Yasmin Fahimi

Die Generälin übernimmt

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Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Die SPD-Politikerin Yasmin Fahimi soll den Deutschen Gewerkschaftsbund in (die) Zukunft führen. Wir sagen, wie es dazu kam.

  • Arbeitsminister Hubertus Heil bereitet die Verlängerung der Kurzarbeit wegen Corona vor. Wir erklären, worum es geht.

  • Außenministerin Annalena Baerbock hat in der Grünen-Fraktion intensiv um Zustimmung zum neuen Irak-Mandat der Bundeswehr geworben - aber nicht jeder ihrer Parteifreunde wird morgen mit Ja stimmen.

  • CDU-Chef Friedrich Merz plant angeblich einen Coup im Konrad-Adenauer-Haus. Seehofers früherer Staatssekretär Markus Kerber soll Planungs-Chef werden.

  • Bis zuletzt ging die Grünen-Spitze davon aus, dass auf dem bevorstehenden Bundesparteitag Waffen für die Ukraine kein Thema sein würden. Sie könnte sich irren.

Die SPD-Generalsekretärin an der DGB-Spitze

Als sich der Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes am Mittwoch gegen 9 Uhr zusammenschaltete, war die Entscheidung „nur noch Formsache“. Am Ende fiel sie einstimmig.

Yasmin Fahimi, SPD-Bundestagsabgeordnete und früher Generalsekretärin, soll DGB-Chefin werden - und damit oberste Interessenvertreterin von fast sechs Millionen Arbeitnehmern.

Die Beschlussvorlage des DGB-Vorstands  © ThePioneer

Unser Kollege Rasmus Buchsteiner erfuhr gestern Früh von der Nominierung und recherchierte die Hintergründe.

Für Außenstehende ist die Personalie eine Überraschung. Erstmals in seiner Geschichte soll der DGB von einer Frau geführt werden. Einer linken, hervorragend vernetzten Sozialdemokratin. Eine monatelange Kandidatensuche endet.

Der bisherige DGB-Chef Reiner Hoffmann geht in diesem Jahr altersbedingt in den Ruhestand. Gewählt werden soll Fahimi bei einem Kongress Ende Mai. Mehrere Male tauschten sich die Vorsitzenden der acht DGB-Mitgliedsgewerkschaften in den vergangenen Tagen in Videokonferenzen aus.

Thorben Albrecht 2017 als Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium © Imago

IG-Metall-Chef Jörg Hofmann hatte zwei Personalvorschläge mitgebracht: Fahimi, die lange Zeit für die Gewerkschaft IG BCE arbeitete, und Thorben Albrecht. Der 52-Jährige ist derzeit Leiter Politik der IG Metall und war davor SPD-Bundesgeschäftsführer.

Albrecht und Fahimi kennen sich gut. Beide waren Staatssekretäre im Arbeitsministerium unter Andrea Nahles. Beide stellten sich in den virtuellen Meetings den Gewerkschaftsbossen vor. Beide machten einen guten Eindruck. Fahimi stieß jedoch auf größere Zustimmung.

Der IG-Metall-Vorsitzende Hofmann ließ eine Präferenz für Albrecht erkennen, ähnlich soll es bei Verdi-Chef Frank Werneke gewesen sein.

Verdi-Chef Frank Werneke © Imago

Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft hatte kürzlich per Veto eine andere Lösung verhindert. Weil die Kandidatenfindung stockte und eine Verschiebung im Raum stand, hatte Michael Vassiliadis, der Vorsitzende der IG BCE, Bereitschaft signalisiert, selbst anzutreten.

Der Kandidatur von Fahimi - sie ist mit Vassiliadis liiert - wollte Werneke aber nicht im Wege stehen. Im Gegenteil: Fahimi wird bei Verdi in den höchsten Tönen gelobt.

Ihr Bundestagsmandat dürfte Fahimi behalten, erfuhren wir. Zwar hielten in der Vergangenheit DGB-Vorsitzende keine Mandate, die Vertreter der Einzelgewerkschaften jedoch gelegentlich schon.

Wenn Fahimi ihr Mandat behält, "steigert das in schwierigen Verhandlungen ihre Position", heißt es uns gegenüber. Sollte sie es doch aufgeben, würde Daniela de Ridder die erste Nachrückerin sein.

