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Unsere Themen heute:
Markus Söder ist in der Öffentlichkeit der Corona-Held, doch in Bayern sind die Infektionszahlen besonders drastisch. Auch Sachsen hält traurige Rekorde, andere Länder wie Bremen überraschen. NRW ist besser als sein Ruf. Eine Zwischenbilanz.
Mehr Jobs gibt es derzeit nur bei der Job-Agentur. Nächstes Jahr bekommt die Arbeitsagentur 5500 neue Mitarbeiter. Wir wissen, warum.
In Baden-Württemberg setzt die CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann auf einen Kanzlerkandidaten vor der Wahl. Die CDU in Rheinland-Pfalz sieht es anders.
Die Corona-Bilanz der Länder
Die Sitzung, in welcher der zweite Lockdown in Deutschland in dem Pandemie-Jahr 2020 beschlossen wurde, begann schon am Sonntagmorgen im Bundeskanzleramt.
Angela Merkel und die Ministerpräsidenten hatten sich nur kurz zusammengeschaltet. Noch am Vormittag konnten Kanzlerin, Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), MPK-Chef Michael Müller (SPD) und Bayerns Markus Söder (CSU) die Ergebnisse verkünden.
Doch harmonisch lief es nicht. Nach unseren Informationen gab es zwei zentrale Differenzen:
Merkel wollte ursprünglich bereits an diesem Montag mit dem Lockdown des öffentlichen Lebens beginnen, doch ihr eigener Parteikollege, der hessische CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier soll sie als Erster auf die Zwänge hingewiesen haben, die Parlamente zu beteiligen.
Danach einigte sich die Runde auf Mittwoch. Danach wird es 25 Tage lang ruhig im Land. Einzelhandel dicht, Schulen auch, Gottesdienste nur im Freien, Kontakte auf zwei Hausstände beschränkt.
Bremens Erster Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) fragte in der Schaltkonferenz Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), wie es um das Impfprogramm bestellt sei. Spahn wies auf Produktionsprobleme hin und nannte die Zahl von drei Millionen verfügbarer Impfdosen bis Ende Januar.
Eine Zahl, die von vielen als zu niedrig eingeschätzt wurde. Aufruhr auf der A-Seite, also der SPD-geführten Länder, Beschwichtigung durch Markus Söder - man solle nicht das Haar in der Suppe suchen.
Die Auseinandersetzung um die Corona-Politik ist längst auch eine parteipolitische geworden, auch eine zwischen Ministerpräsidenten derselben politischen Farbe.
Doch welches Land hat in den vergangenen Wochen welche Corona-Bilanz vorzuweisen?
Eines ist sicher: Die Pandemie trifft die Bundesländer unterschiedlich. Und gerade die Länderchefs, die öffentlich mit besonders scharfer Rhetorik auftreten wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder oder Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer haben in ihren Ländern besonders drastische Zahlen.
Wir haben die Situation anhand von drei wesentlichen Kennziffern des Robert-Koch-Instituts analysiert.
Todesfälle pro 100.000 Einwohner
Es ist laut Robert-Koch-Institut die Königszahl in der Krise, denn keine Kennziffer beschreibt die Dramatik der Pandemie so sehr wie die Zahl der Todesfälle an und mit dem Corona-Virus bezogen auf 100.000 Einwohner.
Ausgerechnet hierbei sind die Länder mit Ministerpräsidenten vorne, die im Frühjahr zu den rhetorischen Hardlinern gehörten und sogar mit Ausgangssperren für die Bevölkerung drohten. Bayern, Sachsen, Saarland und Baden-Württemberg.
Eine Infografik mit dem Titel: Corona-Tote in den Ländern
Todesfälle mit und an Corona pro 100.000 Einwohner
Neuinfektionen (7-Tage-Inzidenz)
Bei den Neuinfektionen ergibt sich ein Ost-West-Süd-Gefälle. Auch in dieser Kategorie gehört Bayern zur Spitzengruppe. Stand heute liegt Sachsen mit 348 Neuinfektionen innerhalb einer Woche einsam vorne, ein Grund sollen die Grenzpendler aus dem mit hohen Infektionszahlen belasteten Tschechien sein.
Dahinter folgen Thüringen (230) und Bayern (200). Nordrhein-Westfalen mit dem viel gescholtenen Regierungschef Armin Laschet liegt nur im Mittelfeld (162), am besten entwickelt sich Mecklenburg-Vorpommern mit SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Dort sind nur 83 Neuinfektionen in 7 Tagen zu verzeichnen.
Einig sind sich alle, dass der “Lockdown light” im November keinen Durchbruch in der Pandemie-Bekämpfung gebracht hat. Doch zeigen die Infektionszahlen zwischen dem 2. November und dem 9. Dezember, dass in Bremen, Niedersachsen, Saarland und Nordrhein-Westfalen ein Rückgang der 7-Tage-Inzidenz erreicht werden konnte, während die Zahl der Neuinfektionen in einer Woche im Bundesschnitt trotz des Teil-Lockdowns um fast 25 Prozent gestiegen ist.
Und auch hier sind Sachsen und Thüringen mit einem Plus von 204 Prozent und 187 Prozent traurige Spitzenreiter.
Eine Infografik mit dem Titel: So wirkte der Lockdown light
Veränderungen der 7-Tage-Inzidenz vom 2.11 bis 9.12 in absoluten Zahlen
Kumulierte Fälle seit März
Wen trifft die Pandemie insgesamt seit März am stärksten?
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sind die bevölkerungsreichen Länder insgesamt heftiger von dem Virus betroffen. Wo sich viele Menschen treffen, hat es das Virus leichter.
So liegt Berlin (2000 aktive Fälle pro 100.000 Einwohner) vor Bayern (1816), Sachsen (1811), Nordrhein-Westfalen (1642), Bremen, Hessen und Baden-Württemberg.
© dpaInteressant: NRW ist zwar das am dichtesten bevölkerte Flächenland (526 Einwohner je Quadratkilometer), weist aber insgesamt weniger Fälle auf als die weniger stark bevölkerten Bundesländer Sachsen (221) und Bayern (186).
Warum Bayern von Anfang an in der Spitzengruppe landet, hat laut einer Studie des Helmholtz-Zentrums in München mit den Starkbierfesten und der Kommunalwahl zu tun.
„Signifikant mehr Fälle wurden sowohl durch die Starkbierfeste, aber auch durch die bayerische Kommunalwahl registriert, jeweils im Vergleich zu Landkreisen mit der gleichen Prävalenz ohne Exposition", heißt es darin.
Bayern habe damit einen Spitzenplatz der Bundesländer erreicht, "der sich auch durch restriktive Maßnahmen in den folgenden Wochen nicht mehr rückgängig machen lässt“.
Die Bundeskanzlerin und die Länderchefs wollen am 5. Januar erneut über die Infektionsentwicklung sprechen. Bis zum 10. Januar gilt jetzt erst einmal der zweite, härtere Lockdown in Deutschland.
1. CDU-Wahlkämpfer ringen mit der K-Frage
Unmittelbar vor der Entscheidung der CDU-Spitze über den Termin für den Wahlparteitag dringen Wahlkämpfer der Partei auf eine schnelle Klärung der K-Frage.
„Natürlich haben wir die Bundeskanzlerin, aber die wird im Herbst dann nicht mehr zur Wahl stehen“, sagte Susanne Eisenmann, CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Baden-Württemberg Mitte März, bei einem Besuch auf der Pioneer One.
Die Leute interessiere, mit welchem Profil und welchem Inhalt die CDU in Berlin Schwerpunkte setzen wolle: „Das hat natürlich durchaus auch Auswirkungen auf die Landtagswahl.“
Auf der PioneerOne: Susanne Eisenmann, CDU-Kultusministerin in Baden-Württemberg, mit Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner. © ThePioneerEisenmann sagte, die Kanzlerkandidatur in der Union müsse rasch nach dem wahrscheinlichen Parteitag am 16. Januar bestimmt werden. Sie habe die große Hoffnung, „dass die Frage zwischen zwei Bundesvorsitzenden von CDU und CSU dann einmütig und freundschaftlich" und "sobald als möglich" geklärt werde, sagte die Kultusministerin Baden-Württembergs.
Eine längere Personaldiskussion über den Kanzlerkandidaten wäre "verheerend" für die Wahlkämpfer in allen Bundesländern und ein großes Problem für die Partei.
Was wir uns nicht erlauben können als CDU ist, dass man über Monate streitet, diskutiert und tatsächlich dann in einen ruinösen Wettbewerb eintreten würde.
Das Gespräch, das ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner mit Eisenmann an Bord der Pioneer One geführt hat, können Sie hier nach hören.
Der Spitzenkandidat der rheinland-pfälzischen CDU, Christian Baldauf, favorisiert dagegen eine Nominierung des Unions-Kanzlerkandidaten erst nach den Landtagswahlen im März. Er hofft, dass die guten Popularitätswerte der Kanzlerin ihm auch im Landtagswahlkampf noch helfen und ein neuer Kandidat davon ablenken würde.
© dpaDer CDU-Vorstand entscheidet an diesem Montag über Ablauf und Modalitäten des Parteitags. Nach unseren Informationen will Generalsekretär Paul Ziemiak den Parteitag am 16. Januar möglich machen, die wahrscheinliche Variante ist angesichts des hohen Infektionsgeschehens ein digitaler Parteitag mit einer virtuellen Vorstellungsrunde der Kandidaten und einer abschließenden Bestätigung per Briefwahl.
2. Fast 150 Milliarden Euro weniger Wertschöpfung wegen krankheitsbedingter Fehltage
Krankheitsbedingte Fehltage haben im Vor-Corona-Jahr 2019 nach offizieller Schätzung zu 149 Milliarden Euro weniger Bruttowertschöpfung in Deutschland geführt.
Das geht aus einem Bericht von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hervor, der uns vorliegt und am Mittwoch Thema im Bundeskabinett sein soll.
Pro Arbeitnehmer habe die Dauer der Arbeitsunfähigkeit 2019 bei im Schnitt 17,3 Tagen gelegen. Auf alle Arbeitnehmer hochgerechnet geht der Bericht von 712,2 Millionen Fehltagen im vergangenen Jahr aus.
626 tödliche Arbeitsunfälle
Der Bericht beziffert die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle auf 937.456. Das entspricht einem Rückgang um 21.922 gegenüber dem Vorjahr 2018. Die Statistik weist zudem 626 tödliche Arbeitsunfälle aus - ein Plus von 85 gegenüber dem Vorjahr.
Der Anstieg erklärt sich fast vollständig durch die Berücksichtigung zahlreicher Patientenmorde in Krankenhäusern in Oldenburg und Delmenhorst. 84 dieser Fälle aus den Jahren 2000 bis 2005 sind 2019 nach dem gerichtlichen Schuldspruch in die Statistik aufgenommen worden.
Aus der Kabinettsvorlage zum Haushalt der Bundesagentur für Arbeit © ThePioneerAngesichts der Corona-Pandemie soll die Bundesagentur für Arbeit im kommenden Jahr rund 5.500 zusätzliche Mitarbeiter einstellen können - insbesondere zur Bearbeitung von Anträgen auf Kurzarbeit.
Das geht aus einer Vorlage des Bundesarbeitsministeriums zum Haushalt 2021 der Nürnberger Behörde hervor. Der Bericht liegt uns vor und soll an diesem Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden.
Laut Vorlage steuert die Bundesagentur 2021 auf ein Minus von rund 9,6 Milliarden Euro zu. Davon sollen 6,3 Milliarden Euro aus den noch vorhandenen Rücklagen ausgeglichen werden - sowie durch einen Bundeszuschuss von circa 3,35 Milliarden Euro.
Das Defizit wird aber voraussichtlich noch höher ausfallen. Hintergrund ist, dass im bisherigen Haushaltsplan die erst kürzlich beschlossene Verlängerung der Kurzarbeit in Verbindung mit Qualifizierung noch nicht berücksichtigt ist.
An diesem Montag beginnt die letzte Sitzungswoche - heute tagen die Gremien der Fraktionen, meist virtuell. Die Beratungen im Plenum starten am Mittwoch.
Von 13 Uhr an steht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Regierungsbefragung zum letzten Mal in diesem Jahr den Bundestagsabgeordneten Rede und Antwort - 60 Minuten lang.
Es ist bereits ihr dritter Auftritt dieser Art seit Beginn der Corona-Pandemie. Merkel muss sich wie immer kurz fassen: Ihre Antwortzeit ist auf eine Minute pro Frage begrenzt.
© ThePioneerAuf - Bremens Erster Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) ist eher zufällig ins Amt gekommen und agiert seitdem unauffällig bis unsichtbar. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass Bovenschulte offensichtlich, um eine alte Fernsehwerbung zu zitieren, einfach nur keine Mark in die Verpackung steckt und jede Mark in die Politik. Bovenschultes Corona-Bilanz der vergangenen Wochen ist die erfolgreichste im Bundesvergleich - obwohl er in einem Stadtstaat mit hoher Bevölkerungsdichte lebt. Für den unauffälligen Arbeiter aus dem Norden geht es bergauf.
Ab - Markus Söder (CSU) ist in etwa das Gegenteil von Andreas Bovenschulte. Er ist immer der lauteste, er hat im gesamten Jahr 2020 dramatische Corona-Zahlen vorzuweisen; in Bayern infiziert man sich leichter, man stirbt leichter an Corona als fast überall anders in Deutschland. Söder steckt jede Mark in die Verpackung. Es ist anstrengend, unerfolgreich, teilweise fahrlässig. Es geht abwärts.
Das bedingungslose Grundeinkommen ist heftig umstritten. Ein leistungsloses Grundgehalt für jeden? Bisher lehnt das eine Mehrheit der Deutschen ab. Doch ändert sich das in der Pandemie, in einer Zeit, in der ein staatlicher Fürsorgeanspruch allgegenwärtig ist? Das legen Ergebnisse einer repräsentativen Befragung an der österreichischen Universität Wien nahe, über die der Standard berichtet. Hier lesen!
Es ist eine logistische Herausforderung wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Impfzentren sollen möglichst schnell die Risikogruppen impfen. Aber wie genau läuft das ab? Elisabeth Dostert von der Süddeutsche Zeitung hat sich in Trier umgeschaut und ein außergewöhnliches Engagement gesehen. Hier lesen!
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Mathias Middelberg, CDU-Bundestagsabgeordneter, 56
Michael Glos, CSU-Politiker und früherer Bundeswirtschaftsminister, 76
Die Grünen-Spitzenkandidatin für die Berliner Abgeordnetenhauswahl, Bettina Jarasch, holt sich kommunikative Verstärkung im neuen Jahr. Ab 2021 übernimmt Markus Kamrad die Leitung der Kommunikation und verantwortet als Mitglied des Kampagnen-Teams die Presse- und Social-Media-Aktivitäten.
© Mika BerlinKamrad ist studierter Volkswirt und gelernter Wirtschaftsjournalist. Er war unter anderem stellvertretender Pressesprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, stellvertretender Senatssprecher der Freien und Hansestadt Hamburg, arbeitete einige Jahre für die Strategieberatung Joschka Fischer & Company und leitet derzeit den Bereich Unternehmenskommunikation der Krankenkasse BKK VBU.
© ThePioneerDie CSU-Politikerin Katrin Albsteiger war mal gegen die Frauenquote und wurde bundesweit bekannt durch einen leidenschaftlichen Auftritt beim CSU-Parteitag.
Beim Superwomenday der Jungen Union am vergangenen Samstag diskutierten 250 Frauen über eine bessere Politik für Frauen. Die Oberbürgermeisterin von Neu-Ulm betonte in ihrem Beitrag, dass Frauen die Chancen und die Bedingungen haben müssten, politisch aktiv zu sein. Das fange mit einem Partner an, der dies unterstützt.
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