herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.
Unsere Themen heute:
Die Union will die EU-Außengrenzen schärfer kontrollieren und abgelehnte Asylbewerber schneller zurückführen, die Grünen sind entsetzt.
Kanzleramtschef Helge Braun wirbt in der Unionsfraktion mit einem umfassenden Papier für die aus seiner Sicht tolle Corona-Bilanz. Wir kennen die Details.
Die CSU hat ein weiteres hochumstrittenes Thema für ihren Bayern-Plan zur Bundestagswahl entdeckt. Wir wissen, worum es im Detail geht.
Union und Grüne: Knackpunkt Asyl
Die Klimapolitik gilt als große Hürde auf dem Weg zu einem möglichen schwarz-grünen Regierungsbündnis. Ein genauer Blick in die Wahlprogramme von Union und Grünen offenbart jedoch ein weiteres, nicht minder konfliktträchtiges Themenfeld: die Asyl- und Migrationspolitik.
Unsere Kollegen Marina Kormbaki und Rasmus Buchsteiner haben die Programme von Schwarzen und Grünen nebeneinandergelegt - und sind auf unversöhnliche Positionen gestoßen.
© Henning SchmitterDie Vorschläge von CDU/CSU haben es in sich:
Die Zahl der nach Deutschland und Europa flüchtenden Menschen sollte nicht bloß „dauerhaft niedrig“ bleiben, sondern „weiter reduziert“ werden.
An Europas Außengrenzen soll es europäische „Entscheidungszentren“ geben, die prüfen sollen, wer ein Bleiberecht hat - wer nicht, soll sogleich abgeschoben werden.
Die Grenzschutzbehörde Frontex soll zur „echten Grenzpolizei“ mit hoheitlichen Befugnissen werden.
Die Union will weitere sichere Herkunftsstaaten festlegen - mittels EU-Recht und unter Umgehung des Bundesrats, wo die Grünen ein Veto einlegen können.
Der Familiennachzug soll nicht ausgeweitet werden.
An Flughäfen soll es „Gewahrsamseinrichtungen“ für Ausreisepflichtige geben.
Der „Druck auf Identitätstäuscher und Mitwirkungsverweigerer“ soll erhöht werden - auch mit neuen Rechten zur Datenauslesung von Handys.
Unionsfraktionsvize Thorsten Frei, der am Asylkapitel mitgeschrieben hat, stellt eine neue Härte im Umgang mit Ausreisepflichtigen in Aussicht:
Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU). © ImagoWir müssen – wo erforderlich – die Ausreisepflicht auch mit Zwang durchsetzen.
Dies solle „ein ganz eindeutiges Signal“ zur Begrenzung von Zuwanderung sein, sagte uns der CDU-Politiker. In der nächsten Legislatur wolle die Union deshalb ein neues Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht erarbeiten. „In diesem Rahmen müssen wir noch einmal an die Duldungsvoraussetzungen und die Haftbedingungen herangehen“, so Frei.
Bei den Grünen stoßen die Unionsforderungen auf breite Ablehnung.
Luise Amtsberg, Sprecherin für Flüchtlingspolitik der Grünen im Bundestag, kritisiert die Vielzahl der geforderten Ausreise- und Abschiebungsmaßnahmen für Geflüchtete.
Grünen-Politikerin Luise Amtsberg. © ImagoDie Union setzt leider weiter auf Abschiebung und Verunsicherung statt die Potentiale zu erkennen und Menschen dabei zu unterstützen, zügig ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Europa-Politiker Erik Marquardt wirft der Union vor, es sich zu leicht zu machen:
Was passiert mit den Menschen, die man nicht zurückschicken darf? Diese Kernfrage beantwortet die Union nicht. Aber die Menschen lösen sich nicht in Luft auf, sondern enden in Massenlagern wie Moria.
CDU/CSU würden die Augen vor Menschenrechtsverletzungen an Europas Außengrenzen verschließen, so Marquardt.
„Das Ziel, die Zahl der Asylanträge in Europa durch Grenzschutz immer weiter zu reduzieren, lässt sich nicht rechtsstaatlich erreichen.“
Die Grünen fordern die Verteilung neu Ankommender an die EU-Mitgliedstaaten, wo ihre Asylanträge bearbeitet werden sollen. Überfüllte Lager auf Lesbos oder Lampedusa sollen schließen.
Der Streit in etwaigen Koalitionsverhandlungen ist demnach vorprogrammiert.
„Es ist kein Programm, das sich so im Rahmen einer schwarz-grünen Koalition umsetzen ließe“, sagt Unionsfraktionsvize Frei über die Grünen-Pläne.
"Ich sehe da wenig Schnittmengen“, sagt auch Grünen-Politiker Marquardt. „Die Puzzleteile passen nicht zusammen.“
Immerhin: Darin sind sich Union und Grüne einig.
1. Kanzleramtsminister wirbt für Corona-Politik
Mit einer extra angefertigten Präsentation hat Kanzleramtsminister Helge Braun bei CDU und CSU für Zustimmung in der Corona-Politik geworben und Argumente geliefert, warum Deutschland unter Führung der Union besser abgeschnitten hat als viele andere Länder.