Bildungsministerin mahnt Schulen zu Präsenzunterricht

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat die Kultusminister in der Pandemie aufgefordert, auf Schulschließungen unbedingt zu verzichten. "Wir sind alle gefordert, das Nötigste zu tun, dass Bildung stattfinden kann", sagte sie uns bei einem Besuch auf der Pioneer One.

Für die Schüler, die zu Hause bleiben müssten, sei digitaler Unterricht keine Option, sondern zwingend notwendig. "Wir brauchen ein Ausfallmanagement. Wir haben uns viel zu lange über den Sommer Zeit gelassen, Vorkehrungen (für Home Schooling, Anm. d. Red.) zu treffen."

Man müsse auch fragen, warum die Mittel aus dem Digitalpakt von den Ländern nicht abgerufen würden. Dies werde sicher Thema beim nächsten Kultusminister-Treffen.

Bettina Stark-Watzinger © Anne Hufnagl

Die Abschaffung der Präsenzpflicht in Berlin kritisierte die FDP-Politikerin.

"Die Entscheidung aus Berlin hat mich überrascht. Die Kultusministerkonferenz hatte sich ja klar positioniert, dass Präsenzunterricht derzeit die gerechteste Form von Unterricht ist." Man habe in den ersten Corona-Wellen doch schmerzhaft gesehen, wie der Unterrichtsausfall die Kinder getroffen habe.

Das gesamte Interview mit der Bildungs- und Forschungsministerin hören Sie an diesem Donnerstag im Morning Briefing Podcast hier.

Balten fordern entschiedenes Vorgehen gegen Russland

© dpa

In einem Brief an Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg haben Vertreter der Verteidigungs- und Auswärtigen Ausschüsse der Parlamente von Litauen, Lettland, Estland und Polen ein klareres Vorgehen gegen Russland gefordert.

Der Brief wurde aus dem Nato-Hauptquartiert auch deutschen Bundestagsabgeordneten zugestellt und liegt uns vor. Die Länder beklagen die "ernsthaften Sicherheitsbedrohungen aller Nato-Länder" durch die aktuellen Spannungen mit Russland, das regelmäßig internationales Recht breche.

Dem Vorhaben Russlands, die Sicherheit Europas zu untergraben, müsse sich mit allen Mitteln entgegengestellt werden, heißt es. Abschreckung müsse aufrecht erhalten werden. Diese Position solle von allen Nato-Mitgliedstaaten gemeinsam vertreten werden, so die Forderung.

Seehofers Vertrauter soll Merz' Strategie-Chef werden

Es wäre eine überraschende Personalie im Konrad-Adenauer-Haus. Nach unseren Informationen will der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz den langjährigen Mitarbeiter von Wolfgang Schäuble und bisherigen Staatssekretär von Ex-Innenminister Horst Seehofer, Markus Kerber, als neuen Chef der Abteilungen Strategie, Planung und Programm in die Parteizentrale holen.

Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler war in der Pandemie einer der wichtigsten Vertrauten Seehofers, vertrat den Minister im Corona-Kabinett, im Krisenstab und den wichtigsten Bund-Länder-Runden.

Im Kanzleramt, im Gesundheitsministerium und auch in den SPD-Ministerien war der 58-jährige Kerber als strategisch denkender Organisator angesehen.

Die Idee, Kerber in die Parteizentrale zu holen, soll von Wolfgang Schäuble gekommen sein, der 2006 den gebürtigen Ulmer in sein Innenministerium holte und zum Abteilungsleiter für Grundsatzfragen machte.

Merz und Kerber wollten sich auf Anfrage nicht äußern.

Hier lesen Sie die Hintergründe:

Merz' Mann für die Strategie

Friedrich Merz will offenbar Seehofers alten Staatssekretär Markus Kerber ins Adenauer-Haus locken.

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker .

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Bier bekommt parlamentarische Lobbygruppe

Bier war in der politischen Landschaft schon immer recht beliebt, hier bei Horst Seehofer und Angela Merkel, nun gibt es erstmals eine parlamentarische Vertretung.  © dpa

Die deutsche Braukunst soll fortan durch eine eigene Parlamentariergruppe begutachtet, gewürdigt und gefördert werden. Gemeinsam mit Abgeordneten aus unterschiedlichen Fraktionen hat Grünen-Politikerin Lisa Badum die Initiative gestartet. Die Gruppe soll sich am Donnerstagabend formell gründen.

Bei der Initiative gehe es freilich "nicht nur um das gemütliche Zusammensitzen", betonte Badum. Bierbraukultur in Deutschland verkörpere "zahlreiche Werte und Traditionen" wie "Qualität, hochwertiges Lebensmittelhandwerk, die regionale Wirtschaft, mittelständische Betriebe".

Während der Lock-Down-Monate hätten zahlreiche Betriebe gelitten, schreibt Badum, die Branche musste "sehr laut werden, um gehört zu werden". Im Bundestag ist der Ruf nun angekommen.

Irak-Mandat: Zweifel bei den Grünen

Außenministerin Annalena Baerbock und ihr Staatsminister Tobias Lindner haben in der Grünen-Bundestagsfraktion intensiv um Zustimmung zum veränderten Irak-Mandat der Bundeswehr geworben - aber nicht jeden überzeugt.

Wenn am Freitag im Bundestag die namentliche Abstimmung für die Velängerung der Anti-IS-Mission aufgerufen wird, werden die Grünen nicht geschlossen zustimmen, erfuhr unsere Kollegin Marina Kormbaki.

Eine, die mit Nein stimmen will, ist die Rechtspolitikerin Canan Bayram.

Bayram sagte uns:

Ich halte die Beteiligung der Bundeswehr an diesem Einsatz ohne UN-Mandat und damit ohne völkerrechtliche Grundlage für falsch.

Stattdessen solle sich Deutschland „für eine nachhaltige Friedensperspektive durch deeskalierende Gespräche mit allen Konfliktparteien einsetzen und die Zivilgesellschaft stärken“, so die Abgeordnete aus Friedrichshain-Kreuzberg.

Soldaten kurdischer Peschmerga-Einheiten nehmen eine US-Lieferung von Humvee-Geländefahrzeugen in Empfang. © Imago

Das Gros der Grünen hält das neue Bundeswehrmandat jedoch für zustimmungsfähig, nachdem Bundeswehr-Flüge über Syrien ausgeschlossen worden sind. Bei SPD und FDP geht man von geschlossener Zustimmung aus. Auch die Union wird der Verlängerung des Irak-Einsatzes zustimmen; AfD und Linke wollen mit Nein stimmen.

Wegen Corona: Heil arbeitet an Verlängerung der Regelungen zur Kurzarbeit

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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bereitet eine Verlängerung der Regelungen zur Kurzarbeit vor. Das wurde unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner am Mittwoch in Koalitionskreisen bestätigt. Im Gespräch ist unter anderem, die maximale Bezugsdauer beim Kurzarbeitergeld von derzeit 24 auf 30 Monate zu verlängern.

Diese Regelung zielt auf Beschäftigte ab, die seit Pandemie-Beginn ohne längere Unterbrechung Kurzarbeitergeld bezogen haben - etwa in der Veranstaltungsbranche.

Bis zum Jahresende könnten zudem bestimmte Corona-Sonderregelungen verlängert werden - etwa dass Kurzarbeitergeld nur für Beschäftigte in Unternehmen gezahlt wird, in denen mindestens zehn Prozent der Belegschaft von Arbeitsausfall betroffen sind.

Noch offen ist unter anderem, ob Arbeitgebern auch künftig noch Sozialversicherungsbeiträge für Kurzarbeiter erstattet werden. Zu klären ist darüber hinaus, ob bei längerer Kurzarbeit auch künftig mehr gezahlt werden soll.

Grünen-Parteitag: Waffen für die Ukraine drängen auf die Tagesordnung

Bis zuletzt ging die Grünen-Spitze davon aus, dass auf dem bevorstehenden Bundesparteitag Waffenlieferungen für die Ukraine kein Thema sein würden.

Doch wie wir erfuhren, sammelten Basismitglieder gestern Abend eilig Unterschriften für einen Dringlichkeitsantrag, der am Freitag oder Samstag auf der digitalen Bundesdelegiertenkonferenz beraten werden soll.

Unter den Unterzeichnerinnen ist die frühere Fraktionschefin der Grünen im Europäischen Parlament, Rebecca Harms.

Harms, die von 2014 bis 2019 oft die Front im Osten der Ukraine besuchte, sagte uns:

"Deutschlands Politik wird in der Ukraine, aber auch in der EU und in der Nato unglaubwürdig, wenn wir - als einer der wichtigsten Partner der Ukraine - durch Verweigerung von Ausrüstung und Defensivwaffen für die ukrainischen Soldaten das Recht auf Selbstverteidigung gegen Putins Aggression infrage stellen."

Heikel an der Debatte: Außenministerin Annalena Baerbock hat sich zuletzt wiederholt gegen die Lieferung von Waffen an die Ukraine ausgesprochen, auch gegen Defensivwaffen. Eine Zustimmung der Basis würde die Ministerin düpieren.

Robert Habeck und Annalena Baerbock  © imago

Das Thema hat die Grünen bereits im vergangenen Jahr gespalten, als der scheidende Parteichef Robert Habeck während eines Besuchs in der Ostukraine Defensivwaffen für das Land gefordert hatte.

Köster leitet Kommunikationsabteilung

Die Veränderungen an der Spitze der SPD ziehen auch Veränderungen in der Struktur des Willy-Brandt-Hauses nach sich. Lars Klingbeils Sprecherin Bianca Walther steigt zur Leiterin der Pressestelle auf und löst damit Ingrid Herden ab, die das Willy-Brandt-Haus verlassen hat.

Bianca Walther © SPD

Kevin Kühnerts bisheriger Sprecher Benjamin Köster steigt ebenfalls auf: Er wird neuer Leiter der Kommunikationsabteilung des Hauses. Sein Nachfolger als Sprecher wird ab Februar Fabian Weißbarth, aktuell Abteilungsleiter Grundsatz und Politik bei der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Sprecher von Saskia Esken bleibt Philipp Geiger.

Das Bundeskabinett soll voraussichtlich am 23. Februar 2022 den Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro beschließen. Die Pläne wurden am Mittwoch zur Stellungnahme an Verbände geschickt.

Die Erhöhung soll zum 1. Oktober 2022 erfolgen. Das parlamentarische Verfahren müsse daher bis spätestens Juni abgeschlossen sein.

Auf - Wolfgang Kubicki hat der Orientierungsdebatte des Bundestags zur Impfpflicht intellektuelle Schärfe verliehen. Der FDP-Vize schwärmte geradezu von der befreienden Wirkung, die Impfung und Booster auf ihn persönlich gehabt habe - um dann rechtliche und medizinische Zweifel an der Impfpflicht präzise zu benennen. Man muss Kubickis Nein zur Impfpflicht nicht teilen. Sein ehrliches Abwägen aber wird der Komplexität des Themas gerecht. Aufsteiger.

Ab - Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) meint es sicher gut mit der Lieferung von 5000 Schutzhelmen an die Ukraine. Allerdings dürfte die Lieferung in der Ukraine selbst wie ein Witz ankommen - das Land hatte sich viel mehr erwünscht. Deutschland zaudert in der großen europäischen Sicherheitsfrage - Lambrecht ist unsere Absteigerin.

Die Orientierungsdebatte des Bundestags zur Einführung einer Impfpflicht findet viel Beachtung.

In der Welt gleicht Thore Barfuss Anspruch und Wirklichkeit der Diskussion miteinander ab: "Kanzler Scholz begründete die offene Debatte auch damit, dass dies einen befriedenden Konsens ermöglichen soll. Dass es in der Ampel-Koalition dazu auch keine gemeinsame Linie gibt, wurde früh in der Debatte deutlich."

Stefan Reinecke von der taz bescheinigt der Debatte reichlich Parteipolitik und hält fest: "Die Union macht genau das, was sie der Ampel vorwirft: taktieren. Wenn Machtpolitiker Machtpolitikern Machtpolitik vorwerfen, ist das nur bedingt erkenntnisfördernd."

Für die SZ beobachten Nico Fried und Jan Heidtmann die Debatte im Bundestag - und die Protestkundgebung vor dem Reichstagsgebäude. "Sicher liegt es auch an dem fies-kalten Regen, dass keinerlei Stimmung unter den Protestlern aufkommen mag", schreiben sie. Drinnen verfolgen sie eine Debatte, "die zwischen lebhaft und länglich changiert".

Heute gratulieren wir herzlich:

Stefan Nacke, CDU-Bundestagsabgeordneter, 46

Prof. Martin Neumann, ehem. Bundestagsabgeordneter der FDP, 66

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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