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Unsere Themen heute:
Christiane Benner wurde an die Spitze der IG Metall gewählt. Das sind ihre vier Hausaufgaben.
Die Bundesregierung hat bereits rund 2000 Deutsche aus Israel evakuiert. Bei der Ausreise konnte sie insgesamt noch mehr Menschen helfen.
Die Ausgaben für Bundestags-Reisen sind 2023 deutlich gestiegen. Das gibt die Bundestagsverwaltung in einem neuen Bericht an, den wir erhalten haben.
Die Union setzt Olaf Scholz wegen des Deutschlandpakts zur Migration unter Druck. Sie fordert neue Maßnahmen.
Der Bundestag hat neue Änderungen beim Lobbyregister beschlossen. Wir kennen die Einzelheiten.
Die Identitätskrise der IG Metall
Christiane Benner ist die erste Chefin der IG Metall. Die 55-Jährige erhielt auf dem gestrigen Gewerkschaftstag in Frankfurt 96,4 Prozent der Delegiertenstimmen. Sie gilt als durchsetzungsstark. Die Führung ist damit transformiert, die Gewerkschaft noch nicht.
Mit Christiane Benner ist in der 130-jährigen Geschichte der Gewerkschaft erstmals eine Frau an die Spitze gewählt worden. © dpaDie IG Metall stehe „vor einer ganz schwierigen Zeit", sagt Gewerkschaftsforscher Klaus Dörre von der Uni Jena. Benner müsse der IG Metall „ein unverwechselbares Profil" und den Arbeitern „ihren Stolz" zurückgeben.
Anfang November kommt Benner zum Antrittsbesuch nach Berlin, erfuhr The Pioneer. Sie trifft Arbeitsminister Hubertus Heil und andere Minister. Und sie besucht den Maschinenbaugipfel, der am 7. und 8. November stattfindet.
Die Mission Aufbruch ist komplex. Die IG Metall sucht auf mehreren Feldern ihre Identität, haben unsere Autoren Claudia Scholz und Christian Schlesiger recherchiert. Benner wird an vier Punkten ansetzen.
#1 Mehr Demokratie: Früher war die IG Metall strategischer Partner der SPD. Heute liebäugeln viele Mitglieder mit der AfD. „Bis zu einem Fünftel tendiert zur radikalen Rechten, vor allem im Osten", sagt Dörre. Benner müsse die Radikalisierung ernst nehmen. Sie sagt The Pioneer: Den Populisten wolle sie „entgegentreten, indem wir Sicherheit in unsicheren Zeiten bieten". Ziel sei „mehr Mitbestimmung" für Beschäftigte.
Eine Infografik mit dem Titel: AfD beliebt bei Arbeitern
Vergleich der Zweitstimmenanteile der Wähler gesamt und der Gewerkschafter bei der Landtagswahl in Bayern 2023, in Prozent
#2 Mehr Mitglieder: Die größte Einzelgewerkschaft der Welt verliert Mitglieder. Die Pandemie hat es ihr schwer gemacht, für ihre Sache zu werben. Die Mitgliederzahl ging von 2,4 auf rund 2,1 Millionen zurück. Benner gibt sich optimistisch: „Jetzt, wo wir nach Corona zurück in der Normalität sind, verzeichnen wir eine gute Mitgliederentwicklung."
Eine Infografik mit dem Titel: Mitgliederschwund
Anzahl der Mitglieder der Gewerkschaft IG Metall bis 2022, in Millionen
#3 Mehr Einfluss: Für Konzerne wie Tesla ist Sozialpartnerschaft ein Fremdwort, viele Firmen meiden die Tarifbindung. „Die Flächentarifverträge erodieren", sagt Forscher Dörre. Für die IG Metall läuft es auf „einen Häuserkampf" hinaus. Die IG Metall müsse viel häufiger als früher „einzelbetriebliche Tarifverträge aushandeln".
#4 Mehr Profil: Die sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft trifft traditionelle Branchen wie den Autobau oder die Stahlindustrie. Benner wird versuchen, Jobs zu sichern und „den Arbeitnehmern bei der Transformation ein Wir-Gefühl zu vermitteln", sagt Dörre. Forderungen wie die Vier-Tage-Woche und eine Demokratiestunde pro Woche seien „gute Ansätze".
Lesen Sie das Interview mit ihr über Frauen, AfD, Tesla und die neuen Herausforderungen:
Bundesregierung evakuierte rund 2000 Deutsche
Ein Flugzeug der Lufthansa © ImagoDie Bundeswehr und das Auswärtige Amt haben bei ihrer Evakuierungsmission in Israel gemeinsam knapp 2000 Bundesbürger evakuiert. Dies geht aus einer Antwort von Außenstaatssekretär Thomas Bagger an den CDU-Bundestagsabgeordneten Nicolas Zippelius hervor, die uns vorliegt.
Auf acht von der Regierung organisierten Flügen wurden demnach 1.645 Deutsche befördert, dazu wurden 250 Staatsangehörige von der Bundeswehr evakuiert. Insgesamt will die Regierung mehr als 3000 Deutschen bei der Ausreise geholfen haben.
Ausschnitt aus dem Brief von Thomas Bagger an Nicolas Zippelius.
Ausgaben für Bundestags-Reisen deutlich gestiegen
Die Ausgaben für Auslandsreisen von Abgeordneten und Delegationen des Deutschen Bundestages sind deutlich gestiegen. Das geht aus einem neuen Bericht der Bundestagsverwaltung hervor, den unser Kollege Rasmus Buchsteiner erhalten hat.
Demnach beliefen sich die Ausgaben für Auslandsreisen in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres auf 3,7 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2022 waren es 3,1 Millionen Euro.
Reichstagsgebäude bei Nacht © imagoBereits im Sommer hatte die Bundestagsverwaltung intern erklärt, das Budget für Einzelreisen von Abgeordneten sei aufgebraucht. Zuletzt gab es auch einen Reisestopp für Delegationen von Ausschüssen und Parlamentariergruppen.
In diesem Jahr entfielen Ausgaben in Höhe von 1,8 Millionen Euro auf – laut Bericht – 49 Auslandsreisen von Ausschüssen. 828.000 Euro gab der Bundestag für Einzeldienstreisen von Abgeordneten aus.
Union pocht auf Deutschlandpakt zu Migration
Die Unionsbundestagsfraktion setzt den Bundeskanzler wegen des Deutschlandpakts zur Migration unter Druck. Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, der SPD-Kanzler müsse sich bald mit der Unions-Bundestagsfraktion über ein großes Paket verständigen, heißt es in der Fraktion. Ein Angebot für weitere Gelder an die Länder bei der Ministerpräsidentenkonferenz im November reiche nicht aus.
„Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat vor mehr als einer Woche 26 sehr konkrete Vorschläge für eine deutliche Begrenzung der Migration auf den Tisch gelegt. Bislang haben wir keine Antwort und kein weiteres Gesprächsangebot vom Bundeskanzler erhalten“, sagte uns Fraktions-Geschäftsführer Thorsten Frei. Stattdessen habe das Bundeskanzleramt der MPK „einen Beschlussentwurf unterbreitet, der dem Ernst der Lage nicht gerecht und zu keiner Asylwende führen wird“.
Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion © dpaDie Hand der Unionsfraktion bleibe ausgestreckt. „Wenn der Kanzler die Asylpolitik tatsächlich auf eine neue Grundlage stellen will, stehen CDU und CSU bereit. Das gilt aber nur für eine Politik, die die Zahlen wirklich drastisch reduziert.“
Neue Änderungen beim Lobbyregistergesetz ab dem 1. März 2024
© imagoAm letzten Donnerstag hat der Bundestag verschiedene Änderungen beim Lobbyregistergesetz beschlossen, die ab dem 1. März in Kraft treten sollen.
Diese Änderungen betreffen hauptsächlich die Registrierungspflicht für Interessenvertreter sowie die verpflichtenden Angaben im Lobbyregister, wie es in einem Papier heißt, das unserem Kollegen Paul Jouen vorliegt.
Geplant sind Ausnahmen von der Registrierungspflicht, unter anderem für:
Interessenvertreter, die ausschließlich rechtliche Beratung anbieten, ohne dabei Kontakt zur Regierung oder zum Parlament zu haben.
Jugendorganisationen politischer Parteien.
Interessenvertreter, die eine diplomatische oder konsularische Tätigkeit ausüben.
Ab dem 1. März sind bei der Registrierung im Lobbyregister folgende neue Angaben für Interessenvertreter verpflichtend:
Angaben zu aktuellen oder vergangenen Funktionen, die weniger als fünf Jahre zurückliegen: Mitglied der Bundesregierung, Parlamentarischer Staatssekretär beziehungsweise Staatssekretär, Bundestagsabgeordneter, Mitarbeiter eines Abgeordneten, einer Fraktion oder einer Gruppe im Bundestag oder Mitarbeiter innerhalb der Bundesverwaltung.
Informationen zum Zweck der Interessenvertretung.
Angaben zur Einflussnahme auf Regelungsvorhaben auf Bundes- und EU-Ebene.
Weitere Einzelheiten können Sie hier nachlesen:
Linke verliert Ausschuss-Vorsitz
Die Linkspartei verliert neben Abgeordneten und womöglich Fraktionsmitarbeitern auch noch ihren einzigen Ausschussvorsitz im Bundestag, wenn der Fraktionsstatus abgegeben würde. Der bisherige Vorsitzende des Ausschusses Klima und Energie, Klaus Ernst, würde seinen Posten verlieren, wenn die Linke den Fraktionsstatus abgibt.
Bleiben die Abgeordneten aber in der Fraktion, dann könnte die imaginäre Liste Wagenknecht mit Ernst den ersten Ausschuss-Vorsitzenden stellen. Die genauen Konsequenzen hängen vom weiteren Verhalten der abtrünnigen Abgeordneten ab.
Klaus Ernst © dpaDeutsch-Ukrainisches Wirtschaftsforum mit Scholz und Habeck
Olaf Scholz, Denys Schmyhal und Robert Habeck beim letzten Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum © Imago ImagesHeute findet das 6. Deutsch-Ukrainische Wirtschaftsforum im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin statt. Unter dem Motto „Recovery, Smart Growth und Security" werden deutsch-ukrainische Geschäftsbeziehungen und die Herausforderungen des Wiederaufbaus der Ukraine diskutiert.
Eröffnet wird die Konferenz von Bundeskanzler Olaf Scholz und vom ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal. Vorgesehen ist auch eine Videoschalte mit Präsident Wolodymyr Selenskyj.
Im Anschluss daran folgt ein Ministerdialog zwischen Wirtschaftsminister Robert Habeck und seiner ukrainischen Amtskollegin Yulia Syyrydenko sowie Paneldiskussionen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Kriegszeiten und der aktuellen Sicherheitslage in der Ukraine.
Auf - Cem Özdemir. Der Bundesagrarminister will das unnötige Wegwerfen vieler Lebensmittel reduzieren. Seiner Meinung nach sei es „komplett sinnbefreit", dass für lange Zeit haltbare Lebensmittel wie Tee, Honig und Reis ein Mindesthaltbarkeitsdatum hätten und fordert deshalb, es für eine Reihe an Produkten abzuschaffen.
Ab - Gregor Gysi. Das Linken-Urgestein gab sich in den vergangenen Monaten Mühe, zwischen den beiden zerstrittenen Parteilagern zu vermitteln. Doch die Gräben und Wagenknechts Abspaltungs-Willen waren offenbar zu groß. Die Partei, die Teil seines Lebenswerks ist, droht nun zu versinken.
Für den FAZ-Redakteur Oliver Georgi stehe Sahra Wagenknecht vor einem Dilemma: Um der AfD gefährlich zu werden, müsse sie sich weiter radikalisieren. Auf diese Weise würde sie mit der AfD um die gleiche Wählergruppe kämpfen und gegen ein vermeintliches "Establishment" antreten. Laut Georgi könnte sie nur erfolgreich sein, wenn sie diesen Ansatz weiterverfolgt und sich radikaler positioniert. Andernfalls würde die AfD immer lauter und konsequenter als Stimme der Unzufriedenen erscheinen. Ob Wagenknecht wirklich bereit wäre, diesen Weg zu gehen, könne man laut dem FAZ-Redakteur jedoch bezweifeln. Hier können Sie seinen vollständigen Kommentar lesen.
Thomas Sigmund vom Handelsblatt ist der Auffassung, dass die neue Wagenknecht-Partei möglicherweise dazu beitragen könnte, die AfD zu verkleinern. Für Sigmund sei es nicht mehr von großer Bedeutung, dass die Linke sich in der Abwicklung befindet, da sie auf Bundesebene schon lange keine Rolle mehr spiele. Anders sehe es bei der AfD aus: Mit dem gleichen Giftcocktail würden die Rechtspopulisten in Ost und West immer mehr Wähler gewinnen, so der Handelsblatt-Redakteur. Mit der neuen Wagenknecht-Partei könne der beängstigend große politische Einfluss der AfD möglicherweise auf eine demokratisch akzeptable Größe schrumpfen. Der Nachteil wäre jedoch, dass es statt einer einzigen extremen Protestpartei im Bundestag nun zwei geben würde. Lesenswert!
Heute gratulieren wir herzlich:
Felix Banaszak, Bundestagsabgeordneter der Grünen, 34
Katrin Eder (Grüne), Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität in Rheinland-Pfalz, 47
Wiebke Knell, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion in Hessen, 42
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre