Der Unruhetag

Teilen
Merken

Guten Tag,

herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt - direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Die neue Virus-Variante soll um 60 Prozent tödlicher sein, doch die Verschärfungen stoßen auf Irritation, Unmut und scharfe Kritik in der Unionsfraktion.

  • Eine Gruppe von Regierungsberatern sieht nahezu alle Infektionen nur in Räumen. Sie schlagen ein generelles Kontaktverbot außerhalb der eigenen Familie vor.

  • Nebenjobs nur noch ohne Entgelt? Für die Spitzen der Unionsfraktion soll dies gelten. Der neue Verhaltenskodex liegt uns vor.

Der Unruhetag

Am Tag nach der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) gab das Telefon des niedersächsischen Wirtschaftsministers Bernd Althusmann (CDU) keine Ruhe. Wie denn der Ruhetag zu verstehen sei, der da beschlossen werde, wurde er gefragt. Vertreter der Chemieindustrie verwiesen auf komplizierte Produktionsprozesse, die sich nicht so eben unterbrechen ließen, die Baumschulen auf wichtige Geschäfte mit den Niederlanden. Ist es ein Feiertag? Ist alles geschlossen?

Es ist nur ein kleines Beispiel, wie die MPK schon mit einem Minimum an möglichen Beschlüssen ein Maximum an Verwirrung stiften kann.

Gestern Nachmittag entlud sich der Frust über den kurzfristigen Oster-Lockdown in der Sitzung der Unionsbundestagsfraktion.

Teilnehmer sprachen von "hochkochenden Emotionen" und "massiver Kritik".

Die maßgeblichen Corona-Politiker, Gesundheitsminister Jens Spahn und Kanzleramtschef Helge Braun sowie Fraktionschef Ralph Brinkhaus saßen im Plenarsaal wie auf der Richterbank. CDU-Chef Armin Laschet war per Video zugeschaltet.

Von 15 Wortmeldungen waren ein Dutzend kritisch, erfuhren wir von Teilnehmern. Dazu gehörten die Beiträge der Abgeordneten Kai Whittaker, Bettina Wiesmann, Andrea Lindholz, Jana Schimke, Marian Wendt, Christoph Bernstiel und Axel Müller.

In Bezug auf das erwartete Chaos in den Supermärkten am Tag vor dem ersten Ruhetag wurde Helge Braun von einem Abgeordneten schnippisch gefragt, ob er denn selbst mal einkaufen gehe.

Jana Schimke, CDU-Bundestagsabgeordnete © imago

Fraktionsvize Gitta Connemann beklagte ebenso wie die Vizechefin der Mittelstandsunion, Jana Schimke, die neuen Zumutungen für die Wirtschaft durch den zusätzlichen Ruhetag. “Das geht gar nicht”, soll Schimke gesagt haben.

Die CSU-Abgeordnete Lindholz bezeichnete die Beschlüsse der MPK angeblich sichtlich erregt als nicht “nachvollziehbar” und nicht “kommunizierbar”.

Als der Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer der Abgeordneten aus Unterfranken per elektronischem Klingelton signalisierte, dass ihre zweiminütige Redezeit abgelaufen sei, wurde sie laut: “Mir ist das Klingeln egal.”

Andrea Lindholz, CSU.  © Imago

Der sächsische Abgeordnete Marian Wendt klagte ebenfalls über die kaum zu vermittelnden Regeln und mahnte, man müsse die Osterpause nun dringend zum beschleunigten Impfen nutzen. Der frühere Gesundheitsminister Hermann Gröhe kritisierte die Verschärfungen für die Kirche.

Marian Wendt, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Nordsachsen.  © Imago

Die Bremer Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann hatte ihren Unmut sogar öffentlich gemacht und per Twitter kommentiert:

“Ein Orkan gesellschaftlicher Kritik zieht über uns Parlamentarier hinweg. Wir haben keinerlei Möglichkeiten, im Vorfeld auf die #MPK einzuwirken. Ich kann die Beschlüsse selbst nicht mehr schönreden.”

