herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters.
Unsere Themen heute:
Er wollte sparen und die Verwaltung modernisieren, stattdessen schnürte Christian Lindner bislang drei Entlastungspakete und legte zwei neue Sondervermögen an. In unserer Sommerserie ziehen wir eine Zwischenbilanz zur Arbeit des Finanzministers.
Das Bundesverfassungsgericht berät in dieser Woche über eine Teil-Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin. Die Entscheidung könnte auch Auswirkungen auf einen CDU-Mandatsträger aus NRW haben.
CDU-Chef Friedrich Merz holt sich externe Kommunikationsberatung ins Adenauer-Haus. Es handelt sich um einen alten Bekannten und Vertrauten von Roland Koch.
Nach der Ernennung von Carsten Linnemann zum Generalsekretär verlangt der Sozialflügel der CDU mehr Einfluss in der Parteiführung.
Juristischer Erfolg für Ferda Ataman: Die Antidiskriminierungsbeauftragte wehrte sich erfolgreich gegen einen Artikel des AfD-Mitgründers Konrad Adam.
Der Veto-Minister
Er wollte die Ampel zur Fortschrittskoalition machen, die Verwaltung modernisieren, Investitionen nur noch in Zukunftsprojekte stecken und bei alldem trotzdem „sparsam umgehen“ mit dem Geld der Steuerzahler.
Das hatte der neue Finanzminister Christian Lindner vor knapp zwei Jahren versprochen.
Doch dann kam der Ukraine-Krieg, die Energiekrise und der FDP-Minister musste Sondervermögen bilden, Schulden machen und sich immer wieder auch mit den Grünen anlegen.
Christian Lindner © The PioneerLindner schnürte drei milliardenschwere Entlastungspakete und legte zwei neue Sondervermögen an. Die FDP-Wähler stöhnten und die Liberalen verloren reihenweise Landtagswahlen.
Im Streit um das Heizungsgesetz zeigte sich Lindner dann widerstandsfähig und die FDP ist seither in den Umfragen wieder stabil. Jetzt gefällt sich der 44-Jährige in der Rolle des finanzpolitischen Nein-Sagers.
Finanzpolitik
Nach zwei Jahren Notlage kann Lindner im Haushalt 2024 sein wichtigstes Versprechen halten: Die Schuldenbremse wird wieder eingehalten und der Bund nimmt nicht mehr Kredite auf, als das Grundgesetz zulässt. Das rund 200-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Energiepreisbremse, der auf 60 Milliarden Euro angewachsene Klima- und Transformationsfonds (KTF) und das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für die Bundeswehr zählen dabei allerdings nicht mit.
2024 ist ein „Sparhaushalt“, sagt Lindner. Der FDP-Mann hat in harten Verhandlungen den Ressorts strikte Obergrenzen gegeben und sich durchgesetzt.
Steuerpolitik
Keine Steuererhöhungen, lautete das Versprechen von Lindner und er hat es gehalten. Den Verbrauchern stiegen die Kosten des Alltags angesichts der Rekordinflation allerdings auch so über den Kopf.
Dafür hat Lindner die Energiepreisbremsen mitgetragen und schon früh Anpassungen bei der kalten Progression durchgesetzt. Gesamtvolumen der Entlastungen: 100 Milliarden Euro. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und das IW Köln lobten die Maßnahmen als „zielgerichtet“ und „wirksam“, gerade für kleine und mittlere Einkommen.
Die Förderung von E-Autos hat der Minister schon zum 1. Januar 2023 reformiert, die Steuerbefreiung von Solaranlagen geht ebenfalls auf seine Initiative zurück.
Digitale Wirtschaft & Verwaltung
Christian Lindner sieht sich als Anwalt der Gründerszene und verbessert mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz, das in diesen Tagen verabschiedet wird, vor allem die Mitarbeiterbeteiligung von Start-ups. Ein überfälliger Schritt.
Eine einfache Online-Übersicht über die Rentenansprüche hat der Minister vorangetrieben, doch bei der Digitalisierung der Finanzämter ist Lindner bisher kaum vorangekommen – die Bundesregierung schaffte es nicht einmal, einen einfachen, digitalen Weg für die Auszahlung der 200-Euro-Energiehilfen an die Studierenden zu finden.
Und sonst?
In der Lindner-Zwischenbilanz bleibt positiv, dass sich die FDP 2022 erfolgreich gegen die von Teilen der SPD und den Grünen geforderte Corona-Impfpflicht gestemmt hat. Nachgeben musste Lindner bei der Kernenergie. Den Ausstieg konnte er nicht verhindern. Auch das Aus für den Verbrennungsmotor ab 2035 ist beschlossen.
Noch offen
Die geplante Reform der Dienstwagenbesteuerung steht noch aus, einem ökologisch orientierten Umbau der Subventionen, wie ihn die Grünen fordern, verweigert sich Lindner.
© The PioneerDetails zur kleinen Steuerreform, die mittelständische Unternehmen im Land um zwei Milliarden Euro pro Jahr entlasten soll, will Lindner noch in diesem Sommer vorlegen. Ein Wumms ist das nicht.
Bei der im Koalitionsvertrag verabredeten Altschuldenentlastung für die Kommunen geht es noch nicht voran. Lindner schlägt einen dauerhaften Pakt mit den Kommunen vor, doch dafür muss das Grundgesetz geändert werden. Schwierig!
Hoffnung auf rasche Entscheidung über Wiederholungswahl in Berlin
Das Bundesverfassungsgericht berät an diesem Dienstag und Mittwoch über eine Beschwerde der Unionsfraktion gegen die Entscheidung des Bundestages zur Teil-Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin.
In Parlamentskreisen wird mit einer Entscheidung der Karlsruher Richter rasch nach der Sommerpause gerechnet.
Warteschlange vor einem Wahllokal in Berlin © dpaBei einer Wahl-Wiederholung dürfte sich die Zusammensetzung des Parlaments verändern. Bei gleichem Ergebnis könnte eine sinkende Wahlbeteiligung laut interner Simulationsrechnung dazu führen, dass etwa die Linke ein Mandat in Berlin verliert – und in einem anderen Bundesland eines hinzugewinnt.
Die CDU, hören wir, könne aufgrund komplizierter Wechselwirkungen ein Mandat in Nordrhein-Westfalen verlieren. Betroffen wäre womöglich Außenpolitiker Jürgen Hardt.
Bei der Bundestagswahl war es in zahlreichen Wahllokalen in der Hauptstadt zu Pannen gekommen. Es fehlten Stimmzettel, zum Teil wurde auch weit nach 18 Uhr noch abgestimmt.
Mit den Stimmen der Ampel-Mehrheit hat der Bundestag im vergangenen November beschlossen, die Wahl in 431 der Wahlbezirke zu wiederholen. Die Union dagegen pocht auf eine Wiederholung in allen sechs betroffenen Wahlkreisen.
Dirk Metz berät Adenauer-Haus
Déjà-vu in der CDU. Der langjährige Berater des früheren hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, Dirk Metz, berät mit seiner Agentur Dirk Metz Kommunikation das Adenauer-Haus.
Das Engagement sei auf einige Wochen befristet, bestätigte Metz auf Anfrage.
Dirk Metz. © DMK
Schon beim Wechsel von Generalsekretär Mario Czaja zu Carsten Linnemann hatten Dirk Metz und die Senior Consultant des Unternehmens, Jana Lautenschläger, den Kommunikationsfahrplan erarbeitet und er war in den Abstimmungsrunden dabei.
Nach Informationen aus dem Adenauer-Haus will sich Merz auf seine Themen Wirtschaft und Innere Sicherheit konzentrieren, dort habe die Union die besten Kompetenzwerte.
Linnemann soll als neuer Generalsekretär Ruhe ins Adenauer-Haus bringen, das durch zahlreiche Personalabgänge in den vergangenen Monaten durchgewirbelt wurde. Auch soll das neue Grundsatzprogramm schon im Herbst vorgestellt werden, heißt es.
Dass die frühere McKinsey-Beraterin Lautenschläger eine operative Rolle in der CDU übernehmen soll, dementierte Metz allerdings.
Auch Roland Koch traf am Rande des Kleinen Parteitags den CDU-Chef Merz.
Laumann will mehr Einfluss
Karl-Josef Laumann © dpaDer Chef des mächtigen CDU-Sozialflügels, Karl-Josef Laumann, hat in der vergangenen Präsidiumssitzung den Anspruch auf einen Vertreter der CDA in der Parteiführung deutlich gemacht. Die Beförderung von Carsten Linnemann, dem langjährigen Chef des Wirtschaftsflügels, zum Generalsekretär habe Auswirkungen auf die Ausrichtung der Partei, soll Laumann in der Sitzung gesagt haben.
Das werden wir nicht unwidersprochen lassen.
Intern hat Laumann klargemacht, dass er eine Akzentverschiebung nicht mitmachen werde, auch auf den frei werdenden Vize-Posten der CDU will die CDA zugreifen.
Stark-Watzinger in Israel und auf der Pioneer One
Bettina Stark-Watzinger © Anne HufnaglBundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger bricht heute zu einer dreitägigen Reise nach Israel auf. Unter anderem wird die FDP-Politikerin dort am Dienstag am Helmholtz Innovation Summit zum Thema „Food and Climate Tech for Global Impact“ teilnehmen sowie die Universität von Tel Aviv und das Weizmann Institute of Science besuchen.
Am Mittwoch steht neben dem Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem auch ein Gespräch mit dem israelischen Wissenschaftsminister Ofir Akunis auf dem Programm. Unser Kollege Maximilian Stascheit wird die Reise begleiten.
Übrigens: Am Mittwoch, 2. August, ist Stark-Watzinger Gast bei unserem politischen Sightseeing auf der Pioneer One. Während einer Spree-Rundfahrt auf dem Oberdeck unseres Redaktionsschiffes werden Gordon Repinski und Maximilian Stascheit mit ihr über die Arbeit der Ampel-Koalition und den Zustand des deutschen Bildungssystems diskutieren.
