Bundeswehr

Die Koblenzer Bürokratie-Falle

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© The Pioneer

Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Damit das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr auch bei der Truppe ankommt, muss das Beschaffungssystem grundlegend reformiert werden. Wir sagen, was Militär- und Verteidigungsexperten jetzt fordern und welche Schritte konkret anstehen.

  • Öffentliche Bauten sind meist zu spät fertig und zu teuer. Das soll sich nun ändern. SPD-Bauministerin Klara Geywitz stärkt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.

  • Die Renten in Deutschland steigen in diesem Jahr so stark wie lange nicht. Wir haben die Details.

  • Gesundheitsminister Karl Lauterbach will vorerst noch an kostenlosen Corona-Bürgertests festhalten. Wir erklären, wie lange.

Die Bürokratiefrage

Die Haushaltswoche steht im Zeichen des geplanten Sondervermögens für die Bundeswehr. Es geht dabei auch um die lange aufgeschobene Reform des Beschaffungswesens.

Im Fokus dabei: das Beschaffungsamt der Bundeswehr selbst. Zählt man zugehörige Unterbehörden mit, kommt das BAAINBw auf rund 11.400 Dienstposten, im Amt selbst sind es 6800.

Kritik an dieser Milliardenmaschine der Bundeswehr gibt es seit Jahren, jetzt aber, da die Truppe plötzlich 100 Milliarden Euro Sondervermögen umsetzen soll, drehen alte Reformpläne neue Runden – und diesmal wird es richtig ernst.

An der Reform des Beschaffungsprozesses haben sich nämlich schon viele Minister versucht. “Dabei haben sie aber nicht mehr erreicht als Verschlimmbesserungen”, sagte uns der langjährige Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD).

Und André Wüster, Chef des Bundeswehrverbandes, sagt:

Wir haben Herausforderungen im Planungs- und Beschaffungsbereich gleichzeitig.

Diese Punkte sind reformbedürftig:

1. Planungs- und Beschaffungsbereich müssen besser zusammen gedacht werden.

Die zu leistende Reform betrifft zwei Bereiche: Beschaffung und Planung. Die bisherigen Schnittstellen zwischen beiden Sphären reichen noch nicht aus, meinen Bundeswehr-Experten.

2. Auch das Haushaltsrecht ist betroffen, Beschaffungsprozesse im Bundestag.

Zu oft haben einzelne Haushaltspolitiker größere Rüstungsvorhaben für die eigene Wahlkreispolitik benutzt, als politisches Druckmittel im Bundestagsgeschäft. Johannes Kahrs (SPD) war einer davon, Eckhardt Rehberg (CDU) ein anderer.

Bei jeder Rüstungsbeschaffung muss der Bundestag zwingend eingebunden werden: Denn die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Der Verteidigungsausschuss betreut Beschaffungsprojekte fachlich und beratend, der Haushaltsausschuss entscheidet über Finanzdetails und gibt die Gelder frei.

Das passiert bislang mithilfe so genannter 25 Millionen Euro-Vorlagen: Alles, was mehr kostet, muss noch enger parlamentarisch beschlossen und begleitet werden.

Ozelot-System der Bundeswehr © Bundeswehr

Diese Vorlagen vorzubereiten und dem Parlament zur Entscheidung vorzulegen, bindet Kräfte im Beschaffungsamt. Detaillierte Leistungsbeschreibungen füllen schnell dutzende Aktenordner.

Bei Experten gelten die Vorlagen aber auch als Einfallstor für Wahlkreislobbyismus - Parlamentarier können die Prozesse unter Vorwänden stoppen, wenn die Unternehmen aus dem eigenen Wahlkreis nicht berücksichtigt worden sind.

3. Die Mentalität im Beschaffungsamt muss sich ändern.

Mitglieder im Verteidigungsausschuss kritisieren, dass im BaainBw bislang vor allem nach dem Kriterium der Rechtssicherheit gehandelt werde.

Schnelligkeit oder Qualität würden nicht gleich gewichtet, niemand krempele unter den Beamten einfach mal die Ärmel hoch, weil die Angst sei, dass man im Nachhinein Fehler vorgeworfen bekommen könnte.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) © dpa

Heute werden sich Kanzler Olaf Scholz und Christine Lambrecht (beide SPD) mit dem Generalinspekteur treffen. Eberhard Zorn wird vorschlagen, welche Prioritäten aus Sicht des Militärs entscheidend sind.

