Corona

Die Impfpflicht-Gegner werden lauter

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Unsere Themen heute:

  • Die Zweifel an der Impfpflicht in der Regierung wachsen. Auch der Virologe Hendrik Streeck und Grünen-Rechtspolitiker sehen keine Grundlage mehr.

  • Der Ex-Juso-Chef und Staatssekretär von Arbeitsminister Hubertus Heil, Björn Böhning, wechselt in die Filmwirtschaft. Wir wissen auch, wohin.

  • Deutschlands Privatanleger halten nichts von den EU-Plänen zur Förderung von Kernkraft und Erdgas - der sogenannten Taxonomie. Wir haben nachgefragt.

  • Linken-Politiker Gregor Gysi übt Kritik an der Reiseroute der Bundesaußenministerin - wir sagen, weshalb.

Doch keine Impfplicht?

Ein Regierungsmitglied der Ampel ist sich sicher, dass die von Bundeskanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach empfohlene Impfpflicht nicht kommt.

"Es sieht so aus, als stirbt die Idee einen leisen Tod."

Zu viele politische, juristische, aber auch medizinische Fragen seien nicht beantwortet.

Scholz hatte sich im Bundestag für eine zügige Einführung der allgemeinen Impfpflicht für alle Erwachsenen ausgesprochen. Die Länder unterstützen dies und haben die Einführung einer Impfpflicht für Erwachsene bei der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz mit 16:0 Stimmen bekräftigt.

Olaf Scholz nach einer Rede im Deutschen Bundestag. © imago

Doch in der FDP wächst die Zahl derer, die eine Impfpflicht ablehnen und den Gruppenantrag um FDP-Vize Wolfgang Kubicki im Bundestag unterzeichnen wollen. In der Fraktion ist die Rede von einer Zwei-Drittel-Mehrheit unter den 92 liberalen Abgeordneten.

In einer aktuellen Cosmo-Studie der Universität Erfurt sagen 60 Prozent der Impfskeptiker, dass sie sich auch bei einer Impfpflicht nicht impfen lassen würden.

Auch in den Reihen der Grünen wächst die Skepsis.

„Einer Impfpflicht stehe ich kritisch gegenüber", sagte uns Canan Bayram, Obfrau der Grünen im Rechtsausschuss.

Bayram betonte:

"Weder scheint mir der Umfang beziehungsweise die Durchsetzbarkeit dieser weit in die persönlichen Freiheitsrechte reichenden Maßnahme klar definiert zu sein, noch stehen ausreichend praktikable Kontrollmöglichkeiten zur Verfügung.“

Grünen-Politikerin Canan Bayram © Imago

Der Bonner Virologe Hendrik Streeck, Mitglied des Expertenbeirats der Bundesregierung, sieht ebenfalls keine Grundlage für eine allgemeine Impfpflicht.

"Ich sehe es kritisch, über eine Impfpflicht für einen Impfstoff zu sprechen, dessen Schutzwirkung und -dauer sowie mögliche neue Variantenentstehung und die Impfwirkung darauf nicht vollständig bekannt sind“, sagte uns Streeck.

"In einer Phase, in der die Stiko aufgrund sich einer ändernden Datenlage auch die Empfehlungen stetig anpassen muss, ist eine allgemeine Impfpflicht auch medizinisch eher abzulehnen."

Hendrik Streeck © dpa

Hinzu komme: Genesene und Geimpfte hätten eine vergleichbare Grundimmunität, sodass Genesene den Geimpften gleichgestellt sein müssten, so Streeck.

Streeck verwies darauf, dass die EU-Arzneimittelbehörde eine Wiederholung der Auffrischungsimpfungen skeptisch sieht. "Es gibt die Sorge, dass eine häufige Wiederholung der Impfung auch negative Auswirkungen auf das Immunsystem hat."

FDP-Gesundheitsexperte wirbt weiter für Impfpflicht ab 50

Andrew Ullmann © Imago

Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann sieht im Parlament viel Unterstützung für eine Corona-Impfpflicht ab 50 Jahren. Vor deren Umsetzung sollten Ungeimpfte jedoch verpflichtet werden, an einem Aufklärungsgespräch teilzunehmen.

„Wir sind dabei, unseren Antrag interfraktionell zu formulieren. Da laufen gerade die Gespräche“, sagte Ullmann unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner. „Das Interesse an unserer Idee ist groß.“

Der FDP-Politiker ist Professor für Infektiologie. Er sagte, niemand sollte die Infektionsdynamik bei Omikron unterschätzen. „In vielen Ländern erleben wir gerade einen massiven Anstieg der stationären Aufnahmen“, so der Bundestagsabgeordnete.

Für eine Impfpflicht gebe es keine Grundlage mehr, „wenn das Virus endemisch wird und die WHO die Pandemie für beendet erklärt“.

„Das beste Argument wird sich durchsetzen“

So wirbt FDP-Experte Ullmann für sein Modell einer gestaffelten Impfpflicht

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Veröffentlicht von Rasmus Buchsteiner.

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Atomkraft: Privatanleger gegen EU-Pläne

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz weist die Pläne der EU-Kommission zur Einstufung von Kernkraft und Erdgas als nachhaltige Investments zurück.

Jella Benner-Heinacher, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der DSW, sagte uns:

Aus Sicht der Investoren, die ‚grün‘ investieren wollen, ist es schwer nachvollziehbar, wenn Atomstrom und Gas als nachhaltig eingestuft werden.

Umso wichtiger sei es, dass Anleger genau prüfen, in was der jeweilige Fonds tatsächlich investiere. „Transparenz ist dabei das oberste Gebot für seriöse Fonds“, betonte Benner-Heinacher. Die DSW ist nach eigenen Angaben mit rund 30.000 Mitgliedern der führende deutsche Verband für private Anleger.

Voraussichtlich heute wird das Kabinett von Kommissionschefin Ursula von der Leyen über die finale Fassung der EU-Taxonomie entscheiden. Auf Drängen Frankreichs soll Atomkraft ein grünes Label erhalten, Deutschland hatte sich für die befristete Erdgas-Förderung starkgemacht.

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Die Auflistung grüner Investments soll den ökologischen Umbau der Wirtschaft beschleunigen.

Gysi wirft Baerbock falsche Reiseroute vor

Der Linken-Außenpolitiker Gregor Gysi übt Kritik an der Reihenfolge der Antrittsbesuche von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gestern in Kiew und heute in Moskau.

Gysi sagte uns:

An ihrer Stelle hätte ich zunächst die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates nacheinander besucht: erst Frankreich, dann USA, dann Russland, dann Großbritannien und dann China.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) legt in Kiew Blumen am Mahnmal für die Opfer der Maidan-Proteste von 2014 nieder. © Imago

Der Abgeordnete äußerte die Hoffnung auf einen entgegenkommenden Auftritt Baerbocks heute in Moskau:

„Ich hoffe, dass sie wegkommt von ihren Vorstellungen von Konfrontation und Sanktionen hin zu einer Politik von Willy Brandt: Wandel durch Annäherung. So kann man wesentlich mehr erreichen als mit einer Konfrontation“, betonte Gysi.

So geht es weiter im Fall Gorch Fock

Das Segelschiff ist längst ein heikler Kriminalfall, berichteten wir. Die hohen Kosten der Sanierung waren bereits eine Polit-Affäre, jetzt wird es strafrechtlich relevant.

Erste Anklagen gegen Ex-Mitarbeiter der beauftragten Elsflether Werft und einen Bundeswehrbeamten sind erhoben.

Dabei bleiben dürfte es nicht – denn der Komplex des mutmaßlichen Betrugs bei Preisen muss erst noch angeklagt werden. Hintergründe liefert unser Kollege Christian Schweppe:

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Das Ministerium klagt nun auf Schadensersatz, steht aber selbst in der Kritik: Denn man hat sich blenden lassen, Kosten auch selbst verschuldet. Eine neue Frage ist: Wie korrekt lief die Auftragsvergabe? Immerhin fehlten wichtige Nachweise.

Die Prüfer aus Bonn meinten mit Blick auf geänderte Vorschriften zur Sanierung von Schiffen: „Ob sich die Marine daran hält, wird der Bundesrechnungshof im Blick haben."

Karsten Klein (FDP), findet: "Die Kostenexplosion ist unter Ex-Ministerin von der Leyen ein Staatsgeheimnis gewesen, der Bundestag erfuhr vieles erst aus der Presse. Auch unter Annegret Kramp-Karrenbauer wurden nicht alle mit der Instandsetzung verbundenen Kosten transparent dargestellt."

Er erwarte, dass Christine Lambrecht (SPD) den Haushaltsausschuss im Bundestag stärker einbinde.

Die Bundeswehr bestätigt derweil die nächsten Kosten: "Für Instandsetzungen inklusive einer planmäßigen Werftliegezeit sind im Zeitraum 2022 bis 2025 aktuell Finanzmittel in Höhe von ca. 8,4 Mio. € vorgesehen."

Derzeit steckt das Schiff im Hafen vor Teneriffa fest – Corona.

Ex-Juso-Chef vertritt jetzt Filmproduzenten

Der frühere Bundesvorsitzende der Jusos, ehemalige Chef der Senatskanzlei in Berlin und Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Björn Böhning, wechselt zum 1. Februar in die Wirtschaft und wird CEO der Produzentenallianz (PA).

Der Dachverband der Filmwirtschaft ist mit über 300 Mitgliedern aus Animation, Dokumentation, Entertainment, Fernsehen, Kino und Werbung die maßgebliche Interessenvertretung in Deutschland. Zu den Mitgliedern gehören u.a. die UFA GmbH mit Nico Hofmann, Constantin Film mit Martin Moszkowicz, die Bavaria Film oder Zieglerfilm.

Björn Böhning, Staatssekretär im Arbeitsministerium.  © dpa

Nachfolgerin im Amt als Staatssekretärin wird Lilian Tschan, die langjährige Büroleiterin von Arbeitsminister Hubertus Heil; zuletzt arbeitete Tschan als Leiterin von Heils Leitungsstab.

Neuer Leiter des Leitungsstabs wird Sebastian Petzold. Der 39-Jährige leitete bisher das Ministerbüro.

Der Berliner SPD-Politiker Böhning war ein prominenter Vertreter des linken Parteiflügels, von 2005 bis 2011 im Bundesvorstand und von 2004 bis 2007 Chef der Jusos.

Schon seit Mitte Dezember ist der frühere Türkei-Direktor der Konrad-Adenauer-Stiftung, Sven-Joachim Irmer, neuer Cheflobbyist des Lieferdienstes Getir in Berlin. Irmer arbeitet als Head of Governmental Affairs für die Deutschland-Dependance des 2015 in der Türkei gegründeten Start-ups für Lebensmittellieferungen.

Von 2012 bis 2019 leitete Irmer für die CDU-nahe Stiftung die Büros in Bukarest und später in Ankara.

Anfang März will Bundesfinanzminister Christian Lindner mit dem zweiten Regierungsentwurf für den Haushalt 2022 auch den Wirtschaftsplan des neuen Energie- und Klimafonds dem Haushaltsausschuss zuleiten. Dann steht fest, welche Projekte der neuen Ampel-Regierung von den 60 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen profitieren.

Der Haushaltsausschuss hat der Verwendung der Gelder enge Grenzen gesetzt. So müssen die Mittel einen konjunkturstimulierenden Impuls und einen ökologischen Bezug haben. Dazu gehören die Abschaffung der EEG-Umlage, Investitionen in die energetische Gebäudesanierung, die Förderung der Elektro-Mobilität und der Wasserstofftechnologien sowie die Förderung von Finanzprodukten zur Unterstützung klimafreundlicher Technologien (Carbon contracts for Difference).

Auf - Bundesjustizminister Marco Buschmann versprach bei seinem Amtsantritt die Streichung des Strafparagrafen 219a - und liefert. Der FDP-Politiker verschafft Ärzten die nötige Rechtssicherheit, um über Schwangerschaftsabbrüche informieren zu können - und erleichtert Frauen in Konfliktsituationen den Zugang zu Informationen. Endlich. Unser Aufsteiger.

Ab - Manfred Weber, Fraktionschef der EVP im EU-Parlament, wirbt im italienischen Präsidentschaftswahlkampf für Silvio Berlusconi. Über den 85-jährigen mehrfach verurteilten Populisten mit moralisch fragwürdigem Lebensstil sagt Weber, er sei ein "starker Anführer" gewesen, dem er das höchste Staatsamt zutraue. Weber will EVP-Chef werden, der CSU-Vize braucht dafür Unterstützer. Dafür sollte ihm aber nicht jedes Mittel recht sein. Absteiger.

Es ist ein pessimistischer Blick auf den Konflikt mit Russland. Spiegel-Kolumnist Nikolaus Blome rechnet mit der Positionierung der SPD ab und führt aus, man könne zwar der Regierung nicht vorwerfen, dass sie mit Nord Stream 2 nur einen einzigen Trumpf in der Hand habe. „Dass sie selbst diesen willfährig aus der Hand gibt, aber sehr wohl“, ergänzt der Kollege. Lesenswert!

Auch SZ-Parlamentskorrespondent Daniel Brössler beklagt den Kurs der Bundesregierung gegenüber Russland. "Im Ergebnis übermittelt Deutschland nach Moskau, was alles gerade nicht infrage kommt: ein Stopp von Nord Stream 2, Waffenlieferungen an die Ukraine und Swift als Druckmittel", so Brössler. "Das dient nicht der Entspannung, sondern steigert die Kriegsgefahr. So wird Deutschland seiner Verantwortung nicht gerecht." Pointierter Kommentar!

Wir erweitern unser Podcast-Portfolio. Drei neue Pioneer Originals wird es in diesem Jahr geben:

  • Christoph Keese berichtet wöchentlich in Gesprächen mit Unternehmerinnen und Unternehmern des Mittelstands über gelungene digitale Transformation aus dem heimischen Silicon Germany.

  • Börsenreporterin Anne Schwedt startet eine zunächst vierteilige Reihe, die sich Krypto Briefing nennt und auch für interessierte Laien das Treiben der neuen Geldmärkte und Digitalwährungen verstehbar machen soll.

  • Juli Zeh wird sich ab Februar einmal im Monat mit inspirierenden Schriftstellerinnen und Schriftstellern auseinandersetzen.

Seien Sie gespannt und empfehlen Sie uns gerne weiter!

Heute gratulieren wir herzlich:

Benjamin Piel, Chefredakteur Mindener Tagblatt, 38

Alexei Makartsev, stellv. Ressortleiter Politik, Badische Neueste Nachrichten, 52

Bettina Hoffmann (Grüne), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, 61

Katja Kipping (Linke), Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, 44

Julia Verlinden, stellvertretende Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, 43

Die Chefin des Verteidigungsausschusses des Bundestages, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), vermisst Klarheit und Belastbarkeit bei Aussagen der Bundeswehr-Führung gegenüber dem Parlament.

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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