffen-Konferenz teilnehmen zu lassen. Wir beleuchten den Streit.

  • Bis 2030 sollen 30 Gigawatt Windkraft in Nord- und Ostsee installiert sein. Die nötigen Werften aber sollen militärischen Zwecken dienen. Ex-Grünen-Chefin Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, sagt uns, was sie davon hält.

Der Schulterschluss

Es war ein klassischer Scholz-Besuch: wenig Höhepunkte, keine Fehler.

Olaf Scholz hat bei seinem Besuch in der Ukraine Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Stück weit wieder auf seine Seite ziehen können. Man versicherte sich gegenseitige Partnerschaft.

Die kritischen Töne, oft geäußert von Selenskyj, liegen fern.

Scholz hatte mehrfach betont, er wolle nur in die Ukraine reisen, wenn er wirklich etwas mitbringen könne. Keine reinen Fototermine. Daran gemessen ist er in mehreren Punkten relativ vage geblieben.

"Nicht mit leeren Händen in Kiew ankommen"

Es gab endlich klare Worte von Scholz – Vizechefredakteur Gordon Repinski berichtet aus der Ukraine.

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing.

Video mit der Laufzeit von

Thema Waffenlieferungen: Scholz versprach keine neuen Lieferungen, verwies stattdessen auf die schon gemachten Zusagen, etwa beim Abwehrsystem Iris T. Kein Wort zu den von der Ukraine dringend gewünschten Marder- oder Leopard-Panzern.

Ein Verbleib beim Status quo.

Bundeskanzler Scholz und Präsident Selenskyj bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Kiew  © dpa

Thema EU-Mitgliedschaft: Hier war Scholz offensiver als bisher. Er unterstütze eine Beitrittsperspektive für die Ukrainer, er wolle auch den offiziellen Status als Beitrittskandidat.

Damit bleibt noch immer vieles offen, denn der Widerstand in Europa ist mit dem gemeinsamen Statement der vier angereisten Staats- und Regierungschefs nicht gebrochen. Noch immer sind mehrere kleine Staaten gegen die unmittelbare Beitrittsperspektive.

Bei der Frage nach dem Kriegsende sagte Scholz, die Ukraine „muss leben“. Auch das lässt vieles offen.

Der Bundeskanzler besucht die stark zerstörte Stadt Irpin in der Ukraine  © dpa

Dass ein Sieg der Ukrainer im Interesse der EU liegt, das sagte Emmanuel Macron. Insgesamt trat der französische Präsident etwas offensiver auf – sowohl bei den Außenterminen als auch rhetorisch.

Unzufrieden war die ukrainische Seite dennnoch nicht mit dem Besuch aus Deutschland.

Vitali Klitschko, der sich am gestrigen Abend im Kiewer Interconti Hotel noch mit dem Bundeskanzler getroffen hat, sagte uns, dass das Ergebnis der Gespräche für den Moment zufriedenstellend sei.

Gordon Repinksi, einer der Autoren dieses Briefings, hat sich in der Ukraine der Delegation von Scholz angeschlossen, hier am Rande von Kiew.  © Kay Nietfeld, dpa

Nur beim Thema Waffenlieferungen werde man weiter Druck machen, dass doch mehr passiere.

8000 Polizisten sollen G7-Gipfel bewachen

Mehr als 8000 Polizisten, ein 16 Kilometer langer Zaun und Grenzkontrollen mitten in Europa. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will den G7-Gipfel in Elmau Ende Juni zu einer Festung ausbauen.

“Der Schutz des G7-Gipfels hat für unsere Sicherheitsbehörden höchste Priorität. Das gilt für die Gegend rund um Schloss Elmau, aber auch für andere Orte und Städte, in denen wir mit Protesten rechnen”, sagte uns die SPD-Ministerin.

Nancy Faeser, Bundesinnenministerin (SPD). © dpa

Bei Gewalt werde man “sehr konsequent” einschreiten, kündigt sie an. Man sei auf alle Szenarien eingestellt.

Ein 16 Kilometer langer und meterhoher Zaun soll den Tagungsort abschirmen.

Wie beim letzten Gipfeltreffen in Elmau 2015 haben sich erneut reihenweise linksorientierte Gruppen angekündigt, um gegen das Treffen zu protestieren, unter anderem in Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen.

Die größte Kundgebung mit angeblich 20.000 Teilnehmern soll in München stattfinden.

An diesem Montag reist die SPD-Innenministerin nach Elmau, um mit der Bundespolizei und den bayerischen Sicherheitskräften die Lage zu besprechen.

Mehr als 8000 Polizisten sollen das Gelände in mehreren Schutzzonen abriegeln, die Bundespolizei plant befristet Grenzkontrollen im Schengen-Raum.

Details lesen Sie hier.

G-7-Gipfel wird zur Festung

Das Treffen der Staats- und Regierungschefs in Elmau soll nicht enden wie in Hamburg 2017.

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Veröffentlicht von Michael Bröcker .

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Werften-Entscheidung stellt Ausbau-Ziel für Offshore-Windkraft infrage

Die deutschen Offshore-Windparks sollen in rasantem Tempo ausgebaut werden. 22 Gigawatt in acht Jahren.

Das geht nicht ohne Werften, die schwimmende Plattformen und Spezialschiffe bauen, mit deren Hilfe die gigantischen Windräder in den Meeresboden gerammt werden. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es drei insolvente Werften, die da dringend gebraucht werden könnten. Aber der Bund und das Land haben andere Pläne. Pläne, die das Ausbau-Ziel des grünen Klimaministers Robert Habeck in Gefahr bringen.

Schwimmende Windräder in Japan © Principle Power

Simone Peter, Ex-Grünen-Chefin und heute Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien "erwartet" jetzt, dass die künftigen Eigner - ThyssenKrupp Marine Systems und die Bundesmarine - die MV-Werften nicht nur für den Bau von U-Booten oder die Reparatur von Kriegsschiffen nutzen, sagte sie unserem Kollegen Thorsten Denkler. Sondern auch "die Chancen eines Hochlaufs der Offshore-Windenergie sehen".

Der Chef der Offshore Sparte des Netzbetreibers Amprion, Peter Barth, sagte uns, dass die Werftkapazitäten für den Offshore-Ausbau unbedingt erhalten bleiben müssten. “Hier sehen wir einen enormen Handlungsbedarf.” Optimistisch klingt das alles nicht. Thorsten Denkler hat die Lage analysiert.

Wie die Bundesregierung ihre Offshore-Ziele torpediert

Bis 2030 sollen vor Deutschlands Küsten 30 Gigawatt Windkraft installiert sein.

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Veröffentlicht von Thorsten Denkler.

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SPD-Staatssekretär Özdemir auf Distanz zu neuem Wahlrechtsvorschlag

Mahmut Özdemir © Imago

Der SPD-Innenpolitiker Mahmut Özdemir geht auf Distanz zu dem Vorschlag von drei Experten der Ampel-Fraktionen für eine Wahlrechtsreform, der unter anderem vorsieht, dass unter Umständen nicht alle Wahlkreis-Erstplatzierten in den Bundestag einziehen.

„Mehrheit ist Mehrheit“, sagte Özdemir, der Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium ist, im Gespräch mit unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner.

„Ich bin ein großer Anhänger des Prinzips: ,The winner takes all'“.

Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, „dass man Wahlrechtsregeln einführt, die die Sitzverteilung bedingen oder auch beeinflussen“.

Nach Ansicht von Özdemir mangelt es in den Regierungsfraktionen an Begeisterung für das Konzept, das sein Parteifreund Sebastian Hartmann zusammen mit Till Steffen von den Grünen und Konstantin Kuhle von der FDP erarbeitet hat.

Viele würden noch abwarten, ob es nicht möglicherweise „eine Evolution“ dieses Vorschlags gebe.

Das Gespräch hören Sie in der aktuellen Folge des Hauptstadt-Podcasts, den Sie heute ab 12 Uhr hier hören können.

FDP verärgert über Baerbocks Anti-Atomwaffen-Pläne

Deutschland nimmt in der kommenden Woche als Beobachter an der Ersten Konferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag teil. Doch die Pläne von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), einen Beamten ihres Hauses nach Wien zu entsenden, sorgen in der FDP für großen Unmut.

„Es ist nicht die richtige Zeit für diese Teilnahme“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai unserer Kollegin Marina Kormbaki.

„Am Atomwaffenverbotsvertrag beteiligen sich keine Nuklearmächte, und wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir eine Teilnahme als Beobachter erst nach der Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag beraten", betonte der FDP-Politiker.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. © Imago

Der Anfang 2021 in Kraft getretene Atomwaffenverbotsvertrag verbietet die Entwicklung, Stationierung und den Einsatz von Kernwaffen. Die Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag wird seit zwei Jahren pandemiebedingt verschoben.

Djir-Sarai warnt davor, dass im Kreis der Alliierten Zweifel an Deutschlands Bekenntnis zur nuklearen Teilhabe aufkommen könnten. Die Bundesregierung sende mit der Teilnahme an der Konferenz „ein absurdes Signal vor dem Nato-Gipfel in Madrid“, so der Liberale.

Die Grünen hatten sich in den Koalitionsverhandlungen dafür stark gemacht, dass Berlin als Beobachter - nicht als Mitglied - an der Konferenz teilnimmt. Dies spiegelt ihr Festhalten am Ziel einer atomwaffenfreien Welt wider - was sie aber nicht von der Zustimmung zum Kauf von F-35-Jets aus den USA abhielt, die im Ernstfall hierzulande stationierte Atombomben transportieren könnten.

Ruf nach Fortsetzung kostenloser Corona-Bürgertests

Corona-Schnelltest © dpa

Vor der Gesundheitsministerkonferenz in der kommenden Woche fordern die Länder eine Fortsetzung der kostenlosen Corona-Bürgertests.

“Auch im Herbst 2022 werden Testungen, insbesondere für vulnerable Gruppen, weiterhin notwendig sein und eine hinreichende Testinfrastruktur erfordern”, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) unseren Kolleginnen Clara Sandstedt und Carlotta Diederich.

Stand jetzt sind die Corona-Bürgertests nur noch bis zum Monatsende kostenlos. In der Bundesregierung wird noch um eine Lösung gerungen.

SPD und Grüne sind dafür, die FDP sieht das Vorhaben skeptisch. Die kostenlosen Bürger-Tests kosten den Steuerzahler etwa 1,8 Milliarden Euro pro Monat.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) drängt auf eine Verlängerung, um das Pandemiegeschehen im Blick zu haben.

Die Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) sagte, es sei ihr “sehr wichtig”, dass es weiterhin kostenlose Tests gebe.

Bei der Gesundheitsministerkonferenz in Magdeburg wollen Bund und Länder über eine Corona-Strategie für den Herbst beraten.

Konrad-Adenauer-Haus © imago

Im Konrad-Adenauer-Haus gibt es eine weitere Veränderung. Parteichef Friedrich Merz und Generalsekretär Mario Czaja lassen eine neue Abteilung einrichten. „Mitglieder- und Parteiservice“ heißt sie. Das Kommunalbüro von Christina Stumpp, der designierten Vize-Generalsekretärin, wird "angedockt".

Geleitet wird die Abteilung von Axel Tantzen, bislang Vize-Chef der Zentralabteilung. Merz wolle mit der neuen Struktur einen engeren Austausch mit der CDU-Basis sicherstellen, heißt es.

Was macht eigentlich Markus Söder? Der CSU-Chef und Ministerpräsident Bayerns widmet sich in einem neuen Buch seinem großen Idol: Franz-Josef Strauß. Das Buch heißt "Mein Vater Franz Josef Strauß - Erinnerungen" (LMV), wird am 20. Juni erscheinen und wurde von Strauß' Sohn Franz Georg geschrieben.

Das Buch gibt Einblicke, wie der 1988 verstorbene ehemalige Bundesminister und Ministerpräsident Politik machte, wo er zu Hause war und wie sein Sohn ihn erlebte.

CSU-Chef Söder widmet sich in seinem Text dem historischen Erbe von Strauß. Der frühere Finanzminister und Strauß-Vertraute Theo Waigel stellt das Buch in München am 30. Juni vor.

Die Hearings laufen bereits. Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) berät derzeit mit Experten aus Medizin, Suchthilfe, Verbänden und Politik über die Koalitionspläne zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene. Dabei geht es unter anderem um Aspekte des Gesundheitsschutzes sowie um ökonomische und ökologische Fragen.

Das letzte Treffen dieser Art soll am 30. Juni 2022 öffentlich im Berliner Allianzforum stattfinden. Dabei werden internationale Erfahrungen mit der Freigabe von Cannabis im Mittelpunkt stehen.

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Auf - Ferda Ataman. Nach vier Jahren Vakanz soll die Stelle der "Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung" wieder besetzt werden. Das Kabinett hat die Publizistin und ehemalige Referatsleiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vorgeschlagen. Als Integrationsspezialistin ist sie eine geeignete Kandidatin für dieses wichtige Amt - Aufsteigerin.

Ab - Nancy Faeser. Die Bundesinnenministerin veröffentlichte ein Foto, das sie inmitten einer Gruppe von Jugendlichen zeigt, von denen einige Symbole von salafistischen und rechtsextremen Gruppen zeigen, etwa den türkischen Wolfsgruß. Demokratieförderung ist hier also bitter nötig - und ein von ihrem Ministerium gefördertes Projekt mit dem Namen „Verfassungsschüler“ hat anscheinend noch viel Arbeit vor sich.

Der Bundeskanzler besucht nach langem Hin und Her die Ukraine - so schätzen unsere Kollegen die Reise ein:

Christoph von Marschall, Diplomatischer Korrespondent der Chefredaktion beim Tagesspiegel, meint, dass der Kanzler nun doch die Fototermine absolviert habe, die er nicht wollte. Scholz habe die von ihm selbst definierte Hürde nicht übersprungen: „Dann war die aufwändige Reise nicht viel mehr als ein kurzes Rein und Raus zu Fototerminen mit vielen netten Worten.“ Warum die Reise die Weltsicht des Kanzlers trotzdem präge und die Ergebnisse nicht nach einem Schwarz-Weiß-Muster zu beurteilen seien, lesen Sie hier.

Der FAZ-Herausgeber Berthold Kohler sieht in einer Ernennung der Ukraine zum EU-Beitrittskandidaten zwar eine Stärkung, aber keinen Ersatz für die Lieferung der geforderten schweren Waffen: „Das Aufziehen der Europafahne über Kiew allein zwingt den Kreml nicht zum Rückzug. Im Gegenteil: Das blaue Banner wirkt auf Putin wie ein rotes Tuch.“ Die Ukraine müsse sich mit militärischer Macht vor der russischen Aggression schützen können. Spannende Perspektive!

Welt-Redakteur Christoph B. Schlitz sieht in diesem Besuch den Beginn eines Albtraums für Selenskyj, denn Scholz, Macron und Draghi würden im Ukraine-Krieg den Kern einer neuen Koalition der Realpolitiker bilden: „Sie stehen für eine pragmatische, schnelle und – zumindest aus westlicher Sicht – möglichst kosteneffiziente Friedenslösung. Aber sie stehen nicht für Gerechtigkeit, mehr Sicherheit in Europa und die Verteidigung der Freiheit und grundlegender völkerrechtlicher Prinzipien.“ Lesenswert!

Heute gratulieren wir herzlich:

Torben Schiller, Leiter Berliner Büro Universal Pictures, 43

Takis Mehmet Ali, SPD-Bundestagsabgeordneter, 31

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Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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