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Unsere Themen heute:
Will die Bundesregierung zwei Prozent für Verteidigung ausgeben? Oder mehr? Nun gibt es Streit.
Das Bundesfamilienministerium hat zum ersten Mal eine umfassende Studie zu Deutschlands Familienfreundlichkeit erstellen lassen. Wir kennen bereits die Ergebnisse.
Das Meinungsforschungsinstitut Civey hat mit seinen Wahlprognosen in letzter Zeit oft deutlich daneben gelegen. Forsa-Chef Manfred Güllner stellt nun dessen Seriosität infrage.
Die Bundesregierung stockt die humanitäre Hilfe für die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien weiter auf. Wir sagen, um wie viel.
Schon während der Sondierungsgespräche wird bei den Berliner Grünen über die Senatorenposten spekuliert. Wir wissen, welche Namen gehandelt werden.
Der Streit um das Zwei-Prozent-Ziel
Die Veränderung war bemerkenswert in München. Bei der Sicherheitskonferenz wollte Kanzler Olaf Scholz auf einmal nicht mehr davon sprechen, dass die Bundesregierung in Zukunft mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben wollte.
Der Kanzler ging einen halben Schritt zurück. Nun sollten es genau zwei Prozent sein. Die Frage wirkt nuanciert, sie ist aber eine grundsätzliche. Denn die Ampel hat sich eine Bürde in den Koalitionsvertrag geschrieben, die gerade jetzt zum Konflikt wird: Denn jedem Euro für Verteidigung sollte einer für Nothilfe und Entwicklung folgen. Es ist das System der integrierten Sicherheit.
Olaf Scholz und Annalena Baerbock © dpaDoch dieser Vertrag wurde vor dem Krieg geschrieben. Aber wie geht die Regierung jetzt damit um? Denn eine der Aussagen war ja auch zu Beginn der Zeitenwende, dass der Koalitionsvertrag eben weiter gelten sollte.
Aus Regierungskreisen ist schon jetzt zu hören: Das lässt sich nicht machen. Natürlich würden der Etat für das Auswärtige und für Entwicklung nicht in gleichem Maße weiter wachsen. Aber kampflos wollen sich die Häuser auch nicht geschlagen geben.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) etwa bremst nun aktiv bei der Frage nach höheren Ausgaben für das Verteidigungsministerium. Man solle sich nicht so sehr an Zahlen orientieren, ist die Devise. So klangen schon in früheren Jahren gerade die, die Mittel für Militär nicht erhöhen wollten.
Tatsächlich kam es bei der Debatte um die nationale Sicherheitsstrategie genau in diesem Punkt zum offenen Streit. Die Frage nach den Ausgaben wurde in den Verhandlungen nicht gelöst und zunächst offen gelassen. Baerbock will sich nicht so einfach von Scholz und Pistorius in die zweite Reihe degradieren lassen. Die Sicherheitsstrategie lässt noch heute auf sich warten.
Svenja Schulze © Anne HufnaglIm Entwicklungsministerium sieht man es etwas entspannter. Svenja Schulze würde sich als SPD-Parteifreundin nicht gegen den Kanzler und den eigenen Verteidigungsminister stellen - und sie weiß, dass es im Moment andere Prioritäten gibt.
Aber auch aus ihrem Haus ist zu hören: Man ist eigentlich eher mit dem Außenministerium auf einer Linie und es werde harte Verhandlungen geben. Eine Lösung um den Finanzstreit muss es bald geben. Der Koalitionsausschuss scheint dazu zu groß. Wahrscheinlich wird es eine Spitzenrunde geben müssen, in der womöglich Scholz, Christian Lindner und Robert Habeck entscheiden. In dieser Frage dürften sie nicht weit voneinander entfernt sein.
WDR-Runfunkrat mit Kritik an Tagesthemen-Kommentar
Der Rundfunkrat des WDR wird sich bei seiner kommenden Sitzung am 24. Februar in Köln auch mit zwei Programmbeschwerden zu einem Kommentar des Grünen-Mitglieds Detlef Flintz in den Tagesthemen sowie einer Sendung des Kölner Treff beschäftigen.
Das geht aus der Tagesordnung hervor, die uns vorliegt.
Hintergrund sind Beschwerden zu einem Kommentar Flintz' am 2. August 2022. Darin hatte der Journalist die Politik aufgefordert, mehr Druck auf die Bürger zu einem klimafreundlichen Verhalten zu entwickeln. Später kam heraus, dass Flintz Schriftführer in dem Stadtverband der Grünen in Grevenbroich ist.
Außerdem soll die Sendung Kölner Treff vom 14. Oktober 2022 Thema werden, in der Schauspielerin Heidelinde Weis, ohne Kritik in der Sendung zu ernten, über Impfkritiker sagte: „Die sind wirklich zu prügeln, diese Menschen.“
Auch soll WDR-Intendant Tom Buhrow laut Tagesordnung einen "Sachstand Reformprozess" vorlegen.
Deutschland bei Familienfreundlichkeit geteilter Meinung
Etwa jede zweite Familie schätzt Deutschland als familienfreundliches Land ein. Das ist das Ergebnis des neuen Monitors Familienforschung, den das Sinus-Institut regelmäßig im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellt. Unserem Kollegen Maximilian Stascheit liegen die Ergebnisse der neuen Ausgabe, die heute veröffentlicht wird, bereits vor.
Eine Infografik mit dem Titel: Familienfreundlichkeit: Geteilte Meinung
Bewertung der Familienfreundlichkeit von Eltern mit Kindern im Haushalt auf einer Skala von 1 bis 10, in Prozent
Auffallend ist dabei das Auseinanderdriften beim Erleben von Familienfreundlichkeit zwischen den sozialen Milieus und den Familienformen. Vor allem Alleinerziehende, Familien mit drei oder mehr Kindern sowie Patchworkfamilien betrachten Deutschland als mäßig bis kaum familienfreundlich.
Eine Infografik mit dem Titel: Die unglücklichen Familien
Anteil der Familien ausgewählter Gruppen, welche die Familienfreundlichkeit gut bewerten (7 bis 10 Punkte)
Obwohl Menschen mit Kindern im Haushalt in allen Altersgruppen zufriedener sind als Menschen ohne Kinder im Haushalt, erfahren Familien das Leben mit Kindern als deutliche zeitliche und finanzielle Mehrbelastung. Letzteres betonen insbesondere Familien mit geringen Einkommen, aber auch Alleinerziehende und Eltern mit drei oder mehr Kindern. Fehlende Zeitsouveränität sehen hingegen fast alle Familien als Problem.
Als Hauptgrund, keine Kinder zu bekommen, wird die mangelnde Verfügbarkeit von Wohnraum genannt. Auch die Sicherheit von Kindern im öffentlichen Raum, insbesondere im Verkehr, müsse verbessert werden.
Zudem merken die Autoren an, dass von Neuerungen wie flexiblen Arbeitszeiten und Homeoffice-Regelungen bislang kaum Eltern in schlechter bezahlten Berufen profitieren, die Anwesenheit und/oder Schichtdienste erfordern.
Forsa zweifelt an Seriosität von Civey
Forsa-Chef Manfred Güllner übt starke Kritik am Meinungsforschungsinstitut Civey, mit dem unter anderem die Holtzbrinck-Gruppe (Handelsblatt, Wirtschaftswoche, Zeit, Tagesspiegel) und der Spiegel kooperieren.
Civey hatte in der Vergangenheit häufig mit Wahlprognosen deutlich daneben gelegen. Beispielsweise prophezeite das Berliner Institut für die Abgeordnetenhauswahl in Berlin ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD sowie der FDP den Wiedereinzug in das Abgeordnetenhaus.
Manfred Güllner © imagoDas Handelsblatt hat deshalb nun auch Forsa um eine Einschätzung gebeten. Die Fragen und seine Antworten hat Güllner in seinem aktuellen Newsletter veröffentlicht.
Gefragt nach den Methoden von Civey antwortet er:
Civey vermarktet unwissenschaftliches Sammeln von Daten als ,repräsentative Umfrage', führt somit die öffentliche Meinung in die Irre und gefährdet das Vertrauen in seriöse Umfrageforschung.
Anstelle aufwendiger Stichprobenverfahren nutze Civey die Stimmen selbstrekrutierter Nutzer, die auf verschiedenen Webseiten ausgewählte Einzelfragen beantworten.
Die von Civey verbreiteten Ergebnisse wirken zwar teilweise wie glaubhafte Daten, sind aber häufig offensichtlicher Unfug, auch wenn dies von Laien nicht ohne Weiteres selbst zu erkennen ist.
Außerdem fragt das Handelsblatt, weshalb es in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Civey und Forsa gegeben habe.
Diese "Serie", so schreibt es Forsa, habe mit einer Abmahnung von Civey begonnen, die Forsa zur Beendigung der öffentlichen Kritik an Civey zwingen sollte, jedoch in wesentlichen Punkten zurückgewiesen wurde.
Im Zuge dessen habe Forsa verschiedene Werbebehauptungen von Civey überprüfen lassen, die daraufhin als rechtswidrige Irreführungen verboten wurden.
"Unser Ziel ist es, das Ansehen wissenschaftlich fundierter Umfrageforschung vor unlauterem Verhalten zu schützen", schreibt Forsa an das Handelsblatt.
Bundesregierung stockt Hilfe für Erdbebenopfer auf
Zerstörungen nach dem Erdbeben in der Region Kahramanmaraş © dpaDie Bundesregierung stockt die humanitäre Hilfe für die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien weiter auf - um 6,22 Millionen Euro.
Das geht aus einer Vorlage des Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor, die unser Kollege Rasmus Buchsteiner erhalten hat.
Zur Begründung heißt es in dem Dokument:
Die überplanmäßige Ausgabe wird benötigt, um weitere Hilfsgüter durch das THW zu beschaffen und zu liefern.
Die Regierung weicht mit der Freigabe der Mittel vom normalen Verfahren ab, das eine vorherige Entscheidung des Haushaltsausschusses vorsieht. Nun wird das Gremium lediglich unterrichtet.
Die vom Erdbeben betroffene Bevölkerung benötige eine sofortige Hilfe, so das Finanzministerium. „Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt übernachten die Menschen im Freien oder in provisorisch hergerichteten Unterkünften“, heißt es in der Vorlage. „Jeder Zeitverlust erhöht die Gesundheitsgefahren für die Betroffenen.“
Deutschland hat bisher Güter im Wert von gut neun Millionen Euro für die Menschen in den Erdbebengebieten zur Verfügung gestellt.
Kapek könnte Innensenatorin werden
Antje Kapek © dpaIn der Berliner Politik kursieren hinter den Kulissen der Sondierungsgespräche erste mögliche Personalvorschläge für den neuen Senat.
Sollte es zu einer schwarz-grünen oder einer rot-grün-roten Koalition kommen, wollen die Berliner Grünen angeblich auch das Innenressort für sich beanspruchen und damit erstmals auf Landesebene für die Innere Sicherheit zuständig sein.
Dafür ist angeblich die Sprecherin für Verkehrspolitik der Grünen im Abgeordnetenhaus, Antje Kapek, vorgesehen. Sie ist auch Mitglied im Innenausschuss.
Die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch soll das Verkehrsressort behalten, als mögliche Gesundheits-Senatorin wird die Fraktionsvorsitzende Silke Gebel genannt.
Bundesfinanzminister Christian Lindner wird voraussichtlich vom 11. bis 14. April erneut zur IWF-Frühjahrstagung nach Washington reisen.
Erstmals könnte ihn dabei der neue Staatssekretär für Internationales und bisherige Botschafter in Brasilien, Heiko Thoms, begleiten.
Thoms ist seit Juli 2020 Deutscher Botschafter in Brasilia, zuvor war er Gesandter Deutschlands bei der Nato in Brüssel, stellvertretender Botschafter bei der UN in New York und von 2011 bis 2013 Leiter des Ministerbüros von Außenminister Guido Westerwelle.
Thoms soll das internationale Profil des FDP-Chefs und Finanzministers schärfen.
Auf - Annalena Baerbock. Am Wochenende war die Außenministerin auf der Münchner Sicherheitskonferenz, Anfang der Woche reiste sie ins Erdbebengebiet in der Türkei, heute spricht sie bei der UN-Vollversammlung in New York. Die Grünen-Politikerin ist derzeit omnipräsent und repräsentiert die Bundesrepublik an den wichtigsten Orten des aktuellen Weltgeschehens. Aufsteigerin!
Ab - Sahra Wagenknecht. Die Linken-Politikerin, die gemeinsam mit Alice Schwarzer ein "Manifest für den Frieden" verfasst hat, muss auf der am Samstag stattfindenden Demonstration auf eine weitere prominente Unterzeichnerin verzichten. Die Theologin Margot Käßmann wolle nicht kommen, da ihr die Abgrenzung nach rechts fehle. Ein berechtigter Vorwurf, dem Wagenknecht bislang noch nicht überzeugend entgegnen konnte.
Unter dem Motto "Schluss mit Lustig - Streit in der Runde" diskutierten in der Phoenix-Runde gestern am politischen Aschermittwoch die ehemalige Regierungssprecherin Ulrike Demmer, der Kabarettist Frank Lüdecke, Prof. Karl-Rudolf Korte und Michael Bröcker.
Hier können Sie die Diskussion nachschauen.
Energieversorgung, Cybersicherheit oder Zahlungsverkehr - wie abhängig ist Deutschland von Amerika? Mit dieser Frage beschäftigt sich die ARD-Investigativ-Sendung Report München in seiner aktuellen Folge. Gordon Repinski spricht über die Münchner Sicherheitskonferenz, Waffenlieferungen und die geopolitische Bedeutung des europäischen Zusammenhalts.
Hier können Sie die Sendung sehen.
Auch Daniel Deckers von der FAZ kommentiert den politischen Aschermittwoch: "Denn gleich ob CSU-Söder, Freie-Wähler-Aiwanger oder die Grünen – gut sieben Monate vor der bayerischen Landtagswahl wollte niemand hintanstehen, das ohnehin bescheidende Niveau der meisten Wortbeiträge des rheinischen Karnevals durch noch dürftigere, aber umso krachledernere Aschermittwochskalauer zu unterbieten." Es zeuge von Realismus, aber auch von der Schwäche der einst machtverwöhnten CSU, dass der Spitzenkandidat sich schon jetzt auf eine Koalition mit den Freien Wählern festgelegt habe: "Dabei repräsentieren beide Parteien eher das ländlich-grüne Bayern und weniger das der Metropolen, die langsam, aber sicher politisch ergrünen – und die hohe Kunst bestünde doch wohl darin, dem Volk in Passau genauso aufs Maul zu schauen (aber nicht danach zu reden) wie in München-Pasing." Lesenswert!
Heute gratulieren wir herzlich:
Reinhold Beckmann, Fernsehjournalist, 67
Felix Döring, SPD-Bundestagsabgeordneter, 32
Britta Ernst (SPD), Ministerin für Bildung, Jugend und Sport in Brandenburg, 62
Lars Klingbeil, SPD-Parteivorsitzender, 45
Georg Milbradt (CDU), ehem. sächsischer Ministerpräsident, 78
Im Seat of the Day von Dienstag, 21.02., ist uns ein Fehler unterlaufen. Die Lieblingskolleginnen von Franziska Kersten - Elrid Pasbrig und Juliane Kleemann - sind Mitglieder des Landtags in Sachsen-Anhalt, nicht in Sachsen.
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre