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Unsere Themen heute:
Olaf Scholz will diskret nach Kiew reisen. Was wird der Kanzler der Ukraine politisch mitbringen?
Nato-Strategin Stefanie Babst rechnet mit einer Debatte über den Nato-Beitritt der Ukraine beim kommenden Gipfel. Genau das will Olaf Scholz nicht.
Der Streit um die Frauenquote bewegt die CDU. Mit Karl-Josef Laumann hat sich eine gewichtige Stimme jetzt dafür ausgesprochen - uns sagt er warum.
Deutschland will 50 Bundeswehrkräfte nach Bosnien-Herzegowina schicken - deutlich weniger, als sich Außenministerin Annalena Baerbock gewünscht hat, aber gerade so viele, dass die Grünen noch mitziehen. Wir haben die Details.
Unsere Geburtstagsliste liest sich heute wie das All-Star-Game Berlins. We mean it.
Die geheime Reise
Der Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner hatte es am Montag in der Bundespressekonferenz besonders schwer. Die ausgegebene Direktive war klar: Es sollten keinerlei Informationen zur anstehenden Reise des Kanzlers nach Kiew publik werden.
Büchner entschied sich für die Offensive: Er kenne die Befindlichkeiten der Journalisten, er war schließlich lange auch einer. Aber es gebe leider trotzdem nichts zu sagen.
Der Besuch in Kiew soll am Donnerstag stattfinden - so meldete es die italienische La Stampa am Montagmorgen -, gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem italienischen Regierungschef Mario Draghi.
© The PioneerWie so eine Reise aussieht, lässt sich anhand bisheriger Besuche nachvollziehen. Scholz dürfte am Mittwoch mit dem Regierungs-Airbus in Richtung des polnischen Flughafens Rzeszów-Jasionka im Südosten des Landes abheben.
Von dort muss sich der Kanzler auf den Weg machen nach Przemyśl, dem Grenzbahnhof zur Ukraine, die Fahrt dauert eine Stunde.
Dann steht eine schwergängige Fahrt mit dem gecharterten Nachtzug nach Kiew an. Dort kann Scholz zwar immerhin in einem eigenen Wagon mit engster Delegation fahren, allerdings unter dürftigen Bedingungen. Es gibt einfache Pritschen in kleinen Abteilen, ein Kissen sollte sich der Kanzler allerdings selbst einpacken. Rund 11 Stunden dauert die Fahrt.
Noch unklar ist, was Scholz politisch mitbringen wird. Dies sind die Möglichkeiten:
Neue Zusagen für Waffenlieferungen: Hier wäre Bewegung bei der Lieferung der spanischen Kampfpanzer Leopard 2 aus deutscher Produktion denkbar.
Eine Zusage zur Unterstützung einer Bewerbung um die EU-Mitgliedschaft. Allerdings ist das Thema sowohl unter den reisenden Politikern als auch innerhalb der Ampel ungeklärt.
Eine Aussage zu einem möglichen Szenario für ein Kriegsende. Bisher blieb er bei dem Satz, Russland müsse den Krieg verlieren.
Auch Außenministerin Annalena Baerbock wirbt bislang nicht ausdrücklich für einen Kandidatenstatus. Allerdings schlug die Grünen-Politikerin zuletzt einladendere Töne an.
Vitali Klitschko und Annalena Baerbock bei ihrem Besuch in Kiew. © dpaSo sagte Baerbock beim WDR: "Es reicht nicht zu sagen: Ja, ihr gehört zu Europa - sondern ihr gehört in die Europäische Union."
Die Kommission will am Freitag ihre Einschätzung veröffentlichen, ob die Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten verdient. Dann liegt die Entscheidung bei den Mitgliedsstaaten - sie dürfte beim EU-Gipfel Ende nächster Woche fallen.
Laumann für Frauenquote in der CDU
Karl-Josef Laumann, NRW-Gesundheitsminister © dpaDer Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann, spricht sich für eine Frauenquote in den Führungsgremien der Partei aus. „Es ist für eine Volkpartei überlebenswichtig, dass ihr Führungspersonal und ihre Mandatsträger die Vielfalt der Lebenswirklichkeiten der Menschen abbilden“, sagte Laumann unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner. „Die Frauenquote ist dabei ein Teil der Lösung.“
Laumann sagte, es sei für eine Volkpartei überlebenswichtig, „dass ihr Führungspersonal und ihre Mandatsträger die Vielfalt der Lebenswirklichkeiten der Menschen abbilden“. Dabei spiele der berufliche Hintergrund eine große Rolle, ebenso Geschlecht, Alter und die Frage, ob jemand im ländlichen Raum oder in einer Großstadt lebe.
An diesem Mittwoch soll der Bundesvorstand entscheiden, ob eine Mitgliederbefragung zu dem Thema durchgeführt werden soll.
Parteichef Merz hält diese angeblich aber nicht für notwendig, auch eine Mehrheit im Vorstand dürfte schwierig sein. Man wolle nicht die Sommerpause mit dem Thema bespielen, heißt es im Adenauer-Haus. Auch zeitlich sei eine Online-Befragung aller Mitglieder vor der Antragsfrist zum Bundesparteitag kaum durchzuführen.
Der Parteitag im Herbst könne das Thema diskutieren und dann endgültig entscheiden.
Eine Handvoll Vorstandsmitglieder wollen nach unseren Informationen dennoch für eine Mitgliederbefragung votieren.
Ost-Zugverbindungen sollen ausgebaut werden
Die Zugverbindungen in Ostdeutschland, aber auch nach Tschechien und Polen, sollen prioritär und schneller als bisher ausgebaut werden. Dies ist eines der Ergebnisse der "Riemser Erklärung" zum Abschluss der Konferenz der Ost-Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit dem Kanzler, die am Montag in Mecklenburg-Vorpommern stattfand.
Das Abschlusspapier liegt uns vor. "Um die für die Weiterentwicklung dringend erforderliche Mobilität bei gleichzeitiger Rücksichtnahme auf den Klimaschutz zu gewährleisten, bedarf es einer deutlichen Ausweitung der Investitionen in das Schienennetz im Osten", heißt es demnach.
Neben dem Schienenausbau wurden eine Reihe weiterer Beschlüsse gefasst, etwa die Forderung nach Kompensation für die energiepolitischen Herausforderungen, die besonders der Osten durch die Verknüpfungen mit der russischen Energiewirtschaft erleidet.
Riemser Erklärung © The PioneerBosnien: Kabinett beschließt Mini-Mission
Die Bundesregierung will morgen die Entsendung von 50 Soldatinnen und Soldaten nach Bosnien-Herzegowina beschließen.
Der Wiedereinstieg in die EU-Operation Eufor Althea mit Stabspersonal und Verbindungsteams (wir berichteten) wird damit begründet, dass die Lage im Westbalkan-Staat "Grund zu großer Sorge“ böte, heißt es im Regierungsantrag, der unserer Kollegin Marina Kormbaki vorliegt.
Und weiter:
Ethnische Spaltungen prägen noch immer den Alltag, dominieren die Politik und blockieren Fortschritte und Reformprozesse. Nationalistische und hetzerische Rhetorik sind heute wieder Teil des politischen Diskurses.
Zudem bestehe die Gefahr, dass der Konflikt mit Russland "von der russischen Seite als Katalysator für eine weitere Destabilisierung Bosnien und Herzegowinas genutzt werden könnte“.
Die Parlamentswahlen am 2. Oktober drohten zu einem "Kristallisationspunkt für weitere Konflikte“ zu werden und "könnten einer Zäsur gleichkommen“, mahnt das federführende Auswärtige Amt.
Das Mandat, über das der Bundestag im Juli abstimmen wird, soll bis zum 30. Juni 2023 laufen - vorbehaltlich einer Verlängerung des EU-Einsatzes durch die Vereinten Nationen im Herbst. Offen ist, ob Russland im VN-Sicherheitsrat dann von seinem Veto-Recht Gebrauch macht.
Außenministerin Annalena Baerbock hätte dem Vernehmen nach gern mehr Kräfte entsandt; sie peilte eine Zahl im niedrigen dreistelligen Bereich an. Doch die Grüne stieß auf Widerstand im Verteidigungsministerium.
Außenministerin Annalena Baerbock und Bisera Turkovic, Außenministerin von Bosnien-Herzegowina. © ImagoDie Beamten von Ministerin Christine Lambrecht (SPD) verwiesen darauf, dass die Bundeswehr mit der Stärkung der Nato-Ostflanke ausgelastet sei.
Baerbocks Grünen-Fraktion trägt den neuen Bundeswehreinsatz mit - dort ist von einem "eher symbolischen Schritt" die Rede.
Babst: Nato-Beitritt der Ukraine dürfte Gipfelthema werden
Die frühere Strategie-Chefin und beigeordnete Generalsekretärin der Nato, Stefanie Babst, erwartet, dass der Nato-Beitritt der Ukraine ein Thema beim Nato-Gipfel vom 28. bis 30. Juni in Madrid sein wird.
"Das ist die zentrale strategisch Frage, die auf dem Tisch liegt und Länder wie Polen oder die baltischen Staaten werden das Thema auf die Agenda bringen. So oder so", sagte uns Bast.
Und weiter:
Dr. Stefanie Babst, langjährige Nato-Beraterin © imagoDie Nato kann dem Thema nicht ausweichen.
Diese Länder forderten mehr als nur militärische Hilfe für die Ukraine.
"Es geht denen um eine echte Perspektive für die Ukraine."
Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden wollen das Thema möglichst außen vor lassen. Es stehe "derzeit nicht auf der Agenda", hatte Scholz unlängst gesagt.
Laut Babst, die 22 Jahre für die Nato arbeitete und zuletzt als Chief Strategic Policy Analyst für die Nato in Brüssel die Führungsebene beriet, kann der Gipfel ein wichtiges Signal für die Stärkung des Verteidigungsbündnisses sein, vor allem für die bedrohten Osteuropa-Staaten Moldawien und Georgien.
Die Mitglieder sollten in Madrid auch über eine Reform des Einstimmigkeitsprinzips nachdenken, so Babst.
"Es kann nicht sein, dass Leute wie Erdogan oder Orban das ganze Bündnis in Geiselhaft nehmen für ihre Interessen."
Merz, Lindner und Kukies bei Familienunternehmen
Beim „Tag des deutschen Familienunternehmens“ am 1. Juli in Berlin haben sich FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner, der Oppositionsführer und CDU-Chef Friedrich Merz und der Staatssekretär im Kanzleramt, Jörg Kukies, angemeldet.
Die Stiftung Familienunternehmen lädt rund 350 Gesellschafterinnen und Gesellschafter deutscher Familienunternehmen zur Diskussion mit der Politik ein. Außerdem sind als Redner eingeladen der chinesische Botschafter S.E. Wu Ken, der Präsident der Bundesnetzagentur Klaus Müller und der Ökonom Gabriel Felbermayr.
Der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter steht vor der Wiederwahl zum Vorsitzenden des Beirats der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS). Kiesewetter soll am Mittwoch laut Vorschlagsliste gewählt werden.
Er erhält dann wohl zwei prominente Stellvertreter: Den SPD-Politiker Ralf Stegner und die Think-Tankerin Jana Puglierin.
Linda Hübner, die die Pressestelle der Grünen seit einigen Monaten kommissarisch führt, ist seit gestern offizielle Leiterin der Pressestelle und weiterhin Pressesprecherin.
Die Leitung der Digitalen Kommunikation übernimmt ein Neuzugang von außen: Benjamin Birkner, der zuvor als Berater für digitale Kommunikationsstrategien tätig war und ein Digital-Start-up gegründet hat.
Leiter des Bereichs Kommunikation ist Raphael Kreusch, der zuvor als Büroleiter von Claudia Roth und politischer Koordinator der Grünen-Europagruppe in Brüssel und Berlin tätig war.
Von der Leyen soll Grußwort bei der Klima Union sprechen
Hochrangige Gäste beim ersten physischen Kongress der Klima Union. Am 18. und 19. Juni tagen die Mitglieder in Frankfurt am Main. Als Redner erwartet werden unter anderem CSU-Ministerpräsident Markus Söder, CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn und Unionsfraktionsvize Andreas Jung.
Ein Grußwort soll es zudem von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geben.
Außerdem ist der britische Energieminister Greg Hands zu Gast. Diskutiert wird unter anderem über kommunale Klimaschutzstrategien und Impulse für das Grundsatzprogramm der CDU. In einem Strategiepapier will die Klima Union außerdem Leitsätze für eine wirtschaftsorientierte Klimaschutzpolitik nennen.
Es gibt Neuerungen bei uns im Hauptstadt-Team: Clara Sandstedt ist seit dieser Woche Praktikantin an Bord der Pioneer One. Clara ist 19 Jahre alt, kommt aus Bremen-Vegesack und hat 2021 ihr Abitur gemacht. 2018 war sie Landessiegerin bei Jugend debattiert. Wir freuen uns auf spannende Impulse! Willkommen Clara!
Auf - Michael Kretschmer. Der CDU-Ministerpräsident in Sachsen kann aufatmen. Die Erfolge der CDU bei den Landratswahlen stützen seinen Kurs, die AfD konnte entgegen mancher Prognose nicht reüssieren und reihenweise Bürgermeisterämter besetzen. Kretschmer, dessen russland-freundliche Positionen auch in der CDU kontrovers diskutiert werden, ist damit in der Parteiführung gestärkt. Aufsteiger!
Ab - Michelle Bachelet. Das Ende einer Karriere erlebt gerade die einst wichtigste Menschenrechtspolitikerin der Welt. Doch die UN-Beauftragte hatte mit ihrem anbiedernden China-Auftritt den Rest an Autorität vermissen lassen und weltweit Kritik auf sich gezogen. Nun verzichtet sie auf eine zweite Amtszeit. Richtig so.
Geht es nach Robin Alexander, stellvertretender Chefredakteur der Welt, darf Olaf Scholz nicht mit leeren Händen in die Ukraine reisen: „Eine mögliche Ankündigung, der Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten für die EU zu gewähren, wäre richtig, reicht aber nicht.“ Stattdessen müssten schwere Waffen aus Deutschland an der Front eingesetzt werden, auch über das bereits angekündigte Material hinaus. Warum Alexander dem Bundeskanzler Schiller als Lektüre für den Nachtzug nach Kiew empfiehlt, lesen Sie hier.
Focus-Online Korrespondent Ulrich Reitz kommentiert, dass der Besuch der Staatsoberhäupter in der Ukraine nicht zwangsläufig etwas Gutes für die Ukraine bedeuten müsse. Der von ihnen repräsentierte „alte Westen“ tue sich schwer damit, der Ukraine mit Waffen zu helfen oder dem Kriegsopfer ein frohgemutes „Willkommen im europäischen Club“ zuzurufen. Hier lesen Sie seine Analyse über die Kriegsziele von Scholz, Macron und Draghi und ob diese mit denen der Ukraine in Einklang zu bringen sind.
Heute gratulieren wir herzlich:
Gabor Steingart, Head of everything (HOE), 60
Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler, 64
Hendrik Hoppenstedt (CDU), Parlamentarischer Geschäftsführer der Union im Bundestag, 50
Anna Lührmann (Grüne), Staatsministerin im Auswärtigen Amt, 39
Andy Grote, SPD-Innensenator in Hamburg, 54
Constantin Schreiber, Tagesschau-Moderator, 43
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre