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Unsere Themen heute:
In der Ampel steigt der Druck, Verbraucher und Unternehmen bei der Energie zu entlasten. Wir kennen Details - und die Namen der Entscheider.
Die Länder zeigen sich verunsichert mit Blick auf das geplante Infektionsschutzgesetz. Wir haben nachgefragt, wie es wo weitergehen soll mit der Maskenpflicht an Schulen.
Estlands Ex-Präsidentin Kersti Kaljulaid warnt im Gespräch mit uns vor neuen Aggressionen Putins auch in anderen Ländern und fordert konsequentes Vorgehen bei Militärhilfe und Sanktionen.
Einerseits bekennt sich die Ampel mit dem Kauf von F-35-Kampfjets zur nuklearen Teilhabe - andererseits will sie sich für ein Verbot von Atomwaffen einsetzen. Wir sagen, worum es geht.
Der frühere CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak soll eine neue Aufgabe im Bundestag erhalten. Wir sagen, welche.
Unter den Ukraine-Flüchtlingen sind auch Menschen aus Afghanistan, Afrika und Südostasien. Wir kennen die Details.
Der Sparwettlauf
Der Krieg in der Ukraine lässt die Energiepreise in die Höhe schnellen. Und der Ruf nach schnellen Entlastungen für Verbraucher und Unternehmen setzt die Berliner Koalition unter Druck. Einer preschte schon am Sonntag vor: Finanzminister Christian Lindner. Doch sein Vorstoß zum Tank-Rabatt war, so hören wir, weder mit dem Kanzleramt noch mit dem Wirtschaftsministerium abgestimmt.
Aber was wird die Ampel beschließen?
Am Montag fiel eine grundsätzliche Entscheidung: Eine Kommission aus neun Köpfen soll die zahlreichen unterschiedlichen Ideen aus den Parteien auf einen Nenner bringen. Jeweils einen Namen aus Partei, Fraktion und Regierung soll jede Partei benennen.
Aus der SPD sollen Fraktionsvize Matthias Miersch, Parteivize Anke Rehlinger und Kanzleramtsstaatssekretär Jörg Kukies dabei sein.
Die Grünen wollen Ricarda Lang, Katharina Dröge und Oliver Krischer schicken.
Aus der FDP hören wir unter anderem die Namen Steffen Saebisch, Christian Dürr und Johannes Vogel, allerdings scheint dies teilweise noch vage zu sein.
Matthias Miersch an Bord der PioneerOne © Anne HufnaglDie Neuner-Gruppe muss nun schnell beginnen, die bestehenden Vorschläge zusammenzubinden. Schon am Mittwoch soll eine Regierungsklausur auf höchster Ebene beraten.
In der SPD kursieren mehrere Papiere. Als "unkomplizierte Methode, die Energiepreise zu senken" wird die Absenkung der steuerlichen Belastung in einem genannt, das uns vorliegt. Die Stromsteuer (derzeit 2,05 Cent pro Kilowattstunde) könnte demnach auf das "europarechtlich vorgegebene Minimum von 0,1 bzw. 0,05 Ct/kWh gesenkt werden". Ähnliches gelte für die Energiesteuer und die Mehrwertsteuer, die auf 7 Prozent abgesenkt werden könnte.
"Der Vorteil dieser Maßnahmen besteht darin, dass sie keinen Markteingriff bedeuten", heißt es in dem Papier der SPD.
Leitprinzip für die SPD bei allen Maßnahmen: Es muss schnell wirken, bürokratisch unkompliziert sein - und niedrige Einkommen entlasten.
"Eine soziale Komponente ist dringend notwendig", fordert Wirtschaftspolitiker Falko Mohrs.
Ausriss aus dem Ideenpapier der SPD für Entlastungen beim Energiepreis. © The PioneerDie Grünen lehnen Lindners Tankrabatt ab. Sie wollen stattdessen rasch ein Energiegeld auf den Weg bringen - pauschal oder sozial gestaffelt, dazu gehen die Meinungen noch auseinander.
„Entlastungen müssen jenen Menschen helfen, die Entlastung wirklich nötig haben“, sagte Finanzexpertin Katharina Beck unserer Kollegin Marina Kormbaki.
Und weiter:
Grünen-Finanzpolitikerin Katharina Beck. © ImagoPauschal Sprit zu subventionieren, ist kein zielgerichtetes Vorgehen.
Mit seinem Tankrabatt-Vorstoß hat Lindner die Grünen kalt erwischt. Kaum berichtete Bild am Sonntagabend von Lindners Tankrabatt, versuchte Vizekanzler Robert Habeck via dpa, die Idee mit einem noch umfassenderen Vorstoß zu einem Energiegeld aus den Schlagzeilen zu verdrängen:
Extrem hohe Heizkosten, extrem hohe Strompreise, extrem hohe Spritpreise belasten Haushalte, und je geringer die Einkommen, desto stärker. Die Bundesregierung wird daher ein weiteres Entlastungspaket auf den Weg bringen.
Kurz darauf äußerte sich Habeck bei Anne Will beinahe spöttisch über seinen Kabinettskollegen Lindner, als er anmerkte:
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). © ImagoAlle erzählen jetzt im Moment ein bisschen, was ihnen gerade so sinnvoll erscheint.
Intern heißt es bei den Grünen, Lindner neige angesichts der herannahenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und NRW immer mehr zum Foulspiel. Grüne und Liberale beäugen sich inzwischen misstrauisch. Die Zitrusfrische aus der Frühphase der Ampel scheint verflogen.
Auf seiner Seite hat Christian Lindner den Präsidenten des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel. Der fordert, die Mehrwertsteuer auf Energie müsse von 19 auf 7 Prozent sinken, die Mineralölsteuer auf Treibstoff ebenfalls verringert werden.
Estlands Ex-Präsidentin mahnt neue Sanktionen an
Die frühere Präsidentin Estlands, Kersti Kaljulaid, hat sich für weitere Sanktionen gegen Russland, ein Gas- und Öl-Embargo sowie weitere Waffenlieferungen an die ukrainische Armee ausgesprochen.
"Wir brauchen eine Doppel-Strategie gegen Putin. Sanktionen und Militärhilfe für die Ukraine", sagte uns Kaljulaid.
Ein Importstopp für Gas und Öl müsse der Westen ernsthaft diskutieren, auch wenn es schmerzhaft werden könnte.
“Ja, wir Bürger bezahlen höhere Preise an der Zapfsäule, aber das ist der Preis für die Freiheit.” Alle Optionen gehörten auf den Tisch.
Zugleich mahnte sie, Putins aggressive imperiale Strategie nicht zu unterschätzen. Russlands Präsident verstehe nur die Politik der Stärke.
"Vielleicht wäre die Krim-Annexion nie passiert, wenn wir früher Härte gezeigt hätten", sagte sie.
Hier lesen Sie eine Zusammenfassung des Gesprächs mit Kaljulaid, die von 2016 bis 2021 Staatspräsidentin war.
Länder zögern bei Maskenpflicht in Schulen
Maskenpflicht in den Schulen © dpaViele Bundesländer zögern mit Entscheidungen zur Maskenpflicht in Schulen - wegen Unklarheiten im neuen Infektionsschutzgesetz. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unseres Kollegen Rasmus Buchsteiner.
Einige Länder haben die Regelungen zu Masken und Tests in den Schulen bereits gelockert - wie etwa Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Hessen. Dort ist die Maskenpflicht im Unterricht bereits abgeschafft, auf dem Schulgelände hat sie noch Bestand. „Wir fahren hier auf Sicht“, heißt es aus Dresden.
„Ganz maßgeblich für die Frage, wie es in den Schulen mit Tests und Masken weitergeht, sind das Bundesinfektionsschutzgesetz und die derzeit in der Diskussion befindlichen Änderungen“, heißt es aus Hessen. Bayern hatte zuletzt erwogen, die Maskenpflicht am Sitzplatz im Klassenzimmer aufzuheben. „Aufgrund der noch unklaren künftigen Gesetzgebung des Bundestags“ sei die Entscheidung aber vertagt worden, heißt es aus München.
Die Schulbehörde von Bremen erklärte, die Maskenpflicht in Schulen solle schrittweise aufgehoben werden. Schleswig-Holstein möchte daran noch bis zum 4. April 2022 festhalten. Auf Anfrage erklärte das NRW-Schulministerium, in der Landesregierung sei die Meinungsbildung zu „noch notwendigen Corona-Schutzmaßnahmen“ nicht abgeschlossen.
Olaf Scholz und Karl Lauterbach © dpaIn der Ampel-Koalition wurde am Montag noch über Last-Minute-Änderungen am Infektionsschutzgesetz verhandelt, das am Freitag vom Bundestag beschlossen werden soll.
Der bisherige Entwurf sieht die Maskenpflicht nur noch in Hotspot-Regionen vor, in denen die Überlastung der Krankenhäuser droht. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht davon aus, dass zahlreiche Länder die Hotspot-Regelungen zur Anwendung bringen.
Der neue Kampfjet für die Luftwaffe
Im Verteidigungsministerium sind die ersten Entscheidungen zur konkreten Verwendung des geplanten Sondervermögens von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr gefallen.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat am Montag zwei zentrale Vorhaben bestätigt. So nannte sie nun auch offiziell den lange erwarteten Tornado-Nachfolger: Hier wird mit F-35-A-Tarnkappenjets geplant. Die 35 neuen Maschinen von Lockheed Martin sollen die seit 1981 an die Truppe ausgelieferten Tornados ersetzen.
Sie sind so alt, dass sie nicht mehr im Betrieb bleiben können.
Jet F-35 von Lockheed Martin © imagoDer Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, nannte die F-35 gestern "das modernste Kampfflugzeug der Welt". Es ist ein US-Jet der fünften Generation und am Markt verfügbar.
In einem vertraulichen Papier, das die Verteidigungspolitiker im Bundestag erhielten und das unserem Reporter Christian Schweppe vorliegt, heißt es: "Die F-35-A ist das richtige System für glaubwürdige Bündnisfähigkeit und Abschreckung."
Unter Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) lag noch die F-18 im Fokus. Davon ist nun keine Rede mehr.
Die Luftwaffe verfügt derzeit insgesamt über rund 225 Kampfflugzeuge. Ob dieselbe Zahl neuer Jets gekauft werden soll, ist noch unklar. Trotz des beschleunigten Verfahrens wird es Jahre dauern, bis die F-35 genutzt werden kann.
Ab 2040 soll der ebenfalls eingesetzte Eurofighter zudem durch das Future Combat Air System (FCAS) ersetzt werden. Dahinter stehen gemeinsame Pläne mit Frankreich zum Bau eines europäischen Kampfflugzeugs der Zukunft.
Nukleare Teilhabe: Ampel rüstet auf und ab
Trotz der beabsichtigten Anschaffung von F-35-Jets, die im Kriegsfall US-Atomwaffen transportieren können, hält die Ampel-Regierung an ihren Plänen zur nuklearen Abrüstung fest.
Deutschland will weiterhin an der Konferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag im Juli in Wien teilnehmen - „am vereinbarten Beobachterstatus hat sich nichts geändert“, sagte Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, unserer Kollegin Marina Kormbaki.
Protest von Anti-Atomwaffen-Aktivisten vor dem Reichstagsgebäude, November 2021. © dpaDer vor einem Jahr in Kraft getretene Vertrag sieht ein Verbot von Entwicklung, Produktion, Test, Erwerb, Lagerung, Transport, Stationierung und Einsatz von Kernwaffen vor. Deutschland soll laut Koalitionsvertrag dem Abkommen zwar nicht als Mitglied, aber als Beobachter beitreten.
In Nato- und US-Regierungskreisen hatten die Ampel-Pläne Besorgnis ausgelöst.
Auch Asiaten und Afrikaner unter Ukraine-Flüchtlingen
Die Bundespolizei hat alle Hände voll zu tun mit der Kontrolle der Einreisedokumente Vertriebener aus der Ukraine. Die meisten von ihnen sind Ukrainer.
Aber auch Angehörige anderer Staaten sind unter den Flüchtenden.
Bundespolizei bei der Kontrolle einreisender Ukrainerinnen. © ImagoBis gestern hat die Bundespolizei 146.998 Vertriebene mit Bezug zur Ukrainekrise festgestellt. "Davon waren 10.992 Drittstaatsangehörige, die hauptsächlich aus Marokko, Nigeria, Afghanistan, Vietnam und Ghana stammen“, hieß es uns gegenüber.
Die EU-Einreiseerlaubnis gilt auch für in der Ukraine anerkannte Flüchtlinge.
Gestern haben wir über die Pläne der Ampel zur Einrichtung einer Kommission für eine Wahlrechtsreform berichtet. Die SPD schickt unter anderem Sebastian Hartmann in die Runde, die sich aus 13 Abgeordneten und 13 Sachverständigen zusammensetzt.
Für die Grünen sind Till Steffen und voraussichtlich Ulle Schauws dabei, die FDP wird vertreten durch Konstantin Kuhle und Stephan Thomae und die Linke klärt die Personalie noch.
Der frühere Kulturstaatsminister Bernd Neumann ist erneut zum Präsidenten des Verwaltungsrats der Film- und Förderanstalt (FFA) gewählt worden. Als Stellvertreterin in dem 36-köpfigen Gremium wurde die MDR-Intendantin Karola Wille gewählt.
Erstmals sitzt mit der Amazon-Managerin Inga Moser von Filseck auch eine Vertreterin der großen Streaming-Anbieter in dem Präsidium.
Der frühere CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak soll Vorsitzender der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe im Bundestag werden.
Das geht aus der Tischvorlage für die so genannte „Teppichhändlerrunde“ der Unionsfraktion hervor, die am heutigen Dienstagmittag tagt.
Der Hamburger CDU-Vorsitzende Christoph Ploß soll die Parlamentariergruppe Arabischsprachige Staaten des Nahen und Mittleren Ostens leiten.
Die Grünen kommen am 30. April in Düsseldorf zu einem kleinen Bundesparteitag zusammen, zum sogenannten Länderrat.
Mona Neubaur, NRW-Vizeministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin. © imagoIm Zentrum soll die NRW-Wahl zwei Wochen später stehen, von der sich die Grünen die Rückkehr in die Landesregierung erhoffen. Zu rechnen ist allerdings auch mit kontroversen Debatten zur Kehrtwende der Ampel-Regierung in Militär- und Energiefragen.
Auf - Jörg Kukies. Der ehemalige Deutschland-Chef von Goldman Sachs ist der wirtschaftspolitische Go-to-Guy für den Kanzler. Wenn es knifflig wird bei Wirtschafts- und Finanzfragen, hört Olaf Scholz auf seinen Berater. Kukies verhandelt mit Vertretern Katars über Gasimporte, skizziert Konjunkturpakete und moderiert zwischen den Ministerien, zum Beispiel, wenn es um finanzpolitische Sanktionen gegen Russland geht. Kukies genießt das Vertrauen des Kanzlers, aber vor allem den Respekt der Fachminister. Aufsteiger!
Ab - Nancy Faeser ist nicht nur eine Seiteneinsteigerin in der Bundespolitik. Die Bundesinnenministerin erweist sich auch als Spätstarterin. Eher zaghaft ging die SPD-Politikerin ans Werk. Viel zu spät erkannte sie die Dimension der Aufgabe, die mit der Aufnahme Hunderttausender Flüchtlinge aus der Ukraine auf uns alle zukommt. Der Bund hätte von Anfang an viel stärker koordinieren müssen. Absteigerin!
Der 100-Milliarden-Rüstungsfonds, der von der Bundesregierung angekündigt wurde, scheint problemlos verplant zu werden. Laut dem ehemaligen Wehrbeauftragten des Bundestages, Hans-Peter Bartels, sollte der Fokus eindeutig bei der Vollausstattung und Modernisierung des Heeres liegen. Die ganze Kolumne lesen Sie hier.
In der Süddeutschen Zeitung rechnet Kassian Stroh mit der Pandemie-Politik der letzten Zeit ab. Eingriffe in persönliche Freiheiten müssten nachvollziehbar, gut begründet, verlässlich und kalkulierbar sein. All das hätten der Bund und die Länder in zwei Jahren Pandemie leider zu oft nicht eingehalten. „Wenn der Staat nicht klar sagt, was zu tun und zu lassen ist, dann wird das schnell zu einem gefühlten Macht-doch-was-ihr-wollt“, schreibt der Kollege. Lesenswert!
Heute gratulieren wir herzlich:
Christian Petry, SPD-Bundestagsabgeordneter, 57
Thorsten Rudolph, SPD-Bundestagsabgeordneter, 48
Heiner Staschen, Bundesarbeitsministerium, Ex-Büroleiter von Thomas Oppermann, 53
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre