herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.
Unsere Themen heute:
In Deutschland beginnt die Debatte um die Impfungen von Kindern und Jugendlichen. Wir kennen die Gedankenspiele in Bund und Ländern.
Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn warnt vor der Bedrohung durch Russland und verlangt von Deutschland, die Rolle anzunehmen.
Die Grünen streiten über ihre Haltung zum deutsch-kanadischen Freihandelsabkommen CETA. Wir kennen die Details.
Die Jugendlichen müssen geimpft werden
Für Angela Merkel sind Impfungen von Kindern und Jugendlichen im Augenblick das Thema, wenn es um die Eindämmung der Pandemie angeht. Regelmäßig lässt sich die Kanzlerin in diesen Tagen über den Stand der Dinge informieren, tauscht sich mit Experten aus. Auch gestern Abend.
Ein Szenario im Kanzleramt. Impfungen in den Schulen.
Diejenigen, die besonders viele Kontakte hätten, müssten schnell geimpft werden. Das sei der Schlüssel für ein dauerhaftes Senken der Infektionszahlen, so die Botschaft der Kanzlerin am Dienstag bei der virtuellen Fraktionssitzung der Union.
Beim Impfgipfel in der kommenden Woche mit den Ministerpräsidenten der Länder soll es auch um Impfungen bei Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren gehen. Bereits die Ankündigung weckte Erwartungen.
Impfung im Klassenzimmer? Die Länder arbeiten noch an Konzepten © ImagoFür Ende Mai wird mit der Zulassung des Biontech/Pfizer-Vakzins durch die Europäische Arzneimittelagentur für die Altersgruppe der 12- bis 15-Jährigen gerechnet. Bisher gibt es lediglich eine Zulassung für Jugendliche ab 16 Jahren.
Allerdings: Zentrale Fragen zu einer möglichen Impfkampagne sind ungeklärt.
Dabei ist der Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz, bis Ende August den rund fünf Millionen Jugendlichen unter 18 in Deutschland zumindest eine Impfung anzubieten, nicht mehr ganz neu.
Wir haben uns in den zuständigen Gesundheitsministerien der Länder umgehört. Das Ergebnis unserer Umfrage:
Nur ein Land – Hessen – nennt mit dem 28. Juni einen konkreten Starttermin für die Impfungen bei ab 12-Jährigen.
Nahezu alle Länder geben an, mit Vorbereitungen beschäftigt zu sein, doch ist alles noch sehr vage. „Es ist noch keine Festlegung erfolgt, wo die Impfungen stattfinden sollen“, heißt es etwa aus Baden-Württemberg. „An einer Konkretisierung des Vorgehens wird derzeit gearbeitet“, ist im NRW-Gesundheitsministerium zu erfahren.
In einigen Ländern wie Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz oder Mecklenburg-Vorpommern ist von Mehr-Säulen-Modellen die Rede – mit Impfungen in Impfzentren, in Praxen und durch mobile Teams in Schulen.
Nahezu alle Länder weisen auf ausstehende Lieferzusagen durch den Bund zu. „Das größte Hindernis dürfte der verfügbare Impfstoff sein“, heißt es aus Bremen – aber auch aus den meisten zuständigen Stellen in den Ländern.
Neben der Unklarheit, was die Logistik angeht, zeichnet sich ein weiteres, womöglich gravierenderes Problem ab. Selbst wenn die europäische Zulassungsbehörde in Amsterdam grünes Licht gibt: Die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut wird das BionTech-Vakzin voraussichtlich nicht für Jugendliche zwischen 12 und 15 Jahren empfehlen.
Stiko-Chef Mertens in Bundestags-Anhörung © Deutscher Bundestag„Ich glaube nicht, dass es so schnell eine STIKO-Empfehlung für eine generelle Impfung dieser Gruppe gibt“, sagte Thomas Mertens, Chef des Gremiums, kürzlich in einer Anhörung im Bundestag. Begründung: Nicht ausreichende Daten. Lediglich eine beschränkte Empfehlung für 12- bis 15-Jährige mit Vorerkrankungen kann er sich vorstellen.
Das weckt Erinnerungen an den Beginn der Kampagne. Nach der Zulassung von AstraZeneca Ende Januar hatte die STIKO von ihrer Empfehlung zunächst ausdrücklich die +65-Jährigen ausgenommen – auch unter Verweis auf nicht ausreichende Daten.
Wenn die EMA so unterteilt – und die STIKO anders, ist das Ergebnis meistens: große Verunsicherung.
Die Europäische Arzneimittelagentur in Amsterdam © ImagoBundesgesundheitsminister Jens Spahn ist sich dessen bewusst. Im Gesundheitsausschuss des Bundestages sagte er am Mittwoch nach Teilnehmerangaben, über eine Entscheidung der Ständigen Impfkommission werde er sicherlich nicht hinweggehen. Gleichzeitig bestätigte der CDU-Politiker Gespräche mit den Ländern über Impfstoff für Jugendliche. Zehn Millionen Dosen seien hierfür reserviert.
Experten empfehlen, die Zeit bis zu einer Klärung zu nutzen. Denn: Ab 16-Jährige können ohne Weiteres bereits mit dem BionTech-Impfstoff geimpft werden. Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, sprach sich am Donnerstag bei einem Besuch auf der ThePioneer One dafür aus, Jugendliche nun bevorzugt zu impfen.
Ihr Argument: Am Anfang sei es darum gegangen, zuerst die Älteren zu schützen, weil sie besonders gefährdet waren. Nun gehe es darum, diejenigen mit den aktuell höchsten Belastungen zu impfen. Das seien Jugendliche und junge Erwachsene. Sie seien es gewesen, die in der Pandemie bislang am stärksten hätten zurückstecken müssen.
Mehr zum Thema lesen Sie hier im Bericht von ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner.
1. Handelsabkommen CETA spaltet die Grünen
Wenn die Grünen bei ihrem Parteitag vom 11. bis 13. Juni ihr Wahlprogramm beschließen, dürfte die Zukunft des Freihandelsabkommens CETA für Kontroversen sorgen. Zwar will die Parteiführung das europäisch-kanadische Abkommen „in seiner derzeitigen Fassung“ nicht ratifizieren, aber „es bei der Anwendung der derzeit geltenden Teile belassen“, wie es im Wahlprogramm-Entwurf heißt.
Dagegen liegen mehrere teils breit getragene Änderungsanträge vor; deren Forderungen reichen bis hin zur Abkehr von den bereits in Kraft getretenen Teilen des Abkommens. Eine Position, die den Grünen Koalitionsgespräche mit Union oder auch FDP erheblich erschweren würde.
Auch die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge, hat einen Änderungsantrag eingebracht – mit mehr als 100 mitunter prominenten Unterstützern. Ihr Antrag sieht die „Fortentwicklung des Vertragstextes“ vor.
Grünen-Bundestagsabgeordnete Katharina Dröge. © imago„Wir wollen mit dem Änderungsantrag deutlich machen, wie man CETA verbessern kann: ohne Schiedsgerichte, mit starken Schutzstandards für Umwelt und Soziales und einer besseren Beteiligung des Europäischen Parlaments“, sagte uns Dröge, die der Parteilinken angehört. Ob ihr kompromissorientierter Antrag zur Abstimmung kommt, ist offen.
Der Bundesvorstand ist derzeit darum bemüht, für die insgesamt mehr als 3.000 eingegangenen Änderungsanträge Kompromisse auszuloten. Offener Streit soll auf dem Parteitag vermieden werden. Im Fall von CETA dürfte es jedoch zum Showdown kommen.
2. Generalinspekteur warnt vor Gefahr aus Russland
Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn warnt vor der steigenden Bedrohung aus Russland. „Wir dürfen, glaube ich, nicht verschweigen, dass Russland für die NATO insgesamt eine Bedrohungsanalyse darstellt“, sagte Zorn in der neuen Ausgabe unseres Hauptstadt-Podcasts.
Die russischen Streitkräfte würden seit vielen Jahren modernisiert. Immer wieder würden Truppenteile schnell verlegt, zuletzt in das ukrainische Grenzgebiet. „Wenn ich meine Truppenbesuche mache oder meine Besuche im Baltikum, in Polen oder in Rumänien erfahre ich dort auch immer sehr live und nahestehend, welches Bedrohungsgefühl in diesen Ländern herrscht“, so Zorn.
Und weiter:
Das sind unsere Bündnispartner und die erwarten, dass wir als Deutschland, die auch Bündnisverpflichtungen eingegangen sind, diesen etwas folgen lassen in Form von Truppenteilen oder auch durch Präsenz im Rahmen von Übungen.
Das ganze Gespräch mit Eberhard Zorn hören sie im Hauptstadt-Podcast ab 12 Uhr.
Dazu:
Moralvorstellungen und Wirklichkeit bei Annalena Baerbock und Franziska Giffey, Russland und die Grünen, Angela Merkel und die CDU. Dazu: Das kürzeste Interview der Berliner Republik mit der Unternehmerin Verena Pausder.
3. FC Bundestag hat jetzt eigenes Sticker-Album
Der FC Bundestag hat nun auch ein Sammelalbum nach Vorbild der beliebten Panini-Hefte. Die parteiübergreifende Fußball-Mannschaft des Bundestages kann ab sofort Sammeln, Einkleben und Tauschen – wie die Fans anderer Fußballvereine auch.
Alle Einnahmen aus dem Verkauf der Alben und Sticker kommen der Fußballschule sowie dem Feriencamp des SV Empor Berlin zugute, in dessen Heimstadion der FC Bundestag regelmäßig Spiele austrägt. Fritz Güntzler, CDU-Bundestagsabgeordneter und Kapitän des FC Bundestag, sagte:
„Für Fußball-Fans gehört das Sammeln der Sticker zum Fan-Sein einfach dazu. Deswegen habe ich nicht lange gezögert, auch für die Mitglieder des FC Bundestag ein Stickerheft herauszugeben. Jetzt zum Ende der Legislaturperiode ist es auch ein Erinnerungsalbum an eine sehr besondere Saison geworden.“
Corona-bedingt konnte die .Parlaments-Mannschaft kaum spielen. Ende Juni soll es nun aber wieder losgehen. Das Heft lädt auf 22 Seiten mit 93 Stickermotiven rund um die Mitglieder und Unterstützer des FC Bundestag zum Sammeln ein. Die ersten drei vollständigen Sticker-Alben werden prämiert.
Rheinland-Pfalz will beim Klima vorlegen
Die beiden SPD-Bundestagsabgeordneten Thomas Hitschler und Joe Weingarten wollen in ihrem Bundesland Rheinland-Pfalz unter anderem in der Klimapolitik vorangehen. Man wolle „in einem Korridor zwischen 2035 und 2040 über Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbare Energien klimaneutral werden“, schreiben die beiden in einem wirtschaftspolitischen Grundsatzpapier.
Zudem fordern die Abgeordneten eine Gründungsoffensive, eine weitgehende Digitalisierungsinitiative, den Ausbau von Wasserstoff-Technologien und eine dauerhafte Reduktion der EEG-Umlage. Die neue Ampel-Koalition soll außerdem das Flächenland zu einem Innovations- und Technologiestandort ausbauen. Das geht aus dem 10-Punkte-Papier der SPD-Politiker zur Industrie- und Wirtschaftspolitik hervor.
Darin heißt es außerdem:
„Ein Industrieland wie Rheinland-Pfalz mit seinen traditionellen Stärken in der Chemieindustrie, im Maschinenbau und in der Fahrzeugindustrie, seinem hohen Anteil an mittelständischen Unternehmen und seiner Exportquote von rund 58 Prozent ist durch die Transformationsprozesse in besonderer Weise heraus gefordert.“
Dabei würden „Vorderpfalz und Koblenzer Becken, Naheland- und Westpfalz, Eifel, Reinhessen und Naheland“ mit dem US-amerikanischen Tech-Standort Silicon Valley und dem chinesischen Shenzhen „um Ideen, Innovationen, nachhaltige Lösungen und gut ausgebildete Fachkräfte aus der ganzen Welt“ konkurrieren.
Europa-Staatsminister Michael Roth wird vom 26. bis 28. Mai in Nordmazedonien und Albanien zu Besuch sein. Es ist die erste Auslandsreise des SPD-Politikers abseits von EU-Formaten nach dem jüngsten Shutdown.
Ex-Staatsminister Michael Roth, SPD. © dpaMit seinem Besuch will der SPD-Politiker das Zeichen setzen, dass die Bundesregierung die Staaten des Westbalkans nicht vergessen haben, erfuhr ThePioneer-Reporterin Marina Kormbaki.
Im Auswärtigen Amt ist der Verdruss über den blockierten Start der Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien groß. Eigentlich sollten diese bereits im vergangenen Jahr während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft beginnen. Doch Bulgarien verweigert wegen eines Streits um Identitätsfragen mit Nordmazedonien seine Zustimmung.
© ThePioneerAuf - Der Bundestag hat in dieser Woche die Situation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) in Deutschland debattiert. Der politische Diskurs geriet dabei fast zur Nebensache: Einmal mehr fiel eine krakeelende AfD auf. Einer Abgeordneten reichte es: Sie intervenierte. Danach erhielt Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) selbst das Wort und verurteilte die Rufe vom rechten Rand scharf: Zöge im Bundestag eine Partei mit Blick auf Transgender Vergleiche zu Schweinen und Kühen, sei das mit der Menschenwürde nicht vereinbar. „Und das im Namen des deutschen Volkes. Ich wehre mich dagegen und ich ertrage es auch nicht länger.“ Klare Worte, wo sie notwendig waren. Unsere Aufsteigerin.
Ab - Die Kanzlerkandidaten Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz sind gestern im Europaforum des WDR erstmals seit ihrer Nominierung zusammengetroffen – und einer der Drei hatte große Mühe, ins Triell zu finden: SPD-Kandidat Olaf Scholz. Zwar war der Vizekanzler schlagfertiger als Laschet, und seine Antworten fielen oft präziser aus als die von Baerbock. Aber: Die Moderation interessierte sich kaum für Scholz. Zudem waren Laschet und Baerbock darum bestrebt, sich voneinander abzugrenzen, ihren Auftritt als Duell zu inszenieren. Scholz geriet aus dem Blickfeld. Unser Absteiger.
Wechsel im Bereich des Verteidigungsministeriums: Neuer Leiter der Militärpolitik bei der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der EU wird Hans Wilhelm Beckmann, der fortan nicht mehr den Titel Kapitän zur See sondern Flottillenadmiral trägt. Die Personalie hat das Bundeskabinett in dieser Woche bestätigt.
„Außenminister Maas hat bei seinem Besuch in Israel und im Westjordanland die traditionelle deutsche Haltung im Nahost-Konflikt vertreten. Das ist richtig“, kommentiert Nikolas Busse in der FAZ. „Unter dem Strich war seine Visite als Geste zu verstehen, die entscheidenden Verhandlungen führten in den vergangenen Tagen andere“, so Busse. Lesenswert!
„Es hat einen beunruhigenden Subtext, wenn Deutschland nur aufgrund seiner Geschichte mit Israel solidarisch ist. Die Glaubwürdigkeit fehlt“, meint hingegen Silke Mertins in der taz. Und setzt nach: „Glaubwürdigkeit bedeutet, sich nicht auf ,deutsche Staatsräson' zurückzuziehen, sondern überzeugende Argumente für die Unterstützung zu liefern.“ Ebenfalls lesenswert!
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Christoph Hartmann, FDP, Ex-Wirtschaftsminister Saarland, 49
Am Samstag beglückwünschen wir:
Doris Barnett, SPD-Bundestagsabgeordnete, 68
Helmut Holter, Linken-Politiker und Kultusminister in Thüringen, 68
Hildegard Bentele, CDU-Europaabgeordnete, 45
Am Pfingstsonntag gratulieren wir:
Michael Gerdes, SPD-Bundestagsabgeordneter, 61
Christian Hirte, CDU-Bundestagsabgeordneter und CDU-Chef in Thüringen, 45
Manuela Schwesig, SPD-Politikerin und Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, 47
Christopher Gohl, FDP-Bundestagsabgeordneter, 47
Marianne Schieder, SPD-Bundestagsabgeordnete, 59
Stefan Schwartze, SPD-Bundestagsabgeordneter, 47
Janine Wissler, Vorsitzende von Die Linke, 40
Am Pfingstmontag beglückwünschen wir:
Steffen Hebestreit, Sprecher von Finanzminister Olaf Scholz, 49
Lutz Lienenkämper, CDU-Politiker und Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, 52
Ursula Groden-Kranich, CDU-Bundestagsabgeordnete, 56
Bärbel Kofler, SPD-Bundestagsabgeordnete und Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, 54
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