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Unsere Themen heute:
Länder und Kanzleramt stehen vor harten Verhandlungen im Kanzleramt – es geht um viel Geld für Energie, Flüchtlinge und den Nahverkehr.
Die Preisbremsen für Strom und Gas nehmen langsam Gestalt an. Wir kennen Einzelheiten.
Am Wochenende beginnt die 27. Klimakonferenz in Ägypten. Und Europa ist noch immer nicht auf Kurs.
Hersteller von Einweg-Plastikverpackungen sollen künftig für die Reinigung der Umwelt zahlen. Sieben Wirtschaftsverbände protestieren.
Aufgrund der neuen Transparenzregeln hat der Bundestag jetzt auch das Gehalt eines Generalsekretärs auf den Cent genau veröffentlicht. Wir sagen, um wen es sich handelt und was er verdient.
Die fünf Streitpunkte der MPK
Heute treffen sich die Ministerpräsident/innen der Länder im Kanzleramt – in vielen Bereichen sind die Länder sich näher gekommen. Doch vor den Verhandlungen sind mehrere Streitpunkte offen geblieben:
Gaspreisbremse: Die Länder wollen den Start ab Januar statt ab März. Doch das Kanzleramt tut sich schwer. Zwar prüfen die Experten alle Möglichkeiten, doch die Umsetzung ist wegen bürokratischer Hindernisse kompliziert. In der aktuellen Vorlage steht die Formulierung, dass der Februar rückwirkend mit aufgenommen werden soll. Doch wie das dann funktionieren soll, ist ungeklärt.
Heizöl und Pellets: Ursprünglich war keine unterstützende Regelung für Heizöl und Pellets vorgesehen, auch Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte es so angekündigt. Nun sollen Härtefälle berücksichtigt werden – dies ist in der letzten Minute in den Text aufgenommen worden. Die A-Seite wertet es als Erfolg, dass die Formulierung da steht, bei der B-Seite überwiegt das Kopfschütteln. Beide Seiten eint ein Zweifel: Wie die Regelung technisch umgesetzt werden soll, ist unklar.
Flüchtlingskosten: Das Angebot des Bundes an die Länder hat sich immer weiter verbessert – dennoch sind beide Seiten voneinander entfernt. 2,75 Milliarden Euro an Kostenübernahme bietet der Bund für 2023 – 1,5 Milliarden für Flüchtlinge aus der Ukraine, 1,25 Milliarden für die aus anderen Ländern. Für letztere kamen kurzfristig noch einmal 250 Millionen mehr zusammen. Das erste Angebot lag noch bei einer Milliarde. Die Länder sehen die Gesamtkosten aber im zweistelligen Bereich und sind wenig zufrieden. Gelten soll die Lösung nur bis 2024, dann wird neu verhandelt.
Wohngeld: Bund und Länder werden mit einer Wohngeldreform künftig rund zwei Millionen Haushalte mit niedrigen Einkommen in den Kreis derer aufnehmen, die Wohngeld beziehen können. Eine Übernahme der Kosten hat der Bund nicht angedeutet – auch dies dürfte diskutiert werden.
Bürgergeld: Das Bürgergeld ist eigentlich kein Teil der Ministerpräsidentenkonferenz und dennoch großes Streitthema. Die Union will die Maßnahme nicht und deren Generalsekretär Mario Czaja hat sich verplappert, als er frühzeitig eine Blockade im Bundesrat ankündigte. Nun steht ein Satz im MPK-Dokument: Das Bürgergeld sei kein Teil der beschlossenen Maßnahmen – und dieser Satz:
Die Länder werden ein mögliches Verfahren im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat jedoch nicht dazu nutzen, weitere finanzielle Forderungen zu erheben.
Damit wird das Bürgergeld ein eigener, sachlicher Streitpunkt. Und der Bund deutet damit erstmals an, dass ein Vermittlungsverfahren wahrscheinlicher wird.
Energiepreisbremse nimmt Gestalt an
Die Energiepreisbremse der Bundesregierung nimmt langsam Gestalt an. Die Pläne orientieren sich stark an den am Montag präsentierten Vorschlägen der Gaspreiskommission. Das geht aus einem Erläuterungspapier der Bundesregierung hervor, das unserem Kollegen Thorsten Denkler vorliegt. So soll die Bremse funktionieren:
Die Gas-Abschlagszahlung für Dezember wird Kunden mit weniger als 1500 Megawattstunden Jahresverbrauch auf Grundlage ihres geschätzten Jahresverbrauchs erstattet. Mieter können die Dezember-Abschlagszahlung einfach einbehalten.
Im Februar soll es eine weitere Hilfszahlung für diesen Kreis geben, die aber noch nicht konkretisiert wurde.
Ab März/April dann soll die Gaspreisbremse greifen. Demnach werden 80 Prozent des Verbrauchs zu einem Preis von maximal 12 Cent/kWh berechnet. Die restlichen 20 Prozent zum vertraglich vereinbarten Preis. Fernwärmekunden zahlen 9,5 Cent/kWh.
Für Großverbraucher der Industrie (ab 1.500 MWh Jahresverbrauch) gilt bereits ab 1. Januar ein Preis von 7 Cent/kWh für 70 Prozent des bisherigen Jahresverbrauchs. Das betrifft etwa 25.000 Unternehmen und 1.900 Krankenhäuser.
Auch für Strom soll zum Jahreswechsel die Bremse eingestellt werden. Hier gilt: 80 Prozent des Jahresverbrauchs werden auf Kosten von 40 Cent/kWh begrenzt. Der Rest wird zum Marktpreis berechnet. Industrielle Großverbraucher zahlen maximal 13 Cent/kWh für 70 Prozent des Jahresverbrauchs.
Ab einem Jahreseinkommen von 75.000 Euro müssen die Einsparungen als geldwerter Vorteil in der Steuererklärung angegeben werden.
Europa nicht auf 1,5-Grad-Pfad
Europa befindet sich derzeit nicht auf dem Weg, das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das ist vor dem Beginn der Klimakonferenz COP27 in Ägypten an diesem Sonntag die Einschätzung der Bundesregierung, erfuhr unser Kollege Thorsten Denkler.
Ziel der Bundesregierung ist es, auf der Klimakonferenz dafür zu sorgen, dass sich die auch weltweit bestehende Lücke zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels weiter schließt. Wissenschaftler warnen seit langem, dass – gemessen an den weltweiten politischen Rahmenbedingungen – eine Erwärmung um bis zu drei Grad die realistischere Annahme sei. Das 1,5-Grad-Ziel sei nur noch eine theoretisch erreichbare Größe.
Aus Sicht der Bundesregierung wäre die COP27 ein Erfolg, wenn am Ende fossile Energieträger zu den Verlierern, Erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu den Gewinnern gehörten.
Außerdem sei der Bundesregierung daran gelegen, dass vor allem die wenig entwickelten Länder merken, dass die Industrieländer ihnen gegenüber solidarisch sind.
Die Bundesregierung arbeitet mit vielen besonders stark vom Klimawandel betroffenen Staaten zusammen, um ein System zu entwickeln, mit dem durch die Klimakatastrophe entstandene Verluste und Schäden von den Industriestaaten aufgefangen werden.
Sieben Verbände gegen Einwegkunststofffonds
Sieben Wirtschaftsverbände kritisieren in einer gemeinsamen Erklärung den geplanten Einwegkunststofffonds, der an diesem Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden soll. In der Erklärung, die unserem Kollegen Thorsten Denkler vorab vorliegt, bekräftigen die Verbände ihr „Unverständnis“ über die geplante Sonderabgabe auf bestimmte Einweg-Kunststoffprodukte.
Plastikmüll in Flüssen und Meeren, wie hier in Westbengalen (Indien), bedroht ganze Ökosysteme. © ImagoHersteller etwa von Zigarettenfiltern und Plastikverpackungen sollen über eine Abgabe Geld in einen staatlichen Fonds einzahlen, aus dem dann die Kosten für die Entfernung dieser Produkte aus dem öffentlichen Raum bezahlt werden sollen.
Der Vorschlag für diese Sonderabgabe komme „zur Unzeit“, schreiben die Verbände. Die deutsche Wirtschaft sei „vollständig damit ausgelastet“, den Betrieb trotz explodierender Energiepreise aufrechtzuerhalten und so „für den Erhalt von hunderttausenden von hochbezahlten Arbeitsplätzen zu sorgen“.
Die Entscheidung widerspreche zudem dem Ende September von der Bundesregierung beschlossenen Belastungsmoratorium zur Vermeidung unverhältnismäßiger Bürokratie in der aktuellen Krise. Die Verbände fordern, den Plan ruhen zu lassen oder zumindest „so bürokratiearm wie möglich“ zu gestalten.
Unterzeichnet haben die Erklärung der Handelsverband Deutschland, die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen, der Markenverband, der Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse, die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, der Bundesverband der Systemgastronomie und der Industrieverband Kunststoff- und Folienverpackungen.
Race to Power: Wahlkampf auf der Zielgeraden
Auch wenn bereits mehr als 22 Millionen Menschen mit “early votes” schon abgestimmt haben, laufen für Demokraten und Republikaner die wichtigsten Tage vor dieser Wahl. Sie versuchen, so viel Geld wie möglich locker zu machen, um die letzten Werbespots zu schalten und gleichzeitig ihre Botschaften in Talkshows, Morgensendungen und TV-Debatten unterzubringen.
In dieser Folge besprechen einer der Autoren dieses Briefings und der Kampagnen- und Strategie-Experte Julius van de Laar, wen Demokraten und Republikaner zum jetzigen Zeitpunkt noch mobilisieren können. Welche Rolle die jungen Wähler, aber auch Minderheiten spielen, ist ein Thema.
Außerdem: Die Ukraine, der Iran und China stehen aktuell im Fokus der US-Außenpolitik und sind damit indirekt auch ein Thema im Wahlkampf. Die Unterstützung der Ukraine gegen Russland findet bei Republikanern wenig Unterstützung. Gleichzeitig treibt Präsident Joe Biden das von seinem Vorgänger Donald Trump initiierte “decoupling” von China weiter voran. Wie sich die Außenpolitik bei diesen beiden wichtigen Aspekten nach der Wahl verändern und was das auch für Europa und die NATO bedeuten könnte, analysieren Repinski und van de Laar ebenfalls in dieser Ausgabe.
In einer Live-Ausgabe von Race to Power am Montag, 7. November 2022, analysieren Chelsea Spieker, Julius van de Laar und Gordon Repinski den aktuellen Stand vor den Midterm-Elections und die geopolitischen Auswirkungen, die das Wahlergebnis haben könnte. Weitere Informationen und Tickets für das Event gibt es hier.
Bartz folgt auf Mohrs
Der 38-jährige Alexander Bartz aus Vechta rückt für Falko Mohrs in die SPD-Fraktion nach, der in Niedersachsen Wissenschaftsminister wird. Bartz ist gelernter Betriebswirt und hat als Pressereferent bei den Maltesern in Oldenburg gearbeitet.
Über das Gehalt der anderen wird gerne spekuliert. Jetzt aber lässt sich über das Einkommen eines FDP-Generalsekretärs auch faktenbasiert reden – dank der neuen Transparenzregeln des Deutschen Bundestages. Die Bundestagsverwaltung hat das Nebeneinkommen von Bijan Djir-Sarai öffentlich gemacht. Es sind 5.350,00 Euro brutto. Dazu kommt noch seine Abgeordnetendiät in Höhe von aktuell 10.323,29 Euro monatlich.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. © ImagoDjir-Sarai ist der zweite Bundestagsabgeordnete, dessen Nebeneinkommen auf den Cent genau veröffentlicht worden ist. Bekannt war schon, dass der Linken-Abgeordnete Klaus Ernst vom Sparkassenverband Bayern als Mitglied des Beirates für sparkassenpolitische Grundsatzfragen im vergangenen Jahr 1.650 Euro bekommen hat. Aus der Bundestagsverwaltung hören wir, dass die Daten für alle anderen Abgeordneten jetzt nach und nach auf der Internetseite des Bundestages eingestellt werden.
Am Donnerstag findet auf Einladung von Olaf Scholz ein Westbalkan-Gipfel im Bundeskanzleramt statt. Es nehmen Staats- und Regierungschefs der sechs Staaten des westlichen Balkans teil, die einen EU-Beitritt anstreben: Serbien, Nordmazedonien, Montenegro, Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo. Mit dabei sind auch EU-Ratspräsident Charles Michel, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Vertreter einiger weiterer EU-Mitgliedstaaten aus der Region. Es wird vor allem um Wirtschafts- und Energiekooperation gehen.
In Mainz kommen am Donnerstag und Freitag die für den Sport zuständigen Minister und Senatoren der Bundesländer zu ihrer jährlichen Konferenz zusammen. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem die Entlastung von Vereinen im Zuge der Energiekrise, eine Leistungssportreform, der Schutz vor sexuellem Missbrauch von Sportlerinnen und Sportlern sowie der für den 13. Dezember geplante Bewegungsgipfel der Bundesregierung.
Derzeitiger Vorsitzender der Sportministerkonferenz ist der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD).
Auf - Olaf Lies. Der derzeitige niedersächsische Umweltminister kehrt mit dem Amtsantritt der rot-grünen Regierungskoalition in das Ministerium zurück, das er bereits von 2013 bis 2017 leitete. Als Wirtschaftsminister steigt er zum wichtigsten SPD-Kabinettsmitglied nach Ministerpräsident Stephan Weil auf und bringt sich damit auch für dessen Nachfolge in Stellung. Unser Aufsteiger!
Ab - Annalena Baerbock verliert mit Titus Rebhann einen ihrer engsten und langjährigen Mitarbeiter. Rebhann leitete in der vergangenen Legislaturperiode Baerbocks Bundestagsbüro und ging nach dem Regierungswechsel mit ihr ins Auswärtige Amt. Nun wird er Cheflobbyist bei RWE – ausgerechnet dem Konzern, der vielen Umweltschützern wegen des Kohlekompromisses in NRW ein Dorn im Auge ist. Unsere Absteigerin!
„Ein Sparpreisticket alleine macht noch keine Verkehrswende, wenn das Angebot nicht stimmt“, kommentiert SZ-Redakteur Klaus Ott mit Blick auf die Verhandlungen um einen Nachfolger für das 9-Euro-Ticket. Das Geld, das Bund und Länder dafür jetzt ausgeben wollen, solle seiner Meinung nach besser in die Bekämpfung der bestehenden Probleme investiert werden: Gleise, Bahnhöfe, Personal und Service. „Was es jetzt braucht und was längst überfällig ist, das ist ein Generalplan für den öffentlichen Nah- und auch Fernverkehr in ganz Deutschland“, so Ott. Hier lesen Sie den Kommentar. (€)
„Ein freundlicher und bestimmter Dialog“, das könnte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei ihrem Besuch in Katar gelungen sein, sagt Jessica Sturmberg in ihrem Kommentar für den Deutschlandfunk. Zwar habe sie außer der Sicherung, dass homosexuelle Fans als Besucher der WM sicher seien, nicht viel erreichen können. Allerdings sei es aktuell auch „kein guter Zeitpunkt, sich mit denen anzulegen, die gerade zur Wirtschaftsversorgungssicherheit beitragen“. Hörenswert!
In der aktuellen Folge unseres Literaturpodcasts Edle Federn begrüßt Gastgeberin Juli Zeh die Berliner Autorin Mariana Leky mit ihrem aktuellen Buch Kummer aller Art - eine Sammlung literarischer Miniaturen und Kolumnen, voll eigenwilliger Melancholie und ganz besonderem Charme. Juli Zeh sagt über das Buch: „Wenn Sätze Edelsteine wären, dann würde Mariana Leky eine der größten Juwelensammlungen weltweit besitzen.“ Hier hören Sie den Podcast:
Heute gratulieren wir herzlich:
Bernd Buchholz, FDP-Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein und ehem. Vorstandsvorsitzender von Gruner + Jahr, 61
Antje Draheim (SPD), Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, 52
Thomas Ehmke (SPD), Chef der Bremer Senatskanzlei, 44
Uwe Feiler, CDU-Bundestagsabgeordneter, 57
Janko Tietz, Ressortleiter Deutschland/Panorama beim Spiegel, 50
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre