Die Achse Lindner-Habeck

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Guten Morgen,

herzlich willkommen zum Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Die SPD siegt, die Union hat noch nicht verloren. Nun nehmen Grüne und FDP die Zügel in die Hand. FDP-Chef Lindner will Grünen-Chef Habeck Jamaika schmackhaft machen.

  • Ralph Brinkhaus bleibt vorübergehend Fraktionschef der Union, Rolf Mützenich könnte neuer Bundestagspräsident werden. Wir kennen erste Personalideen der Parteien.

  • Der einflussreiche Seeheimer Kreis in der SPD-Bundestagsfraktion trifft sich heute in Berlin zum Gartenfest und wählt einen neuen Sprecher. Wir wissen, wen.

Die gelb-grüne Achse

Die FDP will mit den Grünen bei der Regierungsbildung nach der Bundestagswahl eine Achse bilden. Dafür lockt sie die Ökopartei mit weitreichenden Angeboten.

Die Parteichefs Christian Lindner und Robert Habeck telefonierten bereits am Sonntag lange und verabredeten weitere Gespräche, wie uns am Wahlabend bestätigt wurde.

Klar ist bei den Freien Demokraten ihre Präferenz für die Union als Koalitionspartner, wie uns mehrere Präsidiumsmitglieder sagten.

Allerdings: Durch vorgezogene Gespräche untereinander beanspruchen Liberale und Grüne das Momentum bei der Regierungsbildung für sich.

Die SPD war bei der Bundestagswahl nach Auszählung aller Wahlkreise mit 25,7 Prozent hauchdünn vor der Union mit 24,1 Prozent ins Ziel gekommen.

Die FDP erreichte 11,5 Prozent, die Grünen 14,8 Prozent.

Rechnerisch möglich ist eine Ampel- und eine Jamaika-Koalition. In der FDP hat Lindner die Strategie ausgegeben, die Grünen für ein Jamaika-Bündnis zu erwärmen.

Zu Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hatte Lindner schon Kontakt bevor die offiziellen Prognosen um 18 Uhr über die TV-Bildschirme liefen, heißt es in der Union.

Bei Union und FDP heißt es, man könne den Grünen das Bündnis mit drei Dingen schmackhaft machen:

  • die Unterstützung von Union und FDP für die erste grüne Bundespräsidentin 2022. Im Gespräch ist bei den Grünen Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.

  • ein Tempolimit auf der Autobahn. Dies hatten die Grünen als eine der ersten Klimaschutz-Maßnahmen einer neuen Regierung gefordert.

  • einen vorzeitigen Kohleausstieg 2030. Der CO2-Zertifikatehandel werde den Kohlepreis für die Energieerzeuger ohnehin so teuer machen, dass sich ein Betrieb der Kraftwerke nicht mehr lohnt, heißt es bei der FDP.

Am Wahlabend betonte Lindner in der FDP-Zentrale, die Grüne und seine Partei verbinde, dass beide einen eigenständigen Wahlkampf geführt hätten:

Die Parteien der Großen Koalition haben dagegen in der Summe gegenüber der letzten Wahl nicht gewonnen.

Christian Lindner und Robert Habeck beim Deutschen Arbeitgebertag 2018. © dpa

Dieses Wording hatte der FDP-Chef wenige Minuten vor seinem Auftritt im engsten Führungszirkel mit dem Präsidium abgestimmt - und damit die Vorbereitungen für die grün-gelbe Achse vorangetrieben.

Mit großer Genugtuung wiesen Spitzenliberale am Wahlabend darauf hin, dass die FDP die stärkste Kraft bei den Erstwählern geworden sei. Bei den Unter-30-Jährigen liegen die Grünen vorne.

In größerer Runde wollen sich FDP und Grüne eventuell schon an diesem Mittwoch treffen, hieß es.

In der Grünen-Spitze gibt es Aufgeschlossenheit für Gespräche mit der FDP. In der Berliner Runde nahm Parteichefin Annalena Baerbock Lindners Angebot an, zunächst Gespräche untereinander zu führen, ehe Grüne und FDP in Dialog mit SPD und Union treten.

Dafür gebe es zwei taktische Gründe, hören wir: Zum einen könnten Vor-Sondierungen verhindern, dass die beiden kleineren Parteien von SPD und Union gegeneinander ausgespielt werden, heißt es von Spitzengrünen.

Zum anderen sei es sinnvoll, wenn zunächst jene Partner Gemeinsamkeiten ausloteten, zwischen denen der Graben am größten sei, hören wir.

Gesprächskanäle werden derzeit nicht nur zwischen den Parteichefs gelegt; auch Bundesgeschäftsführer Michael Kellner und FDP-Generalsekretär Volker Wissing sind nach unseren Informationen seit einiger Zeit in engerem Austausch.

Zugleich aber kursierten am Sonntagabend unter Spitzengrünen auch Warnungen vor den Schmeicheleien der FDP.

Die Liberalen würden mehr versprechen, als sie tatsächlich bieten könnten - um die Grünen in ein Jamaika-Bündnis hineinzuzerren, hieß es in der Parteilinken.

Am späten Sonntagabend traf sich der Grünen-Bundesvorstand in den Räumen der Sigmund-Freud-Privatuniversität im Hangar 4 des einstigen Flughafens Tempelhof, um das weitere Vorgehen abzustimmen.

Darunter war auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck mit dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. © Imago

Die strategische Frage: Lassen die Grünen, die in der Partei überwiegende Präferenz für die Ampel jetzt klar erkennen? Oder behandeln sie Ampel und Jamaika als gleichwertige Optionen und damit Union und SPD als potenzielle Partner, die von den Grünen gleich weit weg entfernt sind?

Baerbock und Habeck favorisieren Offenheit - und sprechen vom Ziel einer „Klimaregierung“. Vertreter der Parteilinken geben hingegen ihre Präferenz für die SPD klar zu erkennen.

Grünen-Vizechefin Ricarda Lang sagte uns am frühen Abend: „Das Wahlergebnis ist ein klares Signal, dass die CDU abgewählt wurde. Deswegen würde ich mir vorstellen, in die Richtung einer Ampel-Koalition zu sondieren.“

FDP und Grüne werden sich in den nächsten Tagen aufeinander zubewegen. Beide Parteien sind entschlossen, die Fehler der Jamaika-Sondierungen von 2017 nicht zu wiederholen.

Bröcker vs. Repinski: Diese Koalition wird Deutschland regieren

Unsere Chefredakteure sind sich auch an diesem historischen Tag nicht einig: Wer wird Bundeskanzler und welche Koalition wird Deutschland regieren? 2 Thesen, 1 Streit.

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

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1. Olaf Scholz will auf Zeit spielen

Die SPD will das Kanzleramt für Olaf Scholz sichern, indem sie die Konflikte in den nächsten Tagen möglichst vollständig auf dem Platz der Union stattfinden lässt. In den Führungskreisen der Sozialdemokraten hofft man auf Klärung in den anstehenden Gremiensitzungen der CDU und CSU. Insbesondere im Rahmen der Fraktionsvorsitzendenwahl könnten sich die Differenzen herauskristallisieren, heißt es.

Sieger Olaf Scholz am Wahlabend © Anne Hufnagl

Scholz ist der unangefochten starke Mann nach der Wahl. “Es ist dein Sieg”, sagte Parteichefin Saskia Esken am Wahlabend im Willy-Brandt-Haus.

Zum weiteren Vorgehen in der Woche sagte uns ein Spitzensozialdemokrat:

Wir machen es so, wie Olaf will. Er macht es immer richtig.

Bei den Gesprächen will die SPD nicht auf Schnelligkeit setzen.

Möglicherweise soll erst ab der kommenden Woche sondiert werden.

Wegen der unsicheren Machtverhältnisse waren die Sozialdemokraten am Sonntag mit euphorischen Freudenausbrüchen zurückhaltend.