Braun Biontech © ThePioneerUnter anderem führte Braun an, wie frühzeitig der Bund beim Impfstoffentwickler BionTech engagiert gewesen sei und führte aus, welche Unterstützungszahlungen beim Aufbau von Produktionsstrukturen in Marburg getätigt wurden.
Der hessische CDU-Politiker ging auch auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Krise ein. So habe etwa die Übersterblichkeit im internationalen Vergleich niedrig gelegen, argumentiert er.
Auch bei den wirtschaftlichen Folgen sei es Deutschland besser ergangen als vielen anderen Ländern. So habe die Arbeitslosigkeit konstant niedrig gelegen.
Braun Erwerbsquote © ThePioneer2. Zahlreiche laufende Verfahren gegen Rechtsterroristen
Der Generalbundesanwalt befasst sich aktuell mit 45 laufenden Anklageverfahren gegen Rechtsterroristen in Deutschland. Dies ist das Ergebnis der Sitzung des Innenausschusses des Bundestags am Mittwoch, bei dem der Generalbundesanwalt anwesend war.
Die Zahl fiel nach unseren Informationen aus Teilnehmerkreisen der Sitzung.
Die Verfolgung rechtsterroristischer Straftaten steht im Fokus der Bundesanwaltschaft. Vor allem die Erkenntnisse über den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) und dessen Umfeld haben die Notwendigkeit umfassender Ermittlungen nochmals verstärkt. "Die Erkenntnisse über den NSU bleiben für die Bundesanwaltschaft auch in Zukunft eine Verpflichtung", so beschreibt die Behörde ihr Selbstbild.
Im Innenausschuss war am Mittwoch neben dem Generalbundesanwalt auch Innenminister Horst Seehofer (CSU) anwesend. Es war seine letzte Sitzung als Minister.
3. CSU will Bayern-Plan mit Homeoffice-Forderungen
Alexander Dobrindt © Anne HufnaglDie CSU will in ihren Bayern-Plan, der das gemeinsame Programm der Union zur Bundestagswahl ergänzen soll, Forderungen für den künftigen Umgang mit dem Homeoffice aufnehmen.
Das hatte Alexander Dobrindt, Chef der CSU im Bundestag und designierter Spitzenkandidat seiner Partei, diese Woche in Berlin angekündigt.
Auf Anfrage sagte uns der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger dazu:
Eine Homeoffice-Förderung halte ich für sinnvoll, da dadurch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert und langes Pendeln vermindert wird.
Volker Ullrich, Chef des CSU-Sozialflügels CSA, spricht sich dafür aus, die steuerliche Homeoffice-Pauschale von maximal 600 Euro im Jahr nicht wie geplant zum Jahresende auslaufen zu lassen. Beschäftigte sollten bei der Arbeit von Zuhause finanziell dauerhaft entlastet werden.
Zudem müssten Arbeitgeber bei dauerhafter Nutzung für die Ausstattung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes und Arbeitsmittel verantwortlich sein.
Ullrich sagte, Beschäftigte im Homeoffice sollten vollständig von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt werden.
Der Maßgabebeschluss des Haushaltsausschusses © ThePioneerDer Haushaltsausschuss des Bundestags hat die Freigabe weiterer Mittel für das Luftkampfsystem FCAS an Bedingungen geknüpft.
Das geht aus einem Maßgabebeschluss hervor, der uns vorliegt und mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP beschlossen wurde.
Grünes Licht gab es für die Forschungsmittel der unmittelbar anstehenden Projektphase 1B. Diese soll nach bisherigem Planungsstand 2024 abgeschlossen sein.
Der Finanzbedarf für den Zeitraum beläuft sich auf 1,3 Milliarden Euro. Der Ausschuss verlangt jedoch vor Beginn der dann folgenden, bis 2027 geplanten „optionalen Phase 2“ eine erneute Abstimmung über die Fortsetzung der Arbeiten an FCAS.
Der Beschluss enthält weitere Vorgaben, die für die Bundesregierung bindend sind - dabei geht es unter anderem um Verwertungsrechte für Forschungsergebnisse bei einem möglichen Scheitern des Projekts.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist der Gastredner des traditionellen Arthur F. Burns-Dinners am 6. Oktober in Berlin. Das deutsch-amerikanische Journalistenprogramm gibt es seit 1988.
Etwa 20 Journalistinnen und Journalisten aus Deutschland, Kanada und den USA haben die Möglichkeit, im Rahmen eines Arbeitsstipendiums, berufliche und persönliche Erfahrungen im Gastland zu gewinnen. Benannt ist das Programm nach dem früheren US-Botschafter in Deutschland, Arthur F. Burns (1981-85).
Im Herbst spricht regelmäßig ein prominenter Gast über die Grundsätze der transatlantischen Beziehungen, unter anderem waren Robert Zoellick (Weltbank), die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, der frühere ukrainische Außenminister Pavlo Klimkin und Axel-Springer-CEO Mathias Döpfner zu Gast.
Die Fraktionen der Parteien im Bundestag haben den 7. September für eine mögliche Beratung aktueller politischer Themen auch in der Sommerpause blockiert.
Früher wurden in der sitzungsfreien Zeit ein oder zwei Tage für mögliche Beratungen des Bundeshaushalts für das kommende Jahr geblockt, dieses Mal gehe es aber vor allem um eine gute Gelegenheit, drei Wochen vor der Bundestagswahl aktuelle politische Streitthemen prominent zu diskutieren, hieß es bei den Regierungsfraktionen.
Kleines Gipfeltreffen der deutschsprachigen Staatsoberhäupter in Potsdam am kommenden Montag und Dienstag: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier trifft die Staatsoberhäupter von Österreich, Belgien, Liechtenstein, der Schweiz und Luxemburg zu Gesprächen und einem Abendessen im Bayerischen Haus.
Am Dienstag besuchen die Präsidenten und Könige das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
Auf - Nadine Schön. Aus dem Saarland hat sich in den vergangenen Jahren eine Christdemokratin in der Bundespolitik nach vorne gearbeitet, der viele den Sprung nach oben, ins Ministeramt, zutrauen. Die Rede ist nicht von Annegret Kramp-Karrenbauer, sondern von Nadine Schön. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union hat im Bundestag und mit ihrem Buch Neustaat (zusammen mit dem Abgeordneten Thomas Heilmann) wegweisende Vorschläge zur Digitalisierung von Staat und Verwaltung vorgelegt, die nun fast wörtlich im Unionsprogramm auftauchen. Die 38-jährige Juristin und Digitalexpertin gilt angeblich auch im Team von Kanzlerkandidat Armin Laschet als Aufsteigerin und mögliche Kandidatin für Regierungsämter. Jetzt auch bei uns.
Ab - Peter Györkös. Der ungarische Botschafter in Deutschland wirft sich regelmäßig mit kommunikativer Leidenschaft und unermüdlicher Loyalität in den Kampf für seinen umstrittenen Regierungschef Viktor Orbán. Doch die Kritik an dem für viele homophoben Gesetz aus dem ungarischen Parlament muss er sich gefallen lassen. Wer Informationsmaterialien verbieten lässt, in denen homosexuelle Paare zu sehen sind, agiert gegen die Grundrechtecharta und gegen die Werte, für die alle Mitglieder der EU einstehen. Die Symbole für Vielfalt und Toleranz als "Kampagne" gegen sein Land zu bezeichnen, wie es der Botschafter getan hat, wird der Substanz der Kritik nicht gerecht. Und erzeugt erst recht die bundesweite Solidaritätsaktion für die LGBTI-Community, wie sie in Deutschland gestern zu sehen war. Unser Absteiger.
Einhellige Kritik an der Entscheidung der UEFA, das Münchner Stadion beim EM-Spiel gestern Abend nicht in Regenbogenfarben einzufärben. In der FAZ allerdings kommentiert Reinhard Müller anders. Er wirft den Politikern, die nun die UEFA kritisieren, Heuchelei vor, denn wichtige politische Signale gegen Gesetze in Ungarn könne man auch anders zeigen. "Das breite Eindreschen auf die UEFA, die das Erleuchten des Münchner Stadions in Regenbogenfarben aus Protest gegen die Politik des ungarischen Regierungschefs abgelehnt hat, ist so bigott wie billig. Niemand hindert den wandelbaren bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder daran, Orbán im Regenbogenkostüm zu begrüßen. Niemand hindert die Bundeskanzlerin, deren Sprecher sich auch geäußert hat, daran, das Wachbataillon beim nächsten Staatsbesuch kunterbunt antreten zu lassen." Hier den gesamten Text lesen!
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Anke Pörksen, Staatssekretärin und Sprecherin der niedersächsischen Landesregierung, 55
Dennis Rohde, SPD-Bundestagsabgeordneter, 35
Ralph Bollmann, Buchautor, Korrespondent FAZ am Sonntag, 52
Richard Gaul, Ex-BMW-Sprecher, Kommunikationsberater, 66
Es war das letzte Kreuzverhör von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag. Die Befragung der Bundesregierung nutzten gestern Abgeordnete aller Parteien, um von der CDU-Kanzlerin zum letzten Mal in ihrer Amtszeit Erklärungen und Einschätzungen einzufordern. Gewohnt schlagfertig agierte Merkel, bei der Frage zu der Notwendigkeit einer beherzten Klimaschutzpolitik äußerte sie sich klar. Und dürfte auch eigene Versäumnisse im Blick gehabt haben.
Ihre Informationen für uns © Media PioneerSie sind ein Insider und haben einen vertraulichen Tipp, den Sie mit der Redaktion des Hauptstadt Briefings teilen wollen? Oder eine sensible Neuigkeit? Schicken Sie uns Ihre Informationen! Lesen Sie hier mehr darüber, wie sie mit uns Kontakt aufnehmen können.
Starten Sie gut in den Tag!
Herzlichst, Ihre