Dies sind die wichtigsten Punkte:

Erstens: Das Heer soll drei Divisionen Streitkräfte aufbieten können, so wie es die Nato erwartet. Derzeit ist Material in der Truppe so knapp, dass es aus vielen Verbänden zusammengesucht werden muss.

Für verlegefähige Großverbände müsste in die Luftverteidigung investiert werden. Über die jahrelang eingesparte Raketenabwehr berichteten wir ausführlich.

Zweitens: die Nukleare Teilhabe. Hier hat die Ministerin bereits entschieden, künftig auf den modernen US-Jet F-35 und den Eurofighter zu setzen. Dass Lambrecht dies so offensiv kommuniziert hat, ist auch ein Risiko – noch ist das Sondervermögen nicht parlamentarisch beschlossen.

Drittens: Die Bundeswehr braucht einen neuen Schweren Transporthubschrauber, der im Inland vielfältig eingesetzt werden kann. Rüstungsstaatssekretär Benedikt Zimmer ist in dieser Woche für Verhandlungsgespräche mit Herstellern in den USA.

Hier lesen Sie eine Analyse zur Beschaffung von unserem Reporter Christian Schweppe:

So will die Bundeswehr die Beschaffung reformieren

Das Milliardenproblem: Wie der komplexe Einkauf neuer Panzer und Hubschrauber künftig laufen soll.

Artikel lesen

Veröffentlicht von Christian Schweppe.

Artikel

Bund will schneller und effizienter bauen

Bauministerin Klara Geywitz (SPD) will nach den diversen Skandalen, Pleiten und Pannen bei öffentlichen Bauvorhaben - die Stichworte lauten BER und Bundestagsbüros - das öffentliche Baumanagement radikal erneuern und Strukturen verschlanken.

Dazu soll die eigentlich dem Bundesfinanzministerium zugehörige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Bima zum Nukleus des öffentlichen Bauwesens werden und sich enger mit dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) abstimmen.

In einem Eckpunktepapier skizzieren Geywitz' Beamte in Abstimmung mit dem Bundesfinanzministerium das Projekt “Reform Bundesbau”; es ist eine kleine Revolution für die Ministerialbürokratie.

Klara Geywitz © The Pioneer

Die bisherigen Referate in den zuständigen Ministerien werden de facto aufgelöst und die Kompetenz für Planung, Bau und Umsetzung in die Hände der nachgeordneten Behörde gelegt.

Es brauche eine “grundlegende Neuaufstellung im Bereich Bundesbauten”, heißt es in dem Papier. Fortschritt bedeute “Genehmigungsvorbehalte abzubauen, die Strukturen einfacher und effizienter zu gestalten und die Beschäftigten durch mehr Entscheidungskompetenz vor Ort zu motivieren”.

Ausriss aus dem Eckpunktepapier zur Reform Bundesbau © The Pioneer

Die Bima soll künftig eigenständiger planen, genehmigen und bauen. Ein effizientes Projektmanagement soll künftig der Maßstab sein. Das Finanzministerium sichert lediglich die Finanzierung, ein gemeinsamer neuer Verwaltungsrat zwischen Bau- und Finanzministerium entscheidet über die Großvorhaben, etwa die geplante Verdoppelung des Bundeskanzleramts in Berlin.

© dpa

Alle Bauvorhaben sollen auf einer gemeinsamen Plattform abgewickelt werden, die Bima werde als "eigenverantwortliches, betriebswirtschaftlich geführtes öffentliches Unternehmen gesteuert", wie die Beamten im Eckpunktepapier festhalten.

Eine doppelte Steuerung "mit den üblichen Instrumenten der Unternehmenssteuerung und der ministeriellen Steuerung mittels Weisungen der Fachaufsicht" werde aufgegeben. Projektleiter soll Christoph Krupp sein, der schon als Staatsrat in Hamburg die Wohnungsbaupolitik von Olaf Scholz koordinierte und inzwischen Chef der Bima ist. Sein Vertrauter ist Rolf Bösinger, einst Staatssekretär im Finanzministerium unter Olaf Scholz und inzwischen in derselben Funktion im Bauministerium.

Arbeitsgruppe soll Flüchtlingskosten regeln

Die Ministerpräsidentenkonferenz hat sich auf die Struktur einer AG geeinigt, die die finanzielle Beteiligung des Bundes an den Flüchtlingskosten der Länder und Kommunen organisieren soll.

In der AG wird die Bundesebene mit Finanz-, Wirtschafts-, Arbeitsministerium und Kanzleramt vertreten sein. Aus den Ländern werden Berlin, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg (A-Seite), sowie Nordrhein-Westfahlen, Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein (B-Seite) an der AG teilnehmen.

Ukrainische Flüchtlinge an der Grenze © imago

Bereits am Donnerstag soll die Arbeit mit Vorgesprächen aufgenommen werden, nächste Woche soll die Arbeit auf Ministerebene beginnen.

Spätestens am 7. April soll die MPK final über die Kostenbeteiligung entscheiden. Ein strittiger Punkt könnte unter anderem die finanzielle Unterstützung der Ukraine-Flüchtlinge sein. Aus den Reihen der SPD-geführten Länder hören wir, dass sie über das SGB II (Hartz IV) unterstützt werden könnten - was allerdings die Kosten in die Höhe treiben würde.

Ebenfalls unklar ist, ob die 2021 ausgelaufenen Bundesbeteiligungen an den Flüchtlingskosten neu aufgelegt werden. Hieran sind einige B-Länder interessiert, vernehmen wir.

Dringend gesucht: Lehrkräfte mit Ukrainisch-Kenntnissen

Die Kultusministerien der Länder bereiten sich darauf vor, schon bald Zehntausende Flüchtlingskinder aus der Ukraine in den Schulbetrieb zu integrieren. Zentraler Baustein sind Lehrkräfte mit Ukrainisch-Kenntnissen, wie eine Umfrage unserer Kollegin Marina Kormbaki ergab.

Man tue derzeit alles, um Personal zu gewinnen, sagte uns ein Sprecher der schleswig-holsteinischen Bildungsministerin Karin Prien, die auch Vorsitzende der Kultusministerkonferenz ist.

Aus dem Kultusministerium in NRW hören wir: "Wenn auf ihrer Flucht aus der Ukraine auch Lehrkräfte nach Nordrhein-Westfalen kommen, sind diese im nordrhein-westfälischen Schuldienst grundsätzlich willkommen."

Bayern geht auf die ukrainische Gemeinde zu: Ukrainische Lehrkräfte, die gegebenenfalls über Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügen, seien willkommen, heißt es.

Ukrainische Flüchtlinge auf dem Gelände des früheren Berliner Flughafens Tegel. © Imago

In Sachsen sind rund 30 Lehrkräfte aus der Ukraine tätig. Mit der Bundesagentur für Arbeit wirbt die Landesregierung um weitere.

Mecklenburg-Vorpommern setzt auf externe Vertretungskräfte bei der Integration ukrainischer Kinder.

Bremen befragt seine Sprachlehrkräfte, ob sie auch Ukrainisch können. "Wir haben aber auch schon viele Lehrkräfte in Bremen, die ukrainisch oder russisch sprechen können und ihre Unterstützung angeboten haben“, so eine Sprecherin.

In Sachsen-Anhalt gehen Flyer in den Druck, um unter Geflüchteten nach Lehrkräften zu suchen. "Zudem ist geplant, pensionierte Russisch-Lehrkräfte anzusprechen und nach Unterstützungsmöglichkeiten zu fragen", heißt es aus dem Schulministerium.

Corona-Tests nur noch bis Ende Mai kostenfrei

Corona-Test © dpa

Corona-Bürgertests sollen nur noch bis Ende Mai kostenlos angeboten werden können. Das geht aus einem Verordnungsentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hervor, der uns vorliegt.

„Leistungen nach der Coronavirus-Testverordnung (TestV) können nur noch bis zum 31. Mai 2022 erbracht und vergütet werden“, heißt es in dem Entwurf.

Die Regierung begründet die Entscheidung damit, "dass der erwartbare saisonale Effekt in der warmen Jahreszeit voraussichtlich zu einer Verringerung der Virusübertragung führen wird“ .

Außerdem würden Daten aus dem In- und Ausland nahelegen, dass Omikron-Infektionen mit einer geringeren Krankheitsschwere verbunden sind: „Daher ist eine dauerhafte Geltung der Verordnung und die Kostenübernahme durch den Bund und damit den Steuerzahler nicht länger angezeigt.“

Benjamin Seifert, früher unter anderem Sprecher der damaligen Justizministerin Katarina Barley, wechselt im April zum Meinungsforschungsinstitut Civey und wird dort Leiter des Beratungsteams. Zuvor war Seifert Managing Director und Leiter der Hauptstadtrepräsentanz der Kommunikationsberatung Deekeling Arndt Advisors. Den dort frei gewordenen Posten besetzt Serkan Agci, wir berichteten.

Die mehr als 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner erhalten ab dem 1. Juli 2022 deutlich mehr Geld. Im Westen steigen die gesetzlichen Renten um 5,35 Prozent, im Osten um 6,12 Prozent, wie unser Kollege Rasmus Buchsteiner am Dienstagvormittag vorab berichtete. Damit fällt das Rentenplus so stark aus wie seit Jahrzehnten nicht.

Eine monatliche Rente von 1.000 Euro, die allein auf in Westdeutschland gezahlten Beiträgen beruht, steigt nun um 53,50 Euro. Die Renten folgen grundsätzlich der Entwicklung der Löhne. Bei der jährlichen Anpassung spielen jedoch auch andere Faktoren eine Rolle - unter anderem das Verhältnis zwischen der Zahl der Beitragszahler und der Rentner. Weitere Details lesen Sie hier.

Nun kommt Entlastung auch für die Rentner

Darum steigen die Altersbezüge im Krisenjahr 2022 so stark wie lange nicht.

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Veröffentlicht von Rasmus Buchsteiner.

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Auf - Elon Musk ist am Ziel. Seine Gigafactory im brandenburgischen Grünheide vor den Toren Berlins ist eröffnet, die ersten Elektroautos wurden am Dienstag den Kunden übergeben. Der 50-Jährige US-Visionär hat das Werk in einer Rekordzeit von nur zwei Jahren errichten lassen, auch weil er sich zu Beginn bürokratischen Anforderungen widersetzte. Der Milliardär ist der Mutmacher der deutschen Politik. Einer, den von Habeck über Lindner bis Scholz alle preisen. Unser Aufsteiger.

Ab - Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) würde Sachsen nach Auslaufen der Schutzmaßnahmen gern zum Corona-Hotspot ausrufen, um weiterhin Beschränkungen zuzulassen. Doch ausgerechnet Kretschmers Parteifreunde in der Bundestagsfraktion gehen da nicht mit: Aktuell drohe keine Überlastung des Gesundheitssystems, meinen die Abgeordneten. Klatsche für Kretschmer. Unser Absteiger.

Henrike Roßbach von der Süddeutschen Zeitung hat den Start der Haushaltsberatungen im Bundestag genau beobachtet. Und noch genauer Christian Lindner, den Bundesfinanzminister von der FDP. „Das Applausverhalten von SPD und vor allem Grünen lässt nämlich gewisse Zweifel aufkommen, ob sie dieser Regierung tatsächlich angehören - oder doch lieber möglichst wenig zu tun haben wollen mit dem Mann, der da gerade den ersten gemeinsamen Haushalt erläutert“, schreibt Roßbach. Interessante Beobachtungen, nachzulesen hier!

Auf der Spur des Geldes: Eine internationale Recherchekooperation hat Vermögen russischer Oligarchen im Gesamtwert von mehr als 15 Milliarden Euro aufgedeckt. An dem Projekt Russian Asset Tracker waren auch NDR und WDR beteiligt. Es geht um Villen in Bayern und auf Sardinien, ein Schloss in Österreich, herrschaftliche Anwesen in Großbritannien und Privatyachten in spanischen Gewässern. Hier alles nachlesen!

Heute gratulieren wir herzlich:

Hagen Reinhold, FDP-Bundestagsabgeordneter, 44

Viola von Cramon-Taubadel, Grünen-Europa-Abgeordnete, 52

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Bei ihrem Antrittsbesuch in Berlin beschwor die neue Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, den Zusammenhalt in der EU.

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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