Wahlabend im Willy-Brandt-Haus © Anne Hufnagl

Die Präsidiumsschalte am Sonntag um 17 Uhr wurde uns von Teilnehmern als eher defensiv beschrieben. Fraktionschef Rolf Mützenich berichtete etwa von seiner ursprünglichen Sorge im Laufe des Wahlkampfes, den historisch für die SPD bedeutsamen Otto-Wels-Saal im Reichstagsgebäude zu verlieren, wären die Grünen an der Partei vorbei gezogen.

Auch die zunächst unsichere Lage bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl sowie einige Pannen in der Landeshauptstadt bei der Stimmabgabe drückten die Stimmung.

Erst im Laufe des Abends und bei wachsendem Abstand zur Union löste sich die Atmosphäre.

“Übrigens: Wir haben gewonnen”, war ein häufig gehörter Satz bei der Party zu später Stunde im Willy-Brandt-Haus.

2. Viel Frust und ein bisschen Erleichterung bei der Union

"Wir haben in den Abgrund geschaut, jetzt ist die Kiste wieder völlig offen." Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier bringt die Stimmung in der Union gestern Abend im Konrad-Adenauer-Haus gegen 19.30 Uhr auf den Punkt.

© dpa

Die CDU hatte offenbar mit einem noch schlimmeren Ergebnis gerechnet.

Zwischen 16 und 17 Uhr waren die Parteigranden, darunter Kanzlerin Angela Merkel, in die Parteizentrale gekommen und hatten sich in der 5. Etage zu Beratungen getroffen. Da waren die Nachwahlbefragungen (Exit Polls) längst auf den Smartphones der Spitzenpolitiker angekommen. Der Tenor: Kopf-an-Kopf-Rennen.

In der Präsidiumssitzung gibt sich Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet Teilnehmern zufolge dann kämpferisch. Die Bürger hätten ein Linksbündnis abgewählt und wollten auch keine SPD-geführte Regierung, so Laschet.

Man könne ein Jamaika-Bündnis schaffen. Kanzlerin Angela Merkel soll ihn bestärkt haben.

Die Sorge der CDU-Politiker im Raum geht Richtung CSU. Lässt die Schwesterpartei dem Kanzlerkandidat Laschet den Sondierungsauftrag?

Laschet lässt seinen Generalsekretär Paul Ziemiak Sätze ausarbeiten, die die Tonlage des Abends vorgeben sollen: Den Anspruch der CDU auf das Kanzleramt. Notfalls auch als Zweitplatzierter.

Auf einem Sprechzettel, den Ziemiak schon um 17.58 Uhr mit zu den TV-Stationen nimmt, sind zwei Botschaften enthalten: Nichts ist entschieden. Und man wolle eine "Zukunftskoalition" schmieden mit Grünen und FDP.

Paul Ziemiak kurz nach 18 Uhr am Wahlabend im Adenauer-Haus.  © ThePioneer

Diese Botschaften werden in den folgenden Stunden auch weitere Präsidiumsmitglieder wie Bernd Althusmann, Daniel Günther und Tobias Hans verkünden. Die Truppen hinter Armin Laschet stehen.

Immerhin: CDU-Vorstandsmitglied Serap Güler räumt Fehler ein. "Wir haben uns zu viel mit uns selbst beschäftigt", sagt sie und klingt enttäuscht.

Doch der Machterhalt schweißt die Union vorerst zusammen, wie ein Vorstandsmitglied am Abend sagt: "Keiner wagt die Revolution so lange das Kanzleramt noch möglich ist."

Karl-Josef Laumann, der NRW-Gesundheitsminister, verweist darauf, dass in Nordrhein-Westfalen die CDU auch schon mal mit einem Ergebnis von 48 Prozent in der Opposition gelandet war.

Es komme nur darauf an, wer eine Regierungsmehrheit bilden kann. Der Unterscheid zwischen SPD und Union sei nicht entscheidend.

Zwei Prozent ist kein großer Unterscheid, sondern eine Marginalie.

CDU-Politiker Armin Laschet und Karl-Josef Laumann © Imago

3. Brinkhaus soll als Fraktionschef im Amt bleiben - vorerst

CDU-Chef Armin Laschet will am Dienstag bei der Sitzung der Unions-Bundestagsfraktion nicht nach dem Vorsitz greifen, um sich eine bessere Verhandlungsposition zu erarbeiten.

Dies hatte Laschet ursprünglich erwogen, um in möglichen Verhandlungen mit Autorität zu agieren. Doch das schlechte Wahlergebnis lässt Laschet offenbar seine Pläne korrigieren.

Der Kanzlerkandidat machte Teilnehmern zufolge in der Präsidiumssitzung deutlich, dass der amtierende Vorsitzende Ralph Brinkhaus die Fraktion weiter "kommissarisch" führen werde, eine Neuwahl sei jetzt nicht notwendig.

Ralph Brinkhaus © dpa

Angeblich hatte Laschet dies auch mit CSU-Chef Markus Söder besprochen, hieß es. Ralph Brinkhaus hatte uns vergangene Woche gesagt, dass er erneut für den Posten des Vorsitzenden antreten wolle.

4. Göring-Eckardt und Hofreiter wollen kommissarisch weitermachen

Am heutigen Montagabend kommt die alte und die neue, deutlich größere Grünen-Bundestagsfraktion zu einem informellen Kennenlerntreffen im Haus der Kulturen der Welt in Berlin zusammen.

Im Mittelpunkt des Treffens steht die künftige Aufstellung der Fraktion.

Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter  © dpa

Nach unseren Informationen will der gesamte Fraktionsvorstand mit Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter an der Spitze der Fraktion vorschlagen, weiter kommissarisch im Amt zu bleiben - flankiert von den Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck, die nun beide ein Bundestagsmandat haben.

Göring-Eckardt und Hofreiter wollen sich am Dienstag zur Wahl stellen und die Fraktion bis zum Abschluss von Koalitionsgesprächen führen. Dann sollen Fraktions- und auch die Parteiführung neu gewählt werden.

5. Bundestagspräsident: SPD setzt auf Mützenich

Rolf Mützenich © dpa

In der SPD wächst die Erwartung, dass der Nachfolger von Wolfgang Schäuble an der Spitze des Bundestags Fraktionschef Rolf Mützenich werden soll. Dies hörten wir von mehreren Quellen am Sonntag. Der SPD steht als stärkster Fraktion das Amt zu.

Mützenich wäre nach Annemarie Renger in den Siebzigerjahren und Wolfgang Thierse während der Regierung von Gerhard Schröder erst der dritte Sozialdemokrat in der Rolle seit Bestehen der Bundesrepublik.

Mützenich dürfte sich am Mittwoch zunächst erneut zum Fraktionschef wählen lassen. Er hat nach unseren Informationen weniger Interesse an einem Regierungsamt, sondern sieht seine Rolle im parlamentarischen Betrieb.

Mützenich geht gestärkt in die neue Legislaturperiode - eine Kandidatur gegen ihn an der Spitze der Fraktion gilt als ausgeschlossen.

  • Friedrich Merz (CDU) ist zurück im Bundestag. Er gewinnt das Direktmandat im Hochsauerlandkreis mit 40,4 Prozent gegen Dirk Wiese von der SPD (32,2 Prozent).

Friedrich Merz © dpa
  • Das Direktmandat im bisherigen Bundestagswahlkreis von Angela Merkel muss die CDU an die SPD abgeben. Erstmals nach mehr als 30 Jahren zieht mit der 27-jährigen Anna Kassautzki eine SPD-Politikerin für den Wahlkreis Vorpommern-Rügen – Vorpommern-Greifswald in den Bundestag ein. Nur auf Platz zwei landet Merkels Nachfolger als CDU-Direktkandidat Georg Günther (33) mit 20,4 Prozent.

  • Ein Direktmandat verpasst hat CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Im Wahlkreis Kreuznach unterlag sie mit 29,1 Prozent gegen SPD-Kandidat Joe Weingarten (33 Prozent). Klöckner ist aber auf Platz 1 der rheinland-pfälzischen Landesliste abgesichert.

  • Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) stellt Hochrechnungen aus der Nacht zu Montag zufolge künftig einen Abgeordneten in Berlin. Die Minderheitenpartei aus Schleswig-Holstein ist von der Fünf-Prozent-Hürde befreit. Die Partei der dänischen Minderheit und der nationalen Friesen hatte zum ersten Mal seit 60 Jahren wieder an einer Bundestagswahl teilgenommen.

  • Souverän ins Parlament eingezogen ist CDU-Kandidatin Silvia Breher. Sie gewann den Wahlkreis Cloppenburg - Vechta mit 49 Prozent der Erststimmen klar gegen Alexander Bartz von der SPD (20,9 Prozent).

CDU-Vize und Abgeordnete aus Cloppenburg: Silvia Breher. © imago
  • In Hessen und Bayern holen erstmals zwei Kandidaten der Grünen ein Direktmandat. Jamila Schäfer wird in München mit 27,4 Prozent der Erststimmen direkt in den Bundestag gewählt, in Frankfurt holt der Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour seinen Wahlkreis mit gut 29 Prozent der Stimmen direkt.

  • CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak gewinnt den Wahlkreis Märkischer Kreis mit 33,6 Prozent knapp gegen die SPD-Kandidatin Bettina Lugk (30,4 Prozent).

  • Robert Habeck gewinnt den Wahlkreis Flensburg - Schleswig und zieht erstmals in den Bundestag ein. Er bekommt 28,1 Prozent der Erststimmen, seine CDU-Konkurrentin Petra Nicolaisen 23,4 Prozent.

  • Karl Lauterbach (SPD) gewinnt in seinem Wahlkreis Leverkusen - Köln IV souverän mit 45,6 Prozent gegen NRW-Intergrationsstaatsministerin Serap Güler von der CDU (20,4 Prozent).

Karl Lauterbach © dpa
  • SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz holt sich wie erwartet das Direktmandat in seinem Wahlkreis Potsdam – Potsdam-Mittelmark II – Teltow-Fläming II mit 34 Prozent gegen die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, die 18,8 Prozent erreicht.

  • Mit den Grünen-Kandidatinnen Tessa Ganserer (Bayern) und Nyke Slawik (NRW) ziehen erstmals zwei transgeschlechtliche Angeordnete in den Bundestag ein. Ihre Wahlkreise konnten beide zwar nicht gewinnen, Ganserer und Slawik reichen aber ihre Plätze auf den jeweiligen Landeslisten.

  • Das einzige direkte Duell zweier Bundesminister geht an Heiko Maas. Der SPD-Kandidat gewinnt mit 36,7 Prozent in Saarlouis gegen Peter Altmaier von der CDU (28 Prozent).

  • Philipp Amthor verliert das Direktmandat in seinem Wahlkreis Mecklenburgische Seenplatte I – Vorpommern-Greifswald II an den SPD-Politiker Erik von Malottki. 20,7 Prozent der Erststimmen entfallen auf Amthor. Als Spitzenkandidat der Landes-CDU wird Amthor aber wohl dennoch in den Bundestag einziehen.

  • Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) holt kein Direktmandat im Saarland. In Saarbrücken verliert sie mit 25,1 Prozent der Stimmen gegen SPD-Kandidatin Josephine Ortleb (36,9 Prozent).

  • Tilman Kuban, der Bundesvorsitzende der Jungen Union, verliert im Wahlkreis Hannover Land II gegen den SPD-Abgeordneten Matthias Miersch (40,7 Prozent), zieht aber über die Landesliste in en Bundestag ein.

  • Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich gewinnt zum sechsten Mal in Folge das Direktmandat im Wahlkreis Köln III. Er setzt sich mit 29,9 Prozent gegen Katharina Dröge von den Grünen durch (28,3 Prozent).

Rolf Mützenich © dpa
  • CDU-Politikerin Nadine Schön ist nicht mehr direkt gewählte Abgeordnete des Wahlkreises St. Wendel im Saarland. Schön unterliegt mit 32,1 Prozent der Stimmen ihrem SPD-Konkurrenten Christian Petry, der auf 35,1 Prozent kommt.

  • Die frühere Parteichefin der Linken, Katja Kipping, verpasst das Direktmandat im Wahlkreis Dresden I und unterliegt mit 18,9 Prozent dem CDU-Kandidaten Markus Reichel (21,1 Prozent).

  • Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor zieht für die Grünen in den nächsten Bundestag ein. Zwar verliert sie ihren Wahlkreis klar, Platz 12 der NRW-Landesliste wird nach Parteiangaben jedoch reichen.

Lamya Kaddor © Imago
  • Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), verliert sein Direktmandat im sächsischen Wahlkreis Chemnitzer Umland - Erzgebirgskreis II. Wanderwitz holt 23,7 Prozent der Erststimmen, sein AfD-Konkurrent Mike Moncsek 28,9 Prozent.

  • Niels Annen, SPD-Staatsminister im Auswärtigen Amt, verliert sein Direktmandat in Hamburg-Eimsbüttel mit 29,6 Prozent hauchdünn gegen Till Steffen von den Grünen (29,9 Prozent).

  • Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir hat nach Auszählung aller Stimmen das Direktmandat für die Grünen in Stuttgart geholt. Er setzte sich nach Angaben der Stadt im Wahlkreis Stuttgart I gegen den CDU-Abgeordneten Stefan Kaufmann durch.

  • SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil gewinnt seinen Wahlkreis Rotenburg I – Heidekreis mit 47,6 Prozent der Erststimmen souverän gegen Carsten Büttinghaus von der CDU (26,4 Prozent).

Lars Klingbeil. © Tobias Koch
  • Der Spitzenkandidat der Linken, Dietmar Bartsch, verpasst das Direktmandat im Wahlkreis Rostock - Landkreis Rostock II und unterliegt mit 18,2 Prozent der Erststimmen gegen seine SPD-Konkurrentin Katrin Zschau (27,0 Prozent).

  • SPD-Politiker Thomas Hitschler gewinnt das Direktmandat im Wahlkreis Südpfalz. 28,2 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben für ihn gestimmt. Unser Reporter Christian Schweppe erreichte Hitschler nachts und fragte nach Plänen: „Erstmal ordentlich ausschlafen“, schrieb der zurück.

  • Der bisherige Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller lag nach Auszählung von 60 Prozent der Stimmbezirke in Charlottenburg-Wilmersdorf mit 27,9 Prozent vor Lisa Paus von den Grünen (24,1 Prozent).

  • Ex-Juso-Chef Kevin Kühnert setzt sich im Kampf um die meisten Erststimmen in Berlin-Tempelhof-Schöneberg mit 27,1 Prozent knapp gegen Renate Künast von den Grünen (25,1 Prozent) durch und zieht direkt in den Bundestag ein.

Kühnert twitterte gegen drei Uhr morgens: "Ich werde keinen Scheiß mit eurem Vertrauen machen."

  • Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Die Linke) wird ihren Berliner Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf voraussichtlich verlieren. Bei knapp 80 Prozent ausgezählten Stimmen lag ihr CDU-Kontrahent Mario Czaja mit 29,3 Prozent der Erststimmen an erster Stelle, Pau folgte mit 22 Prozent.

  • Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat ihren Wahlkreis in Berlin-Reinickendorf gewonnen. Die frühere Berliner CDU-Landesvorsitzende kam auf 27,2 Prozent der Erststimmen, wie die Landeswahlleitung nachts mitteilte.

Monika Grütters © dpa
  • Die Bundesvorsitzende der Linken, Susanne Hennig-Wellsow landet mit 16,4 Prozent der Erststimmen nur auf Platz vier im thüringischen Wahlkreis Erfurt - Weimar - Weimarer Land II. Das Direktmandat gewinnt Carsten Schneider von der SPD (24,4 Prozent).

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Uwe Schmidt aus Bremerhaven soll neuer Sprecher des einflussreichen Seeheimer Kreises in der Bundestagsfraktion werden. Das erfuhren wir aus Parteikreisen.

Der gelernte Kfz-Mechaniker und ehemalige Hafenfacharbeiter ist seit 2017 im Bundestag und soll an diesem Montag gewählt werden. Er soll den Platz des früheren Sprechers Johannes Kahrs einnehmen, der die Politik verlassen hatte.

Uwe Schmidt, Bundestagsabgeordneter der SPD aus Bremerhaven.  © imago

Schmidt soll bei den Seeheimern für Personal, Veranstaltungen und Sponsoring zuständig sein. Die beiden übrigen Sprecher sind Siemtje Möller und Dirk Wiese.

In Berlin arbeiten die Parteigremien die Zahlen und Stimmen der Nacht auf.

In der CDU tagt ab 9 Uhr das Präsidium und um 11 Uhr der Bundesvorstand. Armin Laschet wird im Anschluss bei einer Pressekonferenz erwartet. Auch die CSU tagt parallel.

Bei der SPD tagt das Präsidium ab 9.30 Uhr, der Bundesvorstand mittags um 12 Uhr. Um 18 Uhr finden sich viele Sozialdemokraten beim Gartenfest des Seeheimer Kreises in der Parlamentarischen Gesellschaft zusammen. Zuvor soll es Beratungen in der Fraktion und im geschäftsführenden Vorstand geben.

Heute Vormittag trifft sich der Grünen-Bundesvorstand, um 14.15 Uhr treten Annalena Baerbock und Robert Habeck vor die Presse. Am späten Nachmittag steht ein Treffen des Parteirats an. Auf der Tagesordnung: Analyse des Wahlergebnisses und die Vorbereitung des Parteitags am kommenden Samstag, auf dem die Basis ein Sondierungsteam wählen soll. Dieses wird sich nach unseren Informationen aus den Mitgliedern des Grünen-Bundesvorstands und der Fraktionsführung zusammensetzen.

Bei der FDP tagt am Montag der Bundesvorstand und die neue und alte Fraktion (16 Uhr), abends folgt die Landesgruppensitzung der Bayern.

Heute um 8.30 Uhr tagt der zwölfköpfige geschäftsführende Parteivorstand im Karl-Liebknecht-Haus. Um 10.30 Uhr treten die Spitzenkandidaten Janine Wissler und Dietmar Bartsch vor die Presse. Um 12 Uhr schaltet sich der Parteivorstand per Video zusammen - die Landtagswahlergebnisse in MV und Berlin sollten eigentlich Top1 sein. Auch in der Pressekonferenz der Parteiführung um 14.30 Uhr sollte es vor allem um die Landtagswahlergebnisse gehen. Doch das Abschneiden der Linken im Bund dürfte nun das beherrschende Thema sein.

Die Wahlforschungsinstitute analysieren in der Bundespressekonferenz die Wahl.

Dort ordnen am Montag ein: Matthias Jung (Forschungsgruppe Wahlen), Renate Köcher (Institut für Demoskopie, Allensbach), Peter Matuschek (Forsa) und Nico A. Siegel (infratest dimap).

Auf - Für Südthüringen wollte Hans-Georg-Maaßen (CDU) ins Parlament. Doch im Wahlkreis 196 (Suhl – Schmalkalden-Meiningen – Hildburghausen – Sonneberg) erlebte der umstrittene Ex-Chef des Bundesverfassungsschutzes am Ende eine herbe Niederlage. SPD-Kandidat Frank Ullrich gewann deutlich mit 33,6 Prozent. Ullrich, 63, wurde in Südthüringen geboren. Anders als Maaßen ist er der Region also eng verbunden. 1980 gewann der ehemalige Profisportler Gold im Biathlon bei den Olympischen Sommerspielen in Moskau. Im Frühjahr 2021 trat Ullrich dann in die SPD ein. „Aus voller Überzeugung“, sagte er der FAZ. Er stamme aus einer Arbeiterfamilie, sein Großvater sei „leidenschaftlicher Sozialdemokrat“ gewesen. Unser Aufsteiger.

Ab - Das Wahlergebnis ist für die Linke eine bittere Enttäuschung: Im Bundestag schrumpft sie deutlich und fiel in der Nacht zu Montag sogar unter die Fünf-Prozent-Hürde. Die Linke-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow führt das schlechte Ergebnis auf Fehler in der Vergangenheit zurück. Sie vertrat Spitzenkandidatin Janine Wissler in der Berliner Runde. Wissler trat im Wahlkreis 182 (Frankfurt am Main I) an, verlor aber deutlich (8,8 Prozent). Unsere Absteigerin.

“Die Deutschen haben ein Machtvakuum gewählt”, so analysiert der Chefredakteur des Spiegel, Steffen Klusmann, die Bundestagswahl. Klar ist für ihn: Die Grünen und die FDP werden in einer neuen Regierung gebraucht. Scholz und Laschet würden aller Voraussicht nach gegeneinander ein Jamaika- beziehungsweise ein Ampel-Bündnis verhandeln. Klusmanns Tipp an FDP und Grüne: Die Parteien sollten sich auf das Relevante konzentrieren und fünf Punkte festlegen, die sie in einen Koalitionsvertrag einbringen wollen. Hier lesen Sie den gesamten Leitartikel.

In der SZ kommentiert Detlef Esslinger das gute Ergebnis der SPD als einen Erfolg des Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Das müsse der Partei auch bei den Verhandlungen einer Ampel-Koalition klar sein. Möglicherweise können man nur 40 oder 49 Prozent des eigenen Programms auch wirklich durchsetzen, schreibt Esslinger. Dann könne es auch passieren, dass die SPD-Basis einer Ampel-Koalition nicht zustimmt. Und ohne Rückendeckung der Parteimitglieder sei eine Ampel von Scholz kaum durchsetzbar. Lesen Sie hier den ganzen Text.

Ulf Poschardt, Welt-Chefredakteur, meinte am späten Abend: “Eigentlich müsste sich die CDU in der Opposition erholen, sie ist erledigt.” Den Grünen sei “der eigene Hochmut zum Verhängnis” geworden, schrieb Poschardt, die SPD habe das beste Spiel hingelegt. Und die Union? “Die ist im Eimer.”

Eva Quadbeck, die stellvertretende Chefredakteurin des Redaktionsnetzwerks Deutschland, sieht harte Zeiten auf die Verhandler zukommen: "Die große Herausforderung ist es nun, eine stabile Regierung zu schmieden, denn die Zeiten werden ungemütlich. Während alle Parteien im Wahlkampf den Bürgerinnen und Bürgern vermittelt haben, alles bleibe wie es ist, wird die neue Bundesregierung in einer harten politischen Realität aufschlagen." Interessenskonflikte könnten nicht mit Geld gelöst werden. Quadbeck sieht Scholz im Vorteil. "Nach diesem Kopf-an-Kopf-Rennen wird die Partei ins Kanzleramt einziehen, die am geschicktesten zu allen Seiten verhandelt. Sollte Scholz seinen Vorsprung behaupten können, wird ihm das Kanzleramt allerdings nur schwer zu nehmen sein." Hier geht es zu ihrem Kommentar.

Heute gratulieren wir herzlich:

Ottmar von Holtz, Grüner Bundestagsabgeordneter, 60

Jens Koeppen, CDU-Bundestagsabgeordneter, 59

Roy Kühne, CDU-Bundestagsabgeordneter, 54

Walter Riester, ehem. SPD-Bundesarbeitsminister, 78

Robert Habeck sprach in den Tagesthemen mit Caren Miosga über die Arbeit, die nun vor den politischen Parteien bei der Regierungsbildung liege. Habeck sagte am späten Abend dort auch, was er vor Sondierungs- und Koalitionsgesprächen nun insgesamt erwarte:

„Hirnschmalz.“

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Herzlichst, Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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