Ukraine-Krieg

Deutschland liefert Panzer

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Unsere Themen heute:

  • Lange hatte sich die Bundesregierung gewehrt - nun folgt mit den Geparden der Paradigmenwechsel. Doch die SPD hadert mit der Kommunikation.

  • Es ist das wichtigste Projekt für Bauministerin Klara Geywitz (SPD). Mit dem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum sollen 400.000 neue Wohnungen geschaffen werden, der Zeitplan ist ambitioniert. Doch die Experten sind skeptisch.

  • Selbstmörder unter Deutschlands Soldaten - ein Thema, das kaum öffentlich betrachtet wird. Dazu gibt es jetzt Zahlen aus dem Verteidigungsministerium. Wir haben sie vorliegen.

  • Der Bundesrat will ein Rauchverbot in Autos, wenn Schwangere oder Minderjährige mitfahren. Die Bundesregierung hat jedoch Bedenken. Wir sagen, welche.

Die Panzer werden geliefert

Es ist ein Paradigmenwechsel für Deutschland. Rund 50 Flugabwehrpanzer des Typs Gepard will die Bundesregierung in die Ukraine liefern lassen. Die ausgemusterten Geräte sollen der Ukraine helfen, sich gegen Drohnen und russische Kampfflugzeuge zu wehren. Es ist ein so großer politischer Einschnitt, dass selbst die Vereinigten Staaten voll des Lobes für Deutschland sind.

Für Kanzler Olaf Scholz ist die Entscheidung zugleich der Versuch, endlich aus der Defensive in der Sicherheitspolitik zu kommen. Im Kanzleramt besteht ein Vermittlungsdefizit, so die Analyse vieler Sozialdemokraten. Das Problem sei weniger, was die Bundesregierung mache und mehr, wie (wenig) sie es vermittle.

Olaf Scholz  © dpa

Diese eigenartige Mischung aus unzufriedener Zufriedenheit bestimmt auch die Stimmung in der Fraktion am Dienstag. Eine begeisternde Rede habe Scholz gehalten, "alles erklärt, auch Zweifel erläutert, klar verständlich", sagte uns ein Teilnehmer am Rande der Sitzung. Um dann laut zu seufzen: "Wenn er es doch mal in der Öffentlichkeit machen würde."

In der Sitzung ist es Ralf Stegner, der die Stimmung auf den Punkt bringt. Der SPD-Linke lobt Scholz. Dessen Rede sei so gut gewesen, dass man sie twittern müsste, wird Stegner zitiert. Es ist der kaum versteckte Wunsch nach einer besseren Kommunikation des Kanzlers. "Endlich besser kommunizieren", fordert auch der Berliner Michael Müller.

„Es braucht nicht viel, um die Fraktion glücklich gemacht“, sagt ein anderer, der sichtlich frustriert ist über den Verlauf der vergangenen Wochen.

Das liegt nicht nur an Scholz. Fraktionschef Rolf Mützenich arbeitet sich am Dienstag an den Scholz-Kritikern in der Koalition ab. Er nennt Anton Hofreiter von den Grünen, Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP und „einige aus unseren Reihen“.

Jedem ist klar, auf wen das zielt an diesem Tag: Auf den Außenausschuss-Vorsitzenden Michael Roth, der die Freiheit seines Amtes nutzt, um immer wieder den Kurs des Kanzlers zu kritisieren, wenn er inhaltlich anderer Überzeugung ist.

Scholz und seine Ampel kümmern sich heute wieder um die Sachpolitik: Sie unternehmen an diesem Mittwoch einen Einigungsversuch mit der Union, um möglichst breite Unterstützung für den Ukraine-Antrag zu sichern. Am Vormittag sind die Unterhändler beider Seiten verabredet. Der Bundestag soll am Donnerstag über den Antrag entscheiden.

Der Kanzler wird dann weit, weit weg sein - auf einer Japan-Reise. Schlechtes Timing, finden einige auch in der Koalition.

Bauministerin lädt zum Bündnis für bezahlbaren Wohnraum

Vier Stunden, von 12.30 Uhr bis 16.30 Uhr, hat sich Bauministerium Klara Geywitz an diesem Mittwoch Zeit genommen für das wichtigste Projekt ihres Ressorts.

Mit dem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum bringt die SPD-Frau knapp 30 Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen, Bau- und Wohnungswirtschaft, privaten Vermietern, Mieterverbänden, Gewerkschaften und Umweltorganisationen zusammen, um 400.000 neue Wohnungen in Deutschland in diesem Jahr möglich zu machen, davon 100.000 sozial gefördert.

Klara Geywitz © The Pioneer

Geywitz' wichtigste Mitarbeiter, die Staatssekretäre Sören Bartol und Rolf Bösinger, haben Handlungsfelder und Themen identifiziert, mit denen dies gelingen soll, wie aus der Tagesordnung hervorgeht.

  • Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren

  • Bodenpolitik und neues Bauland

  • nachhaltiger und ressourcenschonender Wohnungsbau

  • Begrenzung von Wohnungsbaukosten

  • Impulse der öffentlichen Hand

Eine Herkulesaufgabe.

Doch Vertreter der Bauindustrie und der Immobilienwirtschaft sind vor dem Auftakttreffen skeptisch, ob das Versprechen überhaupt zu halten ist.

Die ambitionierten Wohnungsbauziele “stehen zumindest infrage“, sagte uns Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie. Die Lage sei für die Immobilienbranche angesichts des dramatischen Baustoffmangels und der Lieferengpässe schwierig.

“Wir gehen davon aus, dass es zu einem Rückgang beim Wohnungsneubau und in letzter Konsequenz auch bei der Baukonjunktur insgesamt kommen kann.”

Das Treffen müsse daher den Fokus auf den Neubau legen. “Dies sollte das Kernanliegen des Bündnisses sein. Denn: Weder über eine reine Mietenpolitik noch über die Sanierung des Bestandes allein können wir die Wohnungsnot in den Ballungsräumen lösen.”

Dafür müssten die Vorschriften “entschlackt” werden.

In dem Entwurf für die gemeinsame Erklärung, den alle Teilnehmer angeblich bereits abgenickt haben, ist allerdings davon die Rede, dass man neben einer Bau-, und Investitionsoffensive vor allem auch zusätzlichen Wohnraum durch Umwidmung und Aufstockung sowie Nachverdichtung schaffen wolle.

Die Debatten dürften heute intensiv werden.

Kanzler Olaf Scholz und Bauministerin Klara Geywitz im Bundeskabinett.  © imago

Im Herbst sollen erste Ergebnisse bei einem Wohnungsbautag mit Bundeskanzler Olaf Scholz vorgestellt werden.

Der SPD-Kanzler, der ein ähnliches Projekt erfolgreich als Bürgermeister in Hamburg umgesetzt hatte, wolle die Umsetzung des Versprechens zur Chefsache machen.

Regierung gegen Regelung für Rauchverbot in Autos

Raucher im Auto  © Imago

Die Bundesregierung stellt sich gegen eine Initiative des Bundesrats für ein Rauchverbot in Autos, wenn Kinder, Jugendliche oder Schwangere mitfahren. Das geht aus einer Kabinettsvorlage von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hervor, die wir erhalten haben.

Darin heißt es, ein Rauchverzicht im Auto bei Anwesenheit von Minderjährigen werde „uneingeschränkt“ begrüßt. Gegen den vorgelegten Gesetzentwurf des Bundesrates würden jedoch „aus Sicht der Bundesregierung verfassungsrechtliche Bedenken“ bestehen.

Zudem habe man durch zielgerichtete Aufklärungsmaßnahmen in den vergangenen Jahren erreicht, „dass die Zahl der Personen, die in Fahrzeugen in Anwesenheit von Minderjährigen rauchen, deutlich gesunken ist“.

Der Bundesrat hatte im März von der Bundesregierung verlangt, das Rauchen im Auto zu verbieten, wenn Minderjährige oder Schwangere mitfahren. Verstöße sollten nach dem Willen der Länder mit Bußgeldern zwischen 500 und 3000 Euro geahndet werden.

Trotz türkischer Offensive: Bundeswehr bleibt im Irak

Die jüngste Offensive der türkischen Armee gegen kurdische Stellungen im Nordirak hat keine Auswirkungen auf das deutsche Engagement vor Ort.

Die Angriffe ereigneten sich in großer Entfernung zu den in Erbil stationierten deutschen Soldatinnen und Soldaten, hieß es gegenüber unserer Kollegin Marina Kormbaki aus dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr. Auch das Auswärtige Amt setzt seine Projekte in der Region fort.

Das türkische Militär will die letzten verbliebenen kurdischen Stellungen an der irakisch-türkischen Grenze erobern. PKK-Kämpfer sollten an der Einreise in die Türkei gehindert werden.

Derzeit sind 230 Bundeswehrkräfte an der Irak-Mission beteiligt - im Mittelpunkt stehen der Kampf gegen den IS und die Ausbildung irakischer Streitkräfte.

Mehr als 190 Suizid-Tote bei der Bundeswehr seit 2011

In den vergangenen Jahren hat es mindestens 190 Suizid-Tote bei der Bundeswehr gegeben. Das geht aus der Antwort des Bundesverteidigungsministeriums auf eine Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten René Springer hervor, die uns vorliegt.

Angaben für 2021 und 2022 enthält das Dokument nicht. 2020 gab es neun Selbsttötungen von Soldaten. 2019 waren es 23, im Jahr davor 21. Darüber hinaus gab es im gleichen Zeitraum 360 Selbstmord-Versuche. Das Verteidigungsministerium geht hier jedoch von einer höheren Dunkelziffer aus.

Bundesärztekammer kritisiert Impfentscheidung

Die Bundesärztekammer kritisiert den Änderungsantrag zum Pflegebonusgesetz, der vorsieht, die Apotheken in die Regelversorgung mit Grippeschutzimpfungen einzubeziehen. "Dies lehnt die Bundesärztekammer strikt ab", heißt es in einem Brief an Gesundheitsminister Karl Lauterbach und die Gesundheitspolitiker des Ausschusses, der uns vorliegt.

Impfen gehöre zur "ärztlichen Regelversorgung", heißt es weiter. "Mögliche Komplikationen wie akute allergische Reaktionen, Kreislaufprobleme sowie Angstreaktionen müssen beherrscht werden."

Es stünden ausreichend Ärztinnen und Ärzte für Grippeschutzimpfungen zur Verfügung, betont die Kammer. Zur Erhöhung der Durchimpfungsrate in Deutschland seien keine zusätzlichen Impfangebote notwendig, "sondern gut verständliche und auf die verschiedenen Zielgruppen angepasste Informationen über das Impfen, die im Internet, auf sozialen Netzwerken, in Arztpraxen und gerne auch in Apotheken zur Verfügung gestellt werden sollten".

FDP nominiert Svenja Hahn zur Vizepräsidentin der ALDE

Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner schlägt die Europaabgeordnete Svenja Hahn als neue Vizepräsidentin der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa im Europaparlament vor (ALDE).

Die 32-Jährige Hamburgerin wird Nachfolgerin von FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff, der 2004 bis 2017 im Europaparlament saß.

Hahn trat 2019 erstmals als Spitzenkandidatin der Jungen Liberalen und des schleswig-holsteinischen Landesverbands für das Europaparlament an und schaffte den Einzug.

Svenja Hahn, FDP-Politikerin und Mitglied im Europaparlament.  © FDP

Scholz kommt zum Verteidigungsausschuss

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Einladung angenommen und wird am 11. Mai den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses Rede und Antwort stehen. Dies erfuhren wir aus Ausschusskreisen.

Die Vorsitzende des Ausschusses, FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hatte um eine Diskussion mit dem Kanzler zu der aktuellen Ukraine-Politik gebeten. Die Zusage aus dem Kanzleramt erfolgte in dieser Woche.

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Auf - An dieser Stelle loben wir gerne auch einmal unerwartet. Heute trifft es Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Die Hessin hat es aktuell nicht leicht, doch mit der Ankündigung, Deutschland werde rund 50 Flugabwehrpanzer des Typs Gepard an die Ukraine liefern, kann sie sich womöglich für einen Moment aus der Defensive befreien. Deutschland ist damit das erste westliche Land, das Panzer an die Ukraine liefert - die USA loben überschwänglich. Für Lambrecht geht es bergauf.

Ab - Für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ist die Entscheidung der Karlsruher Richter eine schwere Schlappe. Der CSU-Politiker war es, der die Ausweitung der Befugnisse des Verfassungsschutzes im Freistaat entscheidend vorangetrieben hat. Dabei ist er wohl übers Ziel hinausgeschossen. Grundrechtseingriffe wie Online-Durchsuchungen und sonstige Spähaktionen dürfen schließlich nur die ultima ratio sein. Herrmann, der schwarze Sheriff aus München, ist unser Absteiger.

"Was ist bloß los mit der Freiheitspartei FDP?", fragt Handelsblatt-Korrespondent Julian Olk und wirft den Liberalen vor, sich am "schädlichen Überbietungswettbewerb" der Ampel zu beteiligen. "Ob Tankrabatt, Pendlerpauschale, Neun-Euro-Ticket, Energiepauschale oder Energiekostenzuschuss für Unternehmen: Alle Maßnahmen sind weniger hilfreich als vielmehr kontraproduktiv", so Olk. "Das schadet uns, der Ukraine und dem Klima." Pointierter Kommentar!

Die SPD muss sich für ihre bisherige Russland-Politik rechtfertigen. Ein Sozialdemokrat aber ist nicht in Erklärungsnot: Ex-Außenminister Heiko Maas. Maas habe in der Russland-Frage eine "weiße Weste", meint RND-Korrespondent Markus Decker. So habe der Saarländer Moskaus Politik schon zu Beginn seiner Amtszeit als „zunehmend feindlich“ bezeichnet. "Viele SPD-Politiker hätten diese weiße Weste im Lichte der verbreiteten Kritik an zahlreichen Parteifreunden jetzt mit Freuden hergezeigt. Heiko Maas tut genau das nicht – obwohl seine Amtszeit als Außenminister von vielen geschmäht wird und er ein paar Retuschen gut gebrauchen könnte." Lesenswert!

Heute gratulieren wir herzlich:

Barbara Hans, ehemalige Chefredakteurin Der Spiegel, 41

Jean Asselborn, Außenminister Luxemburgs, 73

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Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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