Arbeitsminister Heil diese Woche in Indien
© The PioneerBundesarbeitsminister Hubertus Heil reist an diesem Montag nach Indien – unter anderem zu einem Treffen der G20-Arbeitsminister.
Am Dienstag trifft der SPD-Politiker seinen indischen Amtskollegen Bhupender Yadav. Eines der Themen: Fachkräftezuwanderung von Indien nach Deutschland. Am Mittwoch unterzeichnet Heil mit Pinarayi Vijayan, Regierungschef des Bundesstaats Kerala, eine Absichtserklärung für mehr Migration von Fachkräften aus den Bereichen IT, Mathematik und Naturwissenschaften.
Auf - Ferda Ataman. Die Antidiskriminierungsbeauftragte ist mit Erfolg juristisch gegen den AfD-Mitgründer Konrad Adam und die Nachrichtenplattform Tichys Einblick vorgegangen. Adam berichtet in einem dort veröffentlichten Artikel über einen Expertenrat zur Muslimfeindlichkeit, der jedoch nicht von Ataman, sondern dem damaligen CSU-Innenminister Horst Seehofer gegründet wurde. Das Portal ergänzte den Artikel um eine Richtigstellung – und ersetzte den Namen Ataman plump durch Nancy Faeser.
Ab - Kai Gniffke. Carsten Linnemann als Vertreter einer neuen Rechten? Merz in einer Reihe mit DVU und NPD? Und aus dem Zusammengang geschnittene Interview-Schnipsel des CDU-Chefs? Die ARD-Redaktionen haben in den vergangenen Wochen mehr Aktivismus als Journalismus gezeigt. Aufarbeiten!
Der Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios, Theo Koll, empfing gestern Abend Grünen-Chef Omid Nouripour zum Sommerinterview. Unter anderem ging es um den Zustand der Ampel-Koalition, die Zustimmungswerte der Grünen und der AfD sowie die zunehmende Gewalt in Deutschland, insbesondere in den Berliner Freibädern.
© dpaUmfragen zeigen einen Rückgang der Zustimmungswerte für die Grünen, doch Nouripour betonte ambitionierte Ziele und die Notwendigkeit, die Vorsorge in Deutschland nicht zu vernachlässigen.
Wir waren diejenigen, die immer gesagt haben: Klimaschutz, und vor allem Energiesicherheit, ist nicht vereinbar mit Nord Stream 2, beispielsweise.
Er widersprach auch der Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz, dass es für ökologische Maßnahmen immer eine Mehrheit in der Bevölkerung brauche.
Es ist nicht zwingend so, dass man erst eine Umfrage macht und dann entscheidet, was man tut.
Stattdessen sollten die Ergebnisse überzeugen, nachdem das Notwendige getan wurde, um das Land voranzubringen.
Nouripour kritisierte zudem die AfD, da diese keine Lösungen anbiete. Vor dem Hintergrund der steigenden Zustimmungswerte für die Rechtspopulisten betonte er die Bedeutung des Zusammenhalts der demokratischen Parteien:
Der Graben verläuft nicht zwischen Opposition und Koalition in erster Linie, sondern zwischen den demokratischen Parteien auf der einen Seite und Nazis auf der anderen Seite.
In Bezug auf die Situation in den Berliner Freibädern forderte er eine klare Antwort:
Es soll eine klare Grenzziehung geben: bis hierhin und nicht weiter. Und die Grenze ist das Recht.
Das gesamte Interview sehen Sie hier.
Der stellvertretende Leiter des RND-Hauptstadtbüros, Steven Geyer, kritisierte die Stellungnahme von Finanzminister Christian Lindner zur Abschaffung des Ehegattensplittings. Es sei nicht modern und fortschrittlich, „finanzielle Privilegien allein an den Status der Ehe zu knüpfen“. Geyer betont, dass Mehreinnahmen von Topverdienern somit zugunsten von mittleren und unteren Einkommen umgelenkt würden. Seinen vollständigen Kommentar lesen Sie hier.
Heute gratulieren wir herzlich:
Franz Alt, Journalist und Buchautor, 85
Angela Merkel (CDU), ehem. Bundeskanzlerin, 69
Alexander Müller, FDP-Bundestagsabgeordneter, 54
Victor Ndocki, kamerunischer Botschafter in Deutschland, 68
Halina Wawzyniak, ehem. stellv. Linken-Vorsitzende, 50
Morgen gratulieren wir herzlich:
Christine Arbogast, Staatssekretärin im niedersächsischen Sozialministerium, 59
Joe Chialo (CDU), Kultursenator in Berlin, 54
Deborah Düring, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 29
Tobias Rösmann, Regierungssprecher in Hessen, 47
Emanuel Henrique Semedo Duarte, Botschafter von Kap Verde in Deutschland, 62
Armand Zorn, SPD-Bundestagsabgeordneter, 35
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre