Die CDU sucht den Glücksbringer

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© ThePioneer

Guten Morgen,

herzlich willkommen zum Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Die CDU will ihre historische Wahlschlappe aufarbeiten und sich für die Zukunft neu aufstellen. Wir geben ein Stimmungsbild.

  • Die Hinweise auf möglichen Missbrauch beim Kurzarbeitergeld häufen sich. Wir haben exklusive Zahlen aus einem Bericht des Arbeitsministeriums.

  • Am Freitag wird das amtliche Endergebnis der Bundestagswahl verkündet. Dem Parlament gehen immer mehr Einsprüche zu. Wir sagen, was es damit auf sich hat.

Die CDU lernt Demut

Konrad-Adenauer-Haus © picture alliance

Schweigen, Zuhören, Stimmung peilen - darum geht es jetzt in der CDU. Dafür, dass in der Partei kein Stein mehr auf dem anderen bleiben sollte, war es am Montag im Konrad-Adenauer-Haus erstaunlich ruhig.

Die erste Sitzung der Führungsgremien nach der Ankündigung von Armin Laschet, einem personellen Neuanfang nicht im Weg zu stehen, endete mit einer Überraschung: keine Leaks. Weder aus dem Präsidium noch aus dem Vorstand war etwas vorzeitig nach draußen gedrungen - ein erster Schritt zur Erneuerung.

Immerhin gibt es nun einen Zeitplan für alles Weitere, wenn auch einen sehr vagen. Die gesamte Parteiführung wird neu gewählt.

Am 30. Oktober sollen die Kreisvorsitzenden über die Lage beraten, am 2. November steht die Entscheidung im Bundesvorstand über das weitere Verfahren an. Im Kern geht es darum, ob die Mitglieder bei der Entscheidung über die Neuaufstellung mitentscheiden sollen und wie viel Zeit man sich dafür nehmen will.

Ein Mitgliederentscheid ist in der Satzung zwar nicht vorgesehen, ein Votum der Basis könnte jedoch empfehlenden Charakter für einen Parteitag haben.

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Wir haben in die CDU hineingehorcht und versucht, die Stimmung zu peilen. Ausgeprägt ist der Wunsch nach einer Teamlösung. Mehrere Mitglieder von Präsidium und Vorstand äußerten sich am Montag in diese Richtung.

Doch: Wer von den fünf Aspiranten auf die Laschet-Nachfolge wäre bereit, sich unterzuordnen?

Friedrich Merz, so die übereinstimmende Einschätzung, wäre es nicht. Und ebenso wenig Norbert Röttgen, der beim Parteitag im Januar wie Merz gegen Laschet den Kürzeren gezogen hatte.

Jens Spahn und Carsten Linnemann sondieren dagegen Möglichkeiten für eine Teamlösung. Für Linnemann, den Chef der Mittelstandsvereinigung, wirbt im Augenblick besonders die Junge Union. Fraktionschef Ralph Brinkhaus testet ebenfalls gerade, was für ihn gehen könnte.

Jens Spahn (M) und Friedrich Merz (r) © imago

Nicht wenige in der Partei erwarten, dass sich die Aspiranten bis zur Kreisvorsitzendenkonferenz erst einmal zurückhalten, um ihren Machtanspruch nicht allzu offensiv deutlich zu machen. Demut ist, was die CDU gerade neu lernt.

Andere raten zur Teambildung. So gibt es einflussreiche Stimmen in der Partei, die sich ein Bündnis von Friedrich Merz und Jens Spahn wünschen. „Der eine könnte die Partei führen, der andere die Fraktion“, sagte uns ein Vorstandsmitglied.

Präsidiumsmitglieder wie Niedersachsens CDU-Chef Bernd Althusmann rechnen damit, dass es auf eine Entscheidung im Wettbewerb hinausläuft. Es gibt allerdings auch Stimmen, die vor einem Mitgliedervotum warnen. „Ich kenne keine Urwahl, die jemals zum Erfolg geführt hat“, sagt einer aus der Führung.

Roderich Kiesewetter, Bundestagsabgeordneter und Chef des CDU-Kreisverbandes Ostalb in Baden-Württemberg, formuliert es so:

Ich bin gegen einen Mitgliederentscheid… Unsere Mitglieder sind im Durchschnitt nicht repräsentativ für unserer Wählerschaft. Das repräsentative System mit Delegierten, die über den Kurs und personelle Neuaufstellung der CDU bei einem Bundesparteitag entscheiden, halte ich deshalb für sinnvoll.

Aus dem Sondieren der möglichen Kandidaten dürfte schon bald ein regelrechtes Schaulaufen werden. Am Wochenende steht der Deutschlandtag der Jungen Union in Münster an. Merz, Brinkhaus, Spahn und Linnemann werden mit von der Partie sein.

„Da kommt es auf jeden Satz an“, sagt einer aus dem Bundesvorstand.

1. Immer mehr Einsprüche gegen Bundestagswahl

Plenarsaal des Deutschen Bundestages © dpa

Beim Bundestag liegen immer mehr Einsprüche gegen die Bundestagswahl vom 26. September 2021 vor. Bis Montagmittag waren es 113, bestätigte ein Sprecher des Bundestages. Er machte allerdings auf Anfrage keine Angaben zu den Hintergründen der vorliegenden Einsprüche.

Einspruch kann noch bis einschließlich zum 26. November eingelegt werden. Bei der Bundestagswahl vor vier Jahren gab es insgesamt 275 Einsprüche.

An diesem Freitag gibt Bundeswahlleiter Georg Thiel das amtliche Endergebnis der Bundestagswahl bekannt. Dabei könnte es noch zu leichten Veränderungen bei der Mandatsverteilung kommen.

Der Wahlprüfungsausschuss des neuen Bundestages muss jedem Hinweis auf Wahlfehler nachgehen. Dabei kann es zum Beispiel um unvollständige Wählerverzeichnisse, vermeintliche Auszählfehler oder Unregelmäßigkeiten im Wahllokal gehen.

Das Ergebnis einer Bundestagswahl kann allerdings nur dann für ungültig erklärt werden, wenn ein festgestellter Wahlfehler „mandatsrelevant“ ist, also Auswirkungen auf die Sitzverteilung hat.

2. FDP-Verteidigungsexperte: Kriegsgefahr in Taiwan

Der chinesische Staatschef und Generalsekretär Xi Jinping © IMAGO / Xinhua

FDP-Verteidigungsexperte Alexander Müller sieht eine wachsende Kriegsgefahr in Fernost. Die Provokationen gegenüber Taiwan seitens der Volksrepublik China seien besorgniserregend, sagte uns Müller.

Und weiter:

Es besteht die Gefahr, dass der kleinste Fehler einen Krieg auslöst.

Die Bundesregierung müsse den jahrelangen Schlingerkurs im Umgang mit China beenden - das Prinzip "Wandel durch Handel" sei gescheitert, so Müller. "Das Verhalten muss klar als gefährliche Eskalation benannt werden."

Nach den Erfahrungen mit Hongkong sei es zudem verständlich, dass sich Taiwan dem chinesischen Prinzip "ein Land, zwei Systeme" verwehre, so Müller uns gegenüber.

3. Kurzarbeit: Verdacht auf Missbrauch in Tausenden Fällen

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In Zusammenhang mit der Ausweitung der Kurzarbeit während der Corona-Pandemie gab es in Tausenden Fällen den Verdacht auf Manipulation. Das geht aus einem Bericht des Bundesarbeitsministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor, der uns vorliegt.

„Bis August 2021 gab es rund 6.500 Hinweise auf möglichen Leistungsmissbrauchs“, heißt es in dem Schreiben. „Von März 2020 bis August 2021 wurden 210 Fälle mit konkretem Betrugsverdacht an die zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben.“

Am häufigsten ist den Angaben zufolge der Vorwurf, dass die Arbeitszeit manipuliert worden sei, „also z.B. Kurzarbeit angemeldet ist, die Betroffenen dennoch unverändert bzw. sogar mehr als zuvor arbeiten“.

Im Juni 2021 - das ist der letzte Monat, für den im Augenblick genaue Zahlen vorliegen - waren rund 696.000 Beschäftigte in Kurzarbeit. Zum Vergleich: Im März 2020 lag die Zahl bei 1,43 Millionen.

Laut Bericht hat die Bundesagentur für Arbeit im laufenden Jahr bis zum 13. September rund 18 Milliarden Euro für Kurzarbeit ausgegeben. Im gesamten Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf gut 22 Milliarden Euro.

Finanzminister Olaf Scholz hat seine Reise zur IWF-Tagung nach Washington, D.C. in diesem Jahr auf das Nötigste reduziert. Um möglichst nur kurz die Sondierungen zu unterbrechen, fliegt Scholz am Dienstag nach den Verhandlungen in die USA und fehlt als vollen Tag lediglich den Mittwoch in Deutschland.

Auf der Reise begleiten ihn zudem weder sein Staatssekretär und Vertrauter Wolfgang Schmidt noch sein Sprecher Steffen Hebestreit.

Am 16. November findet im Berliner Estrel-Hotel der Deutsche Arbeitgebertag 2021 statt. Hier trifft sich die allererste Reihe der Bundespolitik. Der Termin fällt mitten in die heiße Phase der Gespräche über eine neue Regierung.

Auf der Rednerliste stehen neben SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner. Für die CDU hat Noch-Parteichef Armin Laschet zugesagt, für die CSU kommt Markus Söder.

Auf - Johannes Ebert. Der Generalsekretär des Goethe-Institut ist in seinem Amt bestätigt worden. Außerdem wurden Ebert und der kaufmännische Direktor des Goethe-Instituts, Rainer Pollack, gestern vom Präsidium einstimmig zum Vorstand für die Amtszeit 2022 wiedergewählt. Die Präsidentin des Goethe-Instituts, Carola Lentz, lobte die beiden Gewählten für ihre gute Arbeit während der Pandemie. Beide hätten "wichtige Weichenstellungen für die Zukunft" in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit geleistet, so Lentz. Die Entscheidung stehe für Verlässlichkeit und Kontinuität. Johannes Ebert ist bereits seit 2012 im Amt. Unser Aufsteiger.

Ab - Jörg Meuthen. Der AfD-Chef will im Dezember nicht nochmal als Vorsitzender der AfD kandidieren. Das teilte Meuthen gestern in einem Rundschreiben an die AfD-Mitglieder mit. Er wolle seine politische Arbeit fortsetzen und seine "Stimme hörbar einsetzen", teilte der Europaabgeordnete mit. "Das ist eine persönliche Entscheidung von Jörg Meuthen", sagte der Co-Parteivorsitzende Tino Chrupalla zu der Ankündigung Meuthens. Die AfD will auf ihrem Bundesparteitag in Wiesbaden am 11. Dezember einen neuen Parteivorstand wählen. Absteiger!

Er ist einer der stärksten und deswegen auch einer der verwundbarsten Pfeiler der deutschen Wirtschaft: der Außenhandel. „Made in Germany“ gilt international als Qualitätssiegel und an den Titel Exportweltmeister hat man sich hierzulande bereits seit langer Zeit gewöhnt. Doch wie sicher ist diese Vormachtstellung? Unsere Kollegin Alev Doğan hat mit der Außenhandels-Expertin Anahita Thoms gesprochen. Thoms ist Partnerin bei Baker McKenzie und im Vorstand der Atlantik-Brücke. Im Achten Tag fordert sie mehr Aufmerksamkeit für den Außenhandel. Ein Gespräch über Embargos, Sanktionen, Wohlstand und politische Macht durch wirtschaftliche Stärke. Hier anhören.

Der CDU-Vorstand wird neu gewählt, und die Kreisvorsitzenden regeln die Suche nach dem neuen Parteichef: So verkündet es die Partei. Heißt das, die Basis hat nun das Wort? Das wäre voreilig meint Vize-Chefredakteur der WELT, Robin Alexander. Denn dieser Plan kostet viel Zeit und könnte in der Konsequenz auch dazu führen, dass nun erst recht die Stunde des Establishments schlägt. Hier geht's zu seinem Kommentar.

Heute gratulieren wir herzlich:

Michael Grosse-Brömer, CDU-Politiker und Parlamentarischer Geschäftsführer der Union im Bundestag, 61

Karin Müller, Grünen- Abgeordnete im Hessischen Landtag, 59

Walter Nussel, CSU-Abgeordneter im Bayrischen Landtag, 56

Andrea Schröder-Ehlers, SPD-Abgeordnete im Niedersächsischen Landtag, 60

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Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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