Helge Braun verteidigte die Beschlüsse und verwies auf eine Zahl, die er schon in der Ministerpräsidentenkonferenz in der Nacht von Montag auf Dienstag berichtet hatte und die für ihn der Hauptgrund für die Verschärfungen sei: 60.

Die neue britische Virus-Variante B 1.1.7 soll demnach eine um 60 Prozent höhere Sterblichkeitsrate bei einer Erkrankung haben als das bisherige Virus, berichtete Braun unter Verweis auf eine Studie der britischen Universität Exeter. Deshalb seien die Maßnahmen dringend notwendig.

Dazu gehören eben auch die beiden Ruhetage am Gründonnerstag und an Karsamstag.

Doch was bedeutet der Ruhetag genau?

"Das Konzept ist im deutschen Recht in dieser Form bislang unbekannt", kommentierte die internationale Anwaltskanzlei Freshfields in einer Stellungnahme.

Die Chefs der Staatskanzleien der Länder berieten gestern mit Innen-Staatssekretär Markus Kerber über das rechtliche Vorgehen. Eine Möglichkeit: Man behandelt die Ruhetage wie Sonn- und Feiertage und erlässt über das Arbeitszeitgesetz (§§9 ff) ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot mit den jeweils vorgesehenen Ausnahmen.

Der Rechtsexperte Prof. Volker Boehme-Neßler hat grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken angesichts der neuen Freiheitseinschränkungen.

Wieder nimmt die Politik Grundrechtseinschränkungen vor, wieder wird deren Verhältnismäßigkeit unzureichend begründet.

„Der Verweis auf eine ,neue Pandemie’ reicht nicht aus um darzulegen, ob die konkreten Einschränkungen etwa der Berufsfreiheit im Einzelhandel, in der Tourismuswirtschaft und der Gastronomie tatsächlich erforderlich sind“, so der Jurist.

Zweifel an der Rechtmäßigkeit der neuen Einschränkungen äußern auch die Grünen.

„Die Ruhetage zwischen den Feiertagen sind Ausdruck der totalen Plan- und Hilflosigkeit der Bundesregierung“, sagte uns Katja Keul, rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

„Die widersprüchlichen Maßstäbe und die unzureichende Gesetzesgrundlage führen dazu, dass Gerichte Maßnahmen aufheben müssen, die eigentlich geeignet wären, wenn sie für alle gleichermaßen gelten würden“, beklagte Keul. So aber werde die pandemische Lage „maximal in die Länge“ gezogen.

1. Regierungsberater für generelles Kontaktverbot

Unterdessen gehen Wissenschaftlern die Beschlüsse nicht weit genug. In einem Bericht der Forscher der TU Berlin und des Konrad-Zuse-Instituts, der auch dem Bundeskanzleramt vorliegt, schlagen die Wissenschaftler um den Physiker Kai Nagel weitergehende Maßnahmen vor.

"Trotz ,Notbremse' wird die dritte Welle im Maximum zu höheren Inzidenzen führen als die zweite Welle, da die Mutation B.1.1.7 deutlich ansteckender ist als die bisherigen Virusvarianten."

Die positiven Wirkungen von Impfungen und wärmerem Wetter seien bereits berücksichtigt.

Woher die Neuinfektionen kommen?

"Nahezu alle Infektionen in unserem Modell beruhen auf ungeschützten Kontakten in Innenräumen."

Laut dem Modell der Wissenschaftler finden die Infektionen praktisch nur im eigenen Haushalt, bei privaten Besuchen, auf der Arbeit oder in der Schule statt.

Die Forscher verweisen auf Großbritannien und schlagen nun vor, sämtliche Kontakte in Innenräumen außerhalb des eigenen Haushalts zu verbieten.

Es muss dringend kommuniziert werden, dass im Hinblick auf B.1.1.7 jeglicher ungeschützter Kontakt außerhalb des eigenen Haushaltes in Innenräumen nicht mehr akzeptabel ist.

Auch Reisen zwischen den Städten sollten komplett unterbleiben, um das Infektionsgeschehen nicht zu erhöhen.

2. Unionsfraktion legt Verhaltenskodex vor

Die Spitze der Unionsfraktion reagiert auf die jüngsten Verfehlungen von Abgeordneten unter anderem in der Maskenaffäre mit einem weitreichenden Verhaltenskodex.

Das geht aus Eckpunkten hervor, die ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner vorliegen und die am Dienstag beschlossen wurden.

Fast zwei Stunden diskutierte die Bundestagsfraktion über die neuen Regeln, die der teilnehmende CDU-Chef Armin Laschet als notwendig und richtig bezeichnete. Die Partei müsse jetzt nach vorne schauen, so Laschet.

Der Kodex soll im Laufe der Woche konkretisiert werden. Parallel werde mit der SPD weiter über Verschärfungen im Abgeordnetengesetz verhandelt.

Laut Eckpunktepapier soll der engste Führungszirkel der Unionsfraktion keinerlei bezahlte Nebentätigkeiten mehr ausüben dürfen. Dabei geht es um den Fraktionsvorsitzenden, den Chef der CSU im Bundestag, um Fraktionsvizes, Parlamentarische Geschäftsführer und Justiziare. Wörtlich heißt es in dem Dokument:

Der Geschäftsführende Fraktionsvorstand wird im Einzelfall Abweichungen genehmigen, wenn Interessenskonflikte ausgeschlossen werden können bzw. die Nebentätigkeit ausdrücklich befürwortet wird, oder zur Wahrnehmung von Aufsichtsverantwortung gegenüber Bundeseigentum erwünscht ist.

Sprecher der Arbeitsgruppen sollen Vergütungen sowie Aufwandsentschädigungen aus ehrenamtlichen Tätigkeiten und andere Mitgliedschaften gegenüber dem neu eingerichteten Integritätsausschuss vor der Übernahme von Fraktionsämtern offenlegen müssen. Abgeordnete sollen dem Ausschuss „mögliche Interessenkollisionen“ zur Beurteilung vorlegen.

Weiter heißt es:

Die Verwendung von Fraktions- oder Bundestagslogos sowie dem Bundesadler, beispielsweise in Briefköpfen, erfolgt nach dem Verhaltenskodex ausschließlich im Rahmen der Wahrnehmung des Mandates.

Ralph Brinkhaus  © imago

Für Reden, die im Rahmen parlamentarischer Ämter oder Mandate gehalten werden, sollen Abgeordnete künftig keine Vergütung entgegennehmen.

Verstöße gegen den geplanten Verhaltenskodex sollen mit Sanktionen belegt werden.

3. Polizisten werden Prügelopfer

Zahlreiche Polizisten sind in den vergangenen Jahren außerhalb der Dienstzeit Opfer von Angriffen geworden, die im Zusammenhang mit ihrer Arbeit standen. Dies geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf Anfrage des FDP-Innenexperten Konstantin Kuhle hervor, in die wir Einblick erhalten konnten.

© dpa

Zwischen 2018 und 2020 gab es 53 Fälle von Körperverletzungen, Beleidigungen oder einer Kombination aus beiden Delikten gegen Polizisten außerhalb ihrer Dienstzeit. Vor rund zwei Wochen machte ein Fall in Berlin-Treptow-Köpenick Schlagzeilen, als eine Gruppe von fünf Männern einem Polizisten vor dessen Wohnung auflauerte, sie ihn angriffen und verletzten.

Angriffe dieser Art seien "aufs Schärfste zu veurteilen", sagt FDP-Mann Kuhle:

Die Innenminister von Bund und Ländern sollten prüfen, wie die Adressdaten von Polizeibeamten besser geschützt werden können.

4. Kinderrechte ins Grundgesetz: FDP stellt Bedingungen

Die FDP stellt für ihre Unterstützung zur von der großen Koalition geplanten ausdrücklichen Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz Bedingungen. „Als Fraktion der Freien Demokraten arbeiten wir konstruktiv an einer gemeinsamen Lösung“, sagte uns Stephan Thomae, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion.

Die Liberalen fordern jedoch, in Artikel 3 des Grundgesetzes, der unter anderem Diskriminierung wegen Glauben, Geschlecht oder Abstimmung verbietet, auch die „Sexuelle Identität“ als Merkmal aufzuführen.

Christine Lambrecht © dpa

An diesem Mittwoch berät Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) mit Vertretern der Opposition über die Reform. Mit ihr soll nach den Plänen der Koalition für jedes Kind unter anderem das Recht „auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit“ im Grundgesetz verankert werden.

Verfassungsänderungen erfordern Zwei-Drittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat. In der Länderkammer reicht dafür die Unterstützung der Grünen. Im Bundestag benötigt die Koalition zusätzlich noch die FDP, wenn die Union nicht auf die Stimmen der Linksfraktion setzen mag.

5. Bütikofer: "Das ist strategisch richtig dumm"

China hat den Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer mit Sanktionen belegt - eine Reaktion auf die zuvor verhängten EU-Sanktionen gegen vier chinesische Offizielle wegen der Unterdrückung der Uiguren.

ThePioneer-Reporterin Marina Kormbaki sprach mit dem Vorsitzenden der China-Delegation des EU-Parlaments:

Herr Bütikofer, hat es Sie überrascht, Ihren Namen auf Pekings Sanktionsliste zu lesen?

Bütikofer: Es gab davor schon Anzeichen, etwa in der Global Times, dass die Ultra-Nationalisten in Peking meine Arbeit durchaus auf ihre Art respektieren. Überrascht hat mich eher, dass die Volksrepublik China jetzt mit so einem Holzhammer zu Werke geht. Das ist strategisch richtig dumm.

Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer © Imago

Was ist daran dumm?

Bütikofer Die Wolfskrieger-Diplomatie wird weiter verschärft. Die Sanktionierung von fünf Abgeordneten aus allen vier großen demokratischen Fraktionen des EU-Parlaments, die Sanktionierung von mir als Vorsitzendem der China-Delegation, die Sanktionierung des ganzen Unterausschusses Menschenrechte und die Sanktionierung des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees des Rates:

Das demonstriert die Verweigerung jeglichen Respekts für unsere demokratischen Institutionen.

Damit wird signalisiert, dass ein Generalangriff auf unsere Grundwerte der Preis für jede ernsthafte Kritik an China sein soll. So zwingen die Führer Chinas die EU in die demokratische Solidarität untereinander. Mir ist diese Solidarität natürlich recht, aber China züchtet auf diese Weise geradezu europäische Gegenwehr. Peking wird das zu spüren bekommen.

Welche praktischen Folgen haben die Sanktionen für Sie?

Bütikofer Eigentum in China habe ich nicht, aber dorthin reisen kann ich auf absehbare Zeit auch nicht mehr. Auch nicht nach Hong Kong. Das finde ich schade. An meiner Arbeit im Parlament und weit darüber hinaus wird das aber nichts ändern.

6. Keine EU-Sanktionen gegen die Türkei

Die türkische Regierung muss keine neuen EU-Sanktionen fürchten. Weder ihre Erdgasbohrungen im östlichen Mittelmeer noch das geplante Verbot der Kurdenpartei HDP oder die jüngste Absage an den Schutz von Frauen durch die Istanbul-Konvention sollen auf dem morgen beginnenden Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs geahndet werden.

Die Bundesregierung lehnt Sanktionen ab. Dem Auswärtigen Amt und mehr noch dem Kanzleramt ist an einer „Positivagenda“ gelegen, erfuhren wir.

Eine neuerliche Sanktionsdebatte würde die Chancen zur Fortsetzung des EU-Türkei-Abkommens schmälern. Dabei hatte der EU-Außenbeuaftragte Josep Borrell erst am Montag auf Drängen Griechenlands, Zyperns, Frankreichs und Österreichs mögliche Sanktionen für den Fall weiterer türkischer Provokationen skizziert.

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) wirft der Bundesregierung eine gefährliche Beschwichtigungspolitik vor.

„Statt beschönigend von Licht und Schatten zu sprechen, ist die Bundesregierung dringend gefordert, den autokratischen Umbau der Türkei und die stetige Verletzung von Bürger- und Menschenrechten durch Präsident Erdogan nicht länger zu tolerieren, sondern im Rahmen der EU zielführend zu sanktionieren“, sagte uns Roth.

„Es wäre ein fatales Zeichen an die türkische demokratische Zivilgesellschaft, wenn die EU Erdogans autokratischen und repressiven Kurs durch kooperatives Verhalten noch weiter stärken und die eigenen menschenrechtlichen Prämissen ad absurdum führen würde.“

Lesen Sie hier, wie sich die Türkei der EU wieder anzunähern versucht.

EU-Türkei-Gipfel: Ausbruch aus der Isolation

Pioneer-Experte und Historiker Rasim Marz analysiert für Sie den anstehenden EU-Türkei-Gipfel.

Artikel lesen

Veröffentlicht in The Pioneer Expert von Rasim Marz.

Artikel

7. Bundeswehr legt Zwischenstand zur KSK-Reform vor

Wie groß ist das Rechtsextremismus-Problem des Kommando Spezialkräfte (KSK) wirklich? Längst ist der Spezialkräfteverband der Bundeswehr ein Schwerpunkt des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), der heimliche Staatsfeinde und Extremisten in Uniform enttarnen soll.

Wie umfassend der MAD zuletzt ausgerechnet im Eliteverband KSK fündig wurde, dazu gibt es nun neue Unterlagen des Verteidigungsministeriums, die uns vorliegen.

Demnach sind rund 50 Soldaten des KSK seit 2017 wegen des Verdachts rechtsextremistischer Aktivitäten ins Visier geraten.

Fünf wurden inzwischen aus der Bundeswehr entlassen, 16 weitere wurden versetzt oder sind nicht mehr Teil des KSK. Die Zahlen sind Teil eines Zwischenberichts des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Eberhard Zorn, zur Reform des KSK.

Heute wird der Bericht öffentlich vorgestellt und bestätigt dabei unsere jüngsten Recherchen zur fragwürdig hohen Anzahl von Nebentätigkeiten und Geschäftsbeziehungen dutzender KSK-Soldaten.

Dass bei der Aufarbeitung der Missstände beim KSK mit dem neuerlichen Bericht nun alles in bester Ordnung sei – daran haben viele Politiker im Bundestag Zweifel.

Siemtje Möller (SPD) sagte uns: „Wir sind noch lange nicht am Ende der Reform, mit Zwischenberichten ist es nicht getan. Für das KSK müssen dieselben Regeln gelten wie für alle anderen in der Bundeswehr. Gerade dort muss es eine besondere Verfassungstreue geben.“

Die Unionsfraktion betonte zuletzt, dass die militärische Fähigkeit von Spezialkräften auch in Deutschland nun einmal gebraucht würde. AfD-Vertreter Rüdiger Lucassen sah weiterhin „eine schwerwiegende Zerrüttung der militärischen Ordnung beim KSK“ und für Politiker der Linksfraktion, wie Tobias Pflüger, ist das KSK trotz aller Bemühungen des Ministeriums schlicht nicht mehr reformierbar.

Aus einer Vorlage für den Bundeshaushaltsausschuss © ThePioneer

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erhält fast sechs Milliarden Euro aus dem laufenden Bundeshaushalt zur Finanzierung von Corona-Tests, Impfungen und Klinik-Hilfen. Das geht aus einer Vorlage des Bundesfinanzministeriums für die Sitzung des Haushaltsausschusses des Bundestages an diesem Mittwoch hervor.

Im vergangenen Jahr war ein Posten von 20 Milliarden Euro für das Corona-Krisenmanagement im Haushalt gesperrt worden. Die Freigabe wurde an eine Zustimmung des Haushaltsausschusses geknüpft. Nun soll grünes Licht für rund 5,9 Milliarden Euro gegeben werden.

Davon entfallen laut Vorlage 3,3 Milliarden Euro auf Corona-Testkosten, eine Milliarde Euro auf pandemiebedingte Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser sowie 1,5 Milliarden Euro zur Erstattung von Arzt-Vergütungen für Corana-Impfungen.

Die Trendwende bei der Impfkampagne soll im April erfolgen. Bis Ostern würden knapp 20 Millionen Impfdosen an Deutschland geliefert worden sein, schreibt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in einem Brief an die Bundestagsabgeordneten. Diese Zusagen würden "nach jetzigem Stand" von allen Herstellern erfüllt.

Im April würde es nun zu einer "systematischen" und "flächendeckenden" Einbeziehung der Hausärzte bei den Impfungen kommen. Perspektivisch sollen die arbeitsmedizinischen Dienste und Betriebsärzte "noch stärker" in das Impfgeschehen einbezogen werden.

91 Prozent der Bewohner der Alten- und Pflegeheime haben bereits eine Erst-Impfung bekommen, 70 Prozent auch die zweite.

Es bleibe dabei, dass allen Bürgern bis zum Ende des Sommers ein Impfangebot gemacht werde, betont Spahn.

Auf - Helge Braun ist bisher nicht gerade der Liebling der Länderchefs. Der Kanzleramtschef und Merkel-Vertraute gilt als Scharfmacher und Lockdown-Verfechter. Er war im November der Erfinder der Ein-Freund-Regel für Kinder und sorgte damit für Empörung. Vor wenigen Tagen saß Braun ratlos und erschöpft bei Anne Will und irritierte selbst Parteifreunde. Doch in der jüngsten Konferenz war es der CDU-Mann, der den Knoten durchschlug und in der Nacht die Idee zu einer erweiterten Osterruhe einbrachte. Als sichtbare, aber erträgliche Maßnahme, um dem neuen Infektionsgeschehen zu begegnen. Die zuvor zerstrittene Runde konnte sich auf den Vorschlag einigen. Eine zwischenzeitliche Verschiebung des Gipfels war vom Tisch. Brauns Einlassung, dass man jetzt noch einmal zwei Monate alles tun müsse, um zu vermeiden, dass die Intensivstationen wegen der Mutante auch noch mit jungen Infizierten belegt würden, leuchtete manchem ein. Aufsteiger!

Ab - Wo steht eigentlich Olaf Scholz in der Frage: Lockerungen oder Lockdown? Irgendwie zwischen allen Stühlen, man weiß es nicht. Als Vizekanzler und Kanzlerkandidat ist er der ranghöchste Sozialdemokrat bei den Bund-Länder-Runden, doch eine aktive Rolle habe er in der Nacht auf Dienstag nach Aussage mehrerer Teilnehmer nicht gespielt. Kaum Wortmeldungen, nur bei den Wirtschaftshilfen schaltete er sich spürbar ein. Die SPD-Länder waren in der Frage der Urlaubsreisen (ebenso wie die Union) zerstritten. In der Pause berieten sie fast 2,5 Stunden separat über ihre Position, und es waren Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, die die Ministerpräsidenten Manuela Schwesig und Stephan Weil davon abhielten, mit einer Protokollnotiz den Streit beim Gipfel eskalieren zu lassen. Am Ende schaffte es der "kontaktarme" Urlaub nicht in den Beschluss. Olaf Scholz war in dieser MPK ebenfalls eher kontaktarm.

JU-Mann Florian Müller will in den Bundestag © Junge Union

Die CDU sucht im Wahlkreis Olpe - Märkischer Kreis I in Nordrhein-Westfalen einen neuen Direktkandidaten für die Bundestagswahl. Matthias Heider, der die Region seit 2009 im Bundestag vertreten hat, verlässt die Politik.

Um die CDU-Kandidatur bewirbt sich unter anderem Florian Müller, seit 2017 Chefredakteur des Magazins der Jungen Union („Die Entscheidung“). Er tritt an gegen Kerstin Brauer, Chefin der Frauen-Union im Bezirk, und gegen den Journalisten Paul Rötz. Die Aufstellungsversammlung ist an diesem Samstag auf der Freilichtbühne der Karl-May-Festspiele in Elspe.

Der Aachener CDU-Abgeordnete, der Mediziner Rudolf Henke, wird Vorsitzender des neuen Pandemie-Begleitgremiums im Bundestag. Das wurde uns am Dienstag in Kreisen der Unionsfraktion bestätigt. Das 21-köpfige Gremium ist ein interdisziplinär besetzter Unterausschuss des Bundestags-Gesundheitsausschusses. Es soll „aktuelle sowie künftige gesundheitliche und soziale Fragen der Bewältigung der COVID-19-Pandemie behandeln“ und wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen geben, wie es im Beschluss zur Einsetzung des Gremiums heißt.

In der deutschen Medienlandschaft fiel das Echo auf die Beschlüsse der Bund-Länder-Treffen nicht besonders positiv aus. Eine Auswahl.

Spiegel-Autor Markus Feldenkirchen sieht ein "multiples Politikversagen" im Land und schreibt: „Das eigentliche Versagen ist nicht, was gestern beschlossen wurde. Das eigentliche Versagen ist, dass die deutsche Politik gar keine Alternativen mehr zum Shutdown hatte. Weil in den vergangenen Monaten so viel versemmelt wurde, dass Lockerungen in der Tat nun keine Option mehr waren. Hier ist sein Kommentar.

Der deutschen Politik fehle das Gespür für die Freiheit, kommentiert Reinhard Müller in der FAZ. Dass die Reisefreiheit aufgrund höherer Schutzgüter eingeschränkt werden könne, stehe außer Frage: "Doch ist offenbar das Gespür für die Freiheit sowie für die Pflicht zur plausiblen Begründung ihrer Beschränkung verloren gegangen", schreibt Müller. Er beklagt die fehlende Verhältnismäßigkeit. "Die Fahrt im eigenen Wagen zur Ferienwohnung bedeutet nicht mehr Kontakte, als wenn man daheim bleibt oder zur Arbeit fährt." Lesenswert!

Ein hartes Urteil auch von Katharina Schuler auf Zeit.de. "Die Beschlüsse sind kaum geeignet, dem Vertrauensverlust in die Politik etwas entgegenzusetzen", schreibt die Autorin. Mit dem öffentlich vorgetragenen Mythos des scharfen Lockdowns räumt die Politikredakteurin auf. "In Wahrheit allerdings wurde hier Handlungsfähigkeit eher simuliert als tatsächlich unter Beweis gestellt." Der Effekt von zwei Ruhetagen dürfte überschaubar sein. Hier geht's zum Text.

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Gabi Weber, SPD-Bundestagsabgeordnete, 66

Roland Koch, CDU-Politiker und früherer Ministerpräsident von Hessen, 63

© ThePioneer

Die Situation zwischen der EU und der Türkei bleibt ein Tag vor dem Gipfeltreffen "fragil", sagt David McAllister, Chef des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament. "Die Frage bleibt, ob die Bemühungen Ankaras nachhaltig und glaubhaft sind, angesichts der besorgniserregenden Entwicklungen im Land." Die Streitigkeiten zwischen der EU und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei den Themen Gasvorkommen im Mittelmeer, Flüchtlingspolitik und Freiheitsrechten sind weiter ungelöst.

Ihre Informationen für uns © Media Pioneer

Sie sind ein Insider und haben einen vertraulichen Tipp, den Sie mit der Redaktion des Hauptstadt Briefings teilen wollen? Oder eine sensible Neuigkeit? Schicken Sie uns Ihre Informationen! Lesen Sie hier mehr darüber, wie sie mit uns Kontakt aufnehmen können.

Starten Sie gut in den Tag!

Herzlichst, Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

Abonnieren

Abonnieren Sie den Newsletter Hauptstadt – Das